Hannover (Galerie) - Innenstadt: Teil 1: die autogerechte Stadt

  • Nachfolgend möchte ich die Innenstadt von Hannover recht ausgiebig vorstellen, und zwar getrennt in die beiden Teile "autogerechte Stadt" und "kleinteilige Stadt".

    Nach einer Einführung soll es bei der "autogerechten Stadt" vor allem um den östlichen Teil der Innenstadt gehen, zwischen Raschplatzhochstraße (am Hauptbahnhof) bis zu einer Linie von etwa Steintor bis zum Aegidientorplatz. Dabei sollen Merkmale der autogerechten Stadt gezeigt werden, aber - wenn es sich anbietet - auch die Bauten angesprochen werden.

    Beim "kleinteiligen Hannover" handelt es sich in der Innenstadt um Calenberger Neustadt und die "Altstadt" zwischen Marstall im Norden und Landtag im Süden, mit den drei Abschnitten Kreuzkirchenviertel, Ballplatzareal und rund um die (überwiegend "falschen") Fachwerkhäuser an Burgstraße und Kramerstraße.

    Wobei auch dieses Hannover nicht von der autogerechten Stadt verschont bleibt, Stichwort Leibnitzufer mit der mehrspurigen Straße, die beide Teile voneinander trennt.

    Es gibt zwar schon eine Galerie zur Innenstadt, wenn auch teilweise ohne Fotos, aber ich würde diese beiden Galerien gern getrennt halten, um den Gegensatz autogerecht/kleinteilig besser herausarbeiten zu können.

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  • buarque July 17, 2024 at 2:21 PM

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  • Also da bin ich ja mal gespannt, obwohl ich nicht ganz verstehe, warum der Bereich zwischen Steintor und Aegi die "östliche" Innenstadt sein soll. Noch gespannter bin ich, ob speziell die Nachteile hervor gehoben werden, oder ob auch positives betont wird. Letzteres ist vielleicht nicht immer ganz einfach, aber vorzeigbares aus der Nachkriegszeit gibt es durchaus.

    Nachdenklich stimmt mich immer wieder, dass wenn es um Hannover geht, immer nur die Innenstadt thematisiert wird, wo die Stärken der Stadt doch eher in den Stadtteilen zu finden sind. Aber sei es drum, wie gesagt, ich bin gespannt. Und ich werde mich sehr bemühen auf weitere Zwischenrufe zu verzichten, auch wenn das hier vielleicht ein Fest für all diejenigen wird, die schon immer mal richtig ihre Vorurteile gegenüber Hannover bestätigt sehen wollten.

  • Um "Zwischenrufe" wird durchaus gebeten, ich möchte eben exemplarisch die Besonderheiten der autogerechten Stadt anhand der östlichen Innenstadt zeigen, danach dann die eher kleinteiligen Strukturen in der westlichen Innenstadt.

    Steintor - Aegi ist nur sehr näherungweise, damit man grob begreift, was gemeint ist, konkret habe ich die Bereiche so abgegrenzt: einmal in rot "kleinteilig", einmal in blaugrau "autogerecht".

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  • Bekanntermaßen wurde ja die Innenstadt von Hannover zu rund 90 % zerstört, von 1600 Fachwerkhäusern verblieben nur ungefähr 30.

    Die weitgehende Zerstörung der Innenstadt von Hannover hatte natürlich auch psychologische Auswirkungen und schuf eine Atmosphäre, in der auch extreme Vorschläge Gehör fanden.

    So schlug Karl Elkart, der von der Weimarer Republik über die NS-Zeit bis in die Nachkriegszeit als Stadtbaurat in Hannover aktiv war, eine "luftharte" Neugestaltung vor, eine Art von brandsicherer Innenstadt mit vielen unterirdischen Bunkern und nur wenig Bebauung.

    Generell war die damalige Zeit von einer anderen Sichtweise geprägt als heute - die Altstadt galt als Synonym für prekäre Wohnverhältnisse und nicht mehr wünschenswert, grüne Wiese mit Zeilenbauten galt hingegen als vorbildliche Lösung der Zukunft.

    Tatsächlich setzte sich aber der 1948 gewählte Rudolf Hillebrecht mit seinem Konzept der autogerechten Stadt beim Nachkriegsaufbau durch.

    Hillebrecht wurde 1910 in Linden geboren, das damals noch nicht eingemeindet war. Nach seinem Architekturstudium in Hannover und Berlin arbeitete er aber nie als "traditioneller" Architekt, sondern war nur als Stadtplaner und Organisator tätig. Tatsächlich entwarf er nur ein einziges Haus, nämlich sein eigenes, ein kleines und konventionelles Gebäude gleich am Maschsee (angeblich, um "eine sturmfreie Bude" einplanen zu können).

    Er arbeitete für Konstanty Gutschow in Hamburg an monumentalen Plänen zur Neugestaltung des Elbufers im NS-Stil, die allerdings ebenso wenig umgesetzt wurden wie vergleichbare Pläne für Hannover - lediglich eine "Altstadtsanierung" in Form eines Flächenabrisses an der Kreuzkirche erfolgt unter Elkart in Hannover.

    Danach wurden Hillebrecht und Gutschow in den Wiederaufbaustab von Albert Speer aufgenommen und besuchten stark zerstörte Städte, um Aufbaukonzepte zu entwickeln.

    Die dabei ausgearbeiteten Konzepte fanden auch dann beim Wiederaufbau Hannovers Anwendung, zumal Hillebrecht nach seiner Wahl wieder auf Gutschow zurückgriff und auf weitere Mitglieder des Aufbaustabs zählen konnte, so den früheren Stadtarchitekten von Auschwitz, Hans Stosberg, als langjährigen Leiter des Stadtplanungsamts (bis 1968), sowie auf Wilhelm Wortmann, der mit Hillebrecht den Flächennutzungsplan entwickelte.

    Hier ist folgendes Zitat von Wortmann aufschlußreich:

    Quote

    Der Krieg und besonders der Luftkrieg versetzt der Großstadt von gestern und heute den Todesstoß und schlägt eine mächtige Bresche für den Kampf um ihre umfassende Gesundung und wahre Neugestaltung.

    Die Weichen waren also in Richtung komplette Neugestaltung gestellt.

    Interessant in diesem Zusammenhang sind zwei Dinge - einerseits die persönlichen Präferenzen von Hillebrecht, der zwar Klassizismus schätzte, aber Historismus ablehnte und daher Gründerzeitbauten großzügig abriß (und mit Fachwerk nichts anfangen konnte). Ansonsten war er nicht übermäßig an der Gestaltung der Gebäude interessiert, sondern an organisatorischen Fragen und an der "autogerechten" Stadt (und an der Stadtmöblierung, laut eigener Aussage ein Hobby).

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  • Hier ist folgendes Zitat von Wortmann aufschlußreich: ...

    Tatsächlich finde ich diese Aussage weitaus aufschlussreicher als etwaige NS-Bezüge.

    Die Flächenbombardements deutscher Städte legte die absolute Verwundbarkeit eng bebauter historischer Stadtzentren offen.

    Wenn man sich in diese Zeit hineinversetzt, so erscheint es doch nachvollziehbar, dass nach "der Stunde Null" zukunftsorientierte Konzepte verfolgt wurden, die auch darauf zielten, die im 2. WK zutage getretene Verwundbarkeit zu reduzieren: z.B. über breitere Strassen, um derart der Entstehung von Feuerstürmen als Folge von Bombardierungen entgegenzuwirken.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Die Aussage ist tatsächlich schon Ende 1943 gefallen. Wahrscheinlich geht es da auch eher um die "gesunde" Stadt für die Bewohner, in der die Gebäude auf der grünen Wiese stehen und die Wohnverhältnisse sehr viel besser sind als in verbauten Hinterhöfen.

    Das einzige realisierte Projekt der NS-Zeit in Hannover war ja die Neugestaltung des Ballhofplatzes, hier wurde die bestehende Fachwerkbebauung abgerissen und durch traditionalistische Gebäude ersetzt, allerdings war die neue Kreuzstraße auch wieder ziemlich schmal: HAZ

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  • Um "Zwischenrufe" wird durchaus gebeten

    Dann bringe ich welche ein.

    So schlug Karl Elkart, der von der Weimarer Republik über die NS-Zeit bis in die Nachkriegszeit als Stadtbaurat in Hannover aktiv war, eine "luftharte" Neugestaltung vor, eine Art von brandsicherer Innenstadt mit vielen unterirdischen Bunkern und nur wenig Bebauung.

    Tatsächlich wurde sogar ein kompletter Neuaufbau Hannovers am Deister diskutiert.

    Generell war die damalige Zeit von einer anderen Sichtweise geprägt als heute - die Altstadt galt als Synonym für prekäre Wohnverhältnisse und nicht mehr wünschenswert, grüne Wiese mit Zeilenbauten galt hingegen als vorbildliche Lösung der Zukunft.

    Allerdings wurde eine Zeilenbauweise in Hannover beinahe nirgendwo realisiert. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Constructa-Block in der Südstadt. Es scheint mitunter so, als hätten Hillebrechts Ambitionen abseits des Cityrings und den Einfallstraßen geendet.
    Edit.: Die einzige nennenswerte Ausnahme hiervon bildet die ministerielle Bebauung entlang der Lavesallee. Sollte man nicht vergessen.

    Das einzige realisierte Projekt der NS-Zeit in Hannover war ja die Neugestaltung des Ballhofplatzes, hier wurde die bestehende Fachwerkbebauung abgerissen und durch traditionalistische Gebäude ersetzt ...

    Zumindest was die Innenstadt angeht ist das natürlich richtig - und um die geht es ja hier. Allerdings sollte man den Maschsee und das Maschsee-Strandbad in diesem Zusammenhang dennoch nicht unerwähnt lassen, ebenfalls eine Hinterlassenschaft des NS-Regimes. Ein weiterer bedeutender Bau aus der NS-Zeit ist sicherlich auch die heutige Kurt-Schumacher-Kaserne.

  • Ja, am Maschsee ist ja sogar noch eine entsprechende Säule aufgestellt:

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  • Wobei das Wort Stele aus dem Griechischen stammt und wiederum Säule bedeutet .... στήλη :smile:

    Aber die Anmerkung ist natürlich korrekt.

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  • Ja, am Maschsee ist ja sogar noch eine entsprechende Säule aufgestellt ...

    Im Stadtbild präsenter ist beinahe noch das Strandbad. Es dürfte neben dem Wannsee-Strandbad das am Besten erhaltene Bad seiner Art in Deutschland sein. Früher wurde der Haupteingang im Sommer von Massen an badefreudigen Bürgern frequentiert. Seit der Sanierung des Bades durch Aspria ist der Durchgang allerdings dauerhaft geschlossen und man muss einen Nebeneingang benutzen. Dennoch eine Anlage bei der das Erbe der NS-Zeit unverkennbar ist. Bei der Sanierung seinerzeit wurde sogar der ehemalige Aufsichtsturm in seinen Grundzügen wieder errichtet. Auch findet sich rund um den See diverse Nazikunst, wie z.B. die Skulptur "Menschenpaar" von Georg Kolbe.

    Aber ich will nicht weiter vom Thema ablenken.

  • Was bedeutet "autogerechte Stadt" ganz konkret bei Hillebrecht?

    Es bedeutet nicht etwa, einfach überall Straßen zu bauen, damit jeder Ort mit dem Auto erreicht werden kann. Es bedeutet hingegen, daß der zu erwartende Verkehr das entscheidende Kriterium für die Planung darstellt.

    Schließlich lag Hannover quasi im Zentrum des Verkehrsgeschehens in Norddeutschland, und laut Hillebrecht mußte dieser "überkochende Verkehrskessel" speziell am Kröpcke entschärft werden, schließlich würde es in Hannover künftig ähnlich viele Autos wie in der Schweiz oder in Schweden geben.

    Wie wurde das nun konkret umgesetzt?

    Zuerst in Form einer Analyse mit den zu erwarteten Ziel- (also ins Zentrum), Quell- und Durchgangverkehren.

    Danach mit konkreten Maßnahmen:

    Um Verkehr in der Innenstadt zu vermeiden, sollten Verkehrsbringer wie Verwaltungsgebäude und sogar die Müllabfuhr aus dem Zentrum verbannt werden. So gelang es ihm, die Conti-Hauptverwaltung etwas außerhalb des Zentrums am Königsworther Platz zu positionieren, wo sie laut seinen Worten "phantastisch in der Landschaft stand".

    Und er schaffte es, die Deutsche Post davon zu überzeugen, ihr Postscheckamt nicht am Aegidienplatz zu errichten, sondern außerhalb - da damals Postschecks immer beliebter wurden, befürchtete er mehr Verkehr und die Deutsche Post mußte ihre mühsam zusammengekauften Grundstücke wieder verkaufen.

    Zudem sollte die Gestaltung der Innenstadt Verkehr vermeiden und - falls unvermeidlich - den Verkehrsfluss begünstigen.

    Mit einer Art von Angstkampagne schaffte er es, die Grundstückbesitzer überwiegend davon zu überzeugen, kleiner und niedriger zu bauen und Grundstücke für Straßen und Plätze abzugeben.

    Schließlich würde man künftig nur noch dann Kundschaft haben, wenn man ohne Stau direkt vor das Restaurant oder Kaufhaus fahren könne, um dort zu parken ... zudem schloß er aus einer Studienreise in den USA, Büros seien in Innenstädten kaum noch zu vermieten, und zur Vermeidung von Leerstand müsse man generell kleiner bauen. Außerdem würden kleinere Bauten im Zentrum wiederum den dortigen Verkehr verringern.

    Als weitere Komponenten kam noch eine entsprechende Straßenplanung hinzu - die Plätze und Straßen der Innenstadt, sofern verkehrsrelevant, wurden gigantisch vergrößert, ob Steintor oder Karmarschstraße.

    Um die Innenstadt herum wurde indes ein Innenstadtring gelegt, mit stark vergrößerten Plätzen und Verkehrskreiseln (letztere heute wieder zurückgebaut) und mehrspurigen Straßen, die bereits für eine zweite Ebene in Form von Hochstraßen vorbereitet waren. Dazu ein System aus Tangenten im Umfeld (im Norden übernahm diese Funktion die Autobahn) und Verbindungsstraßen, die wie Speichen beide Systeme miteinander verbanden.

    Kurz zusammengefaßt bedeutet verkehrsgerechtes Hannover also:

    • niedrigere Gebäude im Zentrum
    • Verwaltungsgebäude und ähnliche "Verkehrserzeuger" außerhalb des Zentrums
    • verbreiterte Straßen und vergrößerte Plätze in der Innenstadt
    • Neuanlage von Innenstadtring, Tangenten und Verbindungsstraßen, um den Verkehr entweder am Zentrum vorbeizuleiten oder das Zentrum rasch erreichbar zu machen (mitten durch Wohnviertel, Friedhöfe oder Wälder hindurch)

    Schön nachlesen kann man all dies in Das Wunder von Hannover im damaligen Spiegel, wo Hannover als weltweites leuchtendes Vorbild präsentiert wurde. Auch empfehlenswert die Festschrift zum autogerechten Wiederaufbau Hannovers.

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  • Im Folgenden nun ein Rundgang durch das autogerechte Hannover, examplarisch habe ich hierfür die östliche Innenstadt ausgewählt. Hier eine Übersicht:

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    In der Mitte der Kröpcke (Platz) als absolutes Zentrum, übrigens mit einer faszinierenden Stadtbahn-Station auf vier Ebenen mit drei sich kreuzenden Linien - man fährt erst einmal 10 Minuten in die Tiefe, bis man seine Bahn erreicht (darüber stand das inzwischen abgerissene Kröpcke-Center).

    Präsentiert werden soll ein Überblick über die Innenstadt mit Ausnahme von Altstadt sowie den Arealen mit dem Schloß und der Kreuzkirche gleich daneben. Im Prinzip ist es eine ganz normale Galerie, in der auch interessante Gebäude vorgestellt werden, zusätzlich gibt es noch Fotos und Anmerkungen zu den Gestaltungsmerkmalen der autogerechten Stadt, sofern relevant.

    Beginnen wollen wir etwas außerhalb des Zentrums, direkt jenseits des Bahnhofs, wo sich die Lister Meile platzartig erweitert. Bei der Meile handelt es sich quasi um eine Erweiterung der Innenstadt-Fußgängerzone in Richtung Oststadt.

    Blick in Richtung Nordosten:

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    Und in Gegenrichtung, wo schon die "Skyline" des modernen Hannover am Raschplatz zu sehen ist:

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    Blick zurück:

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    Hier ist das Hochhaus Lister Tor von 1975 zu sehen, ein Anbau wurde bereits abgerissen.

    Gleich daneben der gute Turm, dessen Zukunft ungewiß ist - der VW-Turm, dessen Pläne vom selben Bauingenieur wie beim Stuttgarter Fernsehturm stammen.

    Eine weitere Ansicht des Übergangs Grünanlage zum urbanen Viertel am Raschplatz:

    Und hier kommt auch schon eine erste Komponente der autogerechten Stadt ins Bild:

    Nämlich die Raschplatz-Hochstraße, eher eine Art langer Brücke und erst 1970 freigegeben, nach der Beseitigung der "Aegi-Hochstraße" die einzige verbliebene Hochstraße im Zentrum.

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  • Unter der Hochstraße hindurch nochmals ein Blick auf den Turm und das neue Verwaltungsgebäude der Deutschen Bahn:

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    Wir befinden uns jetzt direkt am Bahnhof, am Parkhaus vorbei gibt es eine große Ladenpassage:

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    In Gegenrichtung Hotels, Ärztehaus und zentraler Omnibusbahnhof:

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    Wir unterqueren indes die Gleise und kommen auf dem Ernst-August-Platz heraus, direkt vor dem Bahnhof:

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    Von hier aus sieht man schon die Marktkirche:

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    Interessant - die tiefergelegte Einkaufsstraße, früher Passerelle genannt:

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    Einkaufen geht natürlich auch im Bahnhof (und in der Ernst-August-Galerie gleich dahinter):

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    Blick zurück:

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    Und erst einmal direkt weiter zum Steintor, die Kurt-Schumacher-Straße entlang:

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    Die Bebauung ist eher gesichtslos, Hillebrecht wollte hier ja keine Vorgaben machen, die über die geringe Gebäudehöhe hinausgehen:

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    Wobei dieser Ansatz heute nur noch punktuell erkennbar ist, angesichts der späteren Überbauung.

    Einzelner Altbau rechts:

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    Intercity Hotel links - vermutlich 50er-Jahre?

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    Und schon erblicken wir eines der Wahrzeichen von Hannover, das Anzeiger-Hochhaus von 1928:

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    Hier wurden Spiegel und Stern gegründet, bevor die Magazine nach Hamburg umzogen. Rechts daneben das heutige Gebäude der Kestner Gesellschaft, 1905 indes als Goseriedbad errichtet:

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    Links daneben das Gebäude des Neuen Steintors aus den 80ern:

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    Hier faszinierende Fotos des Nachkriegs-Steintors mit Informationen zur Verkehrsführung: Das Steintor in Hannover

    Und hier sehen wir auch gleich zwei Aspekte der autogerechten Gestaltung - einerseits wurde das Allianz-Hochhaus der 70er in eine Randlage verbannt - direkt neben die frühere Conti-Hauptverwaltung an den Königsworther Platz, direkt an die mehrspurige Straße, die heute Altstadt und Calenberger Neustadt trennt:

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    Andererseits wurde der Platz stark vergrößert, um den Verkehr inkl. der Straßenbahnen aufzunehmen zu können. Heute fährt die Straßenbahn nicht mehr über den Platz, sondern nur noch auf der Straße, entsprechend ist der riesige Platz momentan noch weitgehend ungenutzt, siehe auch Umgestaltung des Steintorplatzes.

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  • Die Reste der Vorkriegsbebauung: Wunderschön.

    Alles was danach kommt bestenfalls 08 15, meist gesichtsloser Schrott (- Entschuldigung an alle, die sich mit dieser Stadt verbunden fühlen - vergleichbare Ecken in Hamburg betitel ich genauso).

    Ich möchte auch nicht in der tiefergelegten Betonschlucht einkaufen.

  • Finde ich jetzt nicht unbedingt, es gibt schon recht gelungene Nachkriegsarchitektur und sogar Bauten der Gegenwart, die auch noch gezeigt werden sollen.

    Aber daß in der Fläche sehr schnell und anspruchslos aufgebaut wurde, ist sicherlich richtig, da lag das Hauptaugenmerk auf hoher Aufbaugeschwindigkeit und eben auf der neuen Stadtstruktur. Mindestens genauso schnell war Mannheim, wo auf einer Luftaufnahme von Ende der 50er praktisch alles bebaut war - nur eben auch "quick and dirty".

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  • Alles was danach kommt bestenfalls 08 15, meist gesichtsloser Schrott (- Entschuldigung an alle, die sich mit dieser Stadt verbunden fühlen - vergleichbare Ecken in Hamburg betitel ich genauso).

    Ich möchte auch nicht in der tiefergelegten Betonschlucht einkaufen.

    Da musst du dich nicht entschuldigen. Nach dem Krieg wurde - wie überall in Deutschland - viel Schrott gebaut. Obwohl in den Nachkriegsjahren auch einige wirklich gute Bauten entstanden, die in diesem Forum leider immer eher wenig gewürdigt werden (Nord-LB, Kaufhaus Magis, Preussag-Hauptverwaltung ...). Den meisten Usern dürfte da am ehesten das Haus Bahlsen in der Georgstraße 29 gefallen. Das gezeigte Neue Steintor von Gottfried Böhm aus den 80er Jahren ist noch ein wirklich gelungenes Stück Architektur.

    Erst seit jüngerer Vergangenheit ist die Stadt sichtlich bemüht, das Gesicht der Innenstadt positiv zu verändern. So ist z. B. der Klagesmarkt neu bebaut worden und derzeit wird die Neubebauung des Areals des ehem. Postscheckamtes an der Goseriede vorbereitet, welches kürzlich abgerissen wurde. Überzeugend finde ich auch den Neubau des Intercity Hotels am Raschplatz, welcher auf einem Bild von buarque zu erahnen ist. Es handelt sich um ein kleineres Hochhaus mit einer Fassade aus geriffelten Keramikplatten. Ich finde das recht speziell und wüsste nicht, dass vergleichbares in Deutschland bei einem "Hochhaus" schon einmal realisiert worden wäre. Gefallen tut mir auch der Neubau der Ärztekammer am Schiffgraben, welcher optisch an das Berliner Shell-Haus angelehnt ist.
    Daneben gegangen ist meiner Meinung nach aber leider die Neubebauung auf dem Marstall. Besonders den nördlichen Bau finde ich richtig übel.

    Und was die Passerelle angeht: Der Umbau hat wirklich den Charme einer Flussbegradigung. Aber du hättest das Ding früher mal sehen müssen ...

  • Vielen Dank für die Eindrücke. Ich kann jetzt auch Deine anderen Galerien besser einordnen, denn Du hast dem Titel entsprechend im Dreiklang "Good, Bad and Ugly" wirklich einen starken Focus auf Bad und Ugly gelegt. Das Raschplatzumfeld nördlich des Hauptbahnhofs gehört wie die westliche Innenstadt im Bereich Steintor wirklich zu den aus meiner Sicht gesichtslosesten und, ja, hässlichsten Gegenden dieser Stadt, die ich mittlerweile spätberufen durchaus kennen- und liebengelernt habe. Auch die Aufnahmen aus dem Fußgängerzonen-/Einkaufsbereich der Innenstadt grob zwischen Hbf und Steintor bilden imho wirklich den übelsten Bereich in Hannovers Zentrum ab, auch wenn Leute wie Orakel hier sicherlich mehr zu beitragen können als ein Gelegenheitsbesucher wie ich.

    Mein positives Bild von Hannover wird ua auch durch die Tatsache gestützt, dass mein Eindruck ist, dass es die Krisen der vergangenen 10 Jahre deutlich besser weggesteckt hat als etwa Bremen. Hier herrscht ein allgemeines Niedergangsgefühl, das sich am Zustand des öffentlichen Raums festmachen lässt, an steigenden Leerstandsquoten, allgemeiner Sauberkeit. Die Städte kommen beide aus einer durchaus vergleichbaren Ecke nordwestdeutscher Industriestädte mit schwierigen Anpassungsprozessen, strukturell hoher Arbeitslosigkeit und einem sehr gemischten Gebäudebestand.

    Hannover und Bremen waren zwar immer sehr verschieden, aber entwickelten sich erstaunlich parallel, was wirtschaftliche Kennzahlen angeht. Dies ist nun erkennbar vorbei. In der hannoverschen Innenstadt gibt es kaum Leerstand, viele "schickere" Laden- und Restaurantketten können sich dort halten, während sie in Bremen entweder gar nicht kommen oder schnell wieder zumachen.

    Es mag sein, dass mein Blick auf Hannover etwas romantisch ist und meinetwegen der Blick auf Bremen zu streng, aber das ist mein Eindruck: Eine deutlich divergierende Entwicklung zweier ehemals recht ähnlich im unteren Mittelfeld Deutschlands feststeckenden 500.000 EW-Städte, bei der Hannover irgendwie die kritische Masse für eine positive Entwicklung aufbringt und Bremen nicht.

  • Also, ich mag Hannover, auch wenn meine ersten Eindrücke (das waren die späten 80er, noch mit dem alten Kröpcke-Center) tatsächlich eher negativ waren.

    Mit einer Ausnahme (zu Böblingen, weil ich nicht verstehe, wie eine der jahrzehntelang reichsten Städte ein so armseliges Stadtbild haben kann) mache ich auch keine "Negativ-Galerien", sondern bemühe mich um ein ausgewogenes Bild.

    Ich finde auch den Raschplatz gar nicht soo schlecht - der "VW-Turm" ist ja so etwas wie eine Ikone des Nachkriegs-Hannover, die DB-Verwaltung und die beiden Ibis-Hotels sind gelungen, klar, das Parkhaus ist natürlich häßlich, soll aber einen Eindruck der Nachkriegsbebauung vermitteln. Die Hochstraße wiederum ist unverzichtbar für das "autogerechte Hannover", um das es ja jetzt gehen soll.

    Wobei ich z. B. die Hochstraßen in Ludwigshafen durchaus ästhetisch fand, speziell in Kombination mit dem neuen Hauptbahnhof:

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    Das ist jetzt aber eine Ästhetik, die nicht der Forumsthematik entspricht, und wahrscheinlich kann auch kaum jemand etwas damit anfangen.

    Nichtsdestoweniger weiter mit Hannover:

    Von hier aus nun die Georgstraße zurück, die zum Kröpcke führt und von dort aus dann als Hauptachse der Innenstadt am Opernhaus vorbei zum Aegidientorplatz.

    Der oberste Abschnitt ist nicht besonders sehenswert:

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    Daher biegen wir nach rechts ab, zur Straße Am Marstall, die durch zwei Neubauten quasi zu einem Platz wurde. Auf einem alten Stadtplan sind hier Schillerstraße und Marschallstraße eingezeichnet, offensichtlich gab es hier zuvor keinen Platz.

    Ausführliche Informationen zu den beiden Bauten, die das Areal im Osten und Westen begrenzen, gibt es auf der Website der Stadt Hannover.

    Der östliche der beiden Bauten stammt aus dem Jahr 2017 von pape + pape aus Kassel:

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    Die restliche Bebauung ist eher enttäuschend, das Umfeld mit Spielotheken und Barber Shops auch nicht besonders - war nicht hier früher das Stadttheater?

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    Und die Südseite - das ist der Beginn der "Altstadt", genauer gesagt, des Kreuzkirchenviertels, das dann im "kleinteiligen Hannover" vorgestellt wird. Zwischen den Gebäuden ergibt sich auch die Möglichkeit, einen kurzen Blick in dieses doch recht eigenwillige Viertel zu werfen:

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    Hier das westliche Gegenstück, diese "goldenen" Fensterakzente scheinen gerade groß in Mode zu sein, vgl. auch Würzburg (Hauptpost):

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    Ich persönlich finde diese beiden Bauten gelungen, bei meinem letzten Besuch in Hannover 2009 war das Areal doch noch um einiges trister.

    Und auch hier entdecken wir ein Element des autogerechten Hannover, die gigantische Straße an der Leine entlang (und rundherum viel Platz, im Hintergrund das Ministerium für Wissenschaft und Kultur):

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    Sowie die Kirche St. Clemens:

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    Nun zurück zur Georgstraße und zum Kröpcke:

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    Unterwegs am Rotlichtviertel vorbei, mit dem Gehry Tower von 2001:

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    Und wieder an der Einmündung der Schillerstraße auf die Georgstraße:

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  • Wir haben jetzt den Kröpcke fast erreicht - eine platzartige Straßenkreuzung, so benannt nach dem gleichnamigen Café. Das Areal wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, angeblich mit Ausnahme der Kröpcke-Uhr.

    Hier war früher einer der Verkehrsknotenpunkte Hannovers mit der ersten Ampel und oberirdischen Straßenbahnen - seit dem Bau der U-Bahn seit rund 50 Jahren eine Fußgängerzone. Die U-Bahn-Station ist übrigens mit ihren 3 übereinander liegenden Gleisebenen beeindruckend, darüber war ja das doch recht fragwürdige Kröpcke-Center errichtet wurden, Bild gibt es hier.

    Eines der wenigen Vorkriegsgebäude an der Großen Packhofstraße, dahinter Europa-Haus, neues Kröpcke-Center von 2014 und im Hintergrund das Opernhaus.

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    Straßeneinmündung:

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    Der Bahnhof liegt am Ende der Fußgängerzone (Bahnhofstraße):

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    Hier befinden sich zwei Klassiker der Nachkriegszeit, einmal das Europa-Haus von 1949:

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    Hier stand vormals das Haus Brackebusch von 1882, vor dem Europa-Haus biegt die interessante Karmarschstraße ein, eine in mehreren Abschnitten durch private Investoren erbaute Straße, die den ersten Querdurchbruch durch die Altstadt darstellte und historistisch bebaut wurde. Dazu später noch etwas mehr.

    Der zweite Klassiker ist das Kaufhaus Magis von 1952, das stilistisch fast ein wenig an moderne Vorkriegswarenhäuser erinnert:

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    Ebenfalls am Kröpcke befindet sich das oben schon angesprochene neue Kröpcke-Center, das deutlich harmonischer wirkt als der Vorgängerbau:

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    Die Pavillons auf dem Platz:

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    Gesamteindruck:

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    Mit Kaufhaus Magis:

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    Und hier das Kaufhaus Magis von der Karmarschstraße aus gesehen:

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    Blick in Gegenrichtung:

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    Auch die Umgestaltung der Karmarschstraße entstand im Sinne des autogerechten Hannover - ihre Breite wurde von 17 Meter auf 33 Meter fast verdoppelt. Den kostbaren Baugrund schenkten die Eigentümer der Stadt, ich zitiere aus dem Spiegel von 1959:

    Quote

    Oft genug entstand stürmischer Aufruhr, doch Hillebrecht war fest entschlossen, sich nicht zu Kompromissen herbeizulassen: »Bitte sehr, wenn Sie nicht wollen, bauen Sie Ihre Straße meinethalben in den alten Fluchtlinien wieder auf. Aber dann wundern Sie sich auch nicht, wenn in fünf oder zehn Jahren kein Mensch mehr dort einkaufen kann - weil er nämlich mit dem Wagen nicht mehr durchkommt. Was das für den Wert Ihrer Grundstücke bedeutet, brauche ich Ihnen wohl nicht vorzurechnen. Was Sie jetzt freiwillig aufgeben, ist eine Investition für die Zukunft.«

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