• Pulkau bekam erst in der 2. Republik die (bereits bedeutungslos gewordenen) Stadtrechte, dies mit Verweis auf seine Verdienste um den Ortsbild- und Denkmalschutz.

    Das Orts- und nunmehrige Stadtbild wird von der Dreifaltigkeit der Michaeliskirche, der Hl. Blutkirche und vom Raiffeisenlagerhaussilo beherrscht. Erspart mir ein Bild davon.


    Auch bei Nacht schön:


    Das dreischiffige Innere im Stile der Romanik:


  • Die Einwölbung des Mittelschiffes stammt natürlich aus der Barockzeit.

    Der Triumphbogen ist rein romanisch:


    Gewisse Details wie diese überlangen Dienste erinnern an das nahe Schöngrabern:

  • Das Innere ist von großer Spiritualität, was wohl nicht zuletzt auf die pittoreske Verwinkelung zurückzuführen ist:


    Höhepunkt ist die Apsis den südl. Seitenschiffes:

    (wird fortgesetzt)

  • Natürlich ist hier Österreich gemeint. Bekanntlich war Österreich über Jahrhunderte eine Monarchie. Bis zum November 1918. Da begann die erste Republik. 1938 liquidierte Hitler die österreichische Eigenstaatlichkeit (sogenannter "Anschluss"), womit auch die 1. Republik beendet war. 1955 beginnt dann mit dem Österreichischen Staatsvertrag die zweite Republik. Diese währt bis heute.

    Zur genaueren Lokalisierung Pulkaus kann ich als stolzer Besitzer einer Landkarte Österreichs aus dem traditionsreichen Verlag Freytag & Berndt Folgendes mitteilen: Pulkau liegt im Bundesland Niederösterreich und hier wiederum im Politischen Bezirk Hollabrunn, innerhalb dessen Pulkau dem Gerichtsbezirk Retz zugeordnet ist. Wir finden Pulkau also nordwestlich von Wien, im Weinviertel. Das kleine Städtchen liegt ungefähr in der Mitte zwischen Weitersfeld und Eggenburg sowie in der Mitte zwischen Sigmundsherberg und Zellerndorf. Um ganz präzise zu sein: Pulkau liegt knapp nordöstlich des Schnittpunktes der beiden Luftlinien. Das Städtchen liegt an dem Flüsschen Pulkau, welches der Thaya zufließt und genau an der mährischen Grenze in diese mündet.

  • Rastrelli

    Die 2. Republik wurde bereits 1945 gegründet und mit der Anerkennung durch die Sowjetunion zuerst und folgend durch die drei anderen Alliierten legitimiert.

    Wenngleich die frühere "Ostmark" eben auf Grund ihrer Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus 10 Jahre sowjetische Besatzung erdulden musste, erfolgte die Gründung der Republik nicht erst nach dem Abzug der Besatzer.

  • Österreich war - wie Deutschland - von allen vier Mächten besetzt. Doch gab es bereits in der Besatzungszeit Bundesregierung und Nationalrat. Die Verfassung von 1920 (mit späteren Änderungen) wurde bereits 1945 wieder in Kraft gesetzt. Man kann also tatsächlich sagen, dass die zweite Republik 1945 beginnt.

    Andererseits können wir von der ersten Republik die Jahre des Austrofaschismus ab 1933/34 abziehen.

    Erste Republik 1918/19-1933/34
    Zweite Republik seit 1945
    Volle Souveränität der 2. Republik seit 1955

  • Das bei Nacht gut durchleuchtete Innere (Ostersonntag auf - montag):

    Während bei Tag die Apsis völlig im Dunkeln erscheint:

    Hier der Blick zurück aus der romanischen Enge des Apsis-Vorraums:

    Die Verwinkelung und Heterogenität der Schichten trägt viel zum mystischen Eindruck dar:

    Blick zum Sakramentshäuschen in der Apsis:

  • Die schöne Seitenkapelle von außen:

    Portal des Karners:

    Das war mal zum Einstieg etwas zur Michaelskirche. Etwas bleibt noch zu sagen: Sie zählt zu den prominentesten Kirchen in NÖ, die von der Schließung bedroht sind. Zwei große Kirchen sind offenbar zu viel für eine derart kleine Stadt. Unserem Kardinal ist die Reduzierung der Pfarren und der Kirchen seit jeher ein großes Anliegen. Weiß nicht ob (bzw kann nicht beweisen, dass) dies mit gewissen "unfreundlichen" (inimicae) Traditionen, die man seiner Familie nachsagt, in Zusammenhang steht.

  • ursus carpaticus December 5, 2024 at 10:29 PM

    Changed the title of the thread from “Pulkau” to “Pulkau (Galerie)”.
  • Damit blicken wir schon zum Rathausplatz, der von der Hl. Blutkirche überragt wird.

    In seinem Zentrum steht das Rathaus.

    Auch bei einem gut erhaltenen Platzbild kann ein historisches Vergleichsbild nicht schaden:

    Damals und Heute KW 5/2020: Rathausplatz Pulkau - Hollabrunn

    Früher war das natürlich mangels Stadternennung kein Rathaus. Entscheidend ist aber die weitaus stimmigere Turmzwiebel statt des etwas banalen "gotisierenden" Walmdaches. Auch die ganz links angeschnittenen hübschen Giebel gibt es nicht mehr, sie fielen dem "Pulkautaler Hof" zum Opfer, dessen Heimatstil wiederum durch die jüngste Sanierung zugunsten eines archaisierenden Pseudomittelalterlichkeit beseitigt worden ist. Das klingt schlimmer, als es ist, und wir müssen froh sein, dass dieser Bau in seiner Substanz und damit auch das Platzbild gerettet worden ist. In Deutschland wäre man rigoroser verfahren.

    Hier ein weiteres historisches Bild:

    AK Pulkau, Hauptplatz mit Rathaus | Ansichtskarten günstig


    Hier heißt es schon "Rathaus", was eigentlich falsch ist.

    Hier ist der Pulkautalerhof links zu sehen, allerdings kommt er in natura nicht ganz so klobig daher, und der Putz ist einigermaßen in Ordnung.

    Der Rest des Platzes ist besser erhalten.

  • Zeit, dass wir uns mit der Hauptsehenswürdigkeit befassen.

    undefined

    Von GuentherZ - Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11870278

    undefined

    Von Uoaei1 - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52002809

    Die Kirche besteht nur aus Querschiff und Chor. Sie ist daher unvollendet. Über die Geschichte kann man bei Wikipedia nachlesen.

    Hier der berühmte Pulkauer Flügelaltar,

    Pulkau_Heilig-Blut-Kirche_Fl%C3%BCgelaltar_04.jpg
    Pulkau_Heilig-Blut-Kirche_Fl%C3%BCgelaltar_02.jpg

    Quelle wie oben.

    Vavedenje0.jpg

    September 2014 - Master of Pulkau, Presentation of the Virgin - The Royal Family of Serbia

    Die selten zu sehenden Tafelbilder sind im Internet nicht gut dokumentiert. Ich hab mal ein Bild davon gemacht, das ich hervorkramen werde.

    Anders die in natura nie gezeigte, auch bei Privatführungen streng unter Verschluss gehaltene Innenseite (oder wie man s nimmt: Außenseite) der Predella. Davon gibt es überraschenderweise (oder auch nicht, ich will das nicht beurteilen oder bewerten) etliche Bilder:

    Pulkau, Heiligblutkirche, Hostienfrevel

    pulkau---filialkirche-hl-blut-fluegelaltar-1078.jpg

    Gedächtnis des Landes: Kunst - Pulkau - Filialkirche Hl. Blut, Flügelaltar

    h119_37.jpg


    Judenschutz und Hostienschändungslegenden David - Jüdische Kulturzeitschrift

  • Zurück zum Platzbild. Typisch für das Waldviertel (Pulkau liegt an dessen Grenze) ist er barockisierende Historismus einiger Fassaden, die dem biederen Einerlei einen gewissen Farbtupfer verleihen.


    Hier sieht man den erwähnten historischen Dekor besser:

    Die Hauptstraße mit dem Pöltinger Hof:

  • GuentherZ_2010-08-21_0086_Pulkau_Poeltingerhof_Kartusche.jpg

    Von GuentherZ - Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11870345

    Der ehemalige Sankt Pöltner Stiftshof wurde im 18 Jh vermutlich durch Jakob Prandtauer umgebaut. Er verfügt über hübsche Interieurs aus dieser Zeit. Innenhof:

    Die Hauptstraße verbindet den Rathausplatz mit dem Hauptplatz, ja, einen solchen gibt es auch, womit dieser kleine Ort nicht nur zwei Kirchen, sondern auch zwei Plätze hat.

  • Bevor wir die letzten Bilder betrachten wollen, die sich mit dem Hauptplatz und verbleibenden Gebäuden und Ensembles befassen werden, kann es nicht schaden, sich mit dem Ortsnamen den Kopf zu zerbrechen. Dieser leitet sich nach herrschender Ansicht vom gleichnamigen Fluss ab, dh der Fluss war namensgebend für den Ort und nicht umgekehrt. Der Fluss entstammt dem Waldviertel, und um Pulkau tritt er aus diesem, dh aus den kristallinen Festgesteinen Böhmischen Masse in das tiefere gelegene Hügelland des Weinviertels mit seinen kalk- und tonhältigen Gesteinen. Der Ort Pulkau liegt "unten", wenn man vom Waldviertel kommt, und in einer hübschen Höhenlage, wenn man sich im Weinviertel bewegt. Pulkau ist der erste größere Ort an diesem Flüsschen, beileibe nicht der letzte, aber jedenfalls der kulturhistorisch bedeutsamste.

    Der Name "Pulkau" ist wie der Name "Moldau", dh er wirkt wie die Germanisierung eines tschechischen Wortes, was auch zum Teil stimmt. Die tschechische Bezeichnung lautet denn auch Plkava. Wie bei Vltava handelt es sich um eine Slawisierung einer ursprünglichen germanischen Bezeichnung. Die Pseudo-Regermanisierung trug nichts zur Wiederherstellung der ursprünglichen Bedeutung bei, ja entfernte sich im Fall der Moldau sogar von dieser. Aus Vltava kann man noch das Wort "Wald" hervorhören. Plkava stammt von felka oder folka, was "Volk" bedeutete. Beide Flüsse sind sohin in Ostmitteleuropa nicht allzu häufige Beispiele für aus dem Germanischen (und nicht aus dem Keltischen) entstammende Flussnamen (sofern dies überhaupt klärbar erscheint, vgl zB Thaya, March).

    Die tschechische Republik hat keiner Anteil an der Pulkau, insbesondere auch nicht im Bereich der Mündung nordöstlich von Wulzeshofen. Die Pulkau mündet nämlich gerade an einer Stelle, an der die (hoffnungslos regulierte und begradigte) Thaya ausnahmsweise gerade ausschließlich niederösterreichisches Gebiet durchfließt. Seinerzeit beklagte die CSSR die Verschmutzung der Thaya durch die in die Pulkau fließenden Industrieabwässer, schwer zu sagen, ob dies nicht angesichts der eigenen umweltpolitischen Verfehlungen nicht doch etwas heuchlerisch gewesen ist. Die Wasserqualität wird auch heute angesichts der intensiv betriebenen Landwirtschaft nicht allzu hoch sein.

    Der Oberlauf ist jedenfalls noch recht urtümlich (siehe das eingestellte Bild). Leider sind längere Wanderungen mangels Brücken und eines vernünftigen Wegenetzes entlang des Flüsschens nicht gut möglich. Wie in Österreich ob seiner unsegensreich starken land- und forstwirtschaftlichen Lobby üblich, kam es auch nicht zur Herausbildung eines zusammenhängenden Naturschutzgebietes, obwohl das Tal aufgrund seiner landschaftlichen Lage mit steilen Hängen eigentlich dafür prädestiniert wäre. Ohne Frage sind Tschechien und Deutschland heute diesbezüglich progressiver.

    Immerhin ist die landschaftliche Lage im Großen noch einigermaßen unbeeinträchtigt, aber angesichts der derzeitigen Windkraftausbauplänen wagt man eigentlich nicht mehr, sich darüber zu freuen oder auch nur darüber zu reflektieren. Unser Leben ist von einer gewissen Bangigkeit durchsetzt, die so gut wie alle Bereiche befallen hat, und damit müssen wir leben. Ob ein Ausflug nach Pulkau für die Psyche in ein paar Jahren noch gut sein wird, steht in den Sternen, ich jedenfalls weiß es nicht und will es auch gar nicht wissen.