Zitate über Städte

  • Ich finde es sehr interessant, wie Zeitzeugen über manche Stadt gedacht bzw. empfunden haben und würde gerne ein paar Zitate sammeln, schöne oder auch traurige, alle sind erlaubt.

    Ich fange mal mit Dresden an, das erste Zitat (das Original ist länger) ist sicherlich am bekanntesten.

    "Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang Dresdens. Dieser heitere Morgenstern der Jugend hat bisher der Welt geleuchtet."
    - Gerhart Hauptmann (1945)

    Auch Erich Kästners Gedanken über seine zerstörte Geburtsstadt sind sehr berührend.

    "Ja, Dresden war eine wunderbare Stadt. Ihr könnt es mir glauben. Und ihr müsst es mir glauben! Keiner von euch, und wenn sein Vater noch so reich wäre, kann mit der Eisenbahn hinfahren, um nachzusehen, ob ich recht habe. Denn die Stadt Dresden gibt es nicht mehr. Sie ist bis auf ein paar Reste vom Erdboden verschwunden. In einer einzigen Nacht und mit einer einzigen Handbewegung weggewischt."
    - Erich Kästner (1957, aus seinem autobiografischem Kinderbuch „Als ich ein kleiner Junge war“)

    Sehr gut gefällt mir auch der Optimismus von Dieter Wieland.

    "Nein, diese Stadt ist nicht vom Erdboden verschwunden. Sie ist da, aufregend da, trotz ihrer Wunden, wunderbar."
    - Dieter Wieland (1991, aus seinem Film "Topographie Skizzen aus Deutschland: Dresden")

    Drei weitere Zitate über das alte Dresden:

    "Dresden hat mir große Freude gemacht und meine Lust, an Kunst zu denken, wieder belebt. Es ist ein unglaublicher Schatz aller Art an diesem schönen Orte."
    - Johann Wolfgang von Goethe

    „Dresden ist eine Stadt, die man gesehen haben muss, um zu glauben, dass es sie gibt."
    - Johann Wolfgang von Goethe

    "Als ich nach der Augustusbrücke kam, die ich schon so gut aus Gemälden kannte, kam es mir vor, als ob ich schon früher einmal im Traum hier gewesen wäre."
    - Hans Christian Andersen

    "Seine Welt zeige der Künstler - die niemals war noch jemals sein wird“

    - Hermann Bahr (Inschrift des Ateliergebäudes der Darmstädter Künstlerkolonie)

  • Zwei Zitate vom damaligen Bürgermeister Hermann Piecq nach der Eröffnung des Wasserturms im Jahre 1909. Gerade das erste Zitat ist so aktuell wie nie.

    „Jetzt ist es uns vergönnt, unsere gute Stadt M. Gladbach aus den Lüften heraus zu sehen und in den fernsten Winkel hineinzuleuchten. Ich kann den Herren Stadtverordneten nur anheim machen, recht häufig hier herauf zu steigen, um nachzusehen, wo etwas steht und wo scheußlich gebaut wird."

    ,,Wir wollen keine nachhinkenden Leute sein, sondern unsere Stadt muß für andere Städte ein Vorbild werden. Machen wir etwas Gutes und Schönes, so schreiten wir voran, sind wir aber ängstlich, so gehen wir zurück. Also mit Volldampf und Mut voraus!"

  • Schönes Thema!

    Von mir ein Zitat von Mozart über Bozen (Südtirol):

    "Botzen dieß Sauloch ...soll ich noch komen nach botzen, so schlag ich mich lieber in d’fozen.“

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Mozart hat mit seiner Meinung wirklich nicht hinterm Berg gehalten. Bekannt ist auch sein Urteil über Nürnberg, an der Stadt haben sich wohl auch schon früher die Geister geschieden.

    "Zu Nürnberg haben wir gefrühstückt - eine hässliche Stadt."

    "Seine Welt zeige der Künstler - die niemals war noch jemals sein wird“

    - Hermann Bahr (Inschrift des Ateliergebäudes der Darmstädter Künstlerkolonie)

  • Mozart hat mit seiner Meinung wirklich nicht hinterm Berg gehalten. Bekannt ist auch sein Urteil über Nürnberg, an der Stadt haben sich wohl auch schon früher die Geister geschieden.

    "Zu Nürnberg haben wir gefrühstückt - eine hässliche Stadt."

    Offen gestanden ist diese Aussage gar nicht so abwegig. Man sieht dem alten Nürnberg an, dass dort vor allen Dingen Handwerker etc. gelebt haben, und eben keine Könige oder Fürsten wie in Dresden, Potsdam oder München. Mir persönlich gefällt das alte Nürnberg, abgesehen von den besonderen Bürgerhäusern, auch nicht besonders.

  • Und mir gefallen diese angeberischen, hochnäsigen Fürstenstädte nicht besonders. Dresden muss ja so richtig abturnend sein. Zeit meines Lebens werde ich nie dortgewesen sein und mir fehlt in dieser Hinsicht absolut gar nichts. Nürnberg zu kennen ist viel, viel besser, gar kein Vergleich.

  • Die Städte sind absolut nicht vergleichbar, in dieser Vielfalt, die trotz Zerstörungen bis heute erlebbar ist, liegt ja das Besondere. Dass Mozarts Augen eher heitere Residenzstädte gewohnt waren ist ja auch keine Überraschung.

    Zur Ehrenrettung der Stadt drei positive Zitate.

    "Da ich jetzt von weitem die Türme und den blauen Rauch von Nürnberg sah, meinte ich fast, nicht etwa eine einzige Stadt, sondern eine ganze Welt zu sehen."

    - Johannes Butzbach

    "Nürnberg ist unter allen Städten, die ich jemals in Teutschland gesehen habe, die allerschönste."

    - Edward Browne

    "Wenn einer Deutschland kennen und Deutschland lieben soll, wird man ihm Nürnberg nennen, der edlen Künste voll. Dich, nimmer noch veraltet, du treue, fleißige Stadt, wo Dürers Kunst gewaltet und Sachs gesungen hat."

    - Max von Schenkendorf

    Zeit meines Lebens werde ich nie dortgewesen sein und mir fehlt in dieser Hinsicht absolut gar ninichts.

    Deine Meinung sei dir unbenommen, aber du verpasst einiges, die Stadt ist wirklich sehenswert.

    "Seine Welt zeige der Künstler - die niemals war noch jemals sein wird“

    - Hermann Bahr (Inschrift des Ateliergebäudes der Darmstädter Künstlerkolonie)

  • Ich betrachte Zitate großer Persönlichkeiten immer mit einer kritischen Distanz. Auch Genies können irren. Weil sie auch nur Menschen sind. :smile:

    In dubio pro reko

    Der größte Feind der Ideologie ist die Realität

  • Dann fragen wir halt Johann Gottfried Herder, er wirds schon gewusst haben, was es mit diesem Dresden auf sich hat.:wink:

    „Vor allem aber sind es die Kunst- und Alterthumssammlungen, die er mit ansehnlichen Kosten stiftete, Trophäen seiner Regierung. Was ein Friedrich August im Anfange des Jahrhunderts anfing, hat ein anderer Friedrich August am Ende desselben vollendet. Durch sie ist Dresden in Ansehung der Kunstschätze ein Deutsches Florenz geworden.“

  • Ich finde Zitate über Städte generell sehr interessant, weil sie einfach zeigen, wie sie zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen Menschen wahrgenommen wurden. Man muss diese Meinungen nicht unbedingt immer teilen, aber sie geben Aufschluss über frühere Sichtweisen und Ansprüche. Der berühmte, aus Berlin stammende Dirigent Bruno Walter etwa schrieb in seinen Memoiren von 1946 über Leipzig, wo er zwischen 1929 und 1933 Chefdirigent des Gewandhausorchesters gewesen war, dass es eine ziemlich häßliche Stadt und von Geld und Kommerz geprägt sei - die überwiegend gründerzeitliche Architektur Leipzigs scheint ihm demnach nicht gefallen zu haben. Seine vorherigen Stationen München und vor allem Wien beurteilte er hingegen als viel schöner und gemütlicher. Wahrscheinlich ist dieses Urteil stark von atmosphärischen Eindrücken beeinflusst, aber interessant ist es doch - heute sehen wir Leipzig gerade aufgrund seiner gründerzeitlichen Architektur als attraktive Stadt an.

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Und mir gefallen diese angeberischen, hochnäsigen Fürstenstädte nicht besonders. Dresden muss ja so richtig abturnend sein. Zeit meines Lebens werde ich nie dortgewesen sein und mir fehlt in dieser Hinsicht absolut gar nichts. Nürnberg zu kennen ist viel, viel besser, gar kein Vergleich.

    Mein Beileid , dann hast du was verpasst , und auch eine Bildungslücke , schon wegen der Musealen Sammlungen. Man sollte zumindest 1mal im Leben in Dresden gewesen sein , es ist Abendländisches Gemeingut.

  • Von mir ein Zitat von Mozart über Bozen (Südtirol):

    "Botzen dieß Sauloch ...soll ich noch komen nach botzen, so schlag ich mich lieber in d’fozen.“

    A propos Bozen. Kennst du den folgenden althergebrachten, bairischen Spruch? ;)

    "Der Pforra (Pfarrer) vo Boz`n ko se protz`n

    er hot an Pforra vo Brix`n derwischt beim ... "

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Ich betrachte Zitate großer Persönlichkeiten immer mit einer kritischen Distanz. Auch Genies können irren. Weil sie auch nur Menschen sind. :smile:

    Es ist eine Frage der Zeit, der Epoche. Im ausgehenden 18. Jahrhundert waren Stadtplanungen des Barock angesagt und geschätzt.

    Ich meine mich zu erinnern, dass Mozart auch kein Freund Regensburgs gewesen ist. Bestimmt haben ihm Karlsruhe und Mannheim gefallen.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Haha :biggrin: nein, kannte ich noch nicht.

    Kennst du den von Gossensaß?

    "Ein Auto fuhr durch Gossensaß
    Durch eine wahre Soßengass
    Bis daß die ganze Gassensoß
    Sich über die Insassen goß."

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Und mir gefallen diese angeberischen, hochnäsigen Fürstenstädte nicht besonders. Dresden muss ja so richtig abturnend sein. Zeit meines Lebens werde ich nie dortgewesen sein und mir fehlt in dieser Hinsicht absolut gar nichts.

    Zeno, das war doch nur Mozarts Meinung und nicht die unsrige. Und sie diente nur als Beispiel, wie sich Wertschätzung verschieben konnten. Richard Wagner wiederum liebte das alte Nürnberg über alles und räumte ihm sogar die Hauptrolle in seiner einzigen komischen Oper zu. Ich finde auch, dass er die Stadt genial in Musik gesetzt hat. Ich hab mich mal dabei ertappt, dass ich, als ich mit dem Zug durch Nürnberg fuhr und die Burg erblickt habe, einfach alle den Umständen nach gebotene schlechte Laune vergessend, ganz gedankenlos den Anfang der Meistersingerouverture vor mich hingepfiffen hab (wahrscheinlich eher gedanklich als real, man ist ja idR nicht allein im Abteil). Man kann sagen, die Meistersingeroper ist das Einzige, was vom altnürnberger Lebensgefühl noch geblieben ist.

    Darüber hinaus, und jetzt mal ernst, ist dir in der Würdigung Dresdens ein gewisser Schnitzer passiert. Dresden ist keine "hochnäsige Fürstenstadt" wie zB Weilburg oder Karlsruhe, sondern - darin eher mit Würzburg vergleichbar - durch und durch gewachsene Bürgerstadt und gerade die Neumarktbestrebungen versuchen, diesen Aspekt wieder sichtbar zu machen. Der Dresdner Barock ist dermaßen verbürgerlicht, dass sich ein wirklicher Unterschied zwischen Adels- und Bürgerarchitektur niemals dingfestmachen ließ, zumal sich auch die Palaisarchitektur (in der Regel, wenngleich nicht immer) an Tugenden wie Bescheidenheit und Sparsamkeit orientierte, also dem Gegenteil von "hochnäsig". Selbst der als "Neue Königstadt" bezeichnete Stadtteil jenseits der Elbe , der zumeist als barocke Planstadt angesehen wird, weist in seiner Mitte noch den alten Mittelalterlichen Grundriss auf.

  • Der Dresdner Barock ist dermaßen verbürgerlicht, dass sich ein wirklicher Unterschied zwischen Adels- und Bürgerarchitektur niemals dingfestmachen ließ, zumal sich auch die Palaisarchitektur (in der Regel, wenngleich nicht immer) an Tugenden wie Bescheidenheit und Sparsamkeit orientierte, also dem Gegenteil von "hochnäsig".

    Stellt nicht mindestens der Zwinger hier eine Ausnahme dar? Viel prachtvoller gestaltet sich doch selbst Adelsarchitektur höchst selten.

    Von dem geplanten, nördlich von ihm gelegenen neuen Schloss, das einerseits aus Geldmangel (wer leidet nicht darunter), andererseits an einem nie zufriedenzustellenden König nicht realisiert wurde, ganz zu schweigen.

    Bescheiden und sparsam war das nicht, das liegt aber natürlich im Auge des Betrachters, man konnte halt nur nicht so vollumfänglich wie man wollte

    "Seine Welt zeige der Künstler - die niemals war noch jemals sein wird“

    - Hermann Bahr (Inschrift des Ateliergebäudes der Darmstädter Künstlerkolonie)

  • „Mein Leipzig lob' ich mir! Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute.“ - Johann Wolfgang von Goethe

    "Es ist nicht zu leugnen daß sie überhaupt, besonders aber in stillen Momenten der Sonn- und Feiertage, etwas Imposantes hat, so wie denn auch im Mondschein die Straßen halb beschattet, halb beleuchtet, mich oft zu nächtlichen Promenaden einluden … Leipzig ruft dem Beschauer keine altertümliche Zeit zurück; es ist eine neue, kurz vergangene, von Handelstätigkeit, Wohlhabenheit, Reichtum zeugende Epoche, die sich uns in diesen Denkmälern ankündigt. Jedoch ganz nach meinem Sinn waren die mir ungeheuer scheinenden Gebäude, die, nach zwei Straßen ihr Gesicht wendend, in großen, himmelhoch umbauten Hofräumen eine bürgerliche Welt umfassend, großen Burgen, ja Halbstädten ähnlich sind."- Johann Wolfgang von Goethe in Dichtung und Wahrheit

    „Ach wie beneide ich immer Leipzig um seine Musik!“ - Clara Schumann

    „Ich komme nach Leipzig, an den Ort, wo man die ganze Welt im Kleinen sehen kann.“ - Gotthold Ephraim Lessing

    „Ich war ganz benommen und möchte behaupten, daß, soweit Architektur und Stadtbild in Betracht kommen, nichts wieder in meinem Leben einen so großen, ja, komisch zu sagen, einen so berauschenden Eindruck auf mich gemacht hat wie dieser in seiner Kunstbedeutung nur mäßig einzuschätzende Weg vom Post- und Universitätsplatz bis zur Hainstraße.“ - Theodor Fontane

    „Leipzig […], dieser gewiß welthaltigen Stadt,[…]“ - Thomas Mann

    „Das angenehme Pleis-Athen, Behält den Ruhm vor allen, Auch allen zu gefallen, Denn es ist wunderschön.“ - Sperontes

    „Außerhalb Leipzigs leben, heißt ein recht erbärmliches Leben führen.“ ("Extra Lipsiam vivere est miserrime vivere") oder "Außer Leipzig gibt’s kein Leben, kann man leben, dann so eben!" - Benedikt Carpzov

    "In Leipzig haben die Eier zwei Dotter" - Volksmund (vor dem 2. WK)

  • Stellt nicht mindestens der Zwinger hier eine Ausnahme dar? Viel prachtvoller gestaltet sich doch selbst Adelsarchitektur höchst selten.

    Ja natürlich, aber ich rede von der Bürgerstadt, also der bürgerlichen Altstadt. Die hat nix Höfisches. So wie die Würzburger Residenz bzw andere Prachtbauten kaum auf die eigentliche Altstadt abgefärbt haben.

  • Eine schöne Rubrik. Hier bietet sich der amerikanische Romancier Thomas Wolfe an, der intensiv Deutschland bereiste. Muss dafür aber noch einiges zusammensuchen (vor allem seine Beschreibungen Alt-Nürnbergs), daher vorerst nur ein kleines Zitat über Frankfurt von 1928:

    »Ich war noch den größten Teil der Nacht auf und erkundete die Altstadt bei Mondschein. Es war zauberhaft. Dieser Stadt fehlt zwar die wunderbare Geschlossenheit und Gediegenheit Nürnbergs. Die hiesige Altstadt ist ein Gewirr von Märchenhäusern, wunderlicher als an jedem anderen Ort, wie bei den Brüdern Grimm. Ich saß auf dem Platz vor dem Römer gestern Nacht bei hellem Mondschein - auf der Terrasse eines dieser sagenhaften Häuser, und trank ein Glas Rheinwein. Wenn man müde ist, kann man eins dieser malerischen Lokale aufsuchen und Apfelwein trinken - kalt und spritzig - und heiße Würstchen essen.«

  • Nach meiner Beobachtung unterscheidet die Dresdner Altstadt sich nicht wesentlich von der des ganz und gar bürgerlichen Leipzig. Sogar das Schloß sticht nicht nennenswert heraus - man könnte es sich auch in Leipzig als städtisches Gebäude vorstellen.

    Wer eine barocke Stadtanlage oder sogar ein planmäßigen Ensemble aus Schloß und Stadt vor Augen hat, wird von Dresden enttäuscht sein. Dieser Idealtyp einer Residenzstadt ist aber eigentlich ja auch nur in den als Residenz neu gegründeten Planstädten vollendet.