Nürnberg - Rekonstruktion des Pellerhauses

  • (...) Mein Leserbrief ist übrigens kürzer und weniger aggressiv (...)

    Um eine Chance auf Veröffentlichung zu haben, dürfen die Leserbriefe nur eine bestimmte Länge besitzen. Ich hatte auch einen langen Brief geschrieben. Dann erhielt ich von den "Nürnberger Nachrichten" eine Eingangsbestätigung mit folgendem Hinweis:

    Zitat von Nürnberger Nachrichten

    (...) Je kürzer Ihr Brief ist, desto größer sind die Chancen, dass er publiziert wird. Wir haben konkrete Obergrenzen für den Umfang von Leserbriefen festgelegt: Das sind 25 Druckzeilen mit jeweils 33 Zeichen im überregionalen Bereich und 30 Druckzeilen mit jeweils 33 Zeichen für den Nürnberger Lokalteil. (...)

    Daraufhin verfasste ich einen deutlich gekürzten zweiten Leserbrief.

    Außerdem müssen Angeben über Namen, Anschrift und Telefonnummer gemacht werden. Sonst gilt der Brief als anonym und wird wahrscheinlich nicht berücksichtigt.

  • Wenn man den demographischen Entwicklungen (inkl. politischer Mehrheitsverhältnisse) in den Großstädten ins Auge sieht, muss man auch einen negativen Ausgang einer Bürgerbefragung fürchten. Der neue Großstadtmensch ist der moderne Hipster, progressiv und zeitgeistkonform. Er wird sich kaum für Rekonstruktionsbestrebungen erwärmen, zumal diesen ja mittlerweile der Makel angeheftet wurde, gelegentlich aus der "rechten Ecke" zu kommen. Davon muss man sich natürlich unbedingt distanzieren. Ich glaube ehrlich gesagt, Mehrheiten für Rekonstruktionen würden sich heute nur noch in ostdeutschen Städten finden, wo man noch traditionsbewusster denkt.

    In dubio pro reko

  • Grundsätzlich natürlichn icht ganz falsch, lieber Stuegert, aber vielleicht denkst du dabei zu sehr an den Marienplatz in Stuttgart-Süd oder den Palast der Republik, wo tatsächlich in dem politisch sehr grünen Stuttgart die Hipster dominieren.

    Durch die berufsbedingte Mobilität, früher weniger positiv "Flugsand" genannt, und den Zuzug kulturfremder Personen schwindet natürlich die Identifikation mit der Stadt und deren historischer Architektur. Im Rahmen dieser allgemeinen Entwicklung schätze ich Nürnberg diesbezüglich sehr konservativ ein: Fränkisch-patriotisch, die Innenstadt/Altstadt als das absolute urbane Zentrum, genügend historische Substanz, um zumindest im Ansatz den einstigen Glanz erahnen zu können...

  • Dein Wort in Gottes Ohr! Trotzdem ist mir irgendwie mulmig, was eine Bürgerbefragung betrifft. Die Gegenseite dürfte die schärferen populistischen Geschütze auffahren. Fragt sich natürlich, wovon sich der Nürnberger eher beeindrucken lässt.

    PS: Lokalpatriotisch sind die Kölner auch. Leider mehr in Bezug auf die Lebensart als das historische Stadtbild.

    In dubio pro reko

  • Interessant, ich sehe das etwas anders. Die vielen Zuzüge nach Nürnberg bringen viele junge neugierige Leute in die Stadt, und da habe ich oft bei meinen Gesprächen den Eindruck dass die eher unkompliziert und praktisch denken: Die sagen "Was, da stand mal ein weltberühmtes Haus, wieso ist das nicht wieder aufgebaut worden? Wieso will man diesen hässlichen 50'er-Jahre-Kasten schützen und sanieren?". Die gestelzten Argumente von wegen "demokratische Architektur" usw. kommen da nicht an, es überwiegt die Abneigung gegenüber der biederen Mittelmäßigkeit der 50'er Jahre Architektur, der man in Nürnberg nirgendwo entkommen kann. Schon öfter habe ich gehört, dass man loszog das berühmte Pellerhaus anzuschauen, aber man hat es nicht gefunden. Stattdessen musste man realisieren "wie, das hier soll es sein? o.m.g..." So ging es mir vor 10, 15 Jahren auch. Was für eine krasse Enttäuschung, für einen Neunürnberger Architekturfan ist das schon leicht traumatisch.

    Es sind eher die Alteingesessenen, die es vielleicht sogar noch selbst einst gesehen haben, die Geschichte auf das Haus projizieren und nun darauf verzichten können.

    Also ich glaube eher das der Zeitgeist und der Zuzug Rückenwind für die Rekonstruktion bedeutet, wenn auch nur langsam. Denn es fällt einem nicht allzuviel ein was in Nürnberg weltberühmt ist und nicht auf jeder Lebkuchendose abgedruckt wird.

  • Der liebe Baureferent Daniel Ulrich hat auf meine E-Mail geantwortet. Sehr knapp und auch etwas gereizt. Klingt für mich wie jemand, der aus ideologischen Gründen von seinen Positionen nicht abweicht. Selbst wenn in Nürnberg 500.000 Unterschriften für die Rekonstruktion zu sammeln wären, er bliebe in seinem Amt dagegen.

  • Die vielen Zuzüge nach Nürnberg bringen viele junge neugierige Leute in die Stadt, und da habe ich oft bei meinen Gesprächen den Eindruck dass die eher unkompliziert und praktisch denken

    Das dürfte sogar stimmen, denn Leute, die nur eine Zeit lang in einer Stadt leben, um dort zu arbeiten oder zu studieren, sehen die Stadt mit anderen Augen und gehen ganz unbefangen an ihre Bewertungen heran.

    Aber, diese Leute sind häufig nur temporär in der jeweiligen Großstadt. Zumindest ist das im Rhein-Main-Gebiet so, wo eine große Fluktuationsrate herrscht. Diese Leute sind also in ein paar Jahren wieder woanders. Wegen einer neuen Arbeitsstelle, weil sie die Uni wechseln usw.usf. Die Bindung an die Stadt ist also gering.

    Das soll sagen, diese Zuzüge mögen zwar die Rekonstruktion des Pellerhauses besser finden, sie würden sich aber kaum die Mühe machen, an einem Bürgerentscheid teilzunehmen. Noch weniger würden sie für das Vorhaben Geld spenden. Noch weniger würden sie sich direkt engagieren, z.B. durch Eintritt bei den Altstadtfreunden.

    Arbeitsnomaden bauen nun einmal nur schwer tiefe Bindungen zu Orten auf. Es wird ihnen ja auch ständig in den Medien abzuerziehen versucht a la "Heimat ist kein Ort, sondern da, wo du dich wohl fühlst" usw.

  • Der liebe Baureferent Daniel Ulrich hat auf meine E-Mail geantwortet. Sehr knapp und auch etwas gereizt. Klingt für mich wie jemand, der aus ideologischen Gründen von seinen Positionen nicht abweicht. Selbst wenn in Nürnberg 500.000 Unterschriften für die Rekonstruktion zu sammeln wären, er bliebe in seinem Amt dagegen.

    Er bleibt wohl eher dabei, weil sein Vorgesetzter Maly beratungsresistent ist. Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!

  • Arbeitsnomaden bauen nun einmal nur schwer tiefe Bindungen zu Orten auf. Es wird ihnen ja auch ständig in den Medien abzuerziehen versucht a la "Heimat ist kein Ort, sondern da, wo du dich wohl fühlst" usw.

    Da hast du wohl Recht. Die Bindung an einen Ort fällt umso schwerer, wenn er einem nicht gefällt. Und ich wage zu behaupten dass das aktuelle Pellerhaus die Entscheidung, wieder wegzugehen, erleichtert. Warum soll ich mich für eine Stadt entscheiden, die sich in ihrer biederen Mittelmäßigkeit badet? Warum soll ich in einer Stadt bleiben, in der sich die Stadtpolitik gegen die Bevölkerung stellt und das schönerwerden verhindern will? Vielleicht will ich Teil werden von etwas schönem, von einer Stadt die sich herausputzt. Beeindruckt hat mich dieser Artikel zu Potsdams
    Schlosstreppe:

    PNN vom 08.01.2019

    Sehe ich da doch glatt 4 Junge Leute, die sich für Rekonstruktionen stark machen!

    Studentisch bedingte Fluktuation hat Nürnberg aber nicht in dem Maße, da es keine eigene Uni hat. Noch nicht. Zuzüge sind z.Zt. eher jobbedingt, von Berufsanfängern, das sind auch diejenigen, mit denen ich gesprochen habe. Da wird überlegt ob man sich hier etwas aufbauen will. Wie ist das Klima in der Stadt, sehe ich hier eine Zukunft? Die Stadt ist aktuell von biederer 50'er-Jahre Mittelmäßigkeit geprägt, das ödet viele an. Und am Pellerhaus zeigt sich, dass die Stadtverwaltung das kultivieren will, und so manch einer sagt sich hier will ich nicht bleiben. Da passiert in Leipzig, Frankfurt, Berlin und sonstwo mehr, besseres. Ich bin selber seit einigen Jahren Altstadtfreund habe gehört dass bei den AF aktuell mehr Leute eintreten als austreten. Beides dürfte der Pellerhausdiskussion geschuldet sein. Und ich wage zu behaupten, dass die Austretenden im Durchschnitt älter sind als diejenigen, die eintreten. Wenn das so zutreffen sollte wäre das doch ermutigend!

  • Wie ist das Klima in der Stadt, sehe ich hier eine Zukunft? Die Stadt ist aktuell von biederer 50'er-Jahre Mittelmäßigkeit geprägt, das ödet viele an. Und am Pellerhaus zeigt sich, dass die Stadtverwaltung das kultivieren will, und so manch einer sagt sich hier will ich nicht bleiben.

    Das trifft es auf den Punkt. Nürnberg ist eine Stadt, die es tatsächlich gerade in der Hand hat, ob sie sich in Richtung Florenz oder in Richtung Bochum entwickeln will.
    Und die Stadtverwaltung entscheidet sich für Bochum, weil sie es mit New York verwechselt ...

  • Das trifft es auf den Punkt. Nürnberg ist eine Stadt, die es tatsächlich gerade in der Hand hat, ob sie sich in Richtung Florenz oder in Richtung Bochum entwickeln will.Und die Stadtverwaltung entscheidet sich für Bochum, weil sie es mit New York verwechselt ...

    Genau! Aber es spielt eben auch eine Rolle, dass diese Stadtverwaltung dieses "Florenz" einfach nicht mag, weil es ja offenbar die Lieblingsstadt von AH war. Deshalb ist denen der "demokratische" Mief der 50'er und 60'er Jahre auch so wichtig! Also, die sehen einfach lieber ein "progressives, weltoffenes" Bochum, voller "steingewordene Demokratie", als das "ewiggestrige", ja sogar "faschistische" alte Nürnberg...

    Einmal editiert, zuletzt von Niederländer (13. Januar 2019 um 19:20)

  • Augenzeugen berichteten mir, dass dieser AH immer geflogen kam, blieb nur kurz, dann flog er weiter. So geliebt scheint er die Stadt nicht zu haben. Es lebten allerdings ganz furchtbare Leute in Nürnberg, wie der Streicher, meine Großmutter hat ihn gehasst.

    Das trifft es auf den Punkt. Nürnberg ist eine Stadt, die es tatsächlich gerade in der Hand hat, ob sie sich in Richtung Florenz oder in Richtung Bochum entwickeln will.
    Und die Stadtverwaltung entscheidet sich für Bochum, weil sie es mit New York verwechselt ..


    haha, :D ein gutes Posting für Instagram :daumenoben:

    Beauty matters!

  • Das trifft es auf den Punkt. Nürnberg ist eine Stadt, die es tatsächlich gerade in der Hand hat, ob sie sich in Richtung Florenz oder in Richtung Bochum entwickeln will.
    Und die Stadtverwaltung entscheidet sich für Bochum, weil sie es mit New York verwechselt ...

    Wär doch mal klasse, wenn du einen richtig polemischen Leserbrief, in dem auch dieser Satz vorkommt, für unsere Nürnberger Mayerhaus-Unterstützer (also die Pellerhaus-Gegner) schreiben würdest, um ihnen ihren großen Irrtum vor Augen zu führen! :)

  • Das trifft es auf den Punkt. Nürnberg ist eine Stadt, die es tatsächlich gerade in der Hand hat, ob sie sich in Richtung Florenz oder in Richtung Bochum entwickeln will. Und die Stadtverwaltung entscheidet sich für Bochum, weil sie es mit New York verwechselt ...

    Das schlimme ist, das hat Tradition! Ich muss mir immer wieder vor Augen halten weswegen es in Nürnberg die Altstadtfreunde gibt. Weil es sie gebraucht hat! Und immernoch braucht, weil die Stadt seit Jahrzehnten Hand in Hand mit Architektenlobby und Baulöwen ein buntes Experimentierfeld eröffnet, bei dem allen Ernstes soetwas wie am Künstlerhaus in allerbester Lage entstehen sollte. Die späte Rache war dann dieser dämliche, nicht zu übersehende Glaskasten. Letztes Beispiel eines in dieser als "Modernisierung" der Stadt verklärten Strategie verzockten Bauwerks ist m.E. das Luitpoldhaus, das absichtlich nicht fassadenrekonstruiert wurde und wieder hätte so aussehen können. Nun schaut es so aus. Jedesmal wenn ich daran vorbeilaufe wird mir klar, weswegen ich bei den AF eingetreten bin und weswegen sie so wichtig sind.

  • Da uns die Rekonstruierung der Fassade des Pellerhaus am Herzen liegt, sollten wir unsere Kräfte bündeln und an einem Strang ziehen. Wir müssen versuchen einen Bürgerentscheid herbeizuführen, gekoppelt an die nächste Kommunalwahl. Dazu sollten wir uns über die weitere Vorgehensweise abstimmen. Während die Stadt Nürnberg, der Verein BauLust e.V., und die Archtiektenkammer mit einer Stimme sprechen, sollten wir auch mit einer Stimme sprechen. Hier sollten natürlich die Altstadtfreunde auch einbezogen werden. Lasst uns doch zur weiteren Abstimmung einfach mal zusammensetzen, so kann man sich auch mal kennenlernen.

  • Wie wahrscheinlich ist es denn, daß dieser mögliche Bürgerentscheid auch zu unseren Gunsten ausfällt? Ich denke da noch mit Schrecken an Magdeburg. Da sprachen sich ja damals 75% gegen die Rekonstruktion der Ulrichskirche aus.

    Man muss halt ein gutes Konzept haben und mit möglichst vielen Bildern arbeiten. Auch die Fragestellung kann die Bürger verwirren.