Deutsche Fachwerkstraße, Waldhessen-Vogelsberg-Route (Galerie)

  • Besonders spektakulär wirkt die Fachwerkfront gegen die Fulda. Für mich als gebürtigen Oberfranken ist es immer wieder faszinierend zu sehen, wie hoch der Fachwerkanteil in den Städten mancher Gegenden sein kann. Die hessischen Altstädte bestehen ja mit Ausnahme der Kirchen und einer etwaigigen Residenz oftmals geradezu ausschließlich aus Fachwerkbauten - in Franken sind Fachwerkhäuser östlich des Steigerwaldes häufig eher bloße Zugaben neben überwiegend Steinbauten. Fachwerkhäuser wurden in Hessen im 18. und 19. Jahrhundert im Vergleich zu Gebieten wie Schwaben offensichtlich auch seltener verputzt.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Sehr sehr schön ! Die Hessen und Franken scheinen im Zweiten Weltkrieg sehr großes Glück gehabt zu haben, daß die Bomber dort nicht hingeflogen sind... :zwinkern:

  • Oliver
    Städte dieser Größenordnung sind glücklicherweise in ganz Deutschland überwiegend vom Bombenkrieg verschont geblieben. Bei ihrer Einnahme wurde allerdings auch in solchen Städten bisweilen erheblicher Schaden angerichtet - insbesondere im Nordosten -, was jedoch die Ausnahme blieb.

    Deinem Urteil über das angebliche Glück der Hessen und Franken kann ich mich leider nicht anschließen. Franken und Hessen sind keineswegs verschont geblieben - Hessen noch weniger als Franken. Die architektonisch, geschichtlich und demographisch wichtigste Stadt des jeweiligen Gebietes ging unter, hier Frankfurt, dort Nürnberg. Gießen und Darmstadt wurden vernichtet. Mit Kassel ging ein sehr, sehr wertvolles Stück deutscher Fachwerkgeschichte verloren. Hinzukommen Offenbach und Hanau, in Rheinhessen Worms und eine der wichtigsten deutschen Städte überhaupt: Mainz. Würzburg konnte, was den Bestand barocker Bausubstanz angeht, einstmals mit Bamberg oder Salzburg mithalten. Schmerzhaft sind in Franken zudem noch die beträchtlichen Zerstörungen in Schweinfurt und Aschaffenburg und auch - sofern man dies unter die Verluste Frankens rechnet - die Vernichtung Heilbronns. Es liegt leider in Hessen und Franken das deutschlandtypische Schema oftmals gut erhaltener, intakter Klein- und Mittelstädte und im Krieg zerstörter Großstädte vor. Wenn ich Landschaften benennen müsste, die vom Glück sprechen können, ihre wichtigsten Städte nicht im Krieg verloren zu haben, würde ich noch am ehesten auf Mecklenburg, Thüringen, Bayern und Österreich hinweisen.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Stimmt, Georg Friedrich ! Nur schaut man sich ähnliche Dörfer/Städte in Nordrhein-Westfalen an, so wird man hier kaum mehr diese schönen Fachwerkbauten sehen können. Sicherlich gibt es Ausnahmen, aber das meiste ist leider zerstört worden ! :weinenstroemen:

  • Hessen ist - was den Wiederaufbau betrifft - wohl das schlimmste Bundesland im Westen. Giessen kenne ich nicht, aber das was ich von Kassel, Darmstadt und Frankfurt mitbekommen habe, sieht echt nicht so gut aus. Dagegen sind die Fränkische Städte doch sehr viel besser.

    Vielleicht bin ich hier im Forum der einzige, aber Mainz finde ich einfach schön: Die Südliche Altstadt, die Domplätze, Der Schillerplatz und die Oberstadt...

    In NRW finde ich den Wiederaufbau der Städte am Niederrhein ganz gut gelungen - z.B. in Goch, Xanten, Emmerich und Düsseldorf (die Altstadt). Aachen ist auch gemütlich.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Zitat

    Stimmt, Georg Friedrich ! Nur schaut man sich ähnliche Dörfer/Städte in Nordrhein-Westfalen an, so wird man hier kaum mehr diese schönen Fachwerkbauten sehen können.

    Ich kenne NRW nicht so gut, aber ich denke mal, dieses Phänomen hat mehrere Ursachen:

    1.) Hessen und Franken waren vor der Industrialisierung dichter besiedelt und "städtischer" als das heutige NRW (außerhalb des Rheinlands natürlich). Allein deshalb steht in Hessen und Franken heute mehr.

    2.) Die Industrialisierung hat vermutlich einiges zerstört.

    3.) NRW war einer der Hauptkriegsschauplätze der letzten Kriegstage und das "Haupteinfallstor" - via den Niederrhein - der Westalliierten nach Deutschland. Und gerade die Amis hatten (obwohl sie bei den Strategischen Bombardements anders als die Briten i.d.R. nicht die Wohnquartiere und Altstädte angegriffen haben) da eine ziemlich üble Vorgehensweise: die haben, um ihre eigenen Verluste möglichst gering zu halten, einfach jedes Dorf und jede Stadt auf ihrem Vormarschweg, in dem sie Widerstand vermuteten, plattgebombt statt sich auf Straßenkämpfe einzulassen. Nach dem Motto: "Wenn in dem Dorf da 10 Wehrmachtssoldaten sitzen, dann lieber 100 belgische/holländische/ französische/deutsche Zivilisten mit ausradieren als einen amerikanischen Soldaten verlieren." Das hat zuerst Nordfrankreich, dann Belgien und die Niederlande und schließlich ganz massiv der Niederrhein und das Ruhrgebiet erleben müssen.

  • Armes Ennerwe. Alle denken immer nur an den Pott, niemand an Sauer- und Siegerland, die Eifel und das Oberbergische Land, Westfalen usf.

    Dafür lass' ich mir meine Voruteile über Meck-Pomm nicht nehmen! :lachen:

  • Mal was erfreuliches aus Steinau:

    Ein 60er Jahre Bau in der Altstadt wird durch einen Fachwerkbau ersetzt: Link mit vorher/nachher Vergleich

    Laut Überschrift ist es ein Umbau, aber schein ein kompletter Neubau zu sein!

    Zitat

    Wahrscheinlich hatte bereits im 17. Jahrhundert ein eineinhalb-geschossiges Fahrwerkhaus an dieser Stelle gestanden. Das war wohl um 1900 aufgestockt und mit einem kleinen Schaufenster im Erdgeschoss versehen worden. Das Fachwerk wurde verputzt und mit dem Abriss des Hauses 1968 ganz entsorgt. Doch auch das jetzige Fachwerk besteht aus alten Balken, die Heinz Becker im Internet entdeckte. Diese seien zwischen 200 und 250 Jahre alt. Etwas ganz besonderes sind die beiden Türen an der Front. Diese Zwillingstüren sind identisch und um die 300 Jahre alt. Die Farbgebung ist den historischen Farben Stierblut und Taubenblau nachempfunden.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Für mich ein heißer Kandidat für das Gebäude des Jahres, allein schon weil neue Fachwerkhäuser so eine große Seltenheit sind. Und die Verbesserung zum Vorgänger ist wirklich enorm.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Eine sehr, sehr erfreuliche Sanierung, die bestimmt auch die umliegenden Besitzer motivieren dürfte. Die Aussage, dass es sich wohl um einen Neubau handelt, möchte ich aber in Frage stellen. Das Haus war womöglich nur unglaublich verunstaltet. Erkennbar ist der Bestand im unsanierten Zustand meiner Ansicht nach nicht nur an einzelnen Fenstern, sondern auch am Dach und dem Vorspringen über dem Erdgeschoss, das im Pressefoto nicht richtig erkennbar ist. Hier jedoch zwei Ansichten von der anderen Seite, vorher / nachher.

  • Das müssten Fachwerkexperten beurteilen, z.B. "Riegel". Es ist ja von einem Abriss die Rede. Könnte es vielleicht sein, dass man die Frontfassade damals abriss, aber die Seiten stehen ließ?