Kulturgeschichte und Denkmalpflege in Sachsen

  • Veröffentlichung der Sächsischen Staatsregierung vom 06.06.2024:

    Es wurde eine »Stiftung Lebendiges Erbe Sachsen« ins Leben gerufen.

    Dazu wurden bisher zwei Millionen Euro für die Errichtung der Stiftung investiert.

    Der Schritt zur Gründung einer Stiftung des Privatrechts orientiert sich an dem renommierten britischen »National Trust for Places of Historic Interest or Natural Beauty« und setzt bei der Bewahrung der Kulturgüter Sachsens auf zivilgesellschaftliche Akteure. Das Sächsische Staatsministerium für Regionalentwicklung hat in seiner Funktion als Stifter die Umsetzung von der Idee hin zur Stiftungsgründung begleitet.

    Die Stiftung Lebendiges Erbe Sachsen hat den Anspruch, sich zivilgesellschaftlich zu etablieren. Sie wird eine Lücke zwischen der staatlichen Schlösserverwaltung und zahlreichen privaten Förderstiftungen schließen, indem sie die Trägerschaft für geeignete Objekte übernimmt und deren Erhaltung und öffentliche Nutzung sicherstellt. Dabei sollen vor allem private Mittel eingeworben werden, um eine nachhaltige Finanzierung sicherzustellen. Damit wird ein neuer Weg eingeschlagen, um historisch und kulturell wertvolle Stätten zu erhalten. Die Stiftung wird sich der Aufgabe widmen, bedeutende Kulturgüter – von wertvoller Bausubstanz über technische Anlagen bis hin zu Garten- und Parkanlagen – zu erwerben, zu sanieren, zu restaurieren und zeitgemäße Nutzungskonzepte zu entwickeln.

    Aufgaben und Ziele der Stiftung

    * Erwerb, Erhaltung und Entwicklung: Denkmale und Objekte von besonderer kulturhistorischer, regionaler oder volkskundlicher Bedeutung zu erwerben und dauerhaft im Bestand der Stiftung zu halten.

    * Sanierung und Restaurierung: Umfassende Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen durchzuführen, um die Kulturgüter in ihrem ursprünglichen Glanz erstrahlen zu lassen.

    * Nutzungskonzepte: Zeitgemäße und nachhaltige Nutzungskonzepte zu entwickeln, die den kulturellen Wert der Objekte hervorheben und die Öffentlichkeit daran teilhaben lassen.

    * Öffentlichkeitszugang: Sicherzustellen, dass alle erworbenen und restaurierten Objekte der Öffentlichkeit zugänglich sind, um die sächsische Kulturgeschichte erlebbar zu machen.

    * Förderung des bürgerschaftlichen Engagements: Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und andere Einrichtungen zur aktiven Mitwirkung zu ermutigen und bürgerschaftliches Engagement zu fördern.

    Die Stiftung lädt alle Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Einrichtungen ein, aktiv an den Zielen der Stiftung mitzuwirken. Aufgrund der gemeinnützigen Orientierung bietet die Stiftung eine Plattform für Zustiftungen, Spenden und Nachlassübertragungen zugunsten sächsischer Kulturgüter.


    Staatsminister Thomas Schmidt bei der feierlichen Urkundenübergabe: »Heute ist ein großer Tag für das Denkmalland Sachsen! Unsere Denkmaldichte – die höchste in Deutschland – ist ein Segen und Herausforderung zugleich. Die Initiative zur Gründung einer Stiftung für Lebendiges Erbe kam genau zur rechten Zeit aus der Mitte des Sächsischen Landtags. Das Parlament hat erkannt, dass in der sächsischen Kultur- und Denkmallandschaft trotz vielfältiger öffentlicher und zivilrechtlicher Strukturen eine Institution im Geiste des britischen ‚National Trust‘ fehlt. Gesagt, getan: Ab dem heutigen Tag, steht die Stiftung nun auf eigenen Beinen. Ich wünsche ihr, dass sie sich schnell emanzipiert und ihr eigenes Gesicht findet; sich schrittweise von der öffentlichen Finanzierung löst und als Institution der sächsischen Kulturlandschaft etabliert.«

  • Sowas bräuchte es mal im ach so armen Baden-Württemberg, aber trotzdem sehr erfreulich. Sachsen wird noch zum schönsten Bundesland.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Sachsen wird noch zum schönsten Bundesland.

    Das war jetzt ironisches Futur, gell? Es ist es schon. Mit solchen nationalen Pretiosen wie Görlitz, Bautzen, Freiberg kann kein anderes Bundesland auch nur im entferntesten mithalten. Das wird recht schnell offenkundig. Kann eigentlich die Anzahl aller akzeptabler Städte außerhalb Sachsens mit der Anzahl (sehr) akzeptabler Städte in Sachsen mithalten? Vermutlich nein.

  • Na ja, Bayern hat schon auch ne Menge zu bieten.

    Aber dicht gefolgt oder gleichrangig Sachsen.

    Sachlich-inhaltlich sowieso auf Augenhöhe stehend.

  • Sehr interessante Initiative! Aber:

    wenn die Politik diese Stiftung nicht in Zukunft als Ausrede für Kürzungen bei den Denkmalmitteln hernimmt…

    Das könnte ich mir durchaus vorstellen, sehr klug gedacht. Bei den riesigen Belastungen, die die Kommunen und Länder zu tragen haben, dürften öffentliche Gelder für die Instandhaltung von Kulturgütern zunehmend knapper werden und der gesamtgesellschaftliche Konsens über die Bereitstellung großer öffentlicher Geldsummen für diese alten Bauwerke dürfte in Zukunft wahrscheinlich auch eher bröckeln. Von daher ist es logisch, dass man interessierte private Kreise involvieren und finanziell mit einbinden möchte - so ähnlich wie in den USA Philharmonien und Theater finanziert werden, wo die öffentliche Hand nicht für solche Dinge aufkommt.

    Ich weiß z.B. bezgl. der anstehenden großen Restaurierung der zentralen Trakte der Münchner Residenz, dass das Finanzamt als letztendlicher Schlossherr und Finanzier der ursprünglich groß angelegten Pläne inzwischen deutlich zurückgerudert ist und nur noch die notwendigsten Arbeiten durchführen möchte, weil einfach nicht mehr genügend Geld da ist. Man hat außerdem auch schon angefangen, nach privaten Sponsoren für Restaurierungen zu suchen, die bisher fast immer vom Staat bezahlt wurden. Letztendlich ist das eine besorgniserregende Entwicklung, finde ich. Aber natürlich wünsche ich der Stiftung Lebendiges Erbe Sachsen viel Erfolg!

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Das war jetzt ironisches Futur, gell? Es ist es schon. Mit solchen nationalen Pretiosen wie Görlitz, Bautzen, Freiberg kann kein anderes Bundesland auch nur im entferntesten mithalten. Das wird recht schnell offenkundig. Kann eigentlich die Anzahl aller akzeptabler Städte außerhalb Sachsens mit der Anzahl (sehr) akzeptabler Städte in Sachsen mithalten? Vermutlich nein.

    Bayern ;)

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Na ja, Landshut, Dinkelsbühl, Rothenburg, Nördlingen, Eichstätt, Passau, Regensburg, Bamberg, Straubing, Burghausen, Landsberg, Wasserburg, Forchheim, Ochsenfurt, Amberg, Freising, Neuburg a.d.D., Memmingen, Ingolstadt, Augsburg und sogar München lassen sie sich auch sehen!

    Aber es stimmt, dass Sachsen eine ganz besondere, und (abgesehen von Dresden ausserhalb des Zentrums und der äußeren Neustadt) im grossen und ganzen eine intakte Kunstlandschaft ist. Wir fahren immer wieder gern dorthin!

  • Wundert mich jetzt auch, dass man hier Bayern rangmäßig Sachsen unterordnet. Bayern hat wahrscheinlich schon mehr schöne, historische Städte und Einzeldenkmale zu bieten. Dafür hat sie Sachsen womöglich geballter zu bieten?
    Extrem schade, dass ausgerechnet die einst glanzvolle Hauptstadt Sachsens so geschunden wurde. Naja, wenn der Wiederaufbau des Neumarkts und des Königsufers vollständig abgeschlossen ist, kann sich Dresdens Kern durchaus mit dem von München messen.

  • Quote

    Mit solchen nationalen Pretiosen wie Görlitz, Bautzen, Freiberg

    Görlitz als Beutestadt gehört eigentlich nicht dazu, nämlich gerade in architektonischer Hinsicht nicht, dafür fehlt die allerwichtigste Stadt, brauch nicht auszuführen, welche.

  • Görlitz als Beutestadt gehört eigentlich nicht dazu, nämlich gerade in architektonischer Hinsicht nicht, dafür fehlt die allerwichtigste Stadt, brauch nicht auszuführen, welche.

    Was ist denn eine "Beutestadt"?
    Was die allerwichtigste Stadt angeht, musst du schon genauer ausführen. Abseits von den bereits genannten hervorragend erhaltenen historischen Städten fällt mir noch Meißen ein.

  • Goerlitz, Meissen, Bautzen, Torgau, Freiberg, Pirna, Altenburg, Zittau, Kamenz, Schneeberg, Annaberg, Zwickau (trotz Abrisse) und Plauen: eine stolze Reihe, die es Spass macht aufzulisten!

    Und zwischen Sachsen und Bayern liegt das eher bescheidenere Thüringen, das eine fast völlig intakte Kunstlandschaft bildet. An erster Stelle natürlich die Hauptstadt Erfurt; dann Weimer, Mühlhausen, Langensalza, Heiligenstadt, Arnstadt, Saalfeld, Schmalkalden Eisenach, Meiningen, Gotha, Rudolstadt und, trotz erheblichen Kriegs- und Nachkriegszerstörungen, Nordhausen, Jena und Gera.

    Man kann den Dreistern von Bayern-Sachsen-Thüringen auch so betrachten: was ist grundsätzlich verloren gegangen, und wie lässt sich der Verlust mit dem von anderen Ländern vergleichen? Drastisch zerstört waren nur: Dresden, Würzburg, Nürnberg (und Chemnitz, das sowieso nie in der ersten Liga spielte). Alle drei haben aber ihre Reize und zählen m. E. immer noch zu den unersetzlichen Schätzen Deutschlands. Die scheinen mir viel gefälliger zu sein als etwa Stuttgart, Mannheim, Heilbronn, Pforzheim, Darmstadt, Kassel, Köln, Magdeburg, Dessau, Dortmund, Duisburg u.v.a.

    Teilzerstört, aber immerhin im allgemein intakte und geniessbare Altstädte sind: München, Augsburg, Aschaffenburg, Plauen, Gera, Nordhausen, Leipzig. Also, die drei Länder bilden zusammen die besterhaltene Kunstlandschaft Deutschlands.

    Verzeiht mir, bitte, meine Listenmanie. Aber, sogar bei dem einfachen Auflisten schweift meine Errinnerung an die baulichen Herrlichkeiten!

  • Ich finde es schade, das es immer nur von Städten geredet wird. Jede Stadt war an Anfang auch nur erstmal eine Siedlung und wuchs dann durch Reichtum zur Stadt ran. Dresden gehört zu den jüngsten Städten in heutigen Sachsen, wohl mal angemerkt. Was eher der Unterschied zu vielen anderen Bundesländern ist, dass die Landschafskultur noch stark aus der alten Zeit erhalten geblieben ist und dass ist das besondere. Das hat aber auch was damit zu tun, dass vieles geblieben ist, sei es aus politischen Gründen, oder der Armut wegen. Klar ist dadurch auch viel zerstört wurden und zerstört sich noch, aber im Ganzen gibt es noch so viele zusammenhängende Kulturlandschaft, die es anderswo nicht mehr gibt.

    Ich muss immer an Dieter Wieland denken.

    So würde ich an die ganze Diskussion ran gehen. Ich habe Nürnberg, Freiburg und Weißenfels gesehen und diese Städte können sich mit Bautzen, Zittau und Görlitz gut messen. ^^

    Was mich dabei interessieren würde. Was hilft das der kleinen privaten Person? Der Denkmalschutz jedenfalls bisher nicht, der hat das ganze nur alles kompliziert und finanziell kaputt gemacht. (Ich persönlich habe aber immer mit den Denkmalschutz gut reden können, da ich bei mir fähige und gute Leute hatte, die mitdenken können). Die fehlgeleitete Baudenkweise hat dann auch ein Teil dazu beigetragen und die fehlgeleitete Heiz- und Dämmpolitik hinterlässt auch nochmal riesen Schänden an Schande, den ich immer wieder miterleben muss.

    Solche Ankündigungen kenne sich schon zu genüge, aber bisher bleib es dabei, meist am Ende nur einen Bürokratie mehr, die einen auf den Nerv geht. In bin sehr skeptisch dazu. Evtl.. liegt es daran, das sich ein praktischer Umsetzer und kein Mundwerker bin und dazu zu negativ denke. Aber meine Erfahrungswerte bringen mich immer zu solche Aussagen zu treffen. Also bitte nie zu böse nehmen, wie es dasteht. :)

  • Nur kleine Anmerkungen am Rand:

    Jede Stadt war an Anfang auch nur erstmal eine Siedlung und wuchs dann durch Reichtum zur Stadt ran.

    Die historische Chronologie ist in der Regel eine andere. Der Aufstieg zur Stadt erfolgte durch entspreche Rechte und Privilegien. Erst diese bewirkten dann den Reichtum. Nicht umgekehrt.

    Dresden gehört zu den jüngsten Städten in heutigen Sachsen, wohl mal angemerkt.

    Stadtrechte sind 1214 verliehen worden. Damit gehört Dresden eher zu den älteren, nicht zu den jüngeren Städten Sachsens. Man muss hier natürlich differenzieren zwischen Ersterwähnungen und Stadtrechtsverleihungen.

  • Snork June 22, 2024 at 8:20 PM

    Changed the title of the thread from “Kulturgeschichte und Denkmalpflege in Sachsen - Allgemeines” to “Kulturgeschichte und Denkmalpflege in Sachsen”.
  • Naja, meinetwegen. Hat Bautzen seit mind. 1213 auch schon gehabt, ist Geschichtlich bedingt.

    Keiner bekommt ein Stadtrecht, ohne vorher was geleistet zu haben, oder anbieten zu können. Man investiert mit einen Stadtrecht nicht ins nichts. Das setzte also voraus, dass an den Ort schon vorher ein Handelsweg vorhanden ist, also Kapital durchfließt. :)

  • Keiner bekommt ein Stadtrecht, ohne vorher was geleistet zu haben, oder anbieten zu können.

    Das stimmt gar nicht. Es gibt viele Beispiele, wo der Landesfürst vorhandenen, bisher unbedeutenden Siedlungen Rechte (z.B. Markttage) verliehen hat, um die Wirtschaft anzukurbeln, oder sogar Städte auf der grünen Wiese neu errichtet hat. Es gibt auch genug Beispiele solcher Stadtgründungen, die nicht erfolgreich waren - winzige Orte mit Stadtrecht oder gar Wüstungen, die mangels wirtschaftlichen Erfolgs wieder aufgegeben wurden.

  • Das stimmt gar nicht. Es gibt viele Beispiele, wo der Landesfürst vorhandenen, bisher unbedeutenden Siedlungen Rechte (z.B. Markttage) verliehen hat, um die Wirtschaft anzukurbeln, oder sogar Städte auf der grünen Wiese neu errichtet hat. Es gibt auch genug Beispiele solcher Stadtgründungen, die nicht erfolgreich waren - winzige Orte mit Stadtrecht oder gar Wüstungen, die mangels wirtschaftlichen Erfolgs wieder aufgegeben wurden.

    Es gibt ein Zwischending zwischen Dorf und Stadt: der Flecken. Dieser hatte gegenüber dem Dorf das Marktrecht. Auch heute noch wird dieser "Aufstieg":smile: verliehen.

  • Im Osten sind das alles Gründungsstädte, oft zwar in der Nähe einer dörflichen Siedlung, von der auch der Name übernommen wurde, aber ansonsten ohne besonderen Zusammenhang. Ausnahmen sind slawische Burgen oder befestigte Anlagen, die übernommen wurde, zB Rochlitz, wobei hier eigentlich beide Varianten zutreffen - auch Dörfer gab es unter der Burg bereits in slawischer Zeit. Aber auch hier wurde die eigentliche Stadt unabhängig von diesen angelegt. Gerade die relativ großen Stadtplätze Sachsens sind kaum aus Marktflecken oder Dorfanger erwachsen.