Rekonstruktionsrekonstruktion Mainz

  • Werte Gemeinde!

    Zur Zeit versuche ich, für das Stadtzentrum von Mainz eine Chronik aller am und um dem Dom befindlichen Baudenkmäler zu schaffen. Allerdings muss ich feststellen, dass es vereinzelt zu Wiedersprüchen und Ungereimtheiten in den Rekonstruktionen oder Chroniken mancher Baudenkmäler gibt. Womöglich können mir die hier anwesenden Fachkundigen aushelfen!

    Begonnen mit der Liebfrauenkirche, welche einst auf dem Liebfrauenplatz östlich des Doms stand und aus dem Kirchentrio von Erzbischof Willigis hervorging. Auf dem Kupferstich von Matthäus Merian 1633 ist sie Prominent zu sehen, mit einer kleinen Haube und dem Mittleren Turmsegment ohne Maßwerk.
    Ein Holzmodell von Dom und Liebfrauenkirche, welches im Landesmuseum Mainz ausgestellt wird, ist ebenfalls die Haube zu sehen, allerdings nun auch feinstes gotisches Maßwerk. Leider ist mein Besuch des Museums zu lange her, entsprechend erinnere ich mich schändlicher Weise nicht mehr an den Schnitzer des besagten Modells. Jedenfalls: Das Modell zeigt einen Umlauf auf Traufhöhe des Kirchendachs, welcher vermutlich aus Holz über dem Mauerwerk auf der Süd- West- und Nordseite auskragt. Dieser Umlauf ist bei Merian allerdings in das Mauerwerk integriert. Das Modell Zeigt Mainz nach 1774, klar zu erkennen an der Westgruppe der Domtürme, welche nach dem Dombrand 1767 wiederhergestellt wurden. Dass das Maßwerk nachträglich eingebracht wurde macht Sinn, dass der Rundgang aber so verändert wurde kommt mir seltsam vor.
    Das letzte Detail zu der Liebfrauenkirche birgt die auf dem Liebfrauenplatz im Boden eingelassene Gedenktafel, welche die Kirche Zeigt. Hier erkennt man wieder den in die Mauer integrierten Rundgang, das Maßwerk am Turm, aber auch einen spitzen Turmhelm. Dieser ist mir aus keiner anderen Darstellung bekannt und wirft die Frage auf, ob die Kirche einen solchen jemals hatte und falls ja: Wann?

    Anbei die drei erwähnten Darstellungen:

    Ausschnitt des Kupferstichs vom Matthäus Merian 1633

    Holzmodell im Landesmuseum Mainz

    Gedenktafel auf dem Liebfrauenplatz in Mainz

    Falls jemand ein paar klärende Worte hat, würde ich mich sehr freuen!

  • und dem Mittleren Turmsegment ohne Maßwerk.

    Darauf würde ich nicht vertrauen. Merians Darstellungen können aufgrund der Technik im Detail gar nicht die Wirklichkeit abbilden. Auch an anderen Fenstern fehlt das Maßwerk oder ist bis zur Unkenntlichkeit stilisiert. Es wird aber definitiv vorhanden gewesen sein.

    Zum Umgang: Ursprünglich dürfte der gotische Bau keinen solchen am Außenbau besessen haben. Möglicherweise gab es eine Brüstung mit Maßwerk über der Traufe, wie man es noch an vielen gotischen Bauten sieht. Auch hier ist Merians Ansicht nicht im Detail zuverlässig bzw. schwer zu interpretieren. Wenn das Holzmodell korrekt ist, dann wurde in der frühen Neuzeit eine auskragenden Holzumgang an die Kirche angebaut, der mit Sicherheit fortifikatorische bzw. Funktion hatte. Muss man hier vielleicht sogar ein Zeugnis für den Gegensatz von bischöflichem Stadtherren und dem Bürgertum sehen? Ich stelle mal diese Hypothese in den Raum. Die ergibt natürlich nur Sinn, wenn die Liebfrauenkirche innerhalb der Domimmunität lag, was aufgrund der baulichen Situation der Fall zu sein scheint.

    Bei der Gedenktafel wäre ich mir nicht sicher, ob sie nicht eine idealisierte Kirche zeigt, die so nie existiert hat. Der gotische Turmhelm müsste zumindest ja bereits vor Merian zerstört worden sein. Einen neugotischen Zustand kann sie ja nicht zeigen.

  • Dann halte ich für mich mal fest, dass das Maßwerk seit dem gotischen Wiederaufbau der Kirche 1311 existiert. Die Kirche brannte zwar erneut 1561 und wurde 1570 erneut wiederaufgebaut, allerdings war die Gotik da schon ziemlich aus der Mode. In diesen Zeitraum könnte aber theoretisch der Turmhelm passen, welcher demnach 1311 dem Kirchturm aufgesetzt und 1570 als Haube wiederaufgebaut worden sein könnte.

    Die Kirche war anfangs wohl das Baptisterium des Doms, wurde dann aber unter Bischof Siegfried I. als Marienstift geweiht und dürfte seitdem als Stiftskirche nicht zum Dom selber zählen, ergo nicht unter die Domfreiheit oder? Ihre Rolle als Bollwerk hat sie jedenfalls so oder so gespielt, als die Preußen 1793 die Stadt bombardierten. Während von der Liebfrauenkirche nichts als eine Ruine übrig blieb, hat der Dom im weitesten Sinne "nur" die Türme der Ostgruppe als Schaden zu melden. Ohne die Liebfrauenkirche hätte es vermutlich anders ausgesehen.

  • Nur ganz kurz zwischen Tür und Angel die Info, daß es am Liebfrauenplatz zumindest zu Ausgrabungen kam. Der Zeitpunkt müßte genauer geprüft werden, optional im Zeitraum 1960er bzw. frühe ´70er. Die Ausgrabungen sind auch fotografisch gut dokumentiert. Erhalten sind oder waren im Untergrund noch Reste von Fundamenten, vielleicht auch Mauerfragmente, womit die heutige Straßenpflasterung begründet wird. Ein Ansatz der Chormauer wurde ja wieder aufgeführt und auch die Stufen zum Fischtorplatz wieder angelegt, die ein altes Markenzeichen von Maria ad gradus waren und der Kirche im Volksmund auch den Namen Mariengreden gaben.

    Die ursprüngliche Liebfrauenkirche war eine Vorkirche zum "neuen" Willigisdom und es wurde eine Dreierreihenfolge von Mariengreden, neuem Dom und in Folge dem alten Dom, heute St. Johannis geschaffen.

    Erhalten blieben nach dem Abriß diverse Fragmente wie gewisse Anteile des Liebfrauenportals (nota: das Plätzchen zwischen Liebfrauenportal und Dom-Ostchor war das Goldschmidtsplätzchen.

    Im Dom ist die meisterhafte Grablegung aus Liebfrauen, in der Augustinerkirche das Gnadenbild. Die heute wieder am Marktportal angebrachten Willigis-Portalflügel waren wohl längere Zeit in Liebfrauen und bei ihrem offensichlichen Rücktransfer fiel erst auf, daß sie so erstaunlich gut in das Marktportal einzufügen sind.

    Es gibt Abbildungen, aus denen hervorgeht, daß die Kirchenruine bereits abgerissen war, die nördlich an die Kirche anschließende bürgerliche Bebauung aber noch stand. Der Verkehrsfluß muß also lange Zeit hinweg nördlich davon, im Bereich der heutigen Grünanlage in Richtung Markt gegangen sein.

    Von Dionys Wasserburg oder jemand anderem müßte es eine Zeichnung vom Innenraum geben.

    Durch die Ausgrabungen und die hoffentlich vorhandenen Maße wäre es vielleicht möglich, an eine virtuelle Wiederauferstehung zu denken. Dann aber bitte auch die Pestkapelle St. Sebastian von 1666 ff., die westlich des Doms am Übergang vom Höfchen zur Schöfferstraße ist oder auf gut Meenzerisch: Dort, wo es Brezelbud´sche vum Ditsch steht, wo die Bretzel ve´kaaft wer´n, die wo als deirer wern. E Schann is dess.

    Ich habe zwei Albuminbilder von ca. 1860-65, Römischer Kaiser in Richtung Dom, Dom mit Moller´schem Ei.

    Und als kleiner Hinweis, falls der Brand noch in das Interessensgebiet fallen sollte: ich habe eine englische Zeichnung vom Brand von 1823, Lord Francis Leweson-Gower, der Brand in Richtung Süden, aus einem Obergeschoß des Hotels zu den drei Reichskronen, in Richtung Süden, mit Brand-Südseite und Einmündung der Seilergasse.

    Unter Umständen würden auch noch manche Details aus dem Begleitbuch zur Ausstellung "Der verschwundene Dom" hervorgehen.

    Achso: und es gab ein Glockenspiel, und zwar von niemand geringerem als von Hemony,

  • Vielen Dank für die Infos und die Literaturempfehlung!


    Tatsächlich habe ich "Mariengreden" innerhalb meines Projekts als Bezeichner für die Kirche festgelegt. Das hat vor allem den Hintergrund, dass ich mich freuen würde wenn auch ein wenig Mundart in das Projekt einfließen würde, den Namen "Liebfrauen" kann man ja jederzeit auf den Straßenschildern nachlesen. Neu für mich ist das Goldschmidtsplätzchen! Das wird sofort notiert.
    Zu dem Punkt "Verkehrsfluss nördlich der Kirche" vermute ich, dass besagter Raum auf dem sich heute die Grünanlagen und im Winter das Weihnachtsdorf befindet ebenfalls einen vergessenen Namen haben könnte. Schließlich war dieser Durchgang sehr lange Teil des Stadtbildes und führte vom Markt (Marktbrunnen) bis hinab zum Hof des römischen Kaisers.

    Was die Maße angeht sind die Längen und Breiten, so wie der existierende Grundriß der Kirche bereits sehr Hilfreich, allerdings ist über die tatsächlichen Höhen meines Wissens nach nichts bekannt. Hier halten bislang die verfügbaren Abbildungen der Kirche wie die Rekonstruktion von Gerhard Bitten her.
    Bedauerlicher weise stehe ich in Bezug auf meine Fähigkeiten mit Blender (3d-Modellier-Software) umzugehen noch am Anfang und entsprechend meilenweit davon entfernt, eine ernstzunehmende Rekonstruktion zu wagen. Stattdessen habe ich mich von von dem Format "Bau die Burg", welches vom SWR ausgestrahlt wurde inspirieren lassen, zumindest ein Gefühl der Räumlichkeiten durch ein Minecraft-Modell herzuleiten. Zwar ist Minecraft absolut ungeeignet, Historisch korrekt und Sinnvoll zu rekonstruieren, dafür aber bedeutend intuitiver und erschwinglicher als ein eine 3d Model-Artist Ausbildung.

    Zu den Dimensionen meines Projekts: Tatsächlich habe ich diese sehr weit gesteckt. Weit genug, als dass auch die Sebastianskapelle, die Jesuitenkirche (zuvor Franziskanerkirche), Schusterstraße, Brand und Eisenturm noch im Suchbereich liegen. Dabei ist der Brand nur ein netter Nebeneffekt, tatsächlich geht es mir um das alte Rathaus, welches in der nähe Stand. Allerdings wage ich hier kurz einen Korrekturversuch: Die Sebastianskapelle wird vermutlich nicht unter dem Weltklasse-Bretzelofen liegen, sondern etwas weiter Westlich. Im folgenden zu sehen zwei ausschnitte zweier Stadtpläne, der Linke aus 1755 und der Rechte aus 1803 kurz vor dem Abriss. In beiden ist zu erkennen, dass die Kapelle westlich der kerzengraden Straße von St. Johannis hin zum Höfchen liegt (blaue Linie, die Pläne sind beide nicht genordet.). Die beiden Bretzelstände stehen allerdings östlich der blauen Linie (Luftbild darunter). Daher dürften sich ihre Fundamente vor dem Parfümerie-Fachgeschäft Douglas befinden, statt direkt am Höfchen.

    Gutenbergplatz und Theater sind im übrigen ebenfalls innerhalb meines Rechercheradius! Falls Interesse an genaueren Einblicken meines Projekts besteht, Teile ich gerne auf Anfrage mehr, allerdings ist es wirklich ein laienhaftes Privatprojekt und daher vermutlich hier im Forum etwas deplatziert.

  • Laut Rita Heuser, Namen der Mainzer Straßen und Örtlichkeiten: (Auszüge)

    Goldschmiedkremen:

    "vnder den gewandt gaden gelegen hat den Rucke gekert gein den goldsmydt kremen naher dem hoff (1437 9. Jan., HStADa A2 168/775

    (Mhd. goltsmit, Goldschmied).

    Auf dem Goldschmiedplatz vor dem Dom.


    Goldschmiedplatz:

    "so man uff dem gold(en) schmits platz aus dem dom gehet (1507); uff dem Goldtschmittsplatz zwischen dem dhomb und Lieben frawen kirchen (1687); goltschmiths blatz (1767); Goldschmittsplatz (1783).

  • Die Liebfrauenkirche, (eigentlich lieber Mariengreden), wurde im Neuen Jahrbuch für das Bistum Mainz (1990) intensivst erarbeitet:

    Beate Dengel-Wink: "Die ehemalige Liebfrauenkirche in Mainz. Ein Beitrag zur Baukunst und Skulptur der Hochgotik am Mittelrhein und in Hessen." Verlag des bischöflichen Stuhls, 1990.

    Das Buch enthält eine gewaltige, unüberschaubare Vielzahl an Informationen und dürfte wohl die meisten Fragen beantworten.

  • Erneut vielen Dank für die Literaturverweise, ich werde mal sehen ob ich nicht ein paar davon zeitnah auftreiben lassen!

    Aber damit halte ich zumindest für mich in Bezug auf Mariengreden schon einmal fest:

    • 23.11.1069 Erstweihe der romanischen Kirche durch Bischof Siegfried I.
    • 17.4.1285 Feuer verwüstet die Romanische Kirche
    • Um 1311 Wiederaufbau im gotischen Stil, womöglich mit spitzem Turmhelm und mit durchschaubarem Maßwerk am Turm
    • 7.8.1561 Erneutes Feuer und Wiederaufbau, spätestens ab hier mit Turmhaube
    • 1762 Restauration
    • 17.6.1793 Zerstörung der Kirche bei der Preußischen Belagerung
    • 1803-1807 Abriß der Kirche, nicht zwangsläufig auch Abriß der Bebauung um die Kirche.

    Nun zum Haus "Zum Jungen" und "Zum Jungen Aben", welche in der Mailandsgasse 1-3 verortet waren. Die Mailandsgasse verläuft vom Markt hinter dem Hof zum "König von England" am Spital vorbei hinunter zur Rheinallee. Die ungeraden Hausnummern sind auf der nördlichen Straßenseite, aufsteigend von der Stadtmitte (markt) führend. Damit stünden die beiden Patrizierhäuser wohl auf dem heutigen Rebstockplatz, da hier ein ganzer Hausblock aus dem Vorweltkriegs-Stadtplan ausgespart wurde. Entsprechend auch bündig mit dem östlichen Eckhaus der Nördlichen Markthäuser. Ist diese Einschätzung so korrekt, oder gibt es irgendwo Aufzeichnungen welche die Gebäude an anderer Stelle der Gasse verorten?

    Genereller gefragt: Gibt es eine Listung oder womöglich in einem Stadtplan eingetragene Verortung bekannter Höfe und Häuser von Mainz?

  • Das wichtigste, das ich ehrlicherweise empfehlen würde, ist "der Neeb", Ernst Neeb, Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Stadt Mainz, I. Teil (Privatbesitz). Mainz, Verlag des Altertumsvereins, 1905.

    Entweder antiquarisch zu erwerben, zu wahrlich gepfefferten Preisen (ganz vielleicht am Fischtor), oder als Kopie, bei Interesse gerne PN.

    Desweiteren:

    Ernst Stephan, Das Bürgerhaus in Mainz (mit Plan). Top-Buch.

    Heinrich Wothe: Mainz - Ein Heimatbuch (2 Bände) um 1928. Der Wothe ist eine Legende.

    Nun zum Haus "Zum Jungen" und "Zum Jungen Aben", welche in der Mailandsgasse 1-3 verortet waren.

    Richtig. Mailandsgasse 1, bekannt als: Zum ewigen Nest / zum jungen Aben.

    1620: Nr. 977, Zum ewigen Nest / Ebigernest. 1594 Eigentümer Wolf Koch. Besaß vier "Kramen".

    Mit Treppengiebel, Zinnenkranz und Wehrgang. War das besterhaltene Patrizierhaus der Altstadt, sogar noch mit dem originalen Dachstuhl. Standort "Rechts" von Markt 15, war im Prinzip nur getrennt durch ein recht schmales Gäßchen. Wiederaufbaufähige Ruine nach 1945 zugunsten eines Parkplatzes abgerissen. Standort heute unbebaut, Freifläche im vorderen Bereich des heutigen Rebstockplatzes, fußläufig bei Gang vom Markt in Richtung Mailandsgasse zur Rampe zum heutigen Brand-Einkaufszentrum.

    Ironischerweise diente Mailandsgasse 1 1979 als Rekovorlage für das links danebenliegende Haus zum Salmen, Markt 15, das vielleicht in den 1890ern neu bebaut worden war, und das ein sehr verwandtes, aber im Giebelbereich nicht vollkommen identisches Erscheinungsbild besaß. Das Erdgeschoß vom heutigen Markt 15 entstand als Vorlage aus der Korbgasse, Haus zum Ottenkeller, ansonsten haben wir in Markt 15 im Prinzip die Mailandsgasse 1.

    Genereller gefragt: Gibt es eine Listung oder womöglich in einem Stadtplan eingetragene Verortung bekannter Höfe und Häuser von Mainz?

    Das digitale Häuserbuch auf der Seite der Stadt (Stadtarchiv).

  • Das digitale Häuserbuch auf der Seite derStadt (Stadtarchiv).

    Perfekt, das dürfte enorm Weiterhelfen. Zu Ernst Neeb: Band 2 erster und zweiter Teil lassen sich sogar in den Historischen Beständen der Heidelberger Universität als PDF einsehen und herunterladen. Um den ersten band werde ich mich auch noch kümmern, allerdings werde auf ihr Angebot erst im Oktober zurückkommen können! Aber schon einmal vielen lieben Dank für das Angebot.

    Das Haus zum Salmen habe ich praktischer weise bereits, dann kann ich ja zusammen mit der bekannten Zeichnung auch hier einen kleinen versuch wagen. Allerdings ist es wirklich schade, wie "versteckt" es gestanden haben muss. Schon das haus zum Salmen musste noch extra auf den markt geschoben werden, damit man es betrachten kann...

  • Neeb schreibt zu Mailandsgasse 1 und 3 (Zusammenfassung): (( Mailandsgasse: Bezeichnung aufgrund Mailandsgasse 4, Haus zum Mailand bzw. auch Mayland)).

    Mailandsgasse 1 (dazu Nr. 3 und Korbgasse 10) Zum ewigen Nest, zum jungen Aben, Adebar-Nest. Haus der Patrizier Gelthus zum jungen Aben, Gutenbergverwandschaft.

    Das am besten erhaltene gotische Patrizierhaus der Stadt. Spätgotischer dreistöckiger Bau aus dem 15. Jhd., mit 2 Treppengiebeln, Zinnenkranz wohl ursprünglich mit Wehrgang. Got. Bogenfries, am Anbau nach der Mailandsgasse Blendarkaden. Fenster des 1. Stocks barock erneuert. Im EG zur Mailandsgasse 2 Lauben des 18. Jhd mit grotesken Masken in den Schlußsteinen, zur Seitenfassade zum Marktgäßchen hin 4 Bögen. Im Inneren: barocke Stuckdecke mit Bandwerk. Balkendecke noch auf den alten Kragsteinen (wohl Familiensaal). Fotografie von Neeb, um 1900, wohl vom Dach von Markt 15, Abbildung des westl. Zinnenkranzes mit Wehrgang und dem Treppengiebel seitlich bzw. von schräg hinten.

    Mailandsgasse 3: Anbau zu Nr. 1:

    Auf Rückseite (nur vom Hof Korbgasse 18 sichtbar) romanischer Giebel mit gekuppeltem Fenster, mittlere Säule mit Knospenkapitell, um das Fenster eine dreibogige Nische mit Vierpassöffnung, um 1230-40. Im unteren Teil der Giebelwand Türöffnung mit Rundbogen.

    Genauere Beschreibung bei Ernst Stephan: Zeichnung der Hoffassade, Querschnitt incl. gotischem Dachstuhl der Nr. 1, Fassaden und Grundrisse der Nr. 3. Aquarell von Bronner. Detailgenaue Aufnahme des romanischen Fensters.

    Am 27. Februar 1945 ausgebrannt, 1946 abgerissen.

  • Nun zum Haus "Zum Jungen" und "Zum Jungen Aben", welche in der Mailandsgasse 1-3 verortet waren.

    Den Begriff "(j / J )ungen" muß man wohl zweidimensional sehen. Es gab in der Mailandsgasse 1 das Haus zum jungen Aben, es gab aber auch das Haus bzw. den Hof zum Jungen, Franziskanerstraße 1-3 bzw. Stadthausstraße 2-6. Nicht auszuschließen ist, daß es unter den einigen hundert Hausnamen noch weitere "junge" Verflechtungen in Flora und Fauna gab.

    Ursprünglich Hof zum Jungen des Henne Gensfleisch, eines Onkels von Johannes Gensfleisch zur Laden, genannt Gutenberg. Seit 1462 im Besitz der Ritter Brömser von Rüdesheim, seither Brömser Hof. Neubau von 1666, noch in der in Mainz sehr verwurzelten nachgotischen Tradition. Später Brauhaus zum Gutenberg. Irrtümlich als erstes Druckhaus (Urdruckhaus) angesehen. Aufstellung einer Gutenberg-Büste.

    Bis vor ca. 10-15 Jahren Gaststätte "Zum Gutenberg", originaler Parzellenverlauf wäre genauer zu verifizieren. In etwa im Bereich der südlichen Stadthausstraße im Übergangsbereich zur Franziskanerstraße, etwa im Bereich von Textil-Lautenschläger, dem Thai-Express und Deichmann. Die heutigen Quartiergrenzen des Baublocks wurden nach dem Wiederaufbau im Zug einer Straßenverbreiterung dort rückversetzt.

  • Den Begriff "(j / J )ungen" muß man wohl zweidimensional sehen. Es gab in der Mailandsgasse 1 das Haus zum jungen Aben, es gab aber auch das Haus bzw. den Hof zum Jungen, Franziskanerstraße 1-3 bzw. Stadthausstraße 2-6. Nicht auszuschließen ist, daß es unter den einigen hundert Hausnamen noch weitere "junge" Verflechtungen in Flora und Fauna gab.

    Ursprünglich Hof zum Jungen des Henne Gensfleisch, eines Onkels von Johannes Gensfleisch zur Laden, genannt Gutenberg. Seit 1462 im Besitz der Ritter Brömser von Rüdesheim, seither Brömser Hof. Neubau von 1666, noch in der in Mainz sehr verwurzelten nachgotischen Tradition. Später Brauhaus zum Gutenberg. Irrtümlich als erstes Druckhaus (Urdruckhaus) angesehen. Aufstellung einer Gutenberg-Büste.

    Bis vor ca. 10-15 Jahren Gaststätte "Zum Gutenberg", originaler Parzellenverlauf wäre genauer zu verifizieren. In etwa im Bereich der südlichen Stadthausstraße im Übergangsbereich zur Franziskanerstraße, etwa im Bereich von Textil-Lautenschläger, dem Thai-Express und Deichmann. Die heutigen Quartiergrenzen des Baublocks wurden nach dem Wiederaufbau im Zug einer Straßenverbreiterung dort rückversetzt.

    Demnach ist das Gebäude rechts im folgenden Bild, welches die im Italienischen Stil wiederaufgebaute Franziskanerkirche zeigt vermutlich eben jener Hof.

    Einerseits bin ich begeistert, dass doch so viele Details zu den einzelnen, sogar eher unscheinbaren Gebäuden zu finden sind, andererseits ist genau das der Grund, warum ich mich auf die Gegend um die Domplätze beschränkt habe. Die gesamte Stadt zu beleuchten gleicht einer Lebensaufgabe, bei der ich noch nicht weiß ob ich mich dieser annehmen wollte.

    Aber zurück zur Mailandsgasse: Anhand ihrer Beschreibung und der geteilten Beschreibung (erneut vielen Dank dafür!) und einem Bild des Hauses ist das Haus nah genug am verschwundene Original. Allerdings wirft das Bild eine neue Frage auf, denn wenn es Tatsächlich Mailandsgasse 1 u. 3 Zeigt, dann ist das Haus dessen Gesimse links in das Bild hinein Ragen Das Haus zum Salmen. Dieses hat allerdings keine Gesimse dieser Art. Zudem hat das Haus zum Salmen eine Madonnenstatue auf der Ecke, welche eigentlich ja ebenso in dem Bild vorhanden sein müsste, diese wird aber nicht gezeigt. Sollte hier von einer Ungenauigkeit des Bildes ausgegangen werden, oder muss man davon ausgehen, dass beim verrücken des Hauses zum Salmen Details verloren gegangen sind?

    Das Haus “Zum Jungen (Aben)“ in Mainz - regionalgeschichte.net

  • Das ist das Aquarell von Bronner, das die Mailandsgasse 1 zeigt. Es wurde irgendwann gemeinsam mit vielen weiteren Aquarellen von ihm in einem eigenen Buch veröffentlicht und dabei geschrieben, daß aufgrund der engen Straßenverhältnisse das Bild in der Realität so nicht zu fotografieren gewesen wäre und von ihm etwas konstruiert wurde, wobei ihm die Fenster des 2. OG zu hoch gerieten. Bronner hat auch nicht mit einer Camera obscura gearbeitet.

    Wenn das links Markt 15 sein soll, gibt es zwei Möglichkeiten: entweder eine frei gefaßte, nebensächliche Staffage eines Bildes, die nicht wirklich Wert auf das Original legt, oder aber eine Paraphrase nach dem Neubau in den 1890ern. Wenn ich Aquarell könnte, würde ich diese "leppsche" Neurenaissancekiste auch nicht abmalen wollen.

    Beim heutigen Salmen, Markt 15, gilt es zu beachten, daß diese Fassade etwas frei rekonstruiert wurde:

    - Haus ca. zwischen 1890-1905 abgerissen, danach Neorenaissancebau, im 2. WK zerstört, danach Neubau.

    - erste rekonstruierte Fassade der Markt-Nordseite, 1979

    - Fassade: nach Mailandsgasse 1

    - Erdgeschoß: nach Korbgasse 15, Haus zum Ottenkeller

    - Hausmadonna: Kopie einer gotischen Madonna aus dem Dommuseum. Ob das Original eine Hausmadonna hatte, bleibt offen

    - Brüstungsfiguren Fenster 1. OG links: nach denjenigen vom Haus zur Kinder-/ Geschwisterliebe, Korbgasse 8, Figuren rechts freie Nachschöpfung

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/0/04/Nordostseite_des_Marktes_mit_Marktbrunnen_%28vor_1900%29.jpg/1024px-Nordostseite_des_Marktes_mit_Marktbrunnen_%28vor_1900%29.jpg

    (Hinter dem Marktbrunnen, der damals an seinem 2., versetzten Standort stand, noch der originale Salmen, rechts neben dem Boderam, sehr schlicht und vermutlich ohne Hausmadonna)

    Die andere Abbildung zeigt die Franziskanerkirche und stammt aus dem Fundus von Abbildungen von Dionys Wasserburg. Wenn die Fassade rechts den ((wir müssen hier aufpassen:)) nicht den Hof zum Jungen, sondern den Brömser Hof abbildet, dann wäre das Teil der Seitenfassade zur Franziskanerstraße. Das Gebäude ist in den fotografischen Erinnerungen mit abgebildet.

    Ob Wasserburg wirklich in den kleinsten Details exakt abgebildet hat, bleibt genauso offen wi bei Bronner.

    Franziskanerkirche: 1622-28 auf dem Gelände des ehem. Lorscher Hofs erbaut, Einweihung am 19.11.1628, danach Errichtung des 2. Franziskanerklosters. 1793 überwiegend zerstört, danach Wiederaufbau im klassizistischen Stil. Nach 1798 Militärmagazin. 1832/33 zugunsten Wohnbebauung abgerissen.

  • Ich verstehe!

    Dann bin ich so frei und wähle aus den zwei Möglichkeiten die "leppsche Neurenaissancekiste", da die andere Option Nachlässigkeit unterstellen würde und ich sonst davon ausgehen müsste dass auch beim Motiv, dem haus zum Jungen, vereinzelt Ungenauigkeiten anzutreffen sind. Aber ich möchte mich den Nächsten Baustellen zuwenden und fasse daher für das haus zum Jungen Aben und Zum Salmen zusammen:

    • Zum Salmen und Zum Jungen Aben waren benachbart, entsprechend beide in direkter Nähe zum Markt.
    • Der Hausblock, welcher auch den Jungen Abend beinhaltete wurde zugunsten des Rebstockplatzes ausgespart.
    • Das Aquarell von Bronner zeigt einen annähernd Detailgetreuen Zustand des Hauses Zum Jungen Aben mit einem verschollenen Zum Salmen.
    • Zum Salmen wird vermutlich etwas schlichter und womöglich ohne Madonnenstatue ausgefallen sein, da mir aber genauer Informationen fehlen wird das haus (wie anscheinend in der Geschichte üblich) aufgeschoben.

    Danke für die Aufklärung.

    Noch eine Frage zu den Markthäusern, welche ja seinerzeit zusammen mit den Domhäusern im 18. Jh. neu gestaltet wurden. Zu den Domhäusern gibt es glücklicherweise vereinzelte Abbildungen, welche die Hütten vor ihrem Neubau Zeigen. Von den Markthäusern habe ich etwas derartiges nicht gefunden. Muss ich hier von "vermutlich Fachwerkhäuser" ausgehen, oder haben sich die "alten" Markthäuser nur gut versteckt?

  • Die bildliche Dokumentationslage ist offenbar eher suboptimal. Ich habe da vor ein paar Jahren mal mit einem Experten gesprochen. Die älteste Abbildung wäre wohl die einer Inthronisation im 1. Drittel des 18. Jhd., vielleicht Ostein (?). Das Original ging im 2. WK zugrunde, es würde nur eine Fotografie existieren. Alles weitere muß man sich durch Bilder und Einzelinformationen zusammenstoppeln, was ich seit meinen jüngeren Jahren tue.

    Die Parzellenbreiten sind schon allesamt mitelalterlich und durch das digitale Häuserbuch nachzuvollziehen. Es kam halt im Lauf der Zeit immer wieder zu Neubauten. Auf der Nordseite gab es keine Fachwerkhäuser.

    Inwieweit z.B. Bittens bei seinen Zeichnungen noch auf altes Wissen zurückgreifen konnte, ist nicht klar. Es gäbe andererseits teilweise noch die alten Häuserakten. Die vom Salmen hatte ich mal in den Fingern. Großartiges Objekt mit viel Wissen. Nur, wer hat dafür die Zeit?

  • Die gesamte Stadt zu beleuchten gleicht einer Lebensaufgabe, bei der ich noch nicht weiß ob ich mich dieser annehmen wollte.

    Zu schade, aber kommt Zeit kommt Rat. Es wird sich etwas finden lassen, die Frage ist nur Wo und Wann. Zumal ich nun zumindest weiß, dass Steingebäude in der Größe der heutigen Parzellen zu vermuten sind! Damit schließe ich für den September das Projekt und begebe mich ins Ausland, im Oktober dann die Fortsetzung! Ich danke Vielmals für die tatkräftige Unterstützung, die Verweise und die Zeit.