Münster - KI-Visualisierungen

  • Impressionen aus dem unzerstörten Münster



    Armenhaus


    Johanniskapelle



    Stadtweinhaus

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.


  • St. Lamberti (während des Turmumbaus)


    Blick von der Promenade


    Prinzipalmarkt


    Prinzipalmarkt 27


    Krameramtshaus


    Synagoge


    Gymnasium Paulinum

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Ich muss gestehen, dass mir der heutige Prinzipalmarkt besser gefällt. Schlichter, aber harmonischer und selbstbewusster in der Gesamtwirkung.


    Die Fachwerkhäuser am Drubbel wurden bereits um 1910 niedergelegt.

  • Universität und Ludgerianum


    Dom



    Hammer Str. und Josephskirche


    Drubbel

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Die meisten Ecken wurden doch halbwegs passabel wiederaufgebaut, ich muss auch zugeben, dass mir der neue Prinzipalmarkt nicht schlechter gefällt.

    Das Gebäude des Ludgerianums existiert bis auf den Giebel noch, links daneben hat das Füstenberghaus einen würdigen Nachfolger bekommen und rechts daneben ist der Bauplatz des Bauplatz des Bischöflichen Diözesanmuseums auch noch frei. Das Gebäude wurde übrigens erst 1966 abgerissen, die Säulengänge, ursprünglich aus dem Stift Asbeck, sind nach Asbeck zurückgekommen und bis heute erhalten. Der größte Verlust ist m.E. die Bezirksregierung am Domplatz, die leider auch erst nach dem Krieg abgerissen wurde.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • A

    Ich muss gestehen, dass mir der heutige Prinzipalmarkt besser gefällt.

    ich muss auch zugeben, dass mir der neue Prinzipalmarkt nicht schlechter gefällt.

    Ich kann nicht anderes sagen als: absurd. Wozu diskutieren wir hier überhaupt über die Schönheit alter Städte, wenn ... nicht einmal so etwas wie Übereinstimmung darüber besteht, dass eines der allerbesten Ensembles deutscher bürgerlicher Stadtbaukunst nicht dessen pseudohistorisierendem und gröblichst vereinfachendem, nicht einmal besonders stilsicherem Neuaufguss um Welten überlegen gewesen ist? Warum nicht den Lüneburger Sand, den Görlitzer Untermarkt, den Erfurter Fischmarkt abreißen und à la Münster neu errichten? Ist doch pflegeleichter und in Summe sogar angesichts der Erhaltungskosten wirtschaftlich günstiger.

    Mit derartigen Aussagen macht sich dieses Forum nur lächerlich in dem Sinne, dass auf pseudotraditionelle Gefälligkeit anstatt auf künstlerische Substanz und historische Authentizität abgestellt wird.

    B

    M-nster-13.png

    Wär es KI-mäßig möglich, diesen überdimensionierten Gründerzeitler mitterechts um ein Geschoss zurechtzustutzen?

    C

    Trotz meiner bekannten Vorbehalte zur Gründerzeit muss ich sagen, dass auch der Domplatz einen schweren städtebaulichen Verlust darstellt und dass die Moderne völlig dabei versagt hat, einen ansprechenden Ersatz zu bieten.

    D: Ist der Baumbestand auf diesem Bild:

    M-nster-18.png

    wirklich authentisch? Ich halte das für keine gute Idee. Der Dom ist doch keine Waldkapelle?

  • Wär es KI-mäßig möglich, diesen überdimensionierten Gründerzeitler mitterechts um ein Geschoss zurechtzustutzen?

    Wozu überhaupt? So war es eben und das ist auch gut so. Ich weiß nicht wieso man sich mit aller Kraft gegen eine gebaute Realität stemmen möchte. Möchtest du etwa die Geschichte ausradieren?

  • Nö. Aber warum nicht einen Idealzustand wünschen, wenn wir uns schon an irrealen Bildern erfreuen? Die KI-Bilder stellen ja eben nicht so etwas wie eine jemals existierende Realität dar. Abgesehen davon gab es auch eine bestimmte Realität vor der Errichtung dieser leichten Bausünde.

  • Wär es KI-mäßig möglich, diesen überdimensionierten Gründerzeitler mitterechts um ein Geschoss zurechtzustutzen?

    C

    Wenn wir schon bei einem harmonischen, wenn auch unhistorischen Idealzustand sind, würde ich mir gleich auch die gründerzeitlichen Fensterversprossungen bei dem besagten überdimensionierten Haus und z. T. auch bei dem ansonsten besser proportionierten Nachbarn zur Linken weg wünschen, denn diese passen schlecht mit den älteren Fenstergliederungen der übrigen Häuser zusammen.

  • Wozu überhaupt? So war es eben und das ist auch gut so. Ich weiß nicht wieso man sich mit aller Kraft gegen eine gebaute Realität stemmen möchte. Möchtest du etwa die Geschichte ausradieren?

    Ich halte dieses Haus auch für eine gründerzeitliche Bausünde, suggeriert es doch, man wollte peu á peu den gesamten Prinzipalmarkt durch diese neue (Un)maßstäblichkeit austauschen und "großstädtischer" machen. Ich weiß nicht, was es mit Geschichte ausradieren zu tun hat, sich einen Idealzustand zu wünschen oder gar nur ein Bild davon. Jahrhundertelang stand dort das hier, das Gründerzeitsubstitut hatte kaum 50 Jahre Bestand:

    Bildlink

    Diesen Zustand zu rekonstruieren wäre doch genauso legitim? Jedenfalls wärs immer noch authentischer als beispielsweise der Wiederaufbau des Breslauer Rings.

    Es ist ja nirgends festgenagelt, dass der Zustand direkt vor der Zerstörung das nonplusultra war und alles andere illegitim. Genauso könnte man den ganzen in die Jetztzeit gebrachten KI-Bildern Geschichtsfälschung oder den Wunsch unterstellen, den Nachkriegs-Prinzipalmarkt "auszuradieren". Ich denke nicht, dass solche Vorwürfe der Rekonstruktionsbewegung dienlich sind. Jedenfalls transportieren diese KI-Visualisierungen doch keine absolute historischen Wahrheiten die bis aufs letzte sakrosankt sind. Wir können frei und spielerisch mit solchen neuen Werkzeugen umgehen und was spricht dagegen, die Bebauung in diesen Experimenten zu variieren? Die gelungensten 50er Jahre Bauten plus den wertvollsten Vorkriegsbürgerhäusern nebeneinander? Auch gab es genug interessante, aber nicht ausgeführte 50er Jahre Pläne, die eine Visualisierung verdienen würden. Genauso kann jemand einen Glaskasten auf den Prinzipalmarkt visualisieren, wenn es einen glücklich macht (oder zur Abschreckung) entweder händisch mit Papier und Stift oder eben mit KI, das ist doch kein Verbrechen und eine Aufforderung, das genauso zu bauen ("Geschichte auszulöschen") ist es ebenso wenig.

  • Ich empfinde das leider als erhebliche Doppelmoral, und die ist Rekonstruktionsbewegungen überhaupt nicht dienlich. Dieses ständige Bashing gegen den Historismus bin ich ehrlich gesagt leid. Das Niederreden einer Epoche und ihrer Leistungen ist am Ende dasselbe Muster, das ihr den Modernisten vorhaltet – nur passt es euch hier offenbar besser ins Konzept.

    Und natürlich ist der Zustand vor der Zerstörung zu rekonstruieren. Versteht mich nicht falsch: Von mir aus könnte man auch eine ältere Version rekonstruieren – aber wozu? Nur weil Barock, Renaissance oder Gotik als „besser“ gelten und angeblich die „bessere“ Architektur hervorgebracht haben?

    Der Gründerzeitler – wie auch immer er geartet ist und auch wenn er in euren Augen nicht gefällig sein mag – ist ebenso ein Zeitdokument einer Epoche, ein Zitat einer vergangenen Zeit mit ihrer typischen Ausprägung. Dass ihr das mitunter als geschmacklos oder hässlich empfindet, ist kein Argument gegen eine Rekonstruktion.

    Mit dieser Haltung wird sich am Städtebau nichts ändern. Dort, wo Städtebau in Deutschland noch flächendeckend funktioniert, handelt es sich überwiegend um Strukturen des Historismus. Und ja, ich kenne eure heiligen Argumente: Städte wie z.B. Wiesbaden werden gern links liegen gelassen, weil sie als beliebig gelten und keinen mittelalterlichen Stadtkern oder ähnliches mehr vorweisen können. Solche undifferenzierten Aussagen ermüden mich langsam.

  • Mit dieser abstrusen Argumentation ließe sich gegen Bausünden überhaupt nicht mehr vorgehen. Denn auch jede 50erJahre Kiste ist nicht zuletzt

    ein Zeitdokument einer Epoche, ein Zitat einer vergangenen Zeit mit ihrer typischen Ausprägung.

    Warum diskutieren wir dann überhaupt noch?

    Dass dieser eine Gründerzeitler die Proportionen des Ensembles beeinträchtigt, sieht doch jedes Kind. Dass er daher in einer idealen Welt zu ersetzen wäre, ist ebenso klar. Wenn man überdies seine bescheidene Qualität mit dem Wert des Vorgängerbaus gleichsetzt, seh ich mich überhaupt nicht mehr aus. Manchen kommt es hier wirklich nur auf "bunten Zierrat" und ähnlichen Talmi an.

    Flinkehand:

    Breslauer Ring? Nun, sicher enthält er einige Anbiederungen an vorvergangene Bauwerke. Ich würde trotzdem eine gewisse Authentizität nicht in Frage stellen und halte diese Aufbauleistung sogar für unterm Strich optimal. Kein Vergleich mit Münster, obwohl ich die Prinzipalmarkt in toto auch nicht schlecht reden würde.

    Die gelungensten 50er Jahre Bauten plus den wertvollsten Vorkriegsbürgerhäusern nebeneinander?

    Grundsätzlich keine schlechte Idee, wobei ich fürchte, dass es zu räumlichen Überschneidungen kommt - die besten Neubauten stehen auch an der Stelle besonders wertvoller Altbauten und umgekehrt.

  • Nur weil Barock, Renaissance oder Gotik als „besser“ gelten und angeblich die „bessere“ Architektur hervorgebracht haben?

    Wenn du dieses spezielle Münsteraner Beispiel wirklich besser findest (und das soll kein generelles Historismus-Bashing sein), passender, gelungener, wertvoller, was auch immer als die Vorgängerbebauung findest, dann weiß ich leider auch nicht weiter. Ich finde, wir sollten mehr sein, als ein Postkarten-Rekonstruktionsverein... aber das ist nun im Falle des Münsteraner Prinziapalmarktes so hypothetisch, dass ich mich deswegen nicht streiten mag.

    Die Wiederherstellung der Sgrafitti im Dresdner Schlosshof bewertest du dann wohl auch negativ? Hättest du auf der Staatsoper udL lieber den monströsen Bühnenturm aus den 30ern? Müsste man jedes Hinterhofklo eines Gründerzeitblocks wiederaufbauen, dass eine Rekonstruktion legitim ist? Ich finde das wirklich nicht praktikabel. Wo ziehst du die Grenze? Möchtest du auch die alte Haustechnik wiederhergestellt haben? Sind Isolierfenster bei Rekonstruktionen schon Geschichstfälschung? Ich mag ja alte Lichtschalter und Kachelöfen, aber eine Zentralheizung und eine Badewanne finde ich dann doch zu praktisch.

  • Breslauer Ring? Nun, sicher enthält er einige Anbiederungen an vorvergangene Bauwerke. Ich würde trotzdem eine gewisse Authentizität nicht in Frage stellen und halte diese Aufbauleistung sogar für unterm Strich optimal. Kein Vergleich mit Münster, obwohl ich die Prinzipalmarkt in toto auch nicht schlecht reden würde.

    Der Vergleich bezog sich auf einen hypothetischen, perfekt rekonstruierten Prinzipalmarkt wie auf dem von mir verlinkten Bild, also ohne den Gründerzeitkasten, ansonsten wie auf der KI-Visualisierung. Und der wäre dann allemal "authentischer", als der jetzige Breslauer Ring, auch wenn ich dessen Wiederaufbau sehr schätze.

  • Das liegt natürlich dran, dass der Breslauer Ring bei weitem nicht so gut erhalten war wie der Prinzipalmarkt. Dass man sich in vielen Fällen gegen die Gründerzeit entschieden hat (wohl oft notgedrungen zugunsten nicht 100%ig dokumentierter Vorgängerbebauung), war wohl eine richtige Entscheidung. Sicher ging das zu Lasten einer gewissen "Authentizität", vielleicht auch nicht, weil diese Lösung als "typisch polnisch" bezeichnet werden kann, was Breslau ja heute ist. Dabei hat man sich sogar um "Authentizität" iS von Kontinuität bemüht, indem man das fragwürdige Hochhaus stehen hat lassen. Die Substanzverluste mussten in Breslau furchtbar hoch gewesen sein, wie in deutschen Großstädten wohl üblich. Allerdings trifft dieses Phänomen auf ganz Schlesien zu. So etwas wie Münster gab es dort einfach nicht (dabei weist der Prinzipalmarkt mit seinen Lauben und Giebeln sozusagen fast "schlesische Züge" auf). Ich war dementsprechend von Breslau furchtbar enttäuscht, was nicht am Wiederaufbau des Rings gelegen ist. Auch das traf eigentlich auf fast jede schlesische Stadt zu, egal ob Hirschberg, Schweidnitz oder Landeck.

    Immerhin kann man sagen, dass der heutige Prinzipalmarkt eine "radikale", sprich einzigartige Lösung ist, die es weder in D noch in PL so gibt.

    Prinzipalmarkt

    Das ist mE die beste Zeile. Leider standen dort auch die schönsten Giebelhäuser. Als "Lückenfüller" für die Historismus-Abschnitte nach dem Stadtweinhaus wäre das eine brillante Wiederaufbaulösung gewesen. So bleibt halt immer der Wermutstropfen des bedeutenden Vorzustandes...

    Aber es bleibt eine gewisse Leistung.

  • Trotz meiner bekannten Vorbehalte zur Gründerzeit muss ich sagen, dass auch der Domplatz einen schweren städtebaulichen Verlust darstellt und dass die Moderne völlig dabei versagt hat, einen ansprechenden Ersatz zu bieten.

    Das tragische ist ja, dass der Verlust der Randbebauung zu guten Teilen keine Kriegsfolge ist, sondern später abgerissen wurde. Das Regierungsgebäude 1965 zusammen mit dem angepasst wiederaufgebauten Konsistorium, das Diözesanmuseum 1966. Die Fassaden der Reichsbank, des Landesmuseums und des Collegium Ludgerianium stehen noch, das Landesmuseum durch ein unpassendes Flugdach abgeschnitten, dem Ludgerianum fehlt der Giebel. Hauptpost und alte Uni sind leider kriegsbedingte Totalverluste, um die Post finde ich es besonders schade. Das Unigebäude war an sich auch kein schlechter Bau, aber die Lage halb in der Ecke etwas unglücklich

  • Wenn du dieses spezielle Münsteraner Beispiel wirklich besser findest (und das soll kein generelles Historismus-Bashing sein), passender, gelungener, wertvoller, was auch immer als die Vorgängerbebauung findest, dann weiß ich leider auch nicht weiter. Ich finde, wir sollten mehr sein, als ein Postkarten-Rekonstruktionsverein... aber das ist nun im Falle des Münsteraner Prinziapalmarktes so hypothetisch, dass ich mich deswegen nicht streiten mag.

    Ich will mich ja auch nicht streiten, aber ich verstehe die Logik dahinter schlicht nicht. Zumal ich nie behauptet habe, irgendetwas für „besser“ oder „wertvoller“ zu halten. Diese Wertung kommt eher von euch. Mir geht es darum, dass der Historismus – als, nun ja, „letzte Phase“ vor der Moderne, wenn man so will – genauso abgebildet und als rekonstruktionswürdig anerkannt wird.

    Wo ziehst du denn die Grenze? Nur bei „herausragenden“ Einzelbauwerken – was auch immer das genau heißen soll? Der Eindruck drängt sich auf, dass ihr euch doch eher eure eigenen Postkartenmotive zusammenstellt, indem ihr die Architektur aus der Zeit zwischen 1871 und 1914 gerne mal ausblendet und euch dann ahistorisch einen „Idealzustand“ wünscht. Überraschung: Einen Idealzustand gibt es nicht. Auch innerhalb der klassischen Architektur gab es stets Besseres und Schlechteres; keine Epoche und kein Stil ist davor gefeit.

    Ich sage ja nicht: Baut um jeden Preis alles wieder auf, was Ergebnis von Industrialisierung, Bevölkerungswachstum und dem Repräsentationswunsch eines aufstrebenden Bürgertums ist. Aber: Niemand außerhalb einer kleinen Fach-Community wird sich an einem rekonstruierten Gründerzeitbau ernsthaft stören, da lehne ich mich gerne aus dem Fenster. Die breite Öffentlichkeit erkennt ja oft nicht einmal die Unterschiede. Ich habe Freunde, die sich ihr Leben lang nie damit beschäftigt haben, aus welcher Zeit ihre gebaute Umgebung überhaupt stammt. Viele sehen einen Gründerzeitbau, und wenn ich erzähle, dass er um 1910 entstanden ist, sind sie überrascht: „Wie, der ist erst gut 100 Jahre alt?“ So sieht die Realität doch aus. Im Alltag stehen Menschen nicht in urbanen Räumen und philosophieren über zu hohe Geschosse oder „falsche“ Proportionen. Und mal ehrlich: Bei einem Gebäude geht es nicht nur um Harmonie und Gefälligkeit. Zu funktionierenden Stadträumen gehört viel mehr. Manchmal macht gerade der „Störenfried“ den Reiz einer Umgebung aus. Das Leben folgt keinem Lehrbuch und keinem Ideal aus dem Skizzenbuch – schön wär’s, aber so ist es nun mal nicht.

    Ich will damit mögliche Schwächen nicht schönreden. Aber wer legt eigentlich fest, was „gut“ oder „schlecht“ ist? Überall in Deutschland, besonders im Osten, sind Gründerzeitquartiere liebevoll und bis ins Detail saniert, rekonstruiert und restauriert worden. Offenbar war es den Aufwand wert – diese Städte sind äußerst beliebt, bei Bewohnern wie bei Touristen. Einen Gründerzeitbau würde ich niemals opfern. Ich spreche hier nur für mich, aber ich habe viele Jahre in solcher Architektur gelebt. Natürlich wünscht sich niemand die Zustände von 1900 zurück – das ist klar. Doch wenn man diese Bauten täglich erlebt, ist das großartig. Man wird sensibel dafür und entwickelt eine echte Wertschätzung.

    Genau deshalb verstehe ich die unterschiedlichen Maßstäbe nicht, die hier bei klassischer Architektur angelegt werden. Es wirkt, als wäre der Historismus das ungeliebte Stiefkind.

  • Ich will damit mögliche Schwächen nicht schönreden. Aber wer legt eigentlich fest, was „gut“ oder „schlecht“ ist?

    Das ist die Diktatur des Relativismus, wie es einst Papst Benedikt in anderen Zusammenhängen mal genannt hat. Wenn alles irgendwie gleich viel Wert hat, hat am Ende gar nichts einen Wert. Das festlegen, was gut und schlecht ist, gelingt dann, wenn man sich allgemeingültige Maßstäbe zurechtlegt: Harmonie mit sich selbst und mit der Umgebung: Proportionen, Maßstäblichkeit im Ensemble, Regionalität/"Lokalität", wie viel Aufwand floss zum Erbauungszeitpunkt in den Bau etc. All das ist nicht irgendwie gefühlig, sondern kann sehr wohl objektiv beurteilt werden. Und sich sogleich die Frage stellen - sollte so etwas je irgendwann an irgendeinem Ort mal zur Debatte stehen - warum sollte man die gleichen Fehler wiederholen?

    Und dann kann man durchaus zum Schluss kommen, dass der Bau nicht alles abdeckt, aber schon viel Boxen tickt, was für einen Gründerzeitbau gar nicht so selbstvertändlich ist. Ich hab mal auf die schnelle eine ganz windige Modfikation in Paint vorgenommen, aber die Änderung zeigt, dass der Bau sich sogleich viel besser einfügt.

    M-nster-13.png