Saporischschja und Umgebung

  • In diesem Thema geht es um die Stadt und das Verwaltungsgebiet (Oblast) Saporischschja. Der größte Teil des Gebiets liegt links des Dnipro. Das Territorium erstreckt sich weit nach Osten, bis einschließlich der Asowschen Höhen.

    Leider eröffne ich das Thema aus traurigem Anlass: Die St. Andreas Kathedrale in Saporischschja wurde vor drei Tagen laut Berichten (in deutschen Zeitungen soweit ich sehen konnte erst im Handelsblatt als Randnotiz) erheblich beschädigt. Ein Teil der Decke ist eingestürzt, Einrichtung beschädigt, auch die Fassade hat Schäden davongetragen.

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    Hier kennen sich ja einige Foristen aus und können eventuell bestätigen, ob das Bild des Innenraums tatsächlich die Kathedrale zeigt. Ich habe den Innenraum gegoogelt und die Ergebnisse sahen etwas anders aus. Die Fotos stammen allerdings von Artikeln, die über den Raketenangriff berichten, daher denke ich, dass es den Zustand zeigt.

    Das kann man auch zum Anlass nehmen, um einen Überblick zu gewinnen: Vor zwei Jahren waren in der Ukraine bereits ca. 500 Kirchengebäude beschädigt nach ukrainischen Angaben. Hinter dem Link findet man eine schöne Überblickskarte, wo wie viele Bauten betroffen sind.
    Die UNESCO führt auch eine aufschlussreiche Liste von knapp 500 beschädigten Denkmälern (darunter 145 religiöse Stätten, 238 Gebäude von historischem und/oder künstlerischem Interesse, 32 Museen, 33 Denkmäler, 17 Bibliotheken, 1 Archiv und 2 archäologische Stätten). Hier kann jedes betroffene Objekt einzeln herausgelesen werden. Die Liste wurde für Beschädigungen bis November letzten Jahres verifiziert.

    Edited once, last by Majorhantines: Anpassung Raumbezeichnung nach Hinweis (January 21, 2025 at 10:18 PM).

  • Die St. Andreas Kathedrale in Saporischschja wurde vor drei Tagen laut Berichten (in deutschen Zeitungen soweit ich sehen konnte erst im Handelsblatt als Randnotiz) erheblich beschädigt. Ein Teil der Decke ist eingestürzt, Einrichtung beschädigt, auch die Fassade hat Schäden davongetragen.

    Ja, die Andreaskathedrale in Saporischschja wurde bei dem russischen Angriff am 18. Januar 2025 getroffen. Die beiden Fotos sind richtig zugeordnet. Man kann auf ihnen unschwer erkennen, dass es sich bei dem Gebäude um ein umgebautes Kino aus den 50er Jahren handelt. Das ist ein Typenbau, der in großer Zahl damals in der Sowjetunion errichtet wurde. Das Schewtschenko-Filmtheater wurde 1995 der orthodoxen Kirche überlassen und zunächst nur provisorisch für die kirchliche Nutzung adaptiert. In den Jahren 2000-2001 erfolgte dann ein größerer Umbau, in dessen Rahmen diie "Kino-Kirche" durch eine große Kuppel über dem Hauptraum ¨sowie zwei kleine Kuppeln über den beiden Nebenaltären aufgewertet wurde. Außerdem wurde ein großer freistehender Glockenturm errichtet.

    Das Innenraumfoto zeigt den Blick vom Ikonostas weg Richtung Eingangsbereich im Westen. Im Hintergrund sind die charakteristischen Emporen des einstigen Kinofoyers zu erkennen. Am oberen linken Bildrand sieht man den Ansatz der Hauptkuppel. Einige Fotos zu der Kirche liefere ich später noch.

    bis einschließlich des Asowschen Hochlands

    Der Begriff "Hochland" wirkt hier im Tiefland etwas übertrieben und ist als Übersetzung zu russisch woswyschennost suboptimal. Bessere Entsprechungen sind: Landrücken, Höhen, Platte. Im Deutschen kennen wir beispielsweise die "Mittelrussische Platte" und die "Waldaihöhen". Letztere sind bis 343 m hoch. Der höchste Punkt der "Asowhöhen" erreicht 324 m.

    Danke, Majorhantines, dass du dich an der Systematik, der von mir gestarteten Themen orientiert hast! Einen Strang "Saporischschja und Umgebung" wollte ich auch bald starten..

  • Rastrelli Vielen Dank für Deine für mich überraschenden Ausführungen zu diesem Gebäude (-typ). Erstaunlich, dass ein Gebäude mit solch einer Umnutzungsvergangenheit zu einer Kathedrale erkoren wird.

    (Das mit dem geografischen Hinweis habe ich gerne noch aufgegriffen und eingearbeitet)

  • Eigentlich müsste Saporischje (die Transkription des ukrainischen Doppel-жж erscheint schwer lesbar und wenig sinnvoll, weshalb im Deutschen eher die russische Form anzutreffen ist, vgl die nach der Stadt benannten Straßen in Linz und Oberhausen) Alexandrowsk heißen, wie es bis 1921 der Fall war und auch in Dnjepro (statt Dnjepropetrowsk) gehandhabt wurde. Der heutige Name ist zwar historisch belegt, bezog sich aber nur auf die Region ("Land hinter den Stromschwellen [des Dnjeprs]). Da er somit nicht dezidiert kommunistisch erscheint, durfte er die Entkommunisierung der Ukraine 2015/16 überleben, sicher nicht zuletzt auch weil der Verweis auf die nach dem russischen Feldmarschall Alexander Golizyn benannte Festung vermieden werden sollte. Die Stadt ist demnach also nach 1770 entstanden. Davon dürfte nach den Kriegszerstörungen (gemeint natürlich 2. WK) nicht viel erhalten sein. Hauptsehenswürdigkeit ist wohl ein elendlanger Prospekt (12 km!) im Stile des Sozialistischen Klassizismus. Der Umstand, dass die erwähnte Andreas-Kathedrale aus einem Kino gewonnen werden musste, lässt auf immense Kriegszerstörungen schließen. Laut Wiki gibt es in der Stadt einen sehr hohen Anteil an Protestanten (39 %) und sogar noch 760 Deutsche (samt eigener Kirche, wie auch in anderen Städten). Im Gegensatz dazu dürfte in Dnjepro einiges an alter Substanz erhalten geblieben sein.