Nürnberg - Rekonstruktion des Pellerhauses

  • Aktuelle Ansichten:


    Zur Abwechslung und da es gar nicht oft genug gezeigt werden kann: Haus und Hof in früheren Zeiten.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Sehe ich auch so. Das Aufleben des Innenhofes ist wundervoll. Aber es ist eben nur die halbe Miete und kann noch keine komplette Befriedigung hervorrufen. Irgendwann wird man sich vielleicht auch die Fassade vornehmen, sofern nicht irgendein Hohlkopf auf die Idee kommt, sie unter Denkmalschutz zu stellen.

    Die Welt muss romantisiert werden! - Novalis

  • Das ganze Viertel ist extrem rekonstruktionsbedürftig...es würde mich nicht wundern, wenn das Gebäude unter Denkmalschutz stünde

  • Zitat

    (...) sofern nicht irgendein Hohlkopf auf die Idee kommt, sie unter Denkmalschutz zu stellen.

    Sie steht bereits unter Denkmalschutz! Leider. :wuetenspringen:

  • Ich muss noch einmal nachfragen, auch wenn das an anderer Stelle sicher schon geklärt worden ist:
    Ist es eigentlich vom Baugrund her noch möglich, das Haus links des Pellerhauses zu rekonstruieren? Das Portal ist ja noch erhalten. Und der Bau würde dem Pellerhaus eine gewisse Fassung innerhalb der Straßenflucht geben. Ich erinnere mich vage, dass da vor einiger Zeit ein Neubau neben das Pellerhaus gesetzt worden sein soll, aber ich weiß nicht, ob dieser den Baugrund des Nebengebäudes versperrt.

  • Von der Grundfläche her wäre das Haus links des Pellerhofes, das ein Privathaus war, noch rekonstruierbar, da dieses nicht so eine grosse Tiefe hatte. Der angesprochene Erweiterungsbau des Scharrer-Gymnasiums verunmöglicht nur die Rekonstruktion des Peststadels.
    (siehe die Diskussion und Bilder ab Beitrag 399)

    Die Masse schätze ich allerdings nur aus folgendem Bild, auf dem im Hintergrund dieser Erweiterungsbbau sichtbar ist. Auf Bing Maps - Anfahrtsbeschreibungen, Verkehrsinfos und Straßenbedingungen ist er noch nicht vorhanden.

    Zitat von Riegel


    Südfront des ehemaligen Peststadels von aussen. Im Hintergrund der von siron87 erwähnte neue Erweiterungsbau des Scharrer-Gymnasiums

    (aus Beitrag 401)

    Der Geschlossenheit des Egiedienplatzes würde ein Gebäude an diesem Platz grundsätzlich gut tun, egal ob es der heutige 50er-Jahre-Pellerhof ist, oder eine dereinst rekonstruierte Pellerhoffassde.

    Einmal editiert, zuletzt von Riegel (20. Mai 2014 um 14:50)

  • Es fragt sich aber auch, ob das Scharrer-Gymnasium samt Erweiterungsbau in dieser Form an dieser Stelle längerfristig stehen bleiben wird. Die Baugruppe Pellerhausfassade-Bürgerhaus-Peststadel war die vielleicht schönste in Nürnberg und gehört rekonstruiert. Die bisherige Ruinenlösung mit Betonklötzen für etwas derart Einmaliges ist jedenfalls völlig unverständlich.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Die Betrachtung dieser großartigen Luftbilder aus den frühen 40ern ist, wenn man die heutige Situation kennt, zwar ein melancholisches bis masochistisches Unterfangen, aber es hilft ja vielleicht zur Illustration der zu überwindenden Defizite des Bauwesens der letzten 60 Jahre.

    Blick zur Burg - am rechten Bildrand der Egidienplatz:

    Von Osten über die Egidienkirche:

    Frontale Annäherung:

    Ausschnittsvergrößerung des letzten Bildes:

    Bildquelle jeweils: bildindex der Kunst und Architektur

    Der schmerzliche Vergleich mit der heutige Situation von oben. :weinen:
    Egidienplatz:
    http://www.nuernbergluftbild.de/pictures/f0424137.web.jpg
    Pellerhof:
    http://www.nuernbergluftbild.de/pictures/f0424138.web.jpg

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Wundervoll. Wie viele Nürnberger wohl wissen werden, wie es in ihrer Stadt vor dem Krieg ausgesehen hat? Das Bedürfnis nach Wiederherstellung dürfte ja in erster Linie der Kenntnis über das Verlorene entspringen. Allgemein sind die Deutschen viel zu wenig über ihre Vorkriegsstädte aufgeklärt. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Diese Ansichten sollten überall in der Altstadt an den korrekten Stellen angebracht werden.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Ich bin ebenfalls zugezogen aus Nürnberg, und beobachte hier auch entsetzt, wie die nur hier in Nürnberg zu findende Architekturidentität scheinbar Schritt für Schritt verschwindet. Das ist manchmal echt zum Heulen. Die wenigen Leuchttürme wie das Tucherschlösschen und das Fembohaus wirken irgendwann selbst wie Disney-mäßige Fremdkörper. Es existiert kein Gefühl für Kunst und Geschichte. Herausragende Kunstwerke brauchen auch den passenden Rahmen, das weiss jeder Mittelschulpädagoge.....

  • Der Blick auf die Luftbilder ist da in der Tat ernüchternd. Zugegebenermaßen sind die Wiederaufbauleistungen in den weniger zerstörten Teilen Nürnbergs einigermaßen passabel (wenn auch nicht unbedingt gut), aber das, was man sich in den totalzerstörten Teilen wie der Sebalder Steppe geleistet hat, ist wirklich keinen Deut besser als Frankfurt a.M., Kassel oder Bochum. Satteldächer statt Flachdächer reißen das ästhetisch-städtebauliche Desaster, das da angerichtet wurde und das sich in den Luftbildern noch deutlicher zeigt als in Fotos aus der Fußgängerperspektive, nun wirklich nicht raus.

    Leider sind die Stadtverantwortlichen und der lokale Journalisten- und Pseudointellektuellen-Klüngel immer noch der Meinung, man habe alles richtig gemacht und den besten Wiederaufbau der Republik hingelegt. Und dementsprechend sei jetzt endlich mal zeit für "was Neues". Ein schönes Beispiel dafür, wie Schönreden echte Verbesserungen verhindert.

    Das Problem ist halt, dass selbst die wohlmeinendsten und rekonstruktionsfreundlichsten Nürnberger aus falschverstandenem Lokalpatriotismus sofort eingeschnappt reagieren, wenn man ihnen vor Augen führt, dass Nürnberg da, wo es wirklich zerstört war, eigentlich nicht viel besser wiederaufgebaut wurde als Bochum oder Kassel.

    Mit vielen - sicherlich nicht allen - Nürnbergern verhält es sich halt wie mit den Sizilianern, die der Fürst von Salina bei Tomasi di Lampedusa beschreibt:
    "Lieber Chevalley: die Sizilianer werden nie den Wunsch haben, sich zu verbessern, aus dem einfachen Grund, weil sie glauben, vollkommen zu sein: ihre Eitelkeit ist stärker als ihr Elend; jede fremde Einmischung, sei es wegen der fremden Herkunft, sei es aus Unabhängigkeitsgeist, bringt ihre Träume von einer erreichten Vollkommenheit durcheinander [...]."

  • Saxonia

    Zitat

    Fast Dresdner Verhältnisse

    Nürnberg und Dresden belegen in der Tat die beiden vorderen Plätze bezüglich des Zerstörungsgrades im II. Weltkrieg.

    Also eines Vorweg: Auch ich finde die Bilder im Vergleich mehr als niederschmetternd. Ich selbst bin gebürtiger Nürnberger und leide oft mit wenn Bilder der Vorkriegs- und Nachkriegssituation gegenüber gestellt werden.

    Aber:
    Nürnbergs Altstadt ist um ein vielfaches größer als beispielsweise die Dresdens. Als nach dem Krieg das für damalige Verhältnisse wirklich aussergewöhnliche Konzept des Nürnberger Wiederaufbaus angegangen wurde, war im Prinzip schon klar dass nicht überall die gleiche Qualität erreicht werden könne. Dazu war die Wohnungsnot zu groß und das Geld zu knapp.

    Bedenkt man mit welchem Verve Nürnbergs zahlreiche Leitbauten wieder aufgebaut wurden relativiert sich auch die gängige Kritik gegenüber dem Wiederaufbau.

    Wie sich für mich aber heute herauskristallisiert, sollte nun jedoch auch einen Schritt weiter gegangen werden und zumindest in Teilen der langfristige Weg zur baulichen Verdichtung und stärkeren Nutzungsmischung beschritten werden. Die hier verlinkten Bilder machen deutlich weshalb.

    Die Kritik an der Stadt und ihren Bürgern griff lange, trifft aber meiner Meinung zunehmend weniger. Es gibt einen Generationswechsel und ein leises umdenken. Die "alten", welche den Wiederaufbau glorifizieren, sterben allmählich aus. Unterhält man sich mit der Generation 80+ hört man häufig dass die Altstadt heute doch so viel schöner wäre als vor dem Krieg. Warum? Weil die Lebensqualität, und daran messen viele Menschen ihre Wohn- und Lebensräume, deutlich höher ist als zuvor.
    Dass ich die langweiligen 50er Jahre Kästen in der Sebalder Steppe aber auch unästhetisch finde möchte ich trotzdem noch mal betonen.

    Der Egidienplatz war einst eine der vornehmsten Adressen der Stadt. Heute wirkt er weitgehend Charakterlos. Viel wäre hier gewonnen wenn das alte Pellerhaus in seiner ursprüngliche Gestalt wiederkäme. Eine Reko der Fassade rechts daneben und eine Anpassung des Gebäudes links würde hier schon wahre Wunder bewirken. Die westliche Zeile des Platzes ist so schlecht im Grunde nicht. Mit Feinschliff könnte hier viel gewonnen werden (z.B. Ladenzeilen in die Erdgeschosse, evtl. "Nürnberger" Erker auf die Dächer. Das Tucherpalais ist übrigens auch eine weitgehende Reko). Am östlichen Teil des Platzes ist aufgrund der wiederaufgebauten (!!!) Egidienkirche und dem alten Melanchton-Gymnasium nichts zu kritisieren. Die drei südostlich stehenden Häuser sind wiederum ein deutlicher Qualitätsabfall.

    Auch ich hoffe langfristig auf einen Rückbau des Schulklotzes nördlich des Platzes. Der Peststadel wäre neben dem Pellerhaus auch ein rekonstruktionwürdiger Kandidat. Ansonsten ist es weniger eine Frage "neu" gegen "alt" (reko oder neues) als eine Frage der sozialen Mischung, der baulichen Verdichtung und guten Architektur.

    d.

    2 Mal editiert, zuletzt von dexter (2. April 2012 um 13:11)

  • Dexters Beitrag spricht mir aus der Seele. Die Meinung zur
    Generation 80+ kann ich aber nicht bestätigen. Hat doch gerade diese Generation
    die Wiedergeburt und kurzfristige Blüte ihrer Stadt in den 1930 er Jahren erlebt.
    Ich kann mich gut an die Schilderungen meiner verstorbenen Großmutter über die
    Erlebnisse der Reichparteitage erinnern und die Tränen als sie von Kraftshof
    mitverfolgen musste, wie die Stadt am 2.Januar 1945 nieder brannte.

    Ich bin gebürtiger Nürnberger und verfolge in der lokalen
    Presse, wie schwer sich meine Heimatstadt mit dem Umgang ihres historisches
    Erbes tut. Die Zeit der Nazidiktatur ist als Teil der Stadtgeschichte sicherlich
    prägend und eine Mahnung an folgende Generationen. Leider überlagern diese 12
    Jahre fast 1000 Jahre Stadtentwicklung und führen zu einem ängstlichen und
    demütigen Umgang unserer Lokalpolitiker mit diesem Erbe. Nachkriegsarchitektur aus
    den 50 er und 60er wird als wertvoll dargestellt und bei Kritik schnell mal als
    Mahnmal gegen den Krieg missbraucht. Während es in Frankfurt eine große Sehnsucht
    nach zerstörter Nachkriegsarchitektur gibt und Rekonstruktionen umgesetzt
    werden, reagiert man in Nürnberg eher schüchtern bis ablehnend auf diese
    Projekte. Die Pellerhof-Reko wäre aufgrund der baugeschichtlichen Bedeutung,
    wäre er in München oder Frankfurt gestanden, wahrscheinlich schon nebst
    Vorderfront in den 70er und 80er Jahre aufgebaut worden.

    Das von Dexter beobachtete leise Umdenken, kann ich leider
    noch nicht erkennen. Es braucht unsere jüngere Generation, eine Bewusstseinsänderung
    herbeizuführen. Leider mache ich die Erfahrung, dass bei Veranstaltungen z.B.
    der Altstadtfreunde der Altersdurchschnitt bei 60 + liegt und die wenigsten
    jüngeren Leute das Wissen über die architektonische Bedeutung der Altstadt
    haben.

  • Ist eigentlich jemandem die Tür des neuen Pellerhauses aufgefallen...ich denke das spricht Bände

  • Zitat


    dexter hat geschrieben:

    "Die westliche Zeile des Platzes ist so schlecht im Grunde nicht. Mit Feinschliff könnte hier viel gewonnen werden (z.B. Ladenzeilen in die Erdgeschosse, evtl. "Nürnberger" Erker auf die Dächer. Das Tucherpalais ist übrigens auch eine weitgehende Reko)."

    In der westlichen Zeile des Egidienplatzes wäre das Haus, in dem sich die Offizin des Buchdruckers Anton Koberger befunden hat, aus kulturhistorischen Gründen auch zu rekonstruieren.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • @ Novize dexter:

    Zitat

    Die westliche Zeile des Platzes ist so schlecht im Grunde nicht.


    Ich wage gar nicht zu hoffen, dass es sich hiebei um Ironie handelt?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

    Einmal editiert, zuletzt von ursus carpaticus (4. April 2012 um 20:41)