Nürnberg - Rekonstruktion des Pellerhauses

  • Zitat: "Ein Abriss würde die Erfahrungswelten zweier Generationen mit Füßen treten."

    Das ist letztlich der Kern des Anliegens, Architekten am Ende ihrer beruflichen Laufbahn sehen ihr Nürnberg verschwinden. Das heutige Pellerhaus ist halt ihr auserwähltes Symbol dafür. Schade, dass sie sich erst jetzt formieren, das hätten sie bereits bei der Hauptpost tun können, oder dem Güterumschlaghallen, oder dem landeskirchlichen Archiv, einem reinrassigen 50'er-Jahre-Bau, oder den erst vor einigen Tagen abgerissenen denkmalgeschützten Rädda Barnen.

    Ich meine da steht viel Theorie und wenig Fleisch dahinter. Da hat Fr. Lehner ihre Mitarbeiter schön rumtelefonieren lassen um da eine Front von Mitstreitern um sich zu scharen, eine lose zusammengewürfelte Truppe, die sich in anderen Belangen wieder gegenübersteht. Man wird wohl - hoffentlich - sehen, dass dieser Initiative schnell die Puste ausgehen wird, da ihre Beteiligten alle unterschiedliche Ziele verfolgen. Der Stadtheimatpflegerin geht es um die Geltung des Denkmalschutzes. Den Architekten geht es um die Rettung eines ihrer Werke, dem BDA geht es um den lukrativen Sanierungsauftrag, der als Abenteuer ein langjähriges und profitables Auskommen für die Ihren verspricht. Und zahlen sollen es die Steuerzahler, also am Ende auch die Altstadtfreunde.

    Da lassen sich wohl manche zu willfährigen Gehilfen unserer Lokalpolitik machen.

    @Manuel Re: Am kommenden Dienstag ist die Podiumsdiskussion zum Pellerhaus (Ich gehe hin). Da wird es wohl wieder weitere Zeitungsartikel geben, die spannend werden könnten. Da die Argumente der Initiative Pro-Pellerhaus nicht neu sind sehe ich nicht, dass man dieser Initaitive sofort Contra geben muss, das macht sie im Zweifel nur stärker. V.a. wenn es Stadtbild Deutschland macht, ein bundesweit aktiver Verein. Besser wäre es ihr Statement verpufft einfach weil schon x-mal so gehört, oder? Die Kommentare auf NN-Online sprechen ja schon für sich.

  • Das ist letztlich der Kern des Anliegens, Architekten am Ende ihrer beruflichen Laufbahn sehen ihr Nürnberg verschwinden. Das heutige Pellerhaus ist halt ihr auserwähltes Symbol dafür. Schade, dass sie sich erst jetzt formieren, das hätten sie bereits bei der Hauptpost tun können

    Das Verfahren ist doch auch andernorts bekannt. In Frankfurt wurden das Hako-Haus oder das Rundschau-Haus ohne Wimpernschlag abgerissen, da dort Investoren und Neubauvorhaben in der Pipeline standen. Beim Bundesrechnungshof musste hingegen mit enormem finanziellen Aufwand die Fassade erhalten werden, auch wenn diese nun durch hässliche Blöcke von KSP Engel zu Teilen zugestellt worden ist. Warum wohl? Dort drohten Ideen einer Rekonstruktion von Altstadt-Häusern, die es zu verhindern galt.
    Ähnliches beim Pellerhaus. Ich würde darauf wetten, dass das heutige Pellerhaus binnen zwei Jahren fallen würde, wenn sich ein Investor gefunden hätte, der einen "Star-Architekten" mit einem futuristischen Neubauentwurf engagiert hätte. Wären die Schapira-Brüder aufgetaucht und hätten Libeskind ein paar Skizzen anfertigen lassen, würden ihnen die Stadtoberen mit dem Sektglas die Hand schütteln. Ähnliches, wenn für einen BdA-Architekten ein sattes Projekt abgefallen wäre. So aber geht es eben gegen rückwärtsgewandte Bestrebungen der Altstadtfreunde Front zu machen. Und da sind sie sich alle einig.

  • Tja, und dieselben Leute veranstalten dann eine Blaue Nacht und werben dafür, die Menschen in die blau angeleuchteten, rekonstruierten oder restaurierten Alstadtplätze zu kommen und sich über das wunderschöne historische Nürnberg zu freuen. Schizophrenie lautet die Diagnose der bzw. des herbeigeeilten Nervenärztin bzw. Nervenarztes.

  • (...) Ich würde darauf wetten, dass das heutige Pellerhaus binnen zwei Jahren fallen würde, wenn sich ein Investor gefunden hätte, der einen "Star-Architekten" mit einem futuristischen Neubauentwurf engagiert hätte. (...)

    Ganz genau! Vielleicht sollte man verdeckt ein Fake-Neubauprojekt mit modernistischem Architekturentwurf aufziehen. Wenn dann, in freudiger Erwartung der Stadtoberen, das piefige Mayerhaus erst abgerissen ist, macht der Fake-Investor einen Rückzug und der Weg ist frei für die Rekonstruktion. Ha ha. ablachen:)

  • Auszug aus dem Newsletter der Altstadtfreunde:
    (Es macht den Anschein, als hätte man hier im APH mitgelesen ;) )

    Zitat von Altstadtfreunde Nürnberg

    (...) wie nicht anders zu erwarten, greift nun die Interessenvertretung der Architekten in die Pellerhaus-Diskussion ein. Unter der Forderung „Finger weg vom Pellerhaus“ hat sich eine Initiative „Pro Pellerhaus“ gegründet, initiiert vom Verein Baulust, vom Bund Deutscher Architekten, der Architekturfakultät der Technischen Hochschule und der Stadtheimatpflegerin Claudia Maué. Als „herausragendes Beispiel für den gelungenen Wiederaufbau“ dürfe das Mayer-Gebäude nicht fallen, denn „Häuser ließen sich nicht beliebig austauschen“. Ganz abgesehen vom irreführenden Namen der Initiative – die eben nicht für das ehemals weltberühmte Haus eintritt, sondern für den Mayer‘schen Ersatzbau! - fragt man sich, wo die Architektenlobby war, als es darum ging, den Abriss der Hauptpost oder des 20er-Jahre-Ensembles Schillingstraße zu verhindern. Hier zeigte sich wieder einmal deutlich, dass charakteristische, stadtbildprägende Bauten wirtschaftlichen Interessen – auch der Architektenschaft – geopfert wurden. Den Artikel zur Gründung der Initiative können sie hier nachlesen. Interessant sind dabei auch die Leserkommentare, die nicht an deutlicher Kritik am Berufsstand (z. B. „architektonische Monotonie“) sparen. (...)

  • Die NZ veranstaltet eine Podiumsdiskussion zur Zukunft des Pellerhauses: am Dienstag, 12. März, 19.30 Uhr, Einlass 19 Uhr, Johannes-Scharrer-Gymnasium, Tetzelgasse 20. Gäste: Daniel Ulrich, Baureferent der Stadt Nürnberg und Karl-Heinz Enderle, Vorsitzender der Altstadtfreunde Nürnberg. Es moderieren die NZ-Chefredakteure Dr. André Fischer und Stephan Sohr. Eintritt zwölf (mit ZAC-Karte: acht) Euro. Karten erhältlich in den Geschäftsstellen Ihrer Zeitung.

    Ich bin auch dabei. Falls jemand Lust hat Stadtbild Deutschland e.V. näher kennenzulernen, kontaktiert mich. :blumen:

    Beauty matters!

  • Für diejenigen, die die Geschichte und Bedeutung des Pellerhauses kennen, gilt doch gerade genau anders herum:
    ''Finger weg vom Pellerhaus, hinweg mit dem Mayer-Bau!''

    VBI DOLOR IBI VIGILES

    2 Mal editiert, zuletzt von Brandmauer (13. März 2019 um 16:32)

  • Am Dienstag, 12. April 2019, war ich Besucher der NZ-Podiumsdiskussion zur Zukunft des Pellerhauses im "Scharrer-Gymnasium".

    Ich bin kein Daniel F. Ulrich-Versteher; aber drei Punkte von ihm fand ich wichtig (um die Sichtweise der Stadtverwaltung zu verstehen):

    1. Das jetzige "Pellerhaus" im Mayersch´schen Stil steht auf der Denkmalliste. Und ist damit schützenswert. Das muss die Stadt Nürnberg berücksichtigen.

    2. Er sieht die Gefahr eines "Präzedenzfalles", wenn das jetzige "Pellerhaus" abgerissen werden sollte. Andere Bauherren in Nürnberg mit weniger schützenswerten Bauten, für die eine Abbruchgenehmigung beantragt wird, könnten sich dann auf den "Pellerhaus-Fall" berufen. Motto: "Wenn ein solch wichtiger Bau abgerissen werden kann, warum dann
    nicht meine alte Scheune (am Stadtrand)?

    3. Der (zukünftige) OB der Stadt Nürnberg kann kraft seines Amtes einen Abriss des jetzigen "Pellerhauses" anordnen.
    Der Nürnberger Baureferent müsste als Angestellter der Stadt dieser Weisung dann Folge leisten.
    Der Nürnberger Stadtrat kann den Abbruch des Mayer´schen "Pellerhauses" nicht beschließen.


    Infotafel vor dem Eingang zum "Scharrer-Gymnasium"

    Blick auf das Podium (v.l: Sohr (NZ), Enderle (Altstadtfreunde), Ulrich (Baureferent) und Fischer (NZ)

    Panorama in Richtung des Podiums

    Panorama von der anderen Seite

    5 Mal editiert, zuletzt von gropeltop (13. März 2019 um 10:06)

  • Er sieht die Gefahr eines "Präzedenzfalles", wenn das jetzige "Pellerhaus" abgerissen sollte. Andere Bauherren in
    Nürnberg mit weniger schützenswerten Bauten, für die eine Abbruchgenehmigung beantragt wird, könnten sich
    dann auf den "Pellerhaus-Fall" berufen. Motto: "Wenn ein solch wichtiger Bau abgerissen werden kann, warum dann
    nicht meine alte Scheune (am Stadtrand)?

    Dem könnte man ja durch eine Ausnahmegenehmigung begegnen, die zwingend an eine Reko des Vorgängerbaues geknüpft ist. Auf diese Weise kann ein Investor daraus keinen Präzedenzfall erschaffen und wenn, dann einen, der unserem Bemühen weiterhin entgegenkommen dürfte.

  • Noch ein Nachtrag von mir zu gropeltops Beitrag:

    Bei der gestrigen Diskussion waren gut 2/3 der Anwesenden pro Pellerhaus-Reko und der Vorsitzende der AF, Herr Enderle hat sich sehr gut geschlagen.
    Ich sehe nach der Debatte aber tatsächlich für das Projekt auch zwei Knackpunkte, hinsichtlich derer ich alle Forumsmitglieder herzlich einlade, sich Gedanken zu machen:

    1.) Das rechtliche Problem:
    Ulrich hat die Rechtsauffassung vertreten, dass ein Abriss eines denkmalgeschützten Baus, der nicht im Privatbesitz ist, nach dem bayrischen Landesdenkmalschutzgesetz nicht möglich ist. Nur wenn die Interessen eines privaten Eigentümers gegen den Denkmalschutz abgewogen werden müssen, kann ein Abriß unter Umständen genehmigt werden. Der Mayerbau ist aber im Besitz der Kommune.
    Zwar habe es bereits Fälle gegeben, in denen ein OB dennoch den Abriiß eines denkmalgeschützten Bauwerks angeordnet habe. Das ist nach Ulrichs Rechtsauffassung aber eigentlich immer illegal gewesen und es gab nur keinen Kläger, der das vor Gericht getragen hätte. Das wäre diesmal aber wohl anders. Ich fürchte, er hat mit all dem recht. Und da stellt sich dann die Frage, ob ein (dann auch gerade erst ins Amt gekommener) OB das Risiko eingeht.


    2.) Das Finanzierungsproblem:
    Im Fall des Pellerhauses ist es mit einer Fassadenrekonstruktion nicht getan, weil die Geschoßhöhen des bestehenden Mayerbaus nicht mit denen des alten Pellerhauses übereinstimmen. Daher muss der gesamte Bau abgerissen und als Reko neu errichtet werden, weil sonst die bestehenden Fenster durch die rekonstruierte Fassade verbaut würden und hinter den Fenstern der rekonstruierten Fassade Mauerwerk wäre (Zusatzproblem: damit scheidet die Lösung einer Translozierung der Fassade zur Umgehung des rechtlichen Problems auch aus; der gesamte Mayerbau steht unter Denkmalschutz).
    Enderle hat aber sehr deutlich gemacht, dass die Altstadtfreunde nur die Reko der Fassade finanziell stemmen können. Die Reko des Baukörpers müsste die Stadt oder ein privater Investor übernehmen. Die Stadt wird das aber vermutlich nicht tun und wenn, dann fiele auch das Argument weg, dass die Reko den Steuerzahler nichts kosten würde.
    Gegen eine Privatisierung des Pellerhauses gibt es aber selbst innerhalb der AF bzw. bei den Rekobefürwortern massive Widerstände, nicht zuletzt, da das Gebäude seit Ewigkeiten in öffentlichem Besitz ist. Wenn die AF den Weg einer Finanzierung über einen privaten Investor verfolgen würden, dann würde ihnen in Nürnberg von allen Seiten massiv der Wind ins Gesicht blasen, und zwar selbst von Rekobefürwortern und aus den eigenen Reihen.

    Ich fürchte fast, aus diesen beiden Dilemmata ist nur schwer rauszukommen, freue mich aber auf konstruktive Vorschläge. Ich hoffe inständig, die AF haben sich da nicht zur Propagierung des Reko-Gedankens in Nürnberg das falsche Objekt ausgesucht.

  • Ohne die Sichtweise der Stadtverwaltung, die im Kern eine rechtliche sein muss, lässt sich die Fragestellung nicht bearbeiten. Insofern waren die Beiträge von Hrn. Ulrich richtig und wichtig.
    Ich war auch bei der Diskussion und empfand sie - anders als ich befürchtet habe - sehr angenehm und spannend. Ich hatte den Eindruck dass man sich bewusst Zeit genommen hat für alle Argumente, es wurden klare Diskussionsregeln aufgestellt und es wurden tatsächlich alle Wortmeldungen angenommen und beantwortet. Die Leistung der beiden Moderatoren war tadellos. Im Vergleich zur einer BDA-Veranstaltung zum Thema, die ich vor einigen Jahren im Pellerhaus besucht habe, war das gestern eine völlig andere Qualität.

    Was mich überrascht hatte war das recht junge Publikum! Bislang vertrat ich lediglich die These, dass auch viele unter den jüngeren Nürnberger/innen sich ein richtig wiederaufgebautes Pellerhaus wünschen, ohne dass ich einen greifbaren Beleg dafür hatte. Aber gestern haben sich doch einige die 12/8 EUR kosten lassen um dabei zu sein, das könnte man schon als ein Beleg werten.

    Ein ebenso wichtiger Beitrag war derjenige von der ehem. Altstadtfreunde-Schatzmeisterin. Sie sagte sinngemäß, dass ihr nicht klar sei wozu die Stadt das Pellerhaus als Lagerhaus künftig brauche und dass das vielbeschworene Konzept des "Haus des Spielens" immernoch unbekannt sei, aber dass sie ebenso nicht nachvollziehen könne, was die Altstadtfreunde mit einem wiederaufgebauten Pellerhaus genau anfangen wollen. Sie rief dazu auf dass sich Stadt und Altstadtfreunde zusammenraufen - so habe ich das verstanden.

    Für mich haben sich meine Gedanken konkretisiert, die ich hier schonmal ähnlich angerissen hatte:

    1.) Es braucht ein Konzept. Ein tragfähiges Konzept für ein rekonstruiertes Pellerhaus, was auch die Nutzung betrifft, die Unterhaltung usw. können die Altstadtfreunde alleine wohl kaum aufstellen. Sollten sie auch nicht, denn das Pellerhaus sollte öffentlich sein. Ebenso sehe ich aber auch, dass die Stadt kaum ein Konzept aufstellen sollte, das an den Vorschlägen der Altstadtfreunde vollkommen vorbei geht. Dem Verein, den man wesentliche Teile denkmalpflegerischer Aufgaben in Nürnbergs Altstadt zutraut, und sich in weiten Teilen auch auf ihn verlässt, sollte man hier dringend zuhören und zusammenarbeiten. Diejenigen, die das nicht verstehen verstehen wohl auch die Seele Nürnbergs nicht.

    2.) Der vom Baureferenten angesprochene Ewigkeitsgedanke im Denkmalschutz. Hier wird es kompliziert: Ich sehe in diesem Ewigkeitsgedanken einen Konstruktionsfehler. Denn über die Jahrhunderte würden sich so immer mehr Denkmäler ansammeln - das Denkmalschutzgesetz in der heutigen Form gibt es so erst seit knapp 45 Jahren und es hat in Nbg. bereits 8.000 Denkmale identifiziert - nicht alle sind unumstritten - in einigen Generationen dürfte sich die Stadt dann in eine nicht weiter entwicklungsfähige Ansammlung von Bauwerken verwandelt haben. Streit und Konflikte sind vorprogrammiert. Demgegenüber zeigt die Praxis, dass auch immer wieder Denkmale aus der Liste gestrichen (warum und von wem auch immer) oder aufgegeben wurden. Auch seitens der Stadt selbst. Der Ewigkeitsgedanke ist also bereits unwirksam.
    Und wenn man schon einen Ewigkeitsgedanken zugrunde legt, ist der zunächst in die Zukunft gerichtet: Es geht darum, heute zu entscheiden was in der Zukunft wertvoll sein könnte. Es ist etwas spekulatives. Das allein reicht aber nicht aus, man muss diesen Gedanken aber auch rückblickend betrachten: Was war an diesem Ort, was ist an diesem Ort nun, wie steht das im Zusammenhang und was ist rückblickend das wertvolle. Sind es die Pellerhausreste und die in ihnen steckenden Möglichkeiten, oder sind es die Mayerschen Hinzufügungen? Und was kann man aus dem Mayerhaus, das auf dem Pellerhausresten sitzt und seinen Namen trägt, genau lernen, das fragt sich schon die heutige Generation. Da fällt mir außer den 3 Kardinalfehlern nicht viel ein:
    1.) Es war ein Fehler, den wichtigen Bau nicht wieder originalgetreu aufzubauen.
    2.) Es war ein Fehler, den Ersatzbau den Namen seines unvergleichlichen Vorgängers zu geben und seine Reste darin zu konservieren.
    3.) Es war ein Fehler, seine spezifische Nutzung als Bibliothek aufzugeben und ihn so der Infragestellung auszuliefern.
    Es wird ein weiterer Fehler sein, die offensichtlichen Fehler zu konservieren und erhebliche Steuermittel in ihre Manifestation zu investieren - entgegen aller Kritik.

    Stattdessen: Die Qualität des Mayerhauses liegt darin, dass es die Erinnerung an das Pellerhaus nicht ausgelöscht hat und künftigen Generationen seine Rekonstruktion ermöglicht (Anbetung der Asche vs. Weitergeben des Feuers). Das Mayerhaus als Denkmal hat seinen didaktischen Ansatz dann erfüllt, wenn es die Reko des Pellerhauses ermöglicht hat. Der heutige Mayerbau regt zum Nachdenken an und fordert zum Handeln auf. Es ist folgerichtig, dass diese Handlung auch gefordert wird. Mehr noch: Dass diese Forderung aus der Nürnberger Bürgerschaft kommt steht in direkter Tradition zum Pellerhaus, es könnte keinen besseren Bogen geben.

    Die Denkmalpraxis widerlegt den Ewigkeitsgedanken bereits, indem Gebäude durch Nachqualifizierung in die Liste aufgenommen werden, oder eben auch gestrichen werden. Der Ewigkeitsgedanke ist gut gedacht, aber er kann nicht mehr sein als ein Generationengedanke, über den wie bei jedem Gesetz immer wieder neu nachgedacht werden wird. Das ist ein gesellschaftlicher Prozess, dem nichts dauerhaft standhält. Ich sagte hier ja bereits, dass es mich traurig machen würde zu wissen, dass künftige Generationen nicht mehr frei darüber entscheiden können, wie ihre (gebaute) Umwelt aussehen soll. Soetwas zu wollen kann keinen Bestand haben. Insofern wage ich zu sagen, dass die Rekonstruktion des Pellerhauses die denkmalschutzmäßige Selbsterfüllung des Mayer'schen Vermächtnisses darstellt und insofern auch gesetzeskonform sein kann.

    Ein weiterer Ansatz dazu ist das in Art.1 (1) BayDSchG genannte "Interesse der Allgemeinheit", mit dem das Gesetz seine Instrumente legitimiert. Es zeigt an einer Stelle konkret auf, das dies in Einzelfällen auch mit der Bevölkerung (Art. 13 (2) BayDSchG "mittels privater Initiativen" geschehen kann. An diesem Punkt befinden wir uns gerade. Ich meine, dass die hörbaren Meldungen, Forderungen und Vorschläge ein Form von Interesse der Allgemeinheit sind und nicht ignoriert werden können, das liefe dem Gesetz zuwider.

    Dass das Denkmalschutgesetz lediglich ein Instrument ist, echte vor unechten Ziegelsteinen oder die Menschen vor davor zu schützen, wie es Historiker und Architekten oft tun, halte ich für zu kurz gegriffen und letztlich für irrelevant. Es kann also nur um einen gesellschaftlichen Ansatz gehen, der eine geschichtliche, künstlerische, städtebauliche, wissenschaftliche oder volkskundliche (Art. 1 (1) BayDSchG) Dimension ausfüllt, also eine didaktische Strategie verfolgt, die letztlich dynamisch immer wieder hinterfragt werden wird.

    3.) Der Präzedenzfall. Das ist ein wichtiges Argument, aber letztlich auch eine Frage der Haltung. Hat es diese gefürchteten Präzedenzfälle nicht bereits mehrfach gegeben? Für welche Konstellation ist es denn ein Präzedenzfall, wenn man ein Denkmal abreißt um ein zweifelsfrei bedeutendes Bauwerk, das ohnehin viele an dieser Stelle anzutreffen erwarten, weil sein Name und seine Abbildungen seit Generationen präsent sind, neu errichtet?
    Doch wohl kaum für den Normalfall, wenn ein Investor ein Denkmal aus dem Weg räumen möchte und ein völlig neues, ökonomisch durchgerechnetes Objekt realisieren möchte. Dort wo einst das aus rein wirtschaftlichen Erwägungen und unter Ausschluss eines öffentlichen Diskurs heraus abgerissene Landeskirchliche Archiv stand ist bis heute eine Brache, und es ist zum Abrisszeitpunkt völlig unklar gewesen was überhaupt neu entstehen soll. Faktisch ist das der gefürchtete Präzedenzfall. Als Präzedenzfall, dass einem Eigentümer seine Scheune zu teuer wird und er lieber einen Carport dort bauen möchte, taugt das Pellerhaus auch nicht.
    Im Gegenteil, wenn man über die Landesgrenzen hinaus sieht, wie Denkmalschutz gelebt wird, entspricht dies genau dem Gedanken der Pellerhausrekonstruktion. Man schaue sich mal an wie Denkmale in z.B. Leipzig vom Zustand einer Ruine zu einer Rekonstruktion hin geführt werden. Mit Konservierung hat das nicht viel zu tun, es ist ein proaktives, dynamisches Instrument der Stadtentwicklung und in der Lage, die Menschen zu überzeugen und mitzunehmen.
    Die Präzedenzfall-These ist also nicht überzeugend.

    Soviel erstmal von mir, die Veranstaltung war sehr wichtig und hat mir viele neue Eindrücke gegeben über die ich viel nachdenken kann. Vielen Dank an die Lokalpresse dafür!

  • Zur rechtlichen Thematik gibt es doch auch Ausnahmen, insbesondere wenn eine wirtschafltiche Sanierung nicht mehr zumutbar ist. Die Unwirtschaftlichkeit könnte man doch auf jeden Fall nachweisen. Ist das für öffentliche/staatliche Besitzer in Bayern auch so, oder gilt da (theoretisch) eine "sanierungspflicht"? Falls öffentliche Träger davon ausgenommen sind, könnte man die Gründung einer Stiftung als Träger in Erwägung zu ziehen. Im Stiftungsrat sitzen die Stadt und die Altstadtfreunde. Die Stadt bringt den Mayerschen Bau und das Grundstück links daneben ein. Die Stiftung stellt sicher, dass das Pellerhaus und das schwarze Pellerhaus wiederaufgebaut wird und das der überwiegende Teil des rekonstruierten Ensembles dann eine öffentliche Nutzung hat. Das (ebenfalls wiederaufgebaute) schwarze Pellerhaus könnte - sofern Platz dafür da ist -, neben den Erschließungsbauten des Pellerhauses auch vermarktet werden und so einen Teil zur Finanzierung beitragen.

  • Zur rechtlichen Thematik gibt es doch auch Ausnahmen, insbesondere wenn eine wirtschafltiche Saanierung nicht mehr zumutbar ist. Die Unwirtschaftlichkeit könnte man doch auf jeden Fall nachweisen.

    Laut dem Baureferenten Ulrich gilt das eben in Bayern nur für Privatpersonen, da nur hier eine Abwägung zwischen Eigentumsrecht und Denkmalschutzbelangen einschlägig ist. Außerdem ist der Mayerbau ohnehin nicht in einem so schlechten Zustand.

  • Demgegenüber zeigt die Praxis, dass auch immer wieder Denkmale aus der Liste gestrichen (warum und von wem auch immer) oder aufgegeben wurden. Auch seitens der Stadt selbst.

    Wenn eine Streichung aus der Denkmalliste auch ohne Abwägung gegen die Interessen eines Eigentümers möglich ist, dann wäre das wohl eine rechtliche Option. Nur unter welchen Bedingungen ist das denn der Fall? Müssen da neue Erkenntnisse vorliegen, die zeigen, dass die Aufnahme in die Liste unberechtigt war?
    Kannst du dafür mal Beispiele zusammenstellen?

  • Das ist ein guter Punkt, die Streichung ist unter Denkmalschützern eher ein Tabuthema. Eine Streichung aus der Liste dürfte es eigentlich nicht geben. Ewigkeitsanspruch bedeutet, dass der Staat unabdingbar für den Erhalt eines Denkmals eintreten muss, er muss also auch eine Rückgängigmachung einer späteren Veränderung verlangen können, bzw. eine Sanktion ausüben können. Diese Möglichkeiten sind im Denkmalschutzgesetz genannt:

    "Art 15 (5) Wer widerrechtlich Bau- oder Bodendenkmäler oder eingetragene bewegliche Denkmäler vorsätzlich oder grob fahrlässig zerstört oder beschädigt, ist unabhängig von der Verhängung einer Geldbuße zur Wiedergutmachung des von ihm angerichteten Schadens bis zu dessen vollem Umfang verpflichtet.

    Ich kenne nur einen entsprechenden Fall, bei dem das angewendet wurde. In der Regel gibt es eine Darstellung wirtschaftlicher Abwägungen mit anschließendem Totalverlust des Bauwerks.
    Bei Rädda Barnen bin ich mir nicht sicher, ob die Abrissgenehmigung für das Denkmal eine Kostenfrage war oder ob es darum ging, dass das Gebäude nicht nutzbar zu machen war ohne seine bauliche Charakteristika und damit den Denkmalwert zu verlieren. Das wäre im Kern also eine Prognose, um einen Zirkelschluss zu entgehen: Ein Denkmal zu sanieren, um nach der Maßnahme festzustellen dass es seine charakteristischen Eigenschaften verloren hat, ist letztlich unsinnig und sollte vermieden werden. Das ist aber ein schwieriges Terrain, weil man durchaus die Frage stellen kann, ob wirklich alle Optionen ausreichend geprüft wurden. Die Frage kann auch lauten, ob ein Denkmal nicht stets eine verträgliche Nutzung verdient. Heutzutage, da man überall nur Büros oder Eigentumswohnungen unterbringen will, haben es Denkmäler, die keine Wohnhäuser sind, irgendwie schwer.
    Ich weiß auch nicht ob die öffentliche Hand eine Sanierungspflicht hat. Kann ich mir eigentlich nur schwer vorstellen, da andererseits auch Steuergelder sinnvoll verwendet werden sollten.

    Ich bin kein Denkmal-Experte, es gibt sicher andere, die eine entsprechende Liste im Kopf haben. Ich weiß nur von einem Wohnhaus in Nürnbergers Schoppershofstraße (Hausnummer 51, steht noch, kürzlich saniert) oder ein Verwaltungsgebäude in der Harmoniestraße (bereits abgerissen, heute ein Parkplatz). Ich habe da bislang keine Liste geführt.

    Es ist aber sicherlich hilfreich, wenn das öffentliche Interesse daran zunimmt. Dass immer mehr wertvolle Substanz als Denkmal erkannt wird, und dass man genau verfolgt wenn eines in der Kritik steht.

  • Mich würde es interessieren, durch welche Kriterien dieses Gebäude unter Denkmalschutz gestellt wurde?
    Wer hat das entschieden?
    Meiner Meinung nach gehört der Denkmalschutz reformiert. Es ist gerade in Nürnberg für niemanden nachvollziehbar, warum der Milchhof abgerissen wurde und ausgerechnet der Mayerbau Denkmalschutz genießt. Von außen ist das Gebäude nicht übel, aber innen bietet es überhaupt kein Raumerlebnis. Es ist ein nett gestaltetes Depot.

    Beauty matters!

  • Apropo meine Eindrücke. Um es kurz zu machen. Ich war positiv überrascht. Die Moderatoren von der NZ moderierten äußerst fair. Man hatte überhaupt nicht das Gefühl, dass Herr Ulrich und Herr Enderle sich feindlich gegenüberstehen würden. Jeder vertrat seine Position. Herr Ulrich benannte auch das Problem heutiger Architektur (das Fehlen von Ornamenten etc). Nachdem die Kontrahenten ihre Position vertraten, war es den Besuchern freigestellt, Fragen zu stellen. (Die Meisten hielten sich nicht daran) Ich stand in ständiger Erwartung, dass endlich jemand aufstand, um ein Pläydoyer für die Moderne zu halten. Aber es kam nichts. Herr Ulrich beantwortete jede Frage sehr schnell. Mir fiel auf, dass er die Realität anders wahrnimmt wie ich, dass er die Dinge anders bewertet. Gut, etwas anderes habe ich auch nicht erwartet. Das ist in Ordnung.

    Man muss sich auch die Frage stellen, wie man Rekonstruktionen und Bauen von schöner Architektur noch besser und überzeugender darstellen könnte, dass es insbesondere für die Politiker einen absoluten Mehrwert darstellt, dafür einzutreten.

    Beauty matters!