Nürnberg - Historische Fenster und Verglasungen

  • Moderationshinweis: Als Startpunkt der nachfolgenden Diskussion aus dem Thema Pellerhaus hierher kopiert:

    Nach allem was ich mitgekriegt habe, wurden jetzt im Pellerhof sog. Tellerscheiben verwendet. Also so ähnlich wie Butzenscheiben, nur ohne den 'Abriss'.
    Hier ganz gut erklärt: Tellerscheiben - Mondscheiben - Schreiber-Glas (glas-per-klick.de)
    Vor der Kriegszerstörung hatte sich im Hinterhaus des Pellerhauses noch ein Fenster mit dieser ursprünglichen Verglasung erhalten.

  • Ausgangspunkt: ab hier.

    Mir ist zuerst aber vor allem das Muster der Verbleiung aufgefallen, weniger die Art des Glases. Ob Butzenscheiben oder Tellerscheiben verwendet wurden, kommt wahrscheinlich auch auf den Ort drauf an. Und ob vom Spätmittelalter bis zum Barock ein Preisunterschied bestand, bezweifle ich, da ja eher der Materialwert und nicht die Herstellungszeit relevant waren.

    Die Tellerscheiben sind bei den neuen Fenstern im Pellerhof in waagrechten und senkrechten Reihen ('Waagrecht/senkrecht-Reihung') angeordnet. Allgemein bekannt ist aber eine Reihung von Gläsern, die gegenüber der benachbarten Reihe um eine halbe Tellerscheibe verschoben sind, sodass ein Muster mit '60°-Verschiebung' entspricht (Ich habe leider keine Fachbegriffe dazu gefunden). Bei der Wabenverglasung entsteht ebenfalls ein solches Muster.

    Umso mehr bekräftigte mich diese Diskussion, in meinem Fundus mal nachzuschauen. In Höfen, an Rückfassaden oder auch bei Dachaufbauten hatten historische Bleiverglasungen am längsten überdauert. Man muss aber beachten, dass man wirklich ursprüngliche Verglasungen betrachtet, und nicht solche von Restaurierungen, die bereits ab 1900 einsetzten und deshalb oft als historisierend bezeichnet werden müssen! Ich werfe deshalb einen Blick auf ein paar Vergleichsbeispiele. Jedenfalls war ich ob der Vielfalt an Verbleiungsmustern überrascht und kam zum Schluss, dass die beim Pellerhof gewählte Form der in Nürnberg früher wohl gebräuchlichsten Form entspricht. Ich war vorher davon ausgegangen, dass ein übliches Butzenglas-Verbleiungsmuster mit verschobenen Reihen - also in '60°-Verschiebung' bestand. Über die Glasart - ob Butzen oder Tellerscheiben - kann ich keine Aussagen machen.

    Hier mal ein kleiner Exkurs zu historischen Bleiverglasungen in Nürnberg. Die gezeigten Bauten existieren alle nicht mehr, die wenigen Ausnahmen sind aber angegeben:


    Ak-Erker-kleiner-Rathaushof-und-Dotschmannsplatz-1.jpg

    Links: Erker im kleinen Rathaushof, erhalten, aber ohne die Fenster. An beiden Fenstern unterschiedliche Verglasungen, wohl vor 1800. In der linken Hälfte mit 60°-Verschiebung, in der rechten mit Waagrecht/senkrecht-Reihung.

    Rechts: Erker Dötschmannsplatz 1. Die ursprüngliche Verglasung an diesem (nach?)-gotischen Erker dürfte nicht Jahrhunderte überdauert haben. Die Gläser auf dieser Ansichtskarte aus den 1930er Jahren sind sehr glänzend, wonach ich davon ausgehe, dass die Fenster erst im 1. Viertel des 20. Jahrhunderts geschaffen wurden. Auch die kunstvolle Verbleiung mit schmalen Zierrändern sieht für mich historisierend aus. Jedenfalls aber sehr dekorativ.


    Ak-Tucherstrasse-21-Hof.jpg

    Hof an der Tucherstr. 21, links vor und rechts nach einer Renovation. Am 3. Obergeschoss hatten sich sehr alte Bleiverglasungen in Waagrecht/senkrecht-Reihung erhalten, die bei einer Renovation im 1. Viertel des 20. Jahrhunderts durch eine Wabenverglasung und normale Holzsprossenfenster ersetzt wurden. Auch an den unteren beiden Geschossen ist die 'Veränderungsvielfalt' unübersehbar. Die strahlenförmige Versprossung der Oberlichter ist typisch für den Klassizismus, nicht aber für einen Renaissance-Innenhof wie diesen.


    Ak-Pickertshof.jpg

    Pickertshof, Albrecht-Dürer-Platz 10. Die Ansichten zeigen die einander gegenüberliegenden Seiten des Hofs. Dieser ist sehr aufgeräumt und mit Ausstellungsstücken versehen. Ich gehe deshalb davon aus, dass der Hof eine Restaurierung erfahren hatte. An allen Fenstern sieht man eine Anordnung der Butzen/Teller in Waagrecht/senkrecht-Reihung wie beim Pellerhof. Wahrscheinlich sind aufgrund der Unebenheiten nur die Fenster am 2. Obergeschoss noch original (Renaissance? Barock?). Diese Unebenheiten und die unterschiedlich grossen Butzen fehlen an den Fenstern am 1. Obergeschoss, woraus ich eher dazu neige, dass jene Fenster aus dem frühen 20. Jahrhundert stammen.

    Über die Kunsthändler Abraham und Siegmund Pickert, die hier Ende des 19. Jahrhunderts eine Kunsthalndlung betrieben, gibt es einen Artikel:

    Auserlesenes von Pickert
    In Sachen Kunst war Pickert im 19. Jahrhundert eine „nicht ausser Acht zu lassende Sehenswürdigkeit“. Die Kunsthandlung von Abraham und Sigmund Pickert zog…
    museenblog-nuernberg.de


    Ak-Hauptmarkt-11-Hof.jpg

    Zwei Ansichten des Hofs von Hauptmarkt 11 zeigen eine Vielfalt von historischen Fenstern, die nicht historistisch überformt wurden. Auch hier wieder eine Waagrecht/senkrecht-Reihung der Butzen/Teller. Der Hof wurde hier gewerblich und nicht touristisch genutzt, weshalb wohl eine historisierende Überformung der Fenster ausblieb.


    Ak-Full-4-Erker-Winklerstrasse-5-Kaiserhof.jpg

    Links: Erker an Füll 8, erhalten, von den Fenstern aber nur die Oberlichter. Meiner Meinung nach ist auch das eine historisierende Bleiverglasung. Zur Bauzeit des Erkers im Barock waren eher ruhige, flächige Verglasungen üblich.

    Rechts: Kaiserhof hinter Winklerstr. 5. Der Erker ist heute an Rathausplatz 6 angebaut. Am Erker und an den beiden links folgenden Fenstern erkennt man eine wabenförmige Verglasung. Das Alter der Verglasung ist nur aufgrund dieser Ansicht schwer abzuschätzen. Das Dach rechts gehörte zum Haus mit der Fachwerkfassade gegen die Pegnitz hin, das 2008 für das Augustinerhofareal abgebrochen wurde. Der Blick wäre also in Richtung Pegnitz.

    Edit.: Korrekturen und Ergänzungen aufgrund der folgenden Beiträge von frederic und noricum.

    (Das Urheberrecht der Ansichten, die alle zwischen 1900 und 1940 datieren, ist abgelaufen. Angaben zu den Verlagen kann ich auf Anfrage gerne machen.)

  • Das Chörlein Füll 4 ist in Wirklichkeit Füll 8 und sah - wie von dir richtig vermutet - 1870 noch ganz anders aus:

    Um noch was neues beizutragen:

    Ausschnitt aus dem Hof Theresienstraße 11; 1892 abgerissen

    Oder das älteste(?) Foto Nürnbergs von 1853 kurz vor dem Abriß Bindergasse 1/3:

    Hof Tetzelgasse 32 1907:

  • Ich bin immer wieder total beeindruckt, von der Fülle von (mir unbekannten) Bauschönheiten im alten Nürnberg. Wie gut, dass sie wenigstens in diesen hervorragenden Fotos weiterleben. Und wer weiß : vielleicht kommt ja die Zeit, wo das eine oder andere Haus, dadurch, dass der historische Stadtgrundriss in Nürnberg noch da ist, wiederkommt....

  • Hof Tetzelgasse 32 1907:

    So sehen jedenfalls gebrauchsfähige Fenster aus, die ein gutes Arbeitslicht geben und die den Ausblick ermöglichen. Und damit meine ich natürlich nicht die Butzenscheiben rechts unten.

    Gabriel Metsu, 1629-1667

    Beispiele finden sich auch bei Jan Vermeer und Pieter de Hooch.

    Daß es "Tellerscheiben" gibt (siehe noricum), war mir völlig neu, vielleicht ist das aber auch erst eine Imitationstechnik aus der "Butzenscheibenromantik" des späten 19. Jahrhunderts.

    Jedenfalls muß es zu den vielen Butzen (die Mittelstücke mit dem Abriß) auch jede Menge relativ klares Mondglas gegeben haben (die zwei abgetrennten halbmondförmigen Teile links und rechts vom Butzen). Und daraus wurden dann Rechtecke für die Fensterverglasungen geschnitten. Gewalztes Tafelglas hat es vielleicht im 17. Jahrhundert noch nicht gegeben, da müsste man Literatur suchen. Eine dritte Möglichkeit, flaches Glas herzustellen, ist in eine Grube große zylinderförmige ´Flaschen´ zu blasen und die dann aufzuschneiden und zu ´bügeln´.

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  • dadurch, dass der historische Stadtgrundriss in Nürnberg noch da ist,

    Genau das ist aufgrund der damit verbundenen Dichte der Neubebauung der Grund, dass (fast) nichts mehr wiederkommt oder kommen wird.

    Was ich sehr schade finde, ist der Umstand, dass man von den früher abgerissenen Häusern keine Spolien eingelagert hatte.

  • Vielen Dank für diese sehr spannende Stoffsammlung zum Thema Bleiverglasungen!
    Als Ergänzung: Der Pickerthof hatte die Adresse Albrecht-Dürer-Platz 10 (mehr dazu hier).

    Im Folgenden noch aktuelle Bilder der erhaltenen Chörlein, wenn auch mit natürlich überwiegend neuer Verglasung:

    Chörlein im Ratsstubenbau von Hans Behaim d.Ä:

    behaim_031_l.jpg


    Chörlein von Füll 8 (sogar mit Resten der Vorkriegsverglasung, die auf Riegels Postkarte zu sehen ist ).
    Nuremberg_-_House_in_F%C3%BCll_Street_03.JPG


    Und zuletzt noch das Chörlein aus dem Kaiserhof. Das Haus war nach dem Krieg als Halbruine erhalten (sogar noch mit Stuckdecken!) und wurde erst in der Nachkriegszeit abgerissen. Das Chörlein wurde zum Glück gerettet und an den Obstmarkt transloziert:

    DSCF6745-001.jpg

  • Vielen Dank frederic und noricum für eure Ergänzungen und Korrekturen, welche ich in meinem Beitrag eingefügt habe. Das Chörlein an Füll 8 ist auf der Ansichtskarte fälschlicherweise mit Nr. 4 angegeben. Dort steht heute ein Neubau. Füll 8 hatte ich 2009 gleich zweimal fotografiert; ich hätte also selber drauf kommen müssen. :wink:

    Und zuletzt noch das Chörlein aus dem Kaiserhof. Das Haus war nach dem Krieg als Halbruine erhalten (sogar noch mit Stuckdecken!) und wurde erst in der Nachkriegszeit abgerissen.

    Hier auf einem Bild aus dem Bildindex, mit einem Notdach versehen, rechts vom 2008 abgerissenen Fachwerkhaus...

  • Und zuletzt noch das Chörlein aus dem Kaiserhof. Das Haus war nach dem Krieg als Halbruine erhalten (sogar noch mit Stuckdecken!) und wurde erst in der Nachkriegszeit abgerissen. Das Chörlein wurde zum Glück gerettet und an den Obstmarkt transloziert.

    Danke für diese Info. Hast du noch eine Quelle zum Nachlesen bzgl. der erhaltenen Stuckdecken?

  • Ak-Tucherstrasse-21-Hof.jpg

    Hof an der Tucherstr. 21, links vor und rechts nach einer Renovation. Am 3. Obergeschoss hatten sich sehr alte Bleiverglasungen in Waagrecht/senkrecht-Reihung erhalten, die bei einer Renovation im 1. Viertel des 20. Jahrhunderts durch eine Wabenverglasung und normale Holzsprossenfenster ersetzt wurden. Auch an den unteren beiden Geschossen ist die 'Veränderungsvielfalt' unübersehbar. Die strahlenförmige Versprossung der Oberlichter ist typisch für den Klassizismus, nicht aber für einen Renaissance-Innenhof wie diesen.

    Das obige rechte Bild ist wohl in den 1920/30ern entstanden; um 1900 war das alles noch besser gestaltet und auch angestrichen:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Der Vergleich aller drei Bilder ist interessant, insbesondere weil Mantikors Bild den Zustand unmalttelbar nach einer Renovation um 1900 zeigt, bei der die neuen Fenster dunkel gestrichene Holzrahmen erhielten. Bei einer späteren Renovation (2. Bild) wurden diese weiss gestrichen und traten durch ihre Sprossung in zu grossen Kontrast zu den geschnitzten Galerien. Da boten die wohl ursprünglichen oder zumindest ältesten Butzenscheibenfenster (1. Bild) am 3. Obergeschoss den neutralsten Hintergrund für die Galerien. Bei der Fenstererneuerung um 1900 wurde der Fehler gemacht, dass an der linken Galerieseite und an der rechten unterschiedliche Fenster angebracht wurden. Ich denke hierbei mehr an die Sprossung als an die Verglasung. Obwohl die Kämpfer an den Bogenansätzen der Galerien alle auf gleicher Höhe liegen, ist nicht einmal das bei den Fenstern der Fall. Dieser Aspekt und der helle Anstrich der Fensterrahmen hat eine grosse Unruhe in diesen Hof gegeben.

    Extrem sind natürlich die Holzläden am 1. Obergeschoss mit kleinen Öffnungen für minimalsten Lichteinfall, die wohl nur im Winterhalbjahr angebracht wurden.

  • Riegel January 22, 2024 at 8:17 PM

    Changed the title of the thread from “Fenster im alten Nürnberg” to “Nürnberg - Historische Fenster und Verglasungen”.
  • Danke für diese Info. Hast du noch eine Quelle zum Nachlesen bzgl. der erhaltenen Stuckdecken?

    Ich hatte davon mal in einem Vortrag von Harald Pollmann über die Bergungslisten von Fritz Traugott Schulz gehört. Schulz ist nach dem Krieg durch die Trümmer der Altstadt und hat aufgenommen und beschrieben was es noch gab und in welchem Zustand sich die Häuser/Ruinen etc. befanden. Diese Listen sind heute im Stadtarchiv, allerdings noch völlig unbearbeitet und unveröffentlicht.

    Ich habe jetzt nochmal direkt bei Harald Pollmann nachgefragt und muss meine obige Aussage zum Erhaltungszustand der Stuckdecke korrigieren: Die Decke war wohl größtenteils zerstört, lediglich im Bereich der Fensternischen waren wohl noch wenige Reste erhalten(?). Nachzulesen gibt es laut Pollmann dazu etwas in den Anmerkungen zu dem Kaiserhofchörlein in: Erich Mulzer: Nürnberger Erker und Chörlein. Ihr Wesen und ihre Entwicklung, dargestellt an den noch vorhandenen Beispielen. Nürnberg: Spindler, 1965. Ich selber besitze keine Ausgabe des Buches und kann deswegen keine weiteren Informationen dazu geben.

    Ist dies dann der Raum zu besagtem Chörlein und Decke? (es wundert mich nur, weil das Chörlein im Raum eher mittig sitzt (hinter der Verbretterung)):




    Nürnberg 1918 April, Winklerstraße Nr.5 Kaiserhof, Kaisersaal

  • Ist es möglich, dass bei einer Renovation am Anfang des 20. Jahrhunderts der Erker aus Verschönerungsgründen etwa in die Mitte versetzt wurde? Auf der ersten Innenansicht wäre der ursprüngliche Standort des Erkers dort, wo jetzt eine Balkontüre besteht. Auch das mittige Kamin könnte stimmen, denn auf der Aussenansicht sieht man den Kaminhut exakt über dem First. Die Türe mit den drei Stufen davor würde dann ins Nachbarhaus führen (ins 2008 abgebrochene Fachwerkhaus!). Es kam ja ab und zu vor, dass mehrere Nachbarhäuser in der gleichen Hand waren.

  • Glaube ich eher nicht, daß da noch was versetzt wurde. Ich habe nur ein späteres Foto (neue Fenster!), aber auch da ist das Chörlein ganz rechts:

    Nach den Angaben der Altstadtfreunde auf flickr zeigt deine erste Aufnahme den Kaisersaal Richtung Süden, deine zweite den Richtung Norden. Das ergibt dann irgendwie noch weniger Sinn, weil das Chörlein Sichtrichtung Norden hinten rechts sein müßte und da ist gar nichts. Sind wir uns eigentlich sicher, daß der Kaisersaal in dem zweiten Rückgebäude, also dem Gebäude an der Pegnitz, war?

    Hier noch der Kaisersaal 1935:

  • Doch, ich glaube schon, dass der Kaisersaal in diesem Rückgebäude war, je länger ich alle Fotos miteinander vergleiche.

    32071605113_752089a2e7_k.jpg


    Nürnberg 1918 April, Winklerstraße Nr. 5 Kaiserhof, Kaisersaal

    Das wäre jetzt der Blick Richtung Nordwesten zum Fachwerkhaus.

    1. Rechts hinten sieht man eine Türe mit einem hellen Spalt unten. Könnte das nicht einfach eine leichte Tür zum Erker gewesen sein, in welchem ein deutlich kühleres Klima herrschte als neben einem Fenster? Bei den meisten Erkern am wiederaufgebauten Neumarkt in Dresden wurden aus Wärmeschutzgründen ebenfalls Türen zu den Erkern eingebaut, wohl um die Normen für Neubauten einzuhalten.

    2. Wie bereits erwähnt befindet sich das Kamin in der Mittelachse der Nordwestwand. Auf Aussenaufnahmen ist dort ebenfalls ein Kamin zu sehen.

    3. Der Grundriss des Hintergebäudes beschrieb auf Stadtplänen ein leicht verschobenes Parallelogramm. Die linke Ecke zeigt tatsächlich einen spitzen Winkel und die rechte einen stumpfen.

    4. Die linke Fensterreihe scheint unter einem grösseren Vordach zu sitzen als die rechte. Tatsächlich befand sich zur Pegnitz hin eine Galerie:

    Pegnitzpartie-Hinterhauser-Winklerstr.-11-5-ostlich-Karlsbrucke.jpg

    Hintergebäude von Winklerstr. 11, 5 und 3 gegen die Pegnitz. Fotografie um 1900, unbekanne Sammlung.

    5. Links führt eine kleine Türe auf die Galerie, die im Kaisersaal in die Bogennische links des Kamins geführt hätte und später vermauert wurde. Im Bildindex-Bild ist diese Türe vermauert, allerdings mit weiteren Fenstern, die wohl zur Notstabilisierung im Krieg vermauert wurden:

    MI02518c02a.jpg

    Quelle: bildindex.de, MI02518c02a.

    6. Auf folgendem Bild sieht man, dass das Fenster ganz links eine nachträglich zugemauerte Brüstung besass. Hier bestand einst irgendeine Öffnung für einen Aussenaufgang, Erker oder Ähnliches. Es ist genau das Fenster, das auf der Aufnahme von Noricum (1. Bild dieses Beitrags) nun auch einen Erker oder ähnliches besitzt. Da ist wohl im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts irgendetwas rekonstruiert worden:

    Das sind alles Gründe, die für den Kaisersaal in diesem Hinterhaus sprechen; nichts spricht dagegen. Gewissheit wird sicher ein Dokument in der Literatur oder in einem Archiv geben können; ich stütze mich hier lediglich auf zusammengetragene Fotos.

    Interessant ist übrigens noch ein Vergleich des 2008 abgerissenen Fachwerkhauses auf der zweiten und dritten Abbildung. Aus der komplett unterschiedlichen Fensteranordnung ersieht man, dass die Fachwerkfassade ein Produkt aus dem ersten Viertel des 20. Jahrhunderts war, als das Haus zu einer Buchdruckerei(?) umgebaut wurde. Gemäss den Abbruchfotos von 2008 waren das Innere und das Dach damals komplett neu errichtet worden. Nun habe ich auch die Gewissheit, dass die Fassade damals völlig neu errichtet worden war. Auf dem Bildindex-Bild sitzt sie auf einer auskragenden Betonplatte, während sie vorher auf Holzbügen abgestützt war. Mehr zum Abbruch dieses Hauses siehe hier.

  • 6. Auf folgendem Bild sieht man, dass das Fenster ganz links eine nachträglich zugemauerte Brüstung besass. Hier bestand einst irgendeine Öffnung für einen Aussenaufgang, Erker oder Ähnliches. Es ist genau das Fenster, das auf der Aufnahme von Noricum (1. Bild dieses Beitrags) nun auch einen Erker oder ähnliches besitzt. Da ist wohl im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts irgendetwas rekonstruiert worden:

    Zeitlich scheint es mit eher umgekehrt zu sein. Das Bild, auf dem man ganz rechts die von dir erwähnte "Öffnung" sieht ist doch von 1918. Auf meinem Bild von 1935 ist da ein ganz normales Fenster.

  • Ich habe jetzt nochmal direkt bei Harald Pollmann nachgefragt und muss meine obige Aussage zum Erhaltungszustand der Stuckdecke korrigieren: Die Decke war wohl größtenteils zerstört, lediglich im Bereich der Fensternischen waren wohl noch wenige Reste erhalten(?). Nachzulesen gibt es laut Pollmann dazu etwas in den Anmerkungen zu dem Kaiserhofchörlein in: Erich Mulzer: Nürnberger Erker und Chörlein. Ihr Wesen und ihre Entwicklung, dargestellt an den noch vorhandenen Beispielen. Nürnberg: Spindler, 1965. Ich selber besitze keine Ausgabe des Buches und kann deswegen keine weiteren Informationen dazu geben.

    Das Buch habe ich zum Glück bei mir gefunden. Leider ist dort aber nur das Chörlein beschrieben und in seinem leicht durch den Krieg lädierten Zustand abgebildet. Zum Gebäude selbst kein Wort.

  • Zeitlich scheint es mit eher umgekehrt zu sein. Das Bild, auf dem man ganz rechts die von dir erwähnte "Öffnung" sieht ist doch von 1918. Auf meinem Bild von 1935 ist da ein ganz normales Fenster.

    Da hast Du auch wieder recht... da hatte ich die Innenaufnahmen verwechselt.

    Als Bauforscher sucht man natürlich immer Gründe, wie etwas abgelaufen sein könnte, auch wenn dann eine Theorie mal als gesucht erscheint. So erhält man Ideen, wo und in welchem Zeitraum weiter zu suchen. So mal folgende Theorie: Wurde bei einer Renovation Anfang des 20. Jahrhunderts ein zweiter Erker in historisierender Form angebaut, dan man in den 1930ern als stilwidrig betrachtete und wieder entfernte? Das würde dann mit den Innenaufnahmen übereinstimmen.

    Ich habe gerade noch etwas entdeckt:

    6. Auf folgendem Bild sieht man, dass das Fenster ganz links eine nachträglich zugemauerte Brüstung besass. Hier bestand einst irgendeine Öffnung für einen Aussenaufgang, Erker oder Ähnliches. Es ist genau das Fenster, das auf der Aufnahme von Noricum (1. Bild dieses Beitrags) nun auch einen Erker oder ähnliches besitzt. Da ist wohl im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts irgendetwas rekonstruiert worden:

    (Bild aus Frederics Beitrag)

    Nebst dieser nachträglich zugemauerten Brüstung hatte das Fenster rechts auch eine Verschmälerung erfahren. Diese Verschmälerung ist auf der ältesten Abbildung mit der Wabenverglasung noch nicht vorhanden:

    Also muss zwischen diesen beiden Aussenaufnahmen irgend etwas angebracht und nach kurzer Zeit wieder entfernt worden sein. :wink:

    Hat jemand gerade das Buch 'Das Bürgerhaus in Nürnberg' von Wilhelm Schwemmer zur Hand? Mindestens dort sollte der Kaisersaal doch erwähnt sein. Schwemmer macht oft genaue Angaben zu Standorten und jüngeren Renovationen.