Hannover (Galerie) - Innenstadt: Teil 1: die autogerechte Stadt

  • Noch einmal ein paar Anmerkungen:

    Die Kröpcke-Uhr hat den Krieg tatsächlich überlebt, Hillebrecht allerdings nicht. Bei der heutigen Uhr handelt es sich tatsächlich um einen Nachbau.

    Das Kaufhaus Magis steht in der Tradition des ehemaligen Kaufhauses Schocken in Stuttgart von Erich Mendelsohn. Ursprünglich besaß es weiße Fensterbänder, die vor ca. 20 Jahren durch die nun schwarzen ersetzt wurden. Diesen baulichen Eingriff sehe ich tatsächlich mit gemischten Gefühlen. Eine optische Veränderung hat übrigens auch ein anderer Bau aus den Nachkriegsjahren erfahren, nämlich der Altbau der Nord-LB am Aegi, dessen Fassade ursprünglich ausschließlich aus weißem Travertin bestand.

    Dann noch ein Kommentar zum Europa-Haus: Die Kellerräume des Vorgängerbaus existieren noch und wurden in den Bau integriert. In ihnen befindet sich normalerweise eine Gastronomie, welche gegenwärtig allerdings geschlossen ist.

    Und ein paar Worte zum Kröpcke-Center. Das es zum Abriss des "Turms" des Kröpcke-Centers gekommen ist, ist mehr als ungewöhnlich. Tatsächlich hätte der "Turm" aus statischen Gründen stehen bleiben müssen, da das Grundwasser nämlich andernfalls die sich unter dem Bauwerk befindliche Tunnelstation auftreiben würde. Um dieses zu verhindern wurden während des Umbaus tausende Tonnen Kies in das unterste Kellergeschoss gepumpt. Als sich dann abzeichnete, dass der Turm nicht mehr wieder aufgebaut werden würde, wurde aus dem Provisorium ein Dauerzustand.

  • Direkt am Kröpcke liegt der Opernplatz mit der Oper, Mitte des 19. Jahrhunderts an der früheren Stadtbefestigung errichtet und nach der Zerstörung 1943 rund 100 Jahre später wieder eingeweiht. Als klassizistischer Bau fand er vor den Augen Hillebrechts wohl Zustimmung ...

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    Ich denke, hier hat sich an der Platzgröße nichts geändert, da ja noch einige alte Gebäude erhalten sind und die Platzkante vorgeben:

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    Grünanlage:

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    Daneben das Mahnmal für die ermordeten Juden Hannovers:

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    Das Areal heißt jetzt Rathenauplatz, an der Ecke befindet sich das Gebäude der Hannoverschen Bank aus dem Jahr 1900, inzwischen von der Deutschen Bank genutzt:

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    Und wiederum etwas weiter südlich erreichen wir den Georgsplatz, der vom Gebäude der NordLB von Hanns Dustmann von 1957 geprägt wird, dem vormaligen "Reichsarchitekten der Hitlerjugend", der auch das neue Café Kranzler der Nachkriegszeit entworfen hat (klick).

    Hier stand zuvor das schwer beschädigte Ratsgymnasium. Der Neubau ist so riesig, daß er kaum fotografiert werden kann:

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    Daher gehen wir um das Gebäude herum auf den "Aegidientorplatz", den ich in Anführungszeichen setze, da der eigentliche Platz zugunsten der autogerechten Stadt zu einer großen Freifläche ausgeweitet wurde.

    Hier verläuft der Cityring, die genaue Streckenführung ist hier ersichtlich: klick

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    Angeblich sollten die freien Flächen zwischen den Fahrbahnen das spätere Errichten einer zweiten Fahrbahnebene ermöglichen, ob das stimmt, weiß ich nicht - umgesetzt wurde es jedenfalls nicht:

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    Das ist dann quasi der Platz, der mich in seiner Autozentriertheit fast an den Stuttgarter "Charlottenplatz" erinnert ... zum Bank- und Theatergebäude dann mehr im nächsten Beitrag.

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    Lanes are meant to be crossed. If you're staying in your lane you're obviously advancing too slow.

  • Das NordLB-Gebäude gefällt mir ganz gut!

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Also, ich mag Hannover, auch wenn meine ersten Eindrücke (das waren die späten 80er, noch mit dem alten Kröpcke-Center) tatsächlich eher negativ waren.

    es gibt schon recht gelungene Nachkriegsarchitektur und sogar Bauten der Gegenwart, die auch noch gezeigt werden sollen.

    Das sehe ich genauso!

    Also, Hannover ist für mich irgendwie schon seit langer Zeit ein Sehnsuchtsort mit viel Potential, nämlich seit ich 1975 als Jugendlicher im Historischen Museum am Hohen Ufer die faszinierende Ausstellung "Hannover: Vom Alten Bahnhof zum Neuen Rathaus ; Bilddokumente zur Stadtentwicklung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts" besucht habe. Den Ausstellungsführer besitze ich übrigens immer noch. Gab es zu der Ausstellung damals übrigens auch einen Katalog in Buchform? Diese Ausstellung hat meine Begeisterung allgemein für den Historismus und insbesondere in seiner hannoverschen Ausprägung, der "Hannoverschen Schule", geweckt und den Blick dafür, wie bedeutend Hannover für die Architektur war - und mit Abstrichen auch jetzt noch ist.

    Deine Galerie, buarque, macht für mich deutlich, dass Hannover auch heute noch Metropolen-Charme hat (der großartige Bahnhof, das Opernhaus, der Kreuzrippen-Keller unter dem Europahaus - was für eine Location -, das Gebäude der Hannoverschen Bank (heute Deutsche Bank), und natürlich Altes Rathaus und Anzeiger-Hochhaus sind ja trotz der umfangreichen Zerstörungen, auch gerade während der "autogerechten" Nachkriegszeit, immer noch da.

    Von den modernen Bauten gefällt mir das Neue Kröpcke-Center, die DB-Zentrale, der Gehry-Tower ganz gut. Wenn schon Moderne, dann so!

    Sehr inspirierende Galerie!

  • Also, Hannover ist für mich irgendwie schon seit langer Zeit ein Sehnsuchtsort ...

    Also ich mag Hannover, weil die Stadt mit ihren Altbaustadtteilen noch ziemlich gut funktioniert. Touristen verirren sich so gut wie nie in die Innenstadt von Hannover und ich mich ehrlich gesagt auch nicht. Da zieht es mich eher auf die Lister Meile.
    Dafür kann man im Sommer nach Feierabend z. B. ganz wunderbar unbehelligt unter Bäumen um den Maschsee joggen, ohne gleich an einer hippen Lokation wie der Alster Gefahr zu laufen, irgendwelchen Touristen oder dem NDR vor die Linse zu laufen. Oder sich das Ambiente mit neureichen Hanseaten in ihren Segelbooten teilen zu müssen, die meinen am Puls der Zeit zu sein.
    Hannover ist einfach nur Stadt und das liebe ich - aber das ist so ein Orakel-Ding. Ein Sehnsuchtsort ist Hannover für die allermeisten Menschen ganz gewiss nicht. Höchstens weil die Stadt in unsicheren Zeiten unbewusst vielleicht Sicherheit im Mittelmaß verspricht.
    Aber gespannt wie die Galerie weitergeht bin ich auch.

  • Hannover ist m.M.n. vergleichbar mit Bremen und Leipzig - drei Städte, ähnlich groß, die viel besser als ihr Ruf (+Bekanntheit) sind. Dagegen haben wir in der dt. Großstadtlandschaft Orte wie Köln, Stuggi, Dresden und Nürnberg, die ein weitaus besseres Image haben aber im Realitycheck dann nicht viel besser sind als die drei erstgenannten.

  • Hannover ist m.M.n. vergleichbar mit Bremen und Leipzig - drei Städte, ähnlich groß, die viel besser als ihr Ruf (+Bekanntheit) sind. Dagegen haben wir in der dt. Großstadtlandschaft Orte wie Köln, Stuggi, Dresden und Nürnberg, die ein weitaus besseres Image haben aber im Realitycheck dann nicht viel besser sind als die drei erstgenannten.

    Ich muss gestehen, dass ich dem Ranking nur bedingt zustimmen kann. Bremen als Bischofsstadt hat mit seinem Weltkulturerbe rund um den Markt, der Böttcherstraße und dem Schnoorviertel ein gutes Image, das es aber in Realität vielleicht nur bedingt halten kann. Hannover ist dagegen die graue Durchschnittsstadt mit einer weitgehend verschandelten Innenstadt - das ist hier schon richtig dargestellt worden. Als Pendant dazu in Süddeutschland sehe ich vor allem Stuttgart. Alle drei Städte haben auch fast identische Größen, sodass man sie gut nebeneinanderstellen kann.

  • Prägend für den Platz ist das Theater am Aegi von 1953, der ein 10 Jahre zuvor zerstörtes Kino ersetzte, bei einem Brand 1964 wurde die Inneneinrichtung zerstört, das Theater bietet seitdem keine Kinosäle mehr, dafür aber seit 1978 eine neue Fassade ...

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    Rechts daneben das Gebäude der Nord/LB von 2002 von Behnisch und Partner - schon in einem anderen Hannover-Strang kontrovers diskutiert:

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    Auf der anderen Seite des Cityrings, der hier Friedrichswall heißt, das frühere Gebäude der Magdeburger Versicherung von 1959, seit 1980 von der Sparkasse genutzt:

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    Und noch ein Blick auf die namensgebende Kirche bzw. deren Ruine, die ich leider nicht aus der Nähe fotografiert habe:

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    Autogerechte Gestaltung:

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    Früher verlief hier übrigens die als Provisorium gedachte Aegi-Hochstraße, errichtet wegen des Baus der U-Bahn und erst 1998 wieder abgerissen.

    Das prägende Gebäude ist aber das Rathaus von 1913, ein riesiger Bau, hinter dem eine große Grünanlage mit Maschteich sich bis zum Maschsee zieht.

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    Daneben das Museum August Kestner:

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    Jetzt ein kurzer Exkurs in das "grüne Hannover", das ja bis zum Zentrum reicht und in Form der Herrenhäuser Gärten dann gleich am Königsworther Platz am anderen Ende der Innenstadt weitergeht.

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  • Hannover ist m.M.n. vergleichbar mit Bremen und Leipzig - drei Städte, ähnlich groß, die viel besser als ihr Ruf (+Bekanntheit) sind.

    Ich bin schon der Ansicht, dass Leipzigs Ruf ziemlich gut ist. Auch hat die Stadt, gerade was die Innenstadt angeht, erheblich mehr Glück gehabt als Hannover. Zudem wurde und wird Leipzig quasi aus einem Totalschaden heraus saniert, d. h. flächendeckende Sanierungen lassen sich nicht umgehen. Und dann macht man es halt auch gleich richtig. In Hannover ist dieses nicht realistisch, da sich die Gebäude überall eigentlich noch in einem ganz passablen Zustand befinden.

    buarque: Ich finde den Aegidientorplatz ehrlich gesagt besser als hier dargestellt. Auch der von dir angestellte Vergleich mit dem Stuttgarter "Charlottenplatz" ist für mich etwas übertrieben und trifft auf den Königsworther Platz viel eher zu. Die Fassade des Theaters am Aegi sollte trotz Brand eigentlich auch noch im wesentlichen dem Originalzustand entsprechen. Insgesamt ist es dem Aegi im Laufe der Jahrzehnte durchaus gelungen sich ein neues Gesicht zu erkämpfen, auch wenn das Ergebnis, gerade in diesem Forum, sicher nicht jedem gefällt. Jedenfalls wird der Platz in seiner jetzigen Erscheinungsform von den Hannoveraner*innen eigentlich durchweg akzeptiert, was man vom Steintor absolut nicht sagen kann. Noch eine Anmerkung zum letzten Bild: In das Kestner-Museum wurde übrigens das Treppenhaus des Vorgängerbaus integriert.

  • Das mit der neuen Fassade von 1978 stand auf der Website von Hannover: klick - was im Detail geändert wurde, kann ich nicht so recht beurteilen: Vergleichsbild

    Der Charlottenplatz ist sehr vom Autoverkehr geprägt, hat mit Altem Waisenhaus und Wilhelmspalais aber auch etwas zu bieten, ggf. mag man sogar das dortige Hochhaus attraktiv finden.

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  • Das mit der neuen Fassade von 1978 stand auf der Website von Hannover: klick - was im Detail geändert wurde, kann ich nicht so recht beurteilen: Vergleichsbild

    Das äußere Erscheinungsbild dürfte weitestgehend dem Original entsprechen. Übrigens kam es anderweitig leider zu bedauerlichen Verlusten an interessanter Nachkriegsarchitektur. Besonders beklagenswert ist der Verlust des wunderbaren Foyers des Niedersächsischen Landtags.

    Theater am Aegi – Lernwerkstatt Film und Geschichte

  • Zwischen Rathaus und (dem künstlich angelegten) Maschsee befindet sich der Maschpark inkl. Maschteich:

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    Reizvolle Perspektiven ergeben sich:

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    Zwischen Park und See befindet sich dann das Sprengel Museum mit einer eigenen Abteilung für Kurt Schwitters, für mich neben CeBit lange Jahre der einzige Anknüpfungspunkt zu Hannover:

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    Und gleich am Museum erbaute auch Rudolf Hillebrecht sein selbst entworfenes Haus, das gelinde gesagt ... schlicht ausgefallen ist:

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    Im direkten Umfeld das niedersächsische Landesmuseum:

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    Maschsee nebst Stele:

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    Übersicht:

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    Blick auf den See:

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    Hotel Courtyard by Marriott:

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    Links das (frühere) Niedersachsenstadion, schräg hinter dem Hotel "Courtyard" befindet sich dann der Schützenplatz, wo das Oktoberfest abgehalten wird.

    Leider war das Umfeld großflächig gesperrt, so daß ich einen kleinen Umweg zur Lavesallee gehen mußte, wo uns die autogerechte Stadt wieder einholt - nicht mehr als Cityring, sondern als Radialstraße, welche wie eine Radspeiche den Innenring mit dem Außenring verbindet.

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  • In diesem Zusammenhang der Hinweis, dass gestern am 31.07. das jährliche Maschseefest begonnen hat, welches noch bis zum 18.08. dauert. Besonders Abends ist die Atmosphäre wirklich schön. Wer also darüber nachdenkt die Stadt einmal zu besuchen, für den wäre jetzt der richtige Zeitpunkt. Im Laufe der Jahre hat sich das Fest allerdings zu einem immer größeren Event gemausert. Es empfiehlt sich dringend öffentliche Verkehrsmittel zu verwenden. (Falls jemand der Empfehlung folgen sollte: zumindest die Bödekerstraße ab Lister Platz incl. Molkteplatz und Linden sollte man sich bei der Gelegenheit anschauen.)

    Startseite - maschseefest.de
    Weiter zum Nordufer
    www.maschseefest.de
  • Der Weg zur Lavesallee, benannt nach Georg Laves, führt unter anderem an Landeskriminalamt und Ausländerbehörde vorbei und bietet kaum sehenswertes:

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    Indes kommt dann schon die Lavesallee mit dem Waterlooplatz ... oder was von diesem Platz übrig geblieben ist:

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    Hier die Säule, die immerhin noch steht:

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    Der Rest wird durch eine gigantische Straße zerschnitten:

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    Wer ohne Ortskenntnisse hier an Waterloo aus der U-Bahn aussteigt, wird sich wohl erst einmal wundern, im Zentrum mitten im Grünen zu stehen:

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    Hier mündet die Lavesallee dann in den Cityring ein:

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    Blick zurück:

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    Hier beginnt nun Teil 2 des Rundgangs zum kleinteiligen Hannover, beschränkt auf Calenberger Neustadt und die drei Teilbereiche der "Altstadt": Kreuzkirchenviertel, Ballhausareal und das "Fachwerkareal" zwischen Leineschloß und Markt.

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  • Vielen Dank für diese Galerie und die Arbeit, buarque !
    Es ist für deutsche Städte, insbesondere die stark kriegszerstörten, wahrscheinlich die wichtigste und schwierigste Aufgabe, das Wiederaufbauerbe gut weiterzuentwickeln. Darüber wird mMn zu wenig und selten diskutiert und zu oft schnell abgerissen. Es gibt natürlich auch guten Städtebau und Architektur aus dieser Zeit, einige positive Beispiele aus Hannover hast Du ja schon gezeigt, aber eben auch vieles, was entweder aus Ressourcen-, Geld-, Wohnungsknappheit keine gute Qualität besitzt oder, wie die autogerechte Gestaltung, den mittlerweile größtenteils überholten Idealen der Wiederaufbauzeit folgt.

    Für eine Diksussion, was erhaltenswert ist und was guten Gewissens überformt oder verändert werden kann, ist so eine Zusammenstellung und Einordnung ein super Referenzpunkt und kann dazu beitragen, dass die durchaus weit verbreitretete Einstellung "am besten alles wegreißen" etwas differenziert wird.

    Für die Transformation von der autogerechten zu einer kleinteiligeren Stadt gibt es mit dem Klagesmarkt mMn ein gelunges Projekt in der Innenstadt von Hannover. Der Klagesmarkt war ein großer Parkplatz inmitten der Innenstadt (fairerweise muss man dazu sagen, dass dieser Bereich auch vor dem Krieg nicht bebaut, sondern ein Platz für Großdemonstrationen (insebsondere von Gewerkschaften) war). In den letzten 10 Jahren wurden Fahrbahnen der Goseriede zurckgebaut, ein überdimesionierter Kreisel durch eine kleinere T-Kreuzung ersetzt und ca. 2/3 des Parkplatzes im Sinne der modernen Kleintieiligkeit mit Wohn-, Geschäfts- und Bürohäuser ersetzt. Außerdem wurde ca. um die Jahrtausendwende eine schöne Allee für Fußgänger und Radfahrer angelegt (vorher: klick, klick, 1.BA: klick, 2. BA: klick). Angeregt dadurch gab und gibt es im direkten Umfeld nennenswerte Weiterentwicklungen (bereits fertig: klick, in der Planung: klick). Wenn Du fertig mit Deiner Galerie bist, würde ich das Projekt gerne als Übergang zwischen autogerechter und kleinteiliger Stadt vorstellen.

    Für alle, die die Entwicklungen in Hannover in den letzten Jahren/Jahrzehnten nicht verfolgt haben, möchte ich auf das Konzept City 2020+ verweisen, auf dessen Ideen u.a. das Projekt am Klagesmarkt oder der von Dir gezeigte Marstall zurückgeht (PDF: klick). Im Rahmen des Konzepts wurden viele Ideen zur Weiterentwicklung der autogerechten Stadt gesammelt, von denen bisher leider nur einzelne umgesetzt wurden. Die aktuelle Diskussion in der Stadt ist leider wenig konstruktiv. Diskussionen insbesondere um die Nutzung des öffentlichen Raums als Parkraum oder von den vielen innerstädtischen Parkhäusern werden zum Unglück der Stadt (fast ausschließlich) auf einer ideologischen Ebene geführt.

  • Der neu gestaltete Klagesmarkt ist auch meiner Meinung nach ein guter Anfang, wenn es um die Transformation der autogerechten Stadt hin zu mehr Kleinteiligkeit geht. Die eigentliche Architektur dürfte in diesem Forum indess nicht jeden begeistern - mir gefällt sie allerdings. Dazu muss man aber auch sagen, dass moderne kleinteilige Architektur vielleicht eher funktioniert, wenn diese sich mit einem - zumindest noch rudimentär existierenden - gewachsene Viertel, in diesem Fall die Nordstadt, ergänzen kann.

    Von Bedeutung ist im Zusammenhang mit der autogerechten Stadt sicher auch der derzeitige Umbau des ehemaligen Maritim-Hotels. Für weniger Ortskundige: Dabei handelt es sich um einen Bau des Brutalismus direkt gegenüber vom neuen Rathaus. Aber dieses Projekt dürfte im APH-Forum gänzlich falsch aufgehoben sein.

    Ich möchte übrigens noch betonen, dass die autogerechte Stadt zwar sicherlich ein Irrweg war, ich die gebauten Tatsachen aber nicht gänzlich rückgängig würde machen wollen. Zum einen ist sie mittlerweile auch Teil der Geschichte von Hannover und zum anderen wird man z. B. den Raum des Cityrings in Zeiten des Klimawandels vermutlich noch als Frischluftschneise benötigen. Es braucht also nicht eine komplette Revision, sondern eine Weiterentwicklung. Zumindest ist das meine Ansicht.

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    Gibt es eigentlich Bestrebungen den einen vereinfachten Giebel an der Kuppel wieder in den Originalzustand zu versetzen? Oder soll, dass als Mahnmal der Zerstörung immer so bleiben?
    Der sehr schlichte Dreiecksgiebel passt leider gar nicht. Und er befindet sich ausgerechnet noch auf der Schokoladenseite des Gebäudes, also vom See aus gesehen. :(

  • Gibt es eigentlich Bestrebungen den einen vereinfachten Giebel an der Kuppel wieder in den Originalzustand zu versetzen?

    Das ist in der Tat ein sehr unschönes Detail. Ich wüsste nicht, dass es hier jemals Bestrebungen gab, an dem Sachstand etwas zu ändern. Aber das muss nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen.

    Das Rathaus war in seiner Wirkung ursprünglich übrigens noch mal eine Schippe monumentaler als heute. Tatsächlich bildete es vor dem Krieg zusammen mit dem Bauamtshaus ein Ensemble. Vermutlich hätte man das im Krieg schwer beschädigte Bauamtshaus sogar retten können. Leider viel es nach dem Krieg dann aber dem damaligen Abrisswahn zum Opfer.

    Edit.: Und um auf das Thema zurückzukommen, möchte ich noch anmerken, dass die architektonische Gestaltung am Leibnizufer zwischen Lavesallee und Königsworther Platz in diesem Strang bisher noch gar nicht thematisiert wurde. Dabei ist doch gerade dieser Bereich zentraler Baustein von Hillebrechts Hinterlassenschaften.

  • ... und ich kann noch mit einem weiteren Bild des Nord-LB Altbaus dienen. Dieses entstand gestern Abend und zeigt das Gebäude von der Straßeneinmündung der Marienstraße aus. Ich zeige es um zu verdeutlichen, dass der Aegi nicht ganz so ausufernd ist, wie die Bilder von buarque nahelegen. Es kommt halt auch immer auf den Winkel an, den man wählt.