Waldschlösschenbrücke und Weltkulturerbe

  • Dazu auch SZ

    Dresden unnötig in Misskredit
    Von Bettina Klemm

    Aussprache. Die Stadt hat der Unesco geantwortet und hofft auf eine Klärung des Streits um die Brücke.

    Zitat

    ...Für Streit im Rat sorgte Holger Zastrow von der FDP. Er bezeichnete die Brückengegner als „Kleingeister“, die ein gestörtes Verhältnis zur Bürgerbeteiligung und Basisdemokratie hätten und nun ihren privaten Kriegsschauplatz eröffnet hätten, um die Brücke noch zu verhindern. ...

    http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1010790

  • Was schreiben die Journalisten eigentlich immer für einen unqualifizierten Mist im Zusammenhang mit der Brücke. Jedesmal steht da, dass der berühmte Canalettoblick mit der Brücke verbaut würde - als ob die Brücke zwischen Marienbrücke und Augustusbrücke entstehen sollte. Da ist der Canaletto-Blick, nicht in Johannstadt/Striesen oder im Preußischen Viertel.Die Elbe macht von Blasewitz zur Altstadt hin einen riesigen Bogen, so dass man keine Chance hat, vom Hotel Bellevue aus auch nur ein Zipfelchen der geplanten Brücke zu sehen. Das Welterbe-Komitee sollte sich lieber mal vehement dafür einsetzen, dass die Plattenbauten am Pirnaischen Platz und an der Grunaer Straße abgerissen werden, die stören den Blick wirklich.
    Kritiker können jetzt anmerken, naja, die Journalisten verwechseln das wohl mit dem Waldschlößchenblick aufs Zentrum. Okay, dann sollen die das auch so schreiben, aber meiner Meinung nach stimmt nicht mal das, weil man vom Waldschlößchen aus über die Fahrbahn hinwegschauen wird, schließlich verläuft die Trasse nach der Elbquerung im Tunnel und somit viel tiefer als der Standpunkt des Betrachters.
    Mich regt dieses ganze Getue um die Brücke echt auf. Man schaue sich nur den Stadtplan an : der Standpunkt ist optimal. Die Brücke schaut in den Visualisierungen elegant aus , wäre mit ihrem Bogensegment auch eine neue , angenehm spannungsvolle Komponente in der Elblandschaft. Es bestünde auch die Möglichkeit der schnelleren Elbquerung für Fußgänger an dieser Stelle. (Gegenargument zum Tunnel; noch eine Frage: wie steil sollte wohl die Rampe eines Tunnels auf der Neustädter Seite sein ?) Und außerdem : Es ist eine Stadtlandschaft die da unter Schutz gestellt wurde, kein Naturschutzgebiet.

  • Meine Zustimmung. Jeder, der mal durch den "Dickdarm" Dresdens mit dem Auto mußte, wird das bestätigen. Und schlecht sieht sie wirklich nicht aus, die Brücke. Besser als Carola- und Königsbrücke.

    Nein, die werden gedünstet

  • Vossi

    Wenn die ganze Sache unproblematisch ist, wird die UNESCO der Brücke sicherlich zustimmen, so wie sie ja auch den Neubau am Lübecker Markt geduldet hat.

    8)

  • Zitate von Heinrich Magirius aus der Süddeutschen Zeitung, abgedruckt in den DNN.

    Zitat

    "...Der mehrheitliche Wunsch der Dresdner, an dieser Stelle eine Elbüberquerung zu installieren, rechtfertigt dieses gewalttätige Monstrum einer Brücke keineswegs. Hinter dem Projekt steht offensichtlich ein Wille zur Selbstdarstellung... Wer oder was gebietet eine derartige Zeichenhaftigkeit in hoch sensibler landschaftlicher Situation: der Anspruch von Architekten, sich wichtig zu machen? Oder die zwanghafte Sucht des Auftraggebers, in diesem Falle einmal zeigen zu können, dass sich die Stadt Dresden endlich zu ,Neuem' - sei es, wie es sei - bekennt? [...] Vor allem die Qualität der geplanten Brücke sollte noch einmal geprüft werden. Die Konstruktion kann wirklich nicht als ,innovativ' gelten..."

  • Die unendliche Geschichte geht weiter... :)

    Und zwar immer dann, wenn sich wieder einer zu Wort meldet, der von den ganzen Wettbewerben, Diskussionen und Symposien offensichtlich nichts mitbekommen hat, nun aber auch seinen Senf dazugeben will wie dieser Herr Magirius.

    Über den damaligen Wettbewerb kann man hier ein pdf lesen:
    http://www.tu-dresden.de/biwitb/mbau/veranstalt/dbbs/bbs08.html\r
    http://www.tu-dresden.de/biwitb/mbau/ve ... bbs08.html

    und hier die Visualisierung des damaligen 2.Preises:
    http://www.permantier.de/digital3d/ingenieurbau/bruecken/_lap/waldschloss/waldschloss.php\r
    http://www.permantier.de/digital3d/inge ... chloss.php

  • Du meine Güte...schon wieder der Canaletto-Blick. Ich kann es bald nicht mehr hören. Ewig schreiben diese dummen Journalisten diesen Quatsch bei ihren dummen Kollegen ab.
    Da bleibt mir nur, ironisch zu bemerken, daß der Vorsatz, an jener Stelle eine Brücke zu bauen, mittlerweile seit 120 Jahren besteht und somit zum "Kulturerbe" Dresdner Elbtal dazugehört. ...
    Also, weiterstreiten bis in alle Ewigkeit, denn der Streit ist ja auch schützenswertes Erbe :augenrollen:

  • Miwori

    Nana, Magirius hat sich große Verdienste um das Alte Dresden erworben. Er ist kein dahergelaufener Wichtigtuer!

  • Die UNESCO scheint alle Maßstäbe verloren zu haben, was die Überwachung des Welterbes betrifft.
    Anders ist es einfach nicht zu erklären, dass sie bei der Brücke so ein Theater veranstaltet, während sie bei der Treppe am Landhaus oder beim geplanten Gewandhaus keinen Finger rührt! Da möchte ich nicht wissen, was den Blickbeziehungen, dem Welterbe Frauenkirche und dem kulturellen Wohl der Stadt mehr schadet, das Gewandhaus oder die Brücke? Die UNESCO Vertreter waren anscheinend wirklich selbst nie in Dresden. Wann protestieren sie endlich gegen diesen platzzerstörenden Konkurrenzbau zur Frauenkirche?
    Klar, man kann über die Größe der Brücke reden oder ob sie nicht besser aus Sandstein wäre, aber notwendig ist die schon im 19.Jh. geplante Brücke - die mit dem Canallettoblick nicht das geringste zu tun hat - zur Entlastung des Blauen Wunders und der Innenstadt, sowie zur besseren Anbindung der ohnehin ziemlich kaputten Johannstadt ganz ohne Zweifel. Langfristig denken!

  • Weltkulturerbe ist nun aber nicht der Neumarkt, sondern das Elbtal vom pillnitz bis Übigau als einzigartige Verbidnung von Landschaft, Stadt und Architektur.
    Von daher würde ich nicht denken, dass sie das Gewandhaus sonderlich stören würde.

    Ich hoffe nur, dass Bürgermeister und Stadtrat sich einer kooperativeren Taktik zuwenden, als sich nur auf den Bürgerentscheid zu berufen. Aber anscheindend tut sich ja einiges in diese Richtung.

    Es wäre schon sehr beschämend, wenn der Titel Dresden so schnell wieder aberkannt werden würde.

  • Zitat von "Philipp"

    Miwori

    Nana, Magirius hat sich große Verdienste um das Alte Dresden erworben. Er ist kein dahergelaufener Wichtigtuer!


    Umso schlimmer!
    Der Herr Professor weiß von den ganzen Wettbewerben, Diskussionen und Symposien,
    weiß, daß alle Aspekte und Belange mehrfach durchgekaut worden sind und daß es, um die Endlosdiskussion zu beenden, am 27.Feb einen Bürgerentscheid gab;
    die höchste demokratische Instanz, an die auch Bürgermeister und Stadtrat gebunden sind.

    Er kann seine Meinung vertreten, wenn er glaubt, daß das Bauwerk dem Elbtal zur Unzierde gereicht. Das ist sein gutes Recht.
    Aber er sollte auch respektieren, daß ein Beschluß gefallen ist, und zwar als Ergebnis dieser Güterabwägung zwischen wirtschaftlichem Erfordernis und Naturschutz, die jeder Abstimmende damals bewußt oder unbewußt für sich treffen mußte und getroffen hat.

    Etwas anderes wäre es, wenn herauskäme, daß ein schönerer Brückenentwurf wissentlich vorenthalten, verhindert oder unterdrückt worden wäre...

  • In der Welt habe ich auch noch nen Artikel gefunden, der sich u.a. mit der Brücke beschäftigt:


    http://www.welt.de/data/2006/01/06/827371.html


    Der Artikel ist aber in mehrfacher Hinsicht schlecht: zum einen werden hier die Dresdner eher als gegner der Brücke gesehen, zum anderen wird neben berechtigter Kritik an der Nachkriegsarchitektur uns Ästhetikern mal wieder Folgendes unterstellt:


    Zitat

    Die Sehnsucht nach unverstellten, bewahrten Ansichten ist grundiert vom Wunsch, daß die alte Zeit zurückkehrt, weil sie besser war[...]

    Mal wieder das typische Totschlag-"Argument" gegen Rekos, nur diesmal im anderen Zusammenhang...

  • Zitat von "Miwori"


    Etwas anderes wäre es, wenn herauskäme, daß ein schönerer Brückenentwurf wissentlich vorenthalten, verhindert oder unterdrückt worden wäre...

    Genau das ist doch mit dem Mehrbrückenkonzept von Baudezernet Just passiert. Der damalige Wirtschaftsminister Schommer legte fest, daß das Land nur Födermittel für die Waldschlößchenbrücke bereitstellt.

    Im Workshop der Experten setzte sich die Waldschlößchenbrücke durch, da nur sie eine Verbesserung des Straßenbahnnetzes ermöglichte. Die Straßenbahn schloß auch eine Tunnellösung an dieser Stelle aus. Inzwischen haben sich die Randbedingungen gravierend geändert.

    Damit ist das Votum dieser Expertenkommision nur noch zum Teil auf die heutige Situation anwendbar.

    In meinen Augen sind für den innerstädtischen Verkehr mehrere kleine Brücken sinnvoller als eine vierspurige Großbrücke.

  • Zitat von "der_Sauerländer"

    In der Welt habe ich auch noch nen Artikel gefunden, der sich u.a. mit der Brücke beschäftigt:

    ...

    Mal wieder das typische Totschlag-"Argument" gegen Rekos, nur diesmal im anderen Zusammenhang...


    Wenn es nach denen gänge, müßte man seinem Mädchen zum Geburtstag statt eines Blumenstraußes (überholter Ausdruck verlogener bürgerlicher Biederkeit!) ein zeitgemäß-modernes Geschenk überreichen,
    z.B. einen abgestorbenen Fichtenzweig mit ein paar gelbbraunen Nadeln daran

    Oder seiner Mutter das Make-up verbieten mit dem Hinweis darauf, daß solcherlei Kosmetik nur grundiert ist vom Wunsch, daß die alte Zeit zurückkehrt, weil sie besser war... :zwinkern:

  • Ich habe mir mal gedacht:
    Der eigentliche "Waldschlößchen"-Blick ist ja der oben vom gleichnamigen Biergarten und nicht von jenem in den 30er Jahren errichteten Pavillion...

    Deshalb war ich mal gucken...


    Waldschlößchen-Areal Bautzener Straße mit Verkehrsinsel, links Gaststätte+Biergarten, rechts Mauer und Pavillion
    In einer der nächsten Seitenstraßen links befand sich Wladimir Putins langjährige Wirkungsstätte als KGB-Offizier



    diesen Blick hat man, wenn man in etwa über der geplanten Tunneleinfahrt steht


    und das ist der Blick aus dem Pavillion


    oberhalb der Straße:
    Hier würde zwar die Brücke nicht stören, aber die Fahrdrähte der Straßenbahn


    ein Stück weiter stört ein häßlicher stationär aufgebockter grüner Wagen der Stromversorgung


    und vorn an der "Bastion" ist der Bewuchs zu hoch.

    Mir ist auch aufgefallen:
    mathematisch kann man den Waldschlößchenblick erklären, wenn man eine Gerade von der Frauenkirche durch den Wendepunkt der Elbschleife legt.
    Wenn man das gleiche flußabwärts macht, kommt man interessanterweise zum "Pieschener Winkel", einem ebenfalls vielgerühmten Dresden-Blick;
    Auf der Kuppel der Kirche hat man eine faszinierende "barocke" Symmetrie mit je zwei Brücken flußaufwärts und flußabwärts,

    http://www.fotocommunity.de/pc/pc/cat/2229/display/4499730\r
    http://www.fotocommunity.de/pc/pc/cat/2 ... ay/4499730

  • Wo wird man eigentlich aus Richtung Weißer Hirsch in den Tunnel zur Brücke gelangen? Es ist doch die Rede davon, dass als Erschließungsmaßnahme die Stasi-Platte verschwinden muss. Zwischen Platte und Pavillon steht links stadteinwärts eine wunderschöne, sanierte schlossartige Villa (steht wohl zum Teil auch leer, wie ein Vermietungsschild andeutet). Wird diese untertunnelt oder ist die Tunneleinfahrt weiter westlich? :keine ahnung:

  • Was natürlich jetzt schon massiv den Blick trübt sind die hässlichen Zehngeschosser der Johannstadt (würde mich nicht wundern, wenn diese mittlerweile unter Denkmalschutz stehen, als "Stadtbildprägende Bauten")

  • Aus den DNN:

    Weltkulturerbe: Roßberg-Reise nach Paris für kommende Woche geplant

    Jetzt geht es ganz schnell. Schon kommenden Freitag, also am 20. Januar, möchte Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) in Paris mit dem Generalsekretär des Unesco-Welterbezentrums Francesco Bandarin zusammen treffen, um über die Kontroverse Weltkulturerbe und Waldschlößchenbrücke zu sprechen. Allerdings gäbe es noch zeitliche Abstimmungsprobleme, sagt Rathaussprecher Kai Schulz. Der ursprünglich angebotene Gesprächstermin um 10 Uhr vormittags sei nicht zu halten, weil Roßberg wegen der Stadtratssitzung am 19. Januar die Reise erst am Freitagmorgen antreten könne. Nun hoffe man, dass das Treffen später am Tag möglich sein wird. Die Dresdner Rathausspitze hatte um ein persönliches Treffen gebeten, nachdem sich Francesco Bandarin deutlich kritisch zur Waldschlößchenbrücke geäußert hatte.

    Der Freitag ist ein interessanter Tag für dieses Gespräch. Denn am Donnerstag berät der Stadtrat über einen Antrag der Grünen, die Vergabeentscheidung der ausgeschriebenen Bauleistungen für die Waldschlößchenbrücke bis zum Vorliegen von Verhandlungsergebnissen zwischen der Unesco und der Landeshauptstadt Dresden zu verschieben. Wie das Stadtrats-Votum aussieht, das Roßberg quasi mit im Reise-Gepäck haben wird, könnte eine Rolle spielen bei dem Gespräch mit Bandarin.


    Dass sich mit dem Welterbe-Streit Dresdner Kommunalpolitik plötzlich auf einer ganz anderen Ebene abspielt, das wird sich auch heute zeigen. Denn dass ein Staatssekretär aus dem Auswärtigen Amt an einer Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses teilnimmt, ist jedenfalls vorher noch nie passiert. Rolf-Dieter Schnelle wird anwesend sein, wenn die Ausschussmitglieder in nichtöffentlicher Sitzung über die Verschiebung der Vergabe von Brückenbauleistungen befinden. Die Sitzung wird von OB Roßberg persönlich geleitet.


    Am morgigen Donnerstag tagt dann das Kuratorium des Weltkulturerbes Dresdner Elbtal ein erstes Mal zu dem Streit um die Erbekompatibilität der Waldschlößchenbrücke. Die Mitglieder wollen beraten, wie das Weltkulturerbe vor Schaden bewahrt werden kann.

    Quelle: http://www.dnn-online.de/dnn-heute/59797.html\r
    http://www.dnn-online.de/dnn-heute/59797.html