• Als Teil 3 meiner Galerien zu Sachsen-Anhalt kommt jetzt noch Dessau, die beiden anderen Galerien zu Magdeburg und Halle gehen natürlich parallel dazu weiter.

    In diesem Zusammenhang möchte ich die Innenstadt von Dessau zeigen, ergänzt um einen kleinen Abstecher zum Bauhausgebäude und den Meisterhäusern am Ende.

    Dessau war ja ursprünglich eine Residenzstadt, wandelte sich aber nicht zuletzt durch die Junkers-Werke (Flugzeuge und Flugmotoren) zu einer Industriestadt. Verstärkt wurde diese Entwicklung noch durch die Aufrüstung im Dritten Reich, die auch mit einer regen Bautätigkeit einherging, weniger im Zentrum als vielmehr am Stadtrand mit Siedlungen für Junkers-Mitarbeiter und Soldaten.

    Dessau wurde mehrfach bombardiert und inbesondere zu Kriegsende, im März 1945, dann zu rund 80 % zerstört. Wenn überhaupt, gibt es nur noch im Norden etwas längere erhaltene Häuserzeilen, allerdings auch mit viel Grün und Lücken.

    Der Rest wurde weitgehend beräumt und dann zu DDR-Zeiten neu bebaut (oder auch unbebaut gelassen). Zudem gab es auch zu DDR-Zeiten noch nachträglich Abrisse, beispielsweise 1977 die Jakobuskirche und in etwa zur selben Zeit die Muldvorstadt, die dann mit Plattenbauten bebaut wurde.

    Im Gegensatz zu Magdeburg gab es aber einen anderen Ansatz beim Wiederaufbau - speziell im Norden Magdeburgs wurde ja praktisch nur eine eher umzusammenhängende Wohnbebauung auf die grüne Wiese gesetzt, im Dessau wurden nacheinander verschiedene Konzepte realisiert:

    Unmittelbar nach dem Kriegsende entstanden zwar auch in Dessau Pläne im Stil der Moderne für den Wiederaufbau, die allerdings nicht umgesetzt wurden.

    Im Zuge der 16 Grundsätze des Städtebaus war die Moderne (inkl. Bauhaus) dann für einige Jahre verpönt und drei größere Bauprojekte in einem eher traditionellen Stil entstanden in den 50er-Jahre. Laut meinem Architekturführer wurden offensichtlich auch wieder die Städteplaner aus NS-Zeiten eingesetzt, was vielleicht auch das Aussehen mancher Gebäude oder die Anlage der "Diagonalstraße" (Kavalierstraße) erklärt, die schon in der Planung für die Gauhauptstadt 1941 vorgesehen war.

    Ab 1959 erfolgte dann der Wechsel zum industriellen Bauen, beispielsweise im Form der Hochhäuser am Muldufer. Mitte der 60er wurde dann das Bauhaus rehabilitiert, auch das Bauhausgebäude wurde dann unter Denkmalschutz gestellt und nach und nach wieder rekonstruiert.

    In den 70er-Jahren wurde dann das industrielle Bauen intensiviert, so entstanden die riesigen Scheiben am Romanjukplatz, dem zentralen Platz der Stadt, der damit im Norden und Süden eingefaßt wurde (siehe z. B. Mitteldeutsche Zeitung). Offensichtlich war zwar zu DDR-Zeiten eine Bebauung mit mehreren Scheiben und Punkthochhäusern geplant, der Platz blieb jedoch eine freie Fläche.

    Ebenfalls zu nennen sind die 3 Y-Hochhäuser am Stadtpark von Wulf Brandstätter, dem späteren Stadtarchitekten von Halle.

    Nach der Wende entstanden Einkaufszentren, Gebäude wurden wieder saniert, aber den ganz großen Durchbruch gibt es offensichtlich nicht, jedenfalls habe ich beim Durchsehen meiner Fotos von 2013 keinen großen Unterschied zu 2025 festgestellt.

    Einen realistischen Eindruck des Zentrums gibt es hier - das Rathaus, rechts daneben die Zerbster Straße und viel Platte und Brache, der zentrale Platz ist mit einem Einkaufszentrum "gefüllt" worden.

    Auch die Website Magdeburger Platte bietet sehr informative Luftaufnahmen: klick

    Insgesamt war das mein dritter Besuch in Dessau nach 2008 und 2013. Verglichen mit Magdeburg und Halle ist eine gewisse Stagnation festzustellen, worauf das zurückzuführen ist, wissen vermutlich unsere Forumsmitglieder aus der Region.

    Und zum Abschluß der Einführung noch ein Übersichtsplan:

    allesd.jpg

    1 - Traditionelle Architektur rund um den Friedensplatz, hier ist auch das Theater

    2 - "Diagonalstraße", nobelste Straße des Wiederaufbaus

    3 - Zerbster Straße, traditionelle Häuserzeilen, eher schlicht

    4 - Zentraler Platz mit den langen Wohnscheiben

    5 - Stadtpark mit den Y-Häusern

    Im Rahmen des Rundgangs gibt es dann noch weitere beschriftete Detail-Stadtpläne. Außerhalb des gezeigten Gebiets dominieren im Süden und Osten der Innenstadt dann grüne Wiese und industrielles Bauen, jenseits der Bahnlinie gibt es indes noch relativ viele einzelstehende Wohnhäuser, Villen und ältere Gebäude.

    Insgesamt läßt sich auch für Dessau wieder feststellen, daß der vorhandene Platz nur in sehr geringer Dichte bebaut wurde, mit großen freien Flächen. Das betrifft sowohl das Zentrum als auch den Süden, den ich von der Fahrt 2013 nach Törten zur dortigen Bauhaus-Wohnsiedlung als eher unwirtlich in Erinnerung habe.

    What you teach people to do is admirable, but what you teach them to believe is foolish.

    Mongkut

  • Wir beginnen den Rundgang am Bahnhof, hier erst einmal ein weiterer Stadtplan mit einer vergrößerten Darstellung des Umfelds:

    zentrumb.jpg

    Der Bahnhof stammt aus dem Jahr 1952 und erinnert mit seinen Proportionen entfernt an den zerstörten Vorgängerbau:

    IMG_6563_sil.jpg

    Typisch für Dessau und viele DDR-Städte sind die großen freien Flächen:

    IMG_6561_sil.jpg

    Von der ursprünglich vorhandenen Gründerzeitbebauung ist im Bahnhofsviertel nichts geblieben, es entstanden drei große Carrés rund um den Friedensplatz, den früheren Kaiserplatz (im Stadtplan die Nummer 1).

    Wir gehen nun die Fritz-Hesse-Straße nach Süden zum Friedensplatz. Die Bebauung ist hier etwas schlichter ausgefallen, das Arkadenmotiv ist wohl eine Anspielung an die zerstörten Buden am Großen Markt:

    IMG_6614_sil.jpg

    Etwas weiter südlich kommt dann schon das erste Carré, das zur Bitterfelder Straße hin nicht geschlossen ist und daher einen Blick in das Innere ermöglicht:

    IMG_6615_sil.jpg

    Hier die Ansicht zur Fritz-Hesse-Straße, links dann schon der Friedensplatz:

    IMG_6616_sil.jpg

    IMG_6617_sil.jpg

    Sehenswert ist hier das Anhaltische Theater von 1938:

    IMG_6618_sil.jpg

    Im Jahr 1922 war das Alte Theater bei Proben abgebrannt, als Ersatz entstand dieses riesige Gebäude, der größte Theaterneubau im Dritten Reich:

    IMG_6619_sil.jpg

    Blick nach Norden, zum Fürst-Leopold-Carré:

    IMG_6620_sil.jpg

    Karl Marx darf nicht fehlen:

    IMG_6621_sil.jpg

    Und hier noch der Blick auf Theater und Platz:

    IMG_6622_sil.jpg

    What you teach people to do is admirable, but what you teach them to believe is foolish.

    Mongkut

  • Südlich davon befinden sich nun zwei weitere große Carrés mit recht aufwendiger Gestaltung beidseits der Fritz-Hesse-Straße, Anfang der 50er-Jahre entstanden.

    Hier die Bebauung auf der westlichen Seite:

    IMG_6626_sil.jpg

    Nördliche Ecke:

    IMG_6625_sil.jpg

    Und südliche Ecke:

    IMG_6627_sil.jpg

    Bei dieser Gelegenheit stellt man fest, daß sich Gestaltungselemente wiederholen - und daß hinter den Fassaden eine riesige freie Fläche kommt:

    IMG_6623_sil.jpg

    Diese runden Durchgänge wiederholen sich des öfteren, dahinter dann eine große Wiese:

    IMG_6628_sil.jpg

    Gegenüberliegende Seite des Carrés:

    IMG_6630_sil.jpg

    Dahinter befindet sich mit dem Amtsgericht eines der wenigen erhaltenen Gebäude, leider übersehen: klick

    Von hier aus nun etwas nach Osten, zur Antoinettenstraße, die parallel zur Fritz-Hesse-Straße verläuft. Wir sehen hier die Ostseite des zweiten Carrés:

    IMG_6631_sil.jpg

    Leider sind die Gebäude wie gesagt in keinem guten Zustand, östlich davon haben wir dann eine deutlich einfachere und nicht mehr einheitliche Bebauung:

    IMG_6632_sil.jpg

    Wir sind jetzt an Punkt 2 angelangt, hier verläuft die Friedrichstraße am nördlichen Rand des Stadtparks entlang. Östlich die einfachere Bebauung, die in die Hauptpost von 1901 übergeht (im selben Jahr wie das Rathaus entstanden):

    IMG_6633_sil.jpg

    Zum Vergleich - die deutlich noblere westliche Bebauung:

    IMG_6635_sil.jpg

    Rechts die Antoinettenstraße:

    IMG_6637_sil.jpg

    Die Hauptpost aus der Nähe:

    IMG_6636_sil.jpg

    What you teach people to do is admirable, but what you teach them to believe is foolish.

    Mongkut

  • Wir verlassen jetzt erst einmal den Bereich mit traditioneller Architektur und betreten den Stadtgarten - 1927 wurde nämlich tatsächlich das Erbprinzliche Palais durch Beschluß des Gemeinderats abgerissen, und die Palaisgärten wurden zu einem öffentlichen Park.

    Nach dem Krieg wurden noch die zerstörten Gebäude des Gymnasiums und des Palais Reina beseitigt und dem Park zugeschlagen, der heute ziemlich groß ist.

    An der Nordwestseite entstanden unter Leitung von Wulf Brandstätter die drei Y-Häuser von 1969 bis 1971, danach errichtete er dieselben Häuser auch in Halle-Neustadt (auch Brunos Warte, siehe Halle, fällt unter seine Arbeit).

    Es handelt sich um eine Abwandlung des P2-Baukastens, die jeweils drei Hochhäuser wurden durch einen Y-förmigen Kern in Gleitbauweise verbunden.

    IMG_6634_sil.jpg

    IMG_6643_sil.jpg

    Einziges historisches Gebäude im Park ist das Teehäuschen, vormals eine Orangerie:

    IMG_6640_sil.jpg

    IMG_6641_sil.jpg

    Auf dem Areal des Parks steht im Osten das Bauhausmuseum, gleich neben dem westlichsten Y-Haus befindet sich das Gebäude der JVA.

    IMG_6645_sil.jpg

    IMG_6646_sil.jpg

    Blick zurück, übermäßig attraktiv fand ich den Park nicht unbedingt, es war wenig los.

    IMG_6647_sil.jpg

    Von hier aus die Willi-Lohmann-Straße nach Süden bis zur Kreuzung mit der Askanischen Straße, der Rest der Umbauung des Parks besteht aus flacheren Plattenbauten.

    Hier fängt jetzt endgültig die Welt des industriellen und standardisierten Bauens an.

    IMG_6648_sil.jpg

    In der Askanischen Straße gibt es immerhin noch vereinzelt erhaltene Häuser und sehenswerte größere Objekte wie das Museum für Naturkunde und Vorgeschichte mit dem charakteristischen Turm (dazu später mehr).

    IMG_6649_sil.jpg

    Blick zurück zum Stadtpark:

    IMG_6650_sil.jpg

    What you teach people to do is admirable, but what you teach them to believe is foolish.

    Mongkut