• Und so ist es heute noch: man lege nur mal eine Karte Preußens, in seiner größten Ausdehnung, über die Karte der heutigen Bundesrepublik und man kann sehen, dass die Bundesrepublik quasi immer noch eine Art Groß-Preußen ist.

    Hier ist zu widersprechen. Die Bundesrepublik ist alles andere als eine Art "Groß-Preußen", sondern viel mehr eine Art "Rheinbund 2.0", ein ausschließlich nach Westen hin (auf eine westliche Großmacht hin) orientierter deutscher Staat (Staatenbund) ohne Österreich und ohne Preußen, denn a) gibt es Preußen seit 1945 nicht mehr, b) befindet sich kein namens gebender Teil Preußens auf dem Territorium der Bundesrepublik und c) wurde die Bundesrepublik explizit als rheinisch-westlicher Staat gegründet und somit auch in Gegnerschaft zu Preußen.

    Darüber hinaus wurde 1945 mit der Zerschlagung Preußen und der deutschen Teilung die Wirtschaftskraft Berlins nachhaltig und dramatisch geschwächt.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Ich empfinde das Brandenburger Tor durchaus als nationales Symbol ersten Ranges. Nicht umsonst ziert das Brandenburger Tor die Rückseite der Cent-Münzen. Es hat national, wie auch international einen hohen Wiedererkennungswert und dokumentiert die enormen Höhen und Tiefen der deutschen Geschichte sehr gut.

    Für mich haben außerdem der Speyrer, der Kölner und der Aachener Dom hohen nationalen Symbolcharakter. Mein bevorzugtes Bauwerk wäre allerdings die Wartburg. Sie verbindet sowohl Protestanten (Luther) und auch Katholiken (Heilige Elisabeth) miteinander. Sie blickt auf eine bewegte Geschichte zurück und ist auch architektonisch ein herausragendes Bauwerk.

  • Sicher werden alte politisch, religiös oder historisch bedeutsame Gebäude zu Ikonen der nationalen Identität eines Staatsvolkes bzw. einer Nationalkultur erhoben, das gilt auch für den Kreml, das Budapester Parlament, das Warschauer Königsschloss, das Kapitol in Washington D.C. usw. Für welches Gebäude gilt das in Rom ? Bei solchen ideologischen Überhöhungen bin ich skeptisch. Haben nicht Hitler und Speer mit „Germania“ eine gigantomanische Gebäudesymbolik großdeutscher Identität angestrebt oder Ceaușescu mit dem protzigen Palast in Bukarest. Und versuchen jetzt Schlossgegner völlig unberechtigt, das Berliner Schloß von 1701 zur kontaminierten Ikone preußisch-militanter Großmannssucht hochzustilisieren?

    Ein Bauwerk ist ein Bauwerk, entweder passend, nützlich, schön, kunstvoll oder unpassend, nutzlos, hässlich, ohne Ästhetik, störend, überflüssig. Ein Mahnmal hat Berechtigung, wenn es Gedanken und Gedenken anzuregen vermag. Ob die Wippe das bei mir schafft, bezweifle ich. Das Schloß weist hin auf die ästhetische Baukunst Anreas Schlüters, auf seinen Auftraggeber Friedrich I., auch an das wunderbar wiederhergestellte Ensemble von Spree Athen. Das genügt.

  • Grundsätzlich empfinde ich das Thema extrem spannend. Meines Erachtens gibt es kein organisches/originäres Nationaldenkmal in Deutschland. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass es Deutschland sehr lange gar nicht gab. Der Gedanke einer deutschen Nation ist ja auch erst im Zuge der napoleonischen Befreiungskriege entstanden. Davor haben sich die Menschen in diesem Territorium nicht als Deutsche, sondern als Bayern, Sachsen, Preußen etc. verstanden und bezeichnet - so wie es heute (zu Recht) die Österreicher tun.

    Als das Deutsche Kaiserreich dann 1871 von den Fürsten in Versailles (!) gegründet wurde, war es ja auch vielmehr ein Bund semiautonomer Regionalherrscher mit einem "Repräsentations-Kaiser" an dessen Spitze - nicht zu vergleichen mit so zentral ausgerichteten Staaten wie Spanien, Russland oder auch Frankreich (sowohl monarchisch als auch republikanisch).

    Um dem Volk eine Idee von Deutschland zu vermitteln, wurde nach 1871 ein massives National-Marketing betrieben. Neben zahllosen, deutschnationalen Liedern und Gedichten wurden aber auch diverse 'Nationaldenkmale' errichtet, um einen gemeinsame Identifikationsgrundlage für alle zu schaffen. Man könnte das auch als den in Stein versetzten, kleinsten gemeinsamen Nenner der Deutschen bezeichnen. Diese Nationaldenkmäler befanden sich entweder an gesamtdeutschen, geschichtsträchtigen Orten (z.B. das Hermannsdenkmal bei Detmold, das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig), an topografisch bedeutsamen Punkten (wie das Deutsches Eck in Koblenz, die Deutsche Wacht am Rhein, die Kaiserwacht an der Porta Westfalica) oder hatten einen allgemein bekannten, deutsch-sagenumwobenen Hintergrund (Kyffhäuserdenkmal für Kaiser Barbarossa). Später kam dann auch noch das Tannenberg-Denkmal hinzu. Allen diesen Nationalmonumenten war eigen, dass sie sehr monumental waren und dort 'der Vater dem Sohne die Größe der Deutschen Nation verdeutlichen' konnte.

    Interessanterweise haben diese Nationaldenkmäler bei den Deutschen niemals den Status eines Eifelturms oder den von Notre Dame wie bei den Franzosen erlangt. Heute sind sie nahezu in Vergessenheit geraten und taugen höchstens noch für Kurzweil bei Kaffeefahrten.

  • ... der Gedanke einer deutschen Nation ist ja auch erst im Zuge der napoleonischen Befreiungskriege entstanden.


    Mozart schrieb am 17. August 1782 in einem Brief an seinen Vater folgendes:

    Keinem Monarchen in der Welt diene ich lieber als dem Kaiser, aber erbetteln will ich keinen Dienst. Ich glaube so viel imstande zu sein, daß ich jedem Hofe Ehre machen werde. Will mich Teutschland, mein geliebtes Vaterland, worauf ich (wie Sie wissen) stolz bin, nicht aufnehmen, so muß in Gottes Namen Frankreich oder England wieder um einen geschickten Teutschen mehr reich werden, und das zur Schande der teutschen Nation.


    Nachfolgend ein kleiner Auszug aus Wikipedia über das Heilige Römische Reich deutscher Nation:

    Heiliges Römisches Reich (lateinisch Sacrum Imperium Romanum oder Sacrum Romanum Imperium), seit dem Ende des 15. Jahrhunderts auch HEILIGES RÖMISCHES REICH DEUTSCHER NATION (lateinisch Sacrum Imperium Romanum Nationis Germaniae), war vom Spätmittelalter bis 1806 die offizielle Bezeichnung für das seit dem 10. Jahrhundert bestehende Herrschaftsgebiet der römisch-deutschen Kaiser.


    Und schließlich noch ein Verweis auf die Veröffentlichung einer bedeutenden Reformschrift Martin Luthers aus dem Jahr 1520.

    An den christlichen Adel deutscher Nation: von des christlichen Standes Besserung (An den Christlichenn Adel deutscher Nation: von des Christlichen standes besserung: D. Martinus Luther.) ist eine Reformschrift Martin Luthers, verfasst in frühneuhochdeutscher Sprache im Jahr 1520. Ihre Bedeutung liegt darin, dass Luther in dieser Schrift eindeutig mit der römisch-katholischen Kirche brach.


    Ich wundere mich immer wieder über die Hartnäckigkeit dieser Fehlannahme, dass das Bewusstsein über die Existenz einer deutschen Nation erst im 19. Jahrhundert entstanden wäre.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Hier ist zu widersprechen. Die Bundesrepublik ist alles andere als eine Art "Groß-Preußen", sondern viel mehr eine Art "Rheinbund 2.0", ein ausschließlich nach Westen hin (auf eine westliche Großmacht hin) orientierter deutscher Staat (Staatenbund) ohne Österreich und ohne Preußen, denn a) gibt es Preußen seit 1945 nicht mehr, b) befindet sich kein namens gebender Teil Preußens auf dem Territorium der Bundesrepublik und c) wurde die Bundesrepublik explizit als rheinisch-westlicher Staat gegründet und somit auch in Gegnerschaft zu Preußen.

    Darüber hinaus wurde 1945 mit der Zerschlagung Preußen und der deutschen Teilung die Wirtschaftskraft Berlins nachhaltig und dramatisch geschwächt.

    Hallo Valjean,

    danke für die Information. Das sehe ich allerdings anders. Ob es nun ein Territorium gibt, mit der Bezeichnung Preußen, ist doch völlig unerheblich. Es ändert doch nichts daran, dass das Gebiet der heutigen Bundesrepublik bis 1945 fast zur Hälfte dem Freistaat Preußen zuzurechnen war. Das hinterlässt doch Spuren, die bis heute nicht verschwunden sind. Siehe z.B. die bundesübergreifende Stiftung preußischer Kulturbesitz. Bis 1990 mag Deine "Rheinbund-These" teilweise zutreffen. Obwohl ich nicht glaube, dass die BRD explizit als rheinischer Staat und in Gegnerschaft zu Preußen gegründet wurde. Spätestens seit der Wiedervereinigung jedoch, ist Deutschland östlicher, preußischer, weniger rheinisch und weniger Süddeutsch geworden.

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Ich empfinde das Brandenburger Tor durchaus als nationales Symbol ersten Ranges. Nicht umsonst ziert das Brandenburger Tor die Rückseite der Cent-Münzen. Es hat national, wie auch international einen hohen Wiedererkennungswert und dokumentiert die enormen Höhen und Tiefen der deutschen Geschichte sehr gut.

    Für mich haben außerdem der Speyrer, der Kölner und der Aachener Dom hohen nationalen Symbolcharakter. Mein bevorzugtes Bauwerk wäre allerdings die Wartburg. Sie verbindet sowohl Protestanten (Luther) und auch Katholiken (Heilige Elisabeth) miteinander. Sie blickt auf eine bewegte Geschichte zurück und ist auch architektonisch ein herausragendes Bauwerk.

    Das Brandenburger Tor ist sicherlich das Monument Deutschlands, welches am ehesten die Rolle eines National-Monuments erfüllt.

    Die Wartburg ist mE auf jeden Fall ein kulturhistorisch überaus bedeutender und auch sinn-stiftender Bau für uns Deutsche und auch allgemein für Deutschsprachige. Luther übersetzte dort die Bibel und legte somit den Grundstein für unsere Schriftsprache.

    Darüber hinaus war die Wartburg auch Schauplatz (tatsächlich oder auch nur gemäß einer Legende) eines Wettstreits von Dichtern und Minnesängern des sog. "Sängerkrieges auf der Wartburg" im Hochmittelalter.

    Für mich persönlich ist allerdings die wiederaufgebaute Frauenkirche in Dresden das Bauwerk Deutschlands, welches mich am meisten vom Gefühle her berührt.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Paris ist halt seit ca. 987 den Herz Frankreichs, weil der erster König, Hughes Capet, eigentlich Graf von Paris war, mit einem kleinem Domän rund um die Hauptstadt. Darum wurde er auch gewählt, man dachte so ein kleiner Graf wird ja nicht so sehr stören.

    Notre Dame wurde ab 1163 errichtet. Und es war damals einer der grössten Gebaüde der Welt, als architektonisches Meisterstück betrachtet, und seit jeher ein stabilen Bestandteil der Stadt. Während sich alles rundherum veränderte, blieb halt Notre Dame. Hinzu war diese Kathedrale zwar Eigentum des Klerus, aber die wurde vom Volk finanziert (kein König hat je ein Grochen für die Errichtung ausgezahlt), und so als Volkseigentum betrachtet.

    Besonders interessant: Als Napoleon sich selbst krönte, wählte er Notre Dame für den Ereignis.

  • Spätestens seit der Wiedervereinigung jedoch, ist Deutschland östlicher, preußischer, weniger rheinisch und weniger Süddeutsch geworden.

    Ich stimme zu, dass mit der Wiedervereinigung der bis dahin vorherrschende Charakter der Bundesrepublik (rheinisch süddeutsch) abgenommen hat. Wobei dies sich erst zeitlich versetzt bemerkbar machte und auch noch nicht austariert ist.

    Das Gebiet der DDR war aber historisch nicht nur preußisch, denn weder Mecklenburg, noch die thüringischen Kleinstaaten und schon gar nicht Sachsen waren Teil Preußens. Gerade Sachsen bildete für lange Zeit eine Antipode zu Preußen.

    Die DEFA (DDR-Filmunternehmen) griff dies in einem 1985 produziertem und sehenswerteren Mehrteiler auf, der 1987 in der ARD gezeigt wurde: "Sachsens Glanz und Preußens Gloria" (hier)

    Also mit dem Beitritt der neuen Bundesländer fand die Bundesrepublik die historische Mitte Deutschlands wieder, wurde mehr preußisch, aber auch mehr thüringisch mehr mecklenburgisch und mehr sächsisch.

    Und gerade das sächsische Selbstverständnis, mit Grenzen zu Böhmen und Schlesien, sowie historischen Banden nach Österreich, ist eher ein mittel- als ein rein westliches/westeuropäisches. Und diese Unwucht im innerdeutschen Verhältnis führt auch mitunter politischen Spannungen aber das ist ein anders Thema.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Valjean Nach Deiner Aussage müsste Mozart, würde er in der heutigen Zeit leben, also kein Österreicher, sondern ein Deutscher sein?

    Gegenfrage: Nach deiner Logik müsste Kant, würde er in der heutigen Zeit leben, also kein Deutscher (Preuße), sondern Russe sein?

    Im Ernst, ich verstehe deine Frage nicht. Mozart wurde 1756 im Fürstbistum Salzburg geboren, welches von 1328 bis 1803 (also über Mozarts Ableben hinaus) ein selbständiges Territorialfürstentum innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher (HRRDN) Nation war.

    Das Fürstbistum Salzburg grenzte an das Kurfürstentum Bayern und an das Erzherzogtum Österreich, beide Teil des HRRDN.

    Mozart (1756 - 1791) war also Salzburger und Deutscher aber tatsächlich kein Österreicher.

    (Wobei Deutsch-Österreicher damals auch Deutsche waren und sich als solche sahen, da gab es überhaupt keinen Zweifel)


    Noch eine interessante Nebeninformation: Mozarts Mutter starb 1778 in Paris und wurde auch dort beerdigt. Im Kirchenbuch der zuständigen Kirche von Saint-Eustache heißt es hierzu:

    « En ce jour, Marie-Anne Pertl, âgée de 57 ans, femme de Léopold Mozart, maître de chapelle à Salzbourg, Bavière, qui mourut hier rue du Groschenet, a été enterrée dans le cimetière en la présence de Wolfgang Amédée Mozart, son fils, et de François Heine, trompette dans la cavalerie légère de la Garde royale, un ami. »

    „An diesem Tag wurde Marie-Anne Pertl, 57 Jahre alt, Ehefrau von Leopold Mozart, Kapellmeister in Salzburg, Bayern, die gestern in der Rue du Groschenet starb, in Anwesenheit von Wolfgang Amédée Mozart, ihrem Sohn, und François Heine, Trompeter in der leichten Kavallerie der königlichen Garde, einem Freund, auf dem Friedhof beigesetzt.“

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • natürlich ist Wien die angestammte historische Hauptstadt Deutschlands.

    Das ist aber eine sehr steile These! Was ist mit Aachen, Frankfurt am Main, Regensburg -um nur einige zu nennen, die lange bevor Wien als Residenz der Habsburger Aufbewahrungsort der Reichsinsignien wurde, Krönungsorte, Reichstagsorte etc. waren?

    Für mich persönlich ist allerdings die wiederaufgebaute Frauenkirche in Dresden das Bauwerk Deutschlands, welches mich am meisten vom Gefühle her berührt.

    Mit dem Brandenburger Tor kann ich nichts anfangen...

  • also kein Österreicher, sondern ein Deutscher sein

    Allein schon deshalb, weil die Familie Mozart (eigentlich: Motzhardt) ja aus (dem heutigen Bayerisch-)Schwaben kam und später in Augsburg ansässig wurde, dort gibt es auch ein sehr schönes Leopold-Mozart-Museum.

    Andererseits reichte damals Österreich ja direkt bis nach Augsburg, der heutige Stadteil Kriegshaber gehörte zu Vorderösterreich. Vielleicht stammte ja irgendein Vorfahr wiederum aus einem österreichischen Teil Schwabens ...

    Lanes are meant to be crossed. If you're staying in your lane you're obviously advancing too slow.

  • Kleiner Exkurs zur Klärung: Wir unterscheiden doch zwischen Staatsagehörigkeit und Nationalität. Durch die staatliche Zerschlagung des HDRDN 1806 durch Napoleon und Gründung des Rheinbundes war die Staatsangehörigkeit der Österreicher unter Franz I. (schon ab 1804) das "Kaisertum Österreich" . Die Österreicher waren innerhalb des Deutschen Bundes (1815) weiterhin Deutsche und gehörten auch beim Paulskirchenkongres 1848/49, in dem über eine klein- oder großdeutsche Lösung gestritten wurde, zur "Deutschen Nation". 1871 wurde das Deutsche Reich im "kleindeutschem Format" gegründet. Die Österreicher waren im Kaisertum Österreich weiterhin Deutsche neben allen anderen Nationalitäten. Nach dem I. WK 1918 wurde die Habsburger multiethnische Monarchie aufgelöst. Restösterreich wurde im Versailler Vertrag verboten, sich dem Deutschen Reich staatlich anzugliedern. Trotzdem nannte sich der Staat "Deutschösterreich". Nach WK II boten die Alliierten Österreich das Ende der Besatzung und die Neutralität des Staates an. Bedingung: nur getrennt von Deutschland. Darauf erklärte die österreichische Regierung Österreich als immerwährend neutral und die Österreicher als eigene "Willensnation". Seitdem sind die Österreicher formell auch national keine "Deutschen" mehr. Mozart war zu seiner Zeit also noch Deutscher.

  • Es gibt wohl keine anderen Themen, die Deutsche und Österreicher (heutzutage) so sehr trennen: Die gemeinsame Sprache (sagt man) - und die Frage welcher Nationalität das "Wolferl" zuzuordnen ist ... Als kleine Ergänzung (und auch Erklärung zu Valjeans Entdeckung, s.o.) noch folgendes: Salzburg gehörte zum Bayerischen Reichskreis, der bis 1806 bestand. Es scheint mir also plausibel, dass die Salzburger damals (obgleich ein eigenes, unabhängiges Territorialfürstentum bildendend) sich wohl (auch) als Bayern verstanden. Das dürfte den Kirchenbucheintrag erklären. Somit: Mozart war tatsächlich also gebürtiger Bayer mit einer bayrischen Mutter und einem schwäbischen Vater. Gut dass wir das mal geklärt haben :wink:

  • Das Brandenburger Tor ist natürlich ein nationales Wahrzeichen, das kann man sicher nicht abstreiten, aber seine Bedeutung für das deutsche Volk wurde ja vor kurzem sogar mal auf die Probe gestellt, als es durch Klimaaktivisten wiederholt besudelt wurde und der große nationale Aufschrei ausblieb... soweit scheint es also nicht her zu sein mit der nationalen Identifikation.

    Also ich weiß ja nicht, in welcher Form du dir einen "großen nationalen Aufschrei" wünschst, weil ein paar Irre (und so würde ich diese "Klimaaktivisten" salopp doch bezeichnen) sich versuchen durch asoziale Aktionen in Szene zu setzen. Es ist rational gesehen i.Ü. sogar besser, solchen Aktionen durch hysterische Reaktionen medial nicht noch mehr Aufmerksamkeit einzuräumen. Ich kenne trotzdem nahezu keinen, der damals nicht empört war.

    Die Farbschmieraktion mit dem Brand von Notre Dame zu vergleichen ist ohnehin etwas weit hergeholt. Ich wage zu bezweifeln, dass solche Schmierereien an der Kathedrale in Frankreich zu groß anderen Reaktionen geführt hätten. Die Mentalitäten der Deutschen und Franzosen näherten sich in den letzten Jahrzehnten real doch sehr an, auch wenn Klischees natürlich gern gepflegt werden (wie z.B. auch von heißblütigen französischen Streikenden, die gern mal Autoreifen in Brand setzen).


    Außerdem ist es auch nur ein Wahrzeichen für die letzten rund 200 Jahre und bildet somit nicht wie Notre Dame einen über viele Jahrhunderte gehenden, immer gleich bleibenden nationalen Identifikationspunkt.

    Also mal umgekehrt: welches Ereignis von nationaler Bedeutung fand eigentlich in Notre Dame in den letzten 200 Jahren statt, dass von großer nationaler Bedeutung für die Franzosen war? Außer der Beerdigung von Charles de Gaulle (wenn man das überhaupt dazu zählen kann) eigentlich nichts. Im Gegenteil wurde seit der französischen Revolution von der französischen Republik ein Laizismus zelebriert, der eine Kathedrale gerade nicht als nationales Symbol vorsah. Es war sicher kein "gleich bleibender nationaler Identifkationspunkt".

  • Die Österreicher waren im Kaisertum Österreich weiterhin Deutsche neben allen anderen Nationalitäten.

    Also, genau genommen, gab es Österreicher im Kaiserreich Österreich (oder im österreichischen Teil der Doppelmonarchie), welche die deutsche Nationalität hatten. Andere mit österreichischer Staatsangehörigkeit, wie z.B. die Tschechen waren keine Deutsche. Es war vor 1918 ein Vielvölkerstaat.

    trotzdem nannte sich der Staat "Deutschösterreich"

    Der Staat wollte sich anfangs 1918, durfte sich dann jedoch nach einer Intervention der Allierten nicht "Deutschösterreich" nennen, er hieß schlicht "Republik Österreich".

    Österreicher sind Deutsche nichts anderes !

    Im Grundgesetz ist definiert wer Deutscher ist (Artikel 116).

    Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist...,

    wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder

    als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.


    Weder das eine noch das andere ist bei Österreichern heute der Fall. Es gibt nunmal eine historische Entwicklung und Realität.

    Davon unabhängig hat sich z.B. Mozart selbstredend als Deutscher verstanden (er hätte vermutlich noch nicht einmal die Frage danach begriffen).