Nürnberg - Rekonstruktion des Pellerhauses

  • Argumente und Gegenargumente und das damit verbundene Abgleiten in die Unsachlichkeit zeigen die Gespanntheit der Situation und das Fehlen einer starken Position der Gegenseite.
    Ich persönlich hätte anfangs nicht unbedingt den Faschismus mit ins Spiel gebracht, da ich grundsätzlich derartig geführte Ismus-Debatten als Überladen ablehne. Selbst wenn ich dem inhaltlich zustimmen kann.
    Wir sollten jedoch in der Folgeargumentation streng darauf achten sachlich zu bleiben.
    Ich hoffe das verleitet unsere Gegner, sich mangels starker Fakten, in der Zukunft noch weiter aus dem Fenster zu lehnen.

  • Fazit: Die Bürger wollen es, die Architektenverbände sind strikt dagegen. Die Architektenverbände werden das letzte Wort haben, wie immer. In Deutschland halt die Regel. Man wird müde, dagegen anzukämpfen. Glaubt da wirklich noch jemand, angesichts dieses Kräfteverhältnisses würde jemals der Stuttgarter Marktplatz rekonstruiert? Nein, es soll alles so hässlich und vernarbt bleiben wie es ist. Keine Wiedergutmachung erlaubt.

    In dubio pro reko

  • Wir sehen ja, wie schwer es ist, schon auf politischer Ebene neue Impulse einzubringen. Dabei können Bürger im Bereich der Politik noch relativ leicht (durch Wahl) in den Apparat gelangen und sich dort halbwegs einarbeiten. Ungleich schwerer ist es im Architekturbetrieb. Was hilft es, wenn Bürger fordern? Sie können natürlich sozialen Druck aufbauen. Letztlich aber sind es die gelernten Fachleute, die allein in der Lage sind, ein Haus zu bauen, nicht ein Forumsdiskutant, der womöglich im Vertrieb von Hauseingangstüren arbeitet oder Versicherungsvertreter ist. Das System lässt sich nur von Innen verändern. D.h. entweder nehmen traditionell gesinnte Leute die Bürde auf sich, ein Architekturstudium zu beginnen, oder aber man muss Kontakte pflegen zu Leuten im Apparat, also zu Architekten, die unserem Anliegen wohlgesonnen sind, und die wir dabei fördern können. Anders geht es nun einmal nicht.

  • Das von Noricum eingestellte Bild der aufgeschlagenen Zeitung mit den beiden Alternativen ist doch in unserem Sinne. Genau solche bildhaften und großseitigen Anzeigen in der Tageszeitung sprechen im Grunde für sich und plötzlich sehen die Bürger die schönere Alternative klar und deutlich vor sich. So eine Anzeige ist ja schon beinahe ein Statement FÜR die Rekonstruktion. Solche bildhaften Vergleiche über den Hauptbahnhof habe ich in einem der Münchner Schmierblätter noch nicht gesehen, sondern nur Bilder der modernen Variante und des IST-Zustandes.

    Man muss weiterhin alles versuchen. Ich habe der NZ schon einen Leserbrief geschrieben und auch schon den Erhalt bestätigt bekommen.

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

  • Mir ist völlig unbegreiflich wie man gegen eine Wiederauferstehung eines der bedeutendsten je in D geschaffenen Gebäude sein kann, insbesondere wenn man sich für Architektur begeistert. Völlig unverständlich...
    Gerade der Vergleich mit den beiden Alternativen zeigt, würde man zumindest meinen, jedem ansatzweise einigermaßen vernünftig und logisch denkenden Menschen was dort hingehört und was nicht.
    Erfreulich ist, das zumindest von den Altstadtfreunden jetzt die richtigen Signale kommen. Ich würde mir wünschen, dass sich viele Nürnberger und Nicht-Nürnberger für den Wiederaufbau einsetzen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, dass es dann vielleicht auch von der Stadt gar nicht mehr anders geht. Am günstigsten wäre natürlich eine zweckgebundene Spende in entsprechender Höhe von einer finanzkräftigen Person(bzw. Personen). Ansonsten wird es wohl so oder so sehr schwierig.
    Gebäude wie das Pellerhaus gehören zwingend wiederaufgebaut, eigentlich gibt es aufgrund ihrer Bedeutung keine Alternative. Alles andere, irgendwelche Provisorien, haben dort einfach nichts zu suchen.

  • "Die bedauerliche Entscheidung gegen eine sicherlich finanziell und handwerklich aufwändige originalgetreue Rekonstruktion verkennt die auf solche Spitzenleistungen gründende geschichtliche Größe Nürnbergs. Dass man dem qualitativ sicher guten Bau der 1950er Jahre bis heute den Vorzug vor einem erstklassigen Werk mitteleuropäischer Architektur des 17. Jh. gibt, spricht für ein mehr als defizitäres Wissen der Verantwortlichen um die Schätze ihrer Stadt. Dies erscheint umso unverständlicher, als wichtige Bereiche des Pellerhauses die Zerstörung überdauert haben."

    Zitiert aus „Nürnberg – Die historische Altstadt“ von Pablo de la Riestra

  • Mitstreiter aus Bremen


    Den Nürnberger Altstadtfreunden und allen dortigen Bürgern, die mit Herzblut um die Wiedergewinnung der Fassade des Pellerhauses kämpfen, sei gesagt, daß sie Leidensgenossen in Bremen haben. Denn an der Weser gibt es einen frappierend ähnlich gelagerten Fall: Auch hier wurde das schönste Bürgerhaus der Stadt, das renaissance-zeitliche ‚Essighaus’, kriegszerstört und in den 1950er Jahren lediglich teilrekonstruiert. Seither haben wir – wie beim Pellerhaus – die Situation, daß das Sockelgeschoß die historische angestammte Erscheinung hat, während die oberen Etagen eine zeitgenössische Formensprache führen. Allerdings hat man die erste Wiederaufbaustufe, die mit der halbrunden Verdachung der zentralen Dachgaube auch optisch an den oberen Fassadenabschluß des ‚neuen’ Pellerhauses erinnerte, mittlerweile durch verballhornte Versatzstücke eines Abbruchhauses ersetzt. Die hiesige Denkmalpflege ist zwar mit dem jetzigen Zustand explizit nicht zufrieden, scheut sich aber, das heiße Eisen 'Rekonstruktion der fehlenden zwei Drittel der Fassade' anzugehen.
    Wer weiß, vielleicht können ja Noris und Brema in der Zukunft zusammenarbeiten, zum gemeinsamen Wohle ihrer jeweils schönsten Patrizierbauten…

  • Gemäß dem Fall das der Druck auf die Politik so groß ist das sie die Fassade rekonstruieren läst, welche denkmalrechtlichen Möglichkeiten gibt es im Denkmalrecht von Bayern den Denkmalschutz aufzuheben? Mir wurde mal bei einer Ortsbesichtigung vor Ort erzählt, dass wenn ein Denkmalgebäude keinen Nutzen mehr hat, man dessen Denkmalstatus aufheben lassen kann. Stimmt das?

    Hier stellt sich mir noch eine weitere Frage, dass Pellerhaus war ja nie ganz weg. Das Eg des Innenhofes und des Hauptgebäudes hatten ja den Krieg überlebt. Dessen Denkmalrechtlicher Wert stand auch schon damals nicht in Frage. Hier hat der Denkmalschutz in den 50ern einen historischen Fehler gemacht indem er die Überbauung überhaupt zugelassen hat. Daher wird der 50er Jahre Bau auch so verbissen verteidigt um das eigene Versagen zu kaschieren.

  • Es hängt alles vom Geld ab. Wenn sich jemand findet, der bereit ist, genügend Geld für die Rekonstruktion des Pellerhauses bereitzustellen, wäre die Denkmalschutzbehörde bereit, den Denkmalstatus der Nachkriegsfasse aufzuheben. Nur ist so etwas sehr unwahrscheinlich. :kopfwand::weinenstroemen:

  • Eben, landauf landab werden doch jedes Jahr genügend unter Denkmalschutz stehende Gebäude abgerissen oder aus selbigem genommen. Da sollte dies doch bei solch einem Platzhalter erst recht kein Problem sein.

  • Zur Frage eines aufzuhebenden Denkmalschutzes kann ich nicht viel sagen. Was ich aber immer wieder höre, ist dass der Denkmalschutz seine Bewertung überprüft und zu neuem Ergebnissen kommen kann. Z.B. kann man heute für ein Bauwerk Denkmalschutz erlangen, auch wenn es sozusagen bei der letzten Begehung des Ortes durch den denkmalschutz nicht aufgefallen und gewürdigt wurde. So werden gottseidank auch in Nürnberg immer wieder mal Gründerzeithäuser neu unter Denkmalschutz gestellt. Auf die gleiche Weise verlieren aber auch Gebäude ihren Schutz. Das ganze ist also nicht völlig loszulösen vom Zeitgeschmack und den Vorlieben der Verantwortlichen.

    Zu den oben gestellten Fragen hinsichtlich der drei genannten verloren Denkmäler in Nürnberg möchte ich auf umfangreiches Bildmaterial im DAF hinweisen.

    Das Archivgebäude von Schlegdendal (ab Beitrag 28):

    http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/showthread.php?t=8961&page=2

    Das Bahngebäude (Totale in Beitrag 50):

    http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/showthre…?t=10443&page=4

    Und das Verwaltungsgebäude des fränkischen Großkraftwerks (ab Beitrag 29):

    http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/showthre…?t=11479&page=2

    Zugegeben, keines dieser Bauwerke war in irgend einer Weise eine Sensation seiner Zeit, aber alle haben es geschafft unter den Schutzschirm des Denkmalschutzes. Und genau das zeigt das Problem auf: Denkmalschützer wehren sich immer gegen den Vorwurf, sie würden sich geschmacklich leiten lassen. Es wird behauptet es gehe um Zeugniswert, Einmaligkeit, Originalsubstanz usw, also stets um objektive Kriterien nach wissenschaftlichen Maßstäben. In diesem Spannungsfeld bewegen sich die jeweiligen Begründungen, wobei oft feststellbar ist, dass das Argument für das eine Bauwerk bei einem anderen nicht zählt. Wer die Funktionsweise von Verwaltung kennt, und Denkmalschutz ist nur ein Arm der (Bau-)Verwaltung, der weiß das da auch Lobbyinteressen eine Rolle spielen können. Und so stehen manche Gebäude eben mal nur 20 Jahre unter Schutz und dann nicht mehr.
    Früher war wissenschaftlich bewiesen, das Eier und Cholesterin Krankmacher seien, die heutige Wissenschaft bewertet das anders. Und noch wachsweicher sind eben die "objektiven" Maßstäbe des Denkmalschutzes. Auch das "Was weg ist ist weg"-Argument der Wissenschaft wankt, denn gerade Bauwerke sind doch eher leicht wieder aufzurichten.

    In diesem Licht sind auch die krassen Reaktionen von Architekten und Baulustvereinen zu sehen, die natürlich ungern festgestellt wissen wollen, dass die Werke ihresgleichen aus jüngerer Zeit weniger wert sein sollen als das was früher einmal am selben Ort stand. Mehr Gewicht kann diesen Stellungnahmen naturgemäß nicht zufallen.

  • Eben, landauf landab werden doch jedes Jahr genügend unter Denkmalschutz stehende Gebäude abgerissen oder aus selbigem genommen. Da sollte dies doch bei solch einem Platzhalter erst recht kein Problem sein.e

    Das Lustige ist ja das: Ich hab bestimmt hundert mal gehoert oder gelesen: Bei der Sanierung des Denkmal-geschuetzten Gebaeudes wurden spaetere Zutaten entfernt. Einmal traf es ein Anbau von 1628 der zusammen mit anderen Anbauten von 1870 und 1968 abgerissen wurde. Hab jetzt vergessen welches Projekt es war aber man braucht dieses Forum ja nur durchgehen.

    Kann das mit der Frankfurter Schule und deren Anhaengern auf den Unis zu tun haben? Um eine Weltregierung zu erschaffen will man das Bauliche Erbe der Welt gleichschalten heist es da.

  • Ich zeige dann hier mal wichtige Ausschnitte der in der Presse geführten Debatte zum Thema. Zum Gespräch mit Herrn Enderle über das Pellerhaus:

    Und die Leserbriefe u.a. mit dem sehr scharfen Reaktionen verschiedener Architekten (Baulust ist ein Verein aus Nürnberger Architekten):

    Man kann übrigens immernoch seine Stimme abgeben und auch evtl. nicht abgedrucke Leserbriefe zu diesem Thema in den Blog stellen:

    https://blog.nz-online.de/senf/2016/03/0…ukion-sinnvoll/

  • Vielen Dank nothor für die Artikel! Wow, da ist ja ganz schön was zusammengekommen! 8|


    An alle Leserbriefschreiber:
    Bitte nicht vergessen etwaige Leserbriefe nicht nur an die NZ sondern auch an die NN zu schicken. Diese veröffentlicht im ganzen Regierungsbezirk Mittelfranken, hat also sogar eine noch größere Leserschaft, und berichtet leider tendenziell eher Reko-feindlich:

    nz-redaktion@pressenetz.de
    nn-leserbriefe@pressenetz.de

  • @ Heimdall, nicht aufgeben sondern den Leserbrief nochmals absenden, mit vollständiger Adresse. Ich habe meinen Leserbrief eben entdeckt und das finde ich super... :thumbup:

  • Wenn ich ein unbedarfter Leser dieser Zeitung wäre, dann hätten mich die Kommentare der Leserbriefe überzeugt - bis auf den des abgedroschenen Phrasenspeiers Baulust.

    Gibt es wirklich keine eigenständigen und selbst denkfähigen - zumindest junge - Personen in der Denkmalpflege?!

  • Stadtbild Deutschland e.V. als deutschlandweit tätiger Verein verfolgt im allgemeinen das Prinzip, dass in lokalen baukulturellen Konfliktfragen die jeweiligen Orts- oder Regionalverbände sich einbringen, sofern in der betreffenden Stadt aktive Mitglieder ansässig sind. Der Vorstand ist in der Regel nicht "nah genug dran", um sich kompetent der örtlichen Problemfragen anzunehmen.
    Allerdings haben wir bislang keinen etablierten Nürnberger Ortsverband; zum anderen ist der Fall Pellerhaus einer mit deutschlandweiter Strahlkraft, so dass es doch angezeigt sein könnte, in diesem Fall von Vorstandsseite Stellung zu beziehen. Ich werde in Abstimmung mit unserem Pressesprecher etwas konzipieren.

    Gibt's schon was neues?