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    Pelhřimov, im Folgenden Pilgram oder P., alternative dt. Form auch Pilgrams, ist neben Iglau die zweite Denkmalstadt (MPR) in Bezirks- (oder wörtlicher Kreis-, wie man's übersetzt) -rang der heutigen Verwaltungseinheit Vysočina (=böhm.-mähr. Höhe). Sie liegt ungefähr in der Mitten zwischen Iglau und Tabor, beides gleichfalls MPR, aber doch weitaus bekannter. Jemand da, der schon von Pilgram gehört hat? Über die Stadt ist nicht viel zu erzählen (ich hab mich nicht mit ihrer Geschichte beschäftigt). Allem Anschein nach handelt es sich um eine typ. dt. Kolonistenstadt im Inneren Böhmens - planmäßige Gründung unmittelbar neben einer älteren Siedlung (die ihrerseits unweit einer älteren, namensgebenden errichtet worden war), die es sodann vereinnahmte, mit nahezu quadratischem Zentralmarkt, der so ziemlich mit der Stadt identisch ist (zumindest, was die touristische Sicht anbelangt). Das dt. Element dürfte relativ rasch (wahrscheinlich in der Hussitenzeit) zurückgedrängt worden sein, die weitere Geschichte, auch die kulturhistorische, dh nahezu alles, was wir heute sehen und bewundern, ist zumindest unter tschechischem Besitzstand entstanden. Es handelt sich wohl um die am unbekanntesten gebliebene Stadt unter den MPRs, vielleicht noch übertroffen vom nordböhmischen Auscha, gleichzeitig auch um die, man möge dieses etwas harsche und angesichts der folgenden Bilder sogar ungerecht anmutende Urteil verzeihen, um die noch am wenigsten bedeutsamste, auf jeden Fall, was die historische Substanz anlangt. Ich meine, es gibt bedeutendere Städte wie zB Jaromiersch, Chrudim oder Kolin (von Kalibern wie Pilsen ganz zu schweigen), die nicht in diesen Status erhoben wurden. Ich würde sogar auch für das nahe ... Brod plädieren, Aber was soll's, die Entscheidung war natürlich gut und richtig, und Pilgram bieten einen höchst erfreulichen Anblick, wie ein nettes, frisches Landmädchen, dem vielleicht etwas die ganz große Klasse fehlt. Ich hab gute Erinnerungen: Im Kommunismus befand sich auf dem Ring der übliche Supraphon-Laden, wo ich eine Schallplatte mit einem Werk erstand, das mir bis heute noch ungemein viel bedeutet. Versuch das mal heute in einer 20.000 EW-Stadt - das waren noch Zeiten!

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    Abseits des Hotels Slavie am Ring findet man nicht so leicht eine Übernachtungsmöglichkeit, das Angebot dürfte sich dem touristischen Andrang angepasst haben.

  • Die Giebelhäuser rechts sind alle jüngeren Datums (XX. Jh), wir werden noch darauf zu sprechen kommen.

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    Das gelbe Giebelhaus mitte rechts ist (wohl abgesehen von den wiederhergestellten Lauben) ein komplettes Fake aus kommunistischer Zeit:

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    Dieselbe Zeile mit Blick zum Iglauer Tor:

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    Diagonal das zweite erhaltene Stadttor, nach dem Ort Rynarec benannt:

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    mit dem Pfarrhof hätten wir eigentlich schon alle Sehenswürdigkeiten abgeklappert oder zumindest angeschnitten...

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    ... aber es geht natürlich weiter, irgendwann, das neue Galerieerstellen ist wirklich ein Mehr an Zeit und Mühe, und ich weiß nicht, wann ich dazu komm.

  • Pilgram historisch. Von den kritischen Platzseiten lassen sich leider keine guten Bilder hochladen. Hier kam es zu deutlichen Substanzverlusten.

    Was hier zu sehen ist, hat (mit Ausnahme des letzten Bildes) weitgehend überlebt.

    Image.aspx?id_org=11891&id_obrazky=73522
    Image.aspx?id_org=11891&id_obrazky=73519
    Image.aspx?id_org=11891&id_obrazky=73462

    Hier sieht man den Vorgängerbau des Kubistischen Hauses. Dieses stellt ohne Zweifel eine Verbesserung dar. Hier mit offenen Lauben:

    History | pelhrimovsko.cz

    Hier jetzt die heute schwächste Seite, die nach Osten, gleich mit dem wohl schwersten Verlust der Stadt:

    Historické fotografie | Pelhřimovský magazín

    Anstelle dieses stilvollen und schönen Hauses (gegen 1890 abgebrammt) rückte ein geschmackloser Gründerzeitler, der die Platzproportionen sprengte (städtische Sparkasse, dann Bezirkshauptmannschaft):

    001 | Pelhřimovský magazín

    Man hat ihn in der Zwischenkriegszeit glücklicherweise funktionalistisch umgebaut und dadurch seiner Präpotenz beraubt und auch von den Dimensionen etwas zurechtgestutzt. Nunmehr fällt er nicht besonders auf, da die gesamte Ostseite recht schwach ist.

    Im Gegensatz zur Moderne versteht es die Gründerzeit wenigstens, mit der Altsubstanz stilistisch zu korrelieren.

    Aber auch die Südseite musste Federn lassen. Links der Vorgängerbau des Hotels Slavie. Auch das hübsche Erkertürmchen rechts ist weg:

    001 | Pelhřimovský magazín
  • Jemand da, der schon von Pilgram gehört hat?

    Ja! Wenn man fachlich mit Böhmen befasst ist, bleibt das nicht aus.

    Es handelt sich wohl um die am unbekanntesten gebliebene Stadt unter den MPRs, vielleicht noch übertroffen vom nordböhmischen Auscha

    Neben dem von dir genannten Úštěk sind Lipník nad Bečvou und Příbor sicherlich weniger bekannt als Pelhřimov, das ja doch eine deutlich größere Stadt ist.

    Ich würde sogar auch für das nahe ... Brod plädieren

    Hier ist noch Havlíčkův einzusetzen. Die Stadt Deutschbrod, tschechisch früher Německý Brod, heißt seit 1945 Havlíčkův Brod.

    Best of Pilgram. Giebel, Kirche, Schloss, Rathaus.

    Das Rathaus ist in dem Beitrag nicht zu sehen. Es ist nämlich

    Das gelbe Giebelhaus Mitte rechts

    und hat die Konskriptionsnummer 1. Vielleicht hast du es mit dem ebenfalls gelben Kubistischen Haus verwechselt (Nr. 13).

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    Pelhřimov (Pilgram), Masarykovo náměstí čp. 1, Rathaus (Foto: Pudelek, 17. Dezember 2010, CC-BY-SA-3.0)

    Das gelbe Giebelhaus mitte rechts ist (wohl abgesehen von den wiederhergestellten Lauben) ein komplettes Fake aus kommunistischer Zeit

    Nein, überhaupt nicht. Der Giebel wurde 2005/06 rekonstruiert - "nach einer Zeichnung von J. Ziegler", wie es heißt. Vor 1841 hatte das Haus ebenfalls einen Giebel. Die klassizistische Gestaltung des Obergeschosses geht auf einen Umbau 1827-1829 zurück. Die Lauben wurden wohl in den 1970er Jahren wieder geöffnet - wie auch bei den anderen Häusern am Platz. In seinem Kern ist das Haus gotisch. In der Renaissance wurde es umgebaut, später erneut. Seit 1849 dient es als Rathaus.

    Das Rathaus befindet sich an der Nordseite des Platzes. Das Kubistische Haus, das im Tschechischen nach seinem früheren Besitzer František Fára als Fárův dům bezeichnet wird, steht an der Westseite.

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    Masarykovo náměstí čp. 13, Fárův dům (Foto: Draceane, 11. Mai 2009, CC-BY-SA-4.0)

    Hier wurde der Giebel im Jahr 1913 aufgesetzt, und zwar von keinem Geringeren als Pavel Janák. Auch der Balkon und der Eckerker sind von Janák. Die verschlossenen Lauben hatte Janák aber noch nicht angetastet. Die Datierung des folgenden Fotos ist unsicher.

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    Masarykovo náměstí čp. 13, Fárův dům (Kubistisches Haus)
    (Foto: wohl um 1980, aus dem Ausstellungskatalog Pavel Janák 1882-1956. Architektur und Kunstgewerbe, Prag-Wien 1984)

    Im Kommunismus befand sich auf dem Ring der übliche Supraphon-Laden, wo ich eine Schallplatte mit einem Werk erstand, das mir bis heute noch ungemein viel bedeutet. Versuch das mal heute in einer 20.000 EW-Stadt - das waren noch Zeiten!

    Bezeichnend auch: Im Kubistischen Haus gab es 2009 noch eine Buchhandlung. Heute befindet sich dort eine "Kontaktstelle" von eon.

    das neue Galerieerstellen ist wirklich ein Mehr an Zeit und Mühe

    Du hast früher oft deine Bilder von Flickr eingebunden. Das wäre heute auch noch möglich.

  • Lipník nad Bečvou und Příbor

    beides späte MPRs, die zur CSSR-Zeit noch nicht bestanden haben (höchstens ganz am Schluss). Beide sind als Städte natürlich berühmter, Freiberg schon wegen Freud, Leipnik wegen Leipnik-Lundenburger, also natürlich nicht wegen der Stadtbilder, aber diesbezüglich werden die meisten böhm. Städte unterm Wert gehandelt.

    Quote

    Das Rathaus ist in dem Beitrag nicht zu sehen. Es ist nämlich

    Zitat von ursus carpaticus

    Das gelbe Giebelhaus Mitte rechts

    und hat die Konskriptionsnummer 1. Vielleicht hast du es mit dem ebenfalls gelben Kubistischen Haus verwechselt (Nr. 13).


    Nein, das nicht. Ich wähnte das:

    Jirkův cestovní deník - viděno očima turisty - Městské památky a budovy -  Náměstí a památkové rezervace - Pelhřimov - Masarykovo náměstí

    als Rathaus. Auf die Nr 1 wär ich nie gekommen. Das war auch früher ein ganz unscheinbarer Gründerzeitler ohne Lauben und Giebel.

    Irgendwie merkt dem neuen Rathausgiebel eine gewisse Synthetizität an. Es fehlt der barocke Schwung. Bei den Flanken kann man nicht genau sagen, ob sie eine ungenaue Linie bilden oder doch ansatzweise geschwungen sind. Wahrscheinlich war eine Zeichnung vor 1850 doch keine ideale "Rekogrundlage".

    Im Kubistischen Haus gab es 2009 noch eine Buchhandlung.

    Generell teile ich nicht so sehr die Auffassung vom wirtschaftlichen Aufschwung in der CR seit - sagen wir 2015 oder 20. In etlichen Innenstädten ist ein ziemlicher Leerstand zu beobachten, dazu neue skurrile (kurze!) Öffnungszeiten, die auf nicht leistbare Lohnkosten hinweisen. P. selbst ist nach 21h im Zentrum so gut wie tot, keine Restaurants oder Bierstuben, die früher so sehr den böhm. Flair ausmachten. Nur ein paar Jugendliche hängen herum, die nicht mehr wissen, wohin sie gehen sollen. Einzig in den aus dem Boden schießenden KEBAB-Läden herrscht auch zu später Stunde ein gewisses Leben. Ich will nicht sagen, dass früher alles besser gewesen ist, aber manches schon.

    Sei ehrlich, wärst du nach P. gekommen, wenn es nicht auf der MPR-Liste gewesen wäre?

  • Echt wahr? Hab mir dacht, das gibt es nur in Pelhrimov. Aber Polen mit seinen vielen unbekannten Kleinstädten ist immer für Überraschungen gut.

  • Die Architektur in Polen geht ein bisschen in dieselbe Richtung darum ist mir das eingefallen. In Europa gibt es natürlich diverse Ort mit Plätzen und Arkadengängen u.A. Spanien, Frankreich etc. aber da sehen die Häuser / Giebel doch etwas anders aus.

    :lehrer:

  • Pelhřimov - Historische Häuser

    Hier (oben) sehen wir das Rathaus noch ohne Giebel (ganz rechts). Im nächsten Bild ist der Giebel schon aufgesetzt:

    Placeholder

    Unten ein Bild vom Kirchturm auf die Ostseite:

    pelhrimov-e1653164009384.jpeg?resize=1080%2C540&ssl=1

    Hier ein Luftbild der ganzen Stadt. Wir sehen typ. Merkmale der dt. Kolonistenanlage - runder Grundriss, viereckiger Platz, und dazwischen eine eher unentschiedene Situation, auf jeden Fall nicht viel Substanz jenseits des Rings:

    Město Pelhřimov se těší na finále oslav 800 let města, které se uskuteční 12. - 14. září.

    Hier die längste Straße des Städtchens:

    Free Pelhřimov 4 Czech Republic photo and picture

    Früher war die Stadt nicht viel substanzvoller:

    imageThumbnail.ashx?image=WHQO%2bNRhnE0zWVxyZ%2fkpZRk%2fm8wBo5dzRJj4Owkie0ZT0BoVOCG8Gf0ZZnd%2fyob6tIikNfXf50y3JkclDK62Gw%3d%3d