Nürnberg - Rekonstruktion des Pellerhauses

  • Wir müssen versuchen einen Bürgerentscheid herbeizuführen

    Bei einem Bürgerentscheid würden Marketing- und PR-technisch unerfahrene Altstadtfreunde einer geschlossenen Front aus Lokaljournalisten, Lokalpolitikern, Nürnberger Kunstszene und Lobbygruppen gegenüberstehen. Da wäre die Niederlage vorprogrammiert und das Thema Pellerhaus-Rekonstruktion für die nächsten 30 Jahre erledigt.

    Insofern sollte man davon lieber die Finger lassen. Oder die Altstadtfreunde müssten selbst erst einmal kampagnenfähig werden; dann könnte man das angehen. Vorher nicht.

  • Auch die Fragestellung kann die Bürger verwirren.

    Das ist wirklich entscheidend. Etwas zu verhindern ist immer einfacher als etwas zu bewirken. Der Verhinderer muss nur Schreckgespenster malen und mit abenteuerlichen Zahlen arbeiten. Wer etwas bewirken will muss dagegen viele Fragen beantworten können, braucht Unterstützer und Fürsprecher, überregional oder international beachtete Meinungen sind sicher auch hilfreich. Und es darf diejenigen, die abstimmen sollen, nichts kosten. Im Raum stehen immernoch 25 Millionen, die die Stadt ausgeben will am Pellerhaus - für garnichts. Alles bleibt wie es ist, sogar die Nutzung als "Haus des Spielens" soll dieselbe bleiben wie heute. Soweit mein Sachstand aus der Lokalpresse. Die 5 Millionen für die Sanierung des Pilatushauses haben sie aber nicht, da fragt man sich wirklich: "quo vadis, Nemberch?" Hallo Mittelmäßigkeit!

  • Die Frage ist, wie dringlich ist das Thema? Sollte keine akute Entscheidung bezüglich einer Sanierung anstehen, ist es vielleicht besser, noch ein paar Jahre lang das Thema gebetsmühlenartig alle paar Monate wieder in die Öffentlichkeit zu tragen und den fertig rekonstruierten Pellerhof Werbung machen zu lassen.

    Sollte die Stadt jetzt aber tatsächlich Planungen anstrengen, in naher Zukunft mehrere Millionen Euro in eine Sanierung des aktuellen Baus zu stecken, dann bleibt wohl nichts anderes übrig, als eine Entscheidung über einen Bürgerentscheid zu forcieren. Denn wenn das Geld aus öffentlicher Hand erst einmal in eine Sanierung gesteckt wurde, dann ist die Rekonstruktion des Pellerhauses in den nächsten Jahrzehnten erst Recht tot.

    Gibt es eigentlich nicht die Möglichkeit, hinter den Kulissen noch Zustimmung von prominenter Seite zu finden? Irgendwelche reichen Nürnberger Lokalpatrioten mit Ansehen oder Geld? So jemand wie Jauch oder Plattner in Potsdam? Hat mal jemand versucht, zum Beispiel an Markus Söder heranzutreten? Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass er als gebürtiger Nürnberger Gefallen an so einem Projekt haben könnte. Und wenn der Ministerpräsident mal bei Gelegenheit den Bürgermeister fragt, was denn da los sei mit dem Pellerhaus, lässt der sich vielleicht eher umstimmen.
    Da bräuchte es jemanden, der wenigstens mal versucht, alle bekannten Leute (zB. auch Vertreter der Tourismusbranche, Präsidenten von Vereinen oder Verbänden, usw.) per Mail zu erreichen und mit Argumenten zu überzeugen. Es muss nicht immer der Weg über die Öffentlichkeit oder Bürgerentscheide sein.
    Ich würde mich ja darum kümmern, wenn ich größere Verbindungen oder Kenntnisse über Nürnberg hätte, aber so von außen würde das dann auch nicht sehr glaubwürdig wirken. Oder kümmern sich die Altstadtfreunde schon um Kontakte und Werbung hinter den Kulissen?

  • Ich denke, die einzige Chance liegt darin, den Bürgern zu sagen:

    50er-Jahre-Pellerhaus - Sanierung mit Millionen Euro an Steuergeldern. Fehlt bei Kindergärten, Schulen usw.

    oder

    Renaissance-Pellerhaus - Rekonstruktion 0 Euro. Die Altstadtfreunde finanzieren alles.

  • Sehe ich genauso.
    Allerdings würde ich das polemische "fehlt in Kindergärten, Schulen usw." weglassen.

    Das ist ja genau das Argument, das von Seiten der Rekonstruktionsgegner all zu oft ins Feld geführt wird, obwohl jeder weiß, dass durch einen entsprechenden Verzicht auf dieses oder jenes Bauvorhaben nicht automatisch neue Kindergärten entstehen.
    [Gekürzt - themenfremd]

  • Wie gesagt sind auch innerhalb der CSU die Meinungen über eine Rekonstruktion der Fassade des Pellerhaus geteilt. Demnächst befasst sich der Stadtrat mit dem Pellerhaus, diskutiert wird über Abriss oder Sanierung des Baudenkmals. Kulturreferentin Julia Lehner (CSU) ist Mitglied im Landesdenkmalrat und hat eine klare Meinung zur Zukunft des Pellerhauses.

    http://www.nordbayern.de/region/nuernbe…bruch-1.8507749
    (Quelle: Nürnberger Nachrichten, 17.01.2019)

  • Die Fragestellung der Zeitung ist ja nun auch schon "dezent tendenziös" . . .:

    "Sprechen sie hier die Altstadtfreunde an, die das jetzige Denkmal ausradieren und durch eine Rekonstruktion ersetzen wollen?"

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Es müßte vielmehr darauf abgehoben werden, daß das historische Pellerhaus ja noch zu erheblichen Teilen existent ist. Wieviel Prozent am Gesamtbauvolumen inklusive Pellerhof ist das denn? Wer hat da Zahlen?
    Und daß die 50er-Fassade vielmehr einem aufgesetzten Provisorium gleicht.
    Das kreuzrippengewölbte Erdgeschoß mit dieser wunderbaren Eingangshalle inklusive Rustikaverblendung, noch vorhandene Treppentürme, und jetzt der teilrekonstruierte Hof sollten doch genügend Bausubstanz darstellen, die einen Wiederaufbau im Sinne dieser Vorgaben rechtfertigen. Das Nachkriegsprovisorium als Archivbau hatte seine Zeit und gut ist! Naiv rhetorisch gefragt, wo ist bitte das Problem? Daß das den Stadtoberen nicht in den Kopf geht!? :augenrollengruen::kopfschuetteln:

  • wo ist bitte das Problem?

    "SchortschiBähr", das "Problem" liegt darin, dass das Sein zu nicht unbedeutenden Teilen das Bewusstsein (mit)prägt. Viele Menschen sind mit den 50er-Jahre-Bauten aufgewachsen. Mag man "Neue Heimat"-Blocks noch als trivial, trist und abrisswürdig erachten, doch ist das mit den gestalterisch anspruchsvolleren Gebäuden schon anders. Es sind die Bauten der eigenen Kindheit, mit denen Erinnerungen verknüpft werden, deren kunsthistorischer Wert zudem zunehmend erkannt wird.

    Lässt die Stadt einfach einen Investor ein solches Gebäude abreissen, um dort Neubauten zu errichten, ist das Bedauern bei vielen Bürgern auch groß. Aber Investoren sind heute anonyme Mächte, die plötzlich einfach kommen und Arbeiter losschicken, und am nächsten Tag wird man vor vollendete Tatsachen gestellt. Das Bedauern wird kaum in den Medien thematisiert, da die Bürger machtlos sind und die Politik und die Architektenschaft ja hinter dem Vorhaben von solchen Neubaublöcken stehen.

    Anders ist es hier. Hier tritt eine klar umrissene Gruppe (Altstadtfreunde/Rekonstruktionsanhänger), die bei Politik und Architektenschaft nicht ganz so beliebt ist, sehr frühzeitig mit offenem Visier auf. Viel Zeit also, sich auf diese Leute einzuschießen, sie zu isolieren, um den Erhalt der 50er-Jahre-Architektur zu kämpfen. Willfährige Journalisten findet man dazu genug. Das wird dann zum Grundsatzkampf hochstilisiert, was vermutlich nicht passiert wäre, wenn ein Konsortium von Investoren aus Dubai und New York Pläne für ein dort zur realisierendes großes, futuristisches Bauvorhaben (nach Plänen der Architektin Zaha Hadid) vorgestellt hätte, von dem sich einige Stadtobere Prestige und satte Steuereinnahmen versprechen würden. Dann würden sie möglichenfalls weit leichter vom 50er-Jahre-Pellerhaus Abschied nehmen können.

    In Frankfurt beispielsweise halte ich es fast für unmöglich, die 50er-Jahre-Bebauung des Römerbergs zugunsten von Rekonstruktionen abzureißen. Zu groß wären die Widerstände, so hoch würde die Empörung mancher Bürger schwappen, dass sich ihr vertrautes Stadtbild für ein als kurios wahrgenommenes Neubauvorhaben verändern könnte.

    Als ich z.B. einem Kumpel von den Plänen zur Neugestaltung und eventuellen Rekonstruktion bei den Städtischen Bühnen in Frankfurt berichtete, war seine Reaktion wie aus der Pistole geschossen ablehnend: "Man muss doch nicht alle Gebäude der Nachkriegszeit abreissen." (Ich musste ihm dann erst mal erklären, dass die Städtischen Bühnen gar nicht aus der Nachkriegszeit stammen) Ähnlich war die Reaktion eines guten Freundes beim Abriss des Palastes der Republik in Berlin.

    Aus diesem Grund bin ich auch stets gegen die von manchen Reko-Freunden vorgetragene These, man solle eine schöne Traditionsinseln schaffen und den Rest der Stadt den modernistischen Architekten als freie Spielwiese überlassen. Damit überlässt man die Lebenswelt von 99,9 % der EInwohner aber diesen Leuten. Und von diesen 99,9 % wird dann irgendwann ein nicht unerheblicher Teil, mit Wärme-Dämmstoff-Flachdach-Blöcken irgendwelche Kindheits- und Jugenderinnerungen verknüpfen und sich später deshalb gegen Abrisse derselben engagieren. Je mehr von diesem Schrott produziert wird, umso stärker wächst zwar auf der einen Seite der Überdruss und die Fluchtbewegung, aber bei einem anderen, nicht unerheblichen Teil das Gefühl der Nostalgie.

  • Deine Analyse kann ich gut verstehen und nachvollziehen. Ich hatte aber auch angemerkt, daß ich rhetorisch naiv frage.

    Beobachten wir jedoch solche nostalgischen Regungen nicht vielmehr im Osten, mit den Bauten der ehemaligen DDR, dort zumeist noch ideologisch verpackt!? Gibt es denn im Westen tatsächlich Bevölkerungsgruppen, die den Abriß von 50iger Jahre Bauten zugunsten von kunsthistorisch und städtebaulich bedeutsamer Architektur bedauern und verhindern wollen. Und im speziellen Falle hier in Nürnberg mit dem Pellerhaus setzen sich doch meistens mehrheitlich Fachleute, Politiker, Intellektuelle und Journalisten für den Erhalt der Fassade ein, oder, wie sieht das in den Kommentarspalten aus? Und sind diese Leute Vertreter der Aufbaugeneration?
    (In Freiburg scheint jetzt das 50iger Amtsgebäude am Johanneskirchplatz nicht abgerissen, sondern saniert zu werden. Darüber bin ich froh! Aber sonst wäre da auch eine Investorenkiste hingekommen.)

    Visualisierungen müssen unters Volk gestreut werden, und ran mit der Rekoplane. Besser mit eigenem Gerüst links daneben, damit man den Vergleich sehen kann. Wer wird denn dann ein schmuckes Kleinod verschmähen wollen!?
    Haben das die Altstadtfreunde schon bedacht? Direkte Vorhangplane darf ja nicht sein, aber daneben gestellt? Vielleicht wäre das ein Weg? Oder sonst halt als visuelle Reko in Form von Plakat, Flyer und im Netz.
    Wie sähe das aus: die Pellerhausfassade neben den Pellerhaus-Archivbau gestellt? Nur zum Vergleich, wie gesagt.

    Oder doch umgekehrt gebaut: wenn der linke Nachbar auch wiederaufgebaut werden soll, könnte die 50iger Jahre Fassade dort wieder errichtet werden (dann mit höheren Stockwerken) und auf den alten EG-Sockel kommt die wunderbare Pellerhausfassade mit allen Innenräumen.

    Es braucht schlicht mehr geschmeidige Flexibilität im Denken. Hach, diese Diskussionen in D sind so zäh betoniert und schwerfällig, keine Spur von echter Kreativität und geistigen Esprit!
    Aber das wollen ja Land auf und Land ab einige Konsorten nicht.

  • Aus dem Newsletter der Altstadtfreunde (Darf man das veröffentlichen?):

  • Wir, der Vorstand der Altstadtfreunde, sind der Meinung, dass der 50er-Jahre-Bau auf dem Erdgeschoss des alten Pellerhauses deplatziert wirkt, dass er – wie wir täglich beobachten – die Menschen davon abhält, den prächtigen Hof zu besuchen, dass er auch nach Umbau und Sanierung für viele Millionen Euro nur ein voll nutzbares Geschoss aufweisen wird und dass die restlichen vier Geschosse den heutigen Anforderungen einer Archivnutzung nicht entsprechen, um hier nur einige Argumente zu nennen. Der letzte Punkt war übrigens das entscheidende Kriterium, das Landeskirchliche Archiv in der Veilhofstraße, einen sehr charakteristischen Bau der Nachkriegszeit, vor fünf Jahren aus der Denkmalliste zu streichen und abzureißen. Natürlich ohne Rechtsbruch!

    Das ist es eben was mich auf die Palme bringt: Der evangelischen Landeskirche war ein denkmalgeschützter Bau im Weg - sie durften abreißen. Der Aurelis war ein denkmalgeschützter Bau an der Bahnhofstraße im Weg - sie durften abreißen. Der Umwidmung des Bürogebäudes am Rathenauplatz für die städtische Zulassungstselle war ein Denkmal im Weg - sie durften abreißen. Damit ist die Liste noch nicht zu ende. Aber jetzt, wo es ersteinmal darum geht ein angebliches Tabu, das die Stadt und ihre Behörden schon selbst mehrfach gebrochen haben, überhaupt zu diskutieren und vielleicht auch einen Kompromiss auzuloten, machen sie alle dicht und schimpfen über Rechtsbruch usw.
    Dabei müsste im Denkmalamt nur mal jemand zur Besinnung kommen und dem Pellerhaus ob seiner Problemhaftigkeit den Denkmalschutz aberkennen - wie es hilfsweise bei o.g. Beispielen stets auf Bitten entsprechender Unternehmen vorgenommen wurde. Und schlagartig wären alle Argumente der Rekonstruktionsgegner verpufft. Das ist doch paradox und lässt mich echt an der Dialogfähigkeit und Bürgernähe unserer Stadtoberhäupter zweifeln.
    Aber auch andere Nürnberger machen derzeit unangenehme Erfahrungen mit den Bauordnungsbehörden der Stadt. Kommunikation für eine sinnvolle und nachhaltige Kompromisslösung im Sinne der Betroffenen ist wohl nicht ihre Stärke.

    Sollte das mit dem Pellerhaus weiterhin so blockiert und diskreditiert werden, und es irgendwann in der näheren Zukunft einen Fall geben, dass irgend ein Unternehmen, irgend eine Behörde oder irgendwer ein Denkmal beseitigen oder nur verändern will, flammt die Diskussion sofort wieder auf. Die Büchse der Pandora, die die Stadt selbst immer wieder geöffnet hat, wird sie mit ihrer jetzigen Strategie nicht mehr los. Sie muss sich dem Dialog stellen!

  • Nur mal so als kleiner Einwurf. Im Faden über Pirmasens hat "Kurpfalz" auf den Abriss einer 50er-Jahre-Schule (Nagelschmiedsbergschule) mit originalem Mosaik hingewiesen. Dieser Bau ist sehr typisch für jene Bauepoche, und offenbar stellt es überhaupt kein Problem dar, ihn abzureißen. Da wird also viel mit zweierlei Maß gemessen.

    RE: Pirmasens

    Bilder:

    https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:…irmasens-01.JPG

    https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Nage…s-02-Mosaik.JPG

  • Wie sollte denn eine Formulierung in der Oeffentlichkeit aussehen? Sie muss kurz und reisserrisch mit Wahrheit sein!

    Etwa so:

    "Stadt will fuer Millionen Steuergelder erneuerte Fassade kaufen! "

    ?!? Wuerde stimmen, weil die Satdt jetzt eine Fassade geschekt bekommt, aber anstelle mit viel Steuergeld die Disney Fassade aus den 50`zigern erneuern will, also sich diese "erkaufen" will.

    oder so:

    "Stadt will Disney Fassade erzwingen!"

    besser:

    "Sadt will mit Millionen Fassade kaufen! "

    Was meint Ihr?

  • Natürlich wird der Denkmalschutz nur vorgeschoben. Niemand würde der Mayer-Fassade ehrlicherweise eine Träne nachweinen. Man will ein Exempel statuieren, um deutlich zu machen dass Rekonstruktionswünsche heute und in Zukunft keine Chance haben. Dahinter steht wie üblich nur die ideologische Kampfmontur, keine rationalen Überlegungen. Wer das Beste für Nürnberg will, kann sich bei diesem sich stets wiederholenden Theater nur an den Kopf fassen.

    In dubio pro reko

    2 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (18. Januar 2019 um 09:20)

  • Man kann auch nicht deutlich genug sagen, dass der größte Teil des 50er-Jahre-Ensembles, inkl. der oft fotografierten Innenräume, erhalten bleiben soll! Nur der nicht nutzbare Teil (man könnte sagen, der wirtschaftlich nicht tragbare) wäre betroffen, um das historische Pellerhaus zu vervollkommnen. Und die 50er-Jahre-Fassade könnte transloziert werden.

  • Das ist es ja, der gesamte Komplex ist groß genug und auch wertig genug, um einen Kompromiss zu erzielen. Selbst wenn man das Pellerhaus rekonstruiert bliebe ein hochwertiges Beispiel der 50'er Jahre stehen, das Imhoffhaus. Mir hat sich eine Diskussionsrunde im Lesesaal des Imhoffhauses, veranstaltet vom BDA, so ins Gedächtnis gebrannt: Dort traten herangekarrte Architekten und Professoren auf, die in ihren Statements zugegeben haben dass sie das heutige Pellerhaus bis gestern abend gar nicht kannten (!!! - wie auch, es ist ja auch nicht wirklich was besonderes und deshalb wenig bekannt), aber dann losschwärmten über diesen tollen Lesesaal und das elegante, freitragende Treppenhaus. Dabei sind diese Dinge gar nicht im Pellerhaus und sind auch garnicht bedroht. Im Nachhinein ist mir richtig klar geworden dass hier viele verschiedene Dinge miteinander verwischt werden und seitens der Rekogegner auch keinerlei Interesse daran besteht, das aufzuklären, denn das könnte den Weg in den Dialog ebnen und zu einem Kompromiss führen.

    Die bisher durchgeführten Abrisse von Denkmalen in Nürnberg werden seitens des Denkmalschutzes und der Architekten auch einfach weggewischt mit dem Hinweis darauf, dass der Denkmalschutz ja vorher aberkannt wurde, die Experten hätten das Bauwerk nochmal auf seine Eigenschaften geprüft und seien zu dem Schluss gekommen, dass eben kein Denkmalwert mehr begründbar sei. Demzufolge seien keine Denkmale abgerissen worden. Für mich, der ich beruflich ebenfalls mit der Anwendung und Auslegung von Gesetzten zu tun habe ist das schwierig: Schön, wenn man Gesetze so anwenden kann, dass man das gewollte Ziel erreicht. Aber letztlich sind es advokatische Winkelzüge, Taschenspielertricks, mit denen man da arbeitet. Immer wenn ich o.g. Beispiele anspreche wird darauf hingewiesen, das seien ja keine Denkmale mehr gewesen. Daher frage ich mich was für ein Denkmal bleibt das Pellerhaus denn wenn es erst saniert ist, und die jetzt noch originale Substanz verändert worden ist? Wovon hängt das ab, nach welchen Kriterien wird das definiert, welche Teile müssen noch wie vorhanden sein usw....

    Außerdem frage ich mich folgendes: Die aggressivsten Rekogegner haben auch in der Presse immer wieder betont, dass der wunderbare 50'er-Jahre-Bau bereits durch den Pellerhof in seiner Wirkung beeinträchtigt sei (schwer zu ertragendes Argument). Die Beeinträchtigung eines Denkmals kann letztlich auch zur Aberkennung des Denkmalwertes führen, wie oben beschrieben, und ihren Abriss ermöglichen. Das heutige Pellerhaus entspricht mit dem wiederaufgebauten Hof schon nicht mehr dem, was das damalige Gutachten festgestellt hat (dort ist wohl noch von der Hofruine die Rede). Vielleicht müsste man den Denkmalwert erneut prüfen, ein Gutachten durch die AF und eines durch die Rekogegner. Mir wäre wichtig bei der Prüfung auch folgende Fragen zu bearbeiten:

    • Ist der Wiederaufbau in dieser Form - als Zusammenlegung zweier ursprünglich getrennter Gebäude unter dem gemeinsamen Namen "Pellerhaus" als gelungen zu bezeichnen, wenn das Pellerhaus nur als nicht nutzbare Ruine bestehen blieb? Hat man nicht eigentlich das Imhoffhaus wieder aufgebaut und ihm einen glanzvollen Namen vorgeblendet?
    • Ist der bestehende Bau als Ganzes überhaupt zukunftsfähig? Weite Teile sind Lagerflächen, die Bibliotheksnutzung ist sehr speziell und schwer zu transformieren und durch die unglückliche Erschließung über den Pellerhaustorso steht sich das Haus selbst im weg.
    • Wie ist die bereits erfolgte Rekonstruktion des Hofes zu bewerten: Als logische, vom bestehenden Denkmal implizierte Konsequenz der Konservierung der Hofruine in eine aus damaliger Sicht offene Zukunft, die weiter verfolgt werden kann (an anderer Stelle in der Altstadt steht in den Boden geschrieben "möge der Wiederaufbau künftigen Generationen vorbehalten sein"? Oder war es tatsächlich die Absicht, mit dem neuen Pellerhaus ein Mahnmal gegen Krieg zu bauen, indem eine Ruine bis in alle Ewigkeit zu sehen sein soll - mit dem Dilemma, dass sich die Stadt zunehmend zu einem schwer verständlichen Museum entwickeln würde und verbunden mit der Frage, ob es diese Funktion überhaupt je ausgefüllt hat. Dann war bereits der Wiederaufbau des Hofes ein Fehler und hat das Denkmal in seinem Wert bereits jetzt fast zerstört, denn man sieht keine Ruine mehr.
    • Kann das Vermächtnis der Mayer-Architekten nicht schon durch den Erhalt des Imhoffhauses, in dem sie sämtliche Innenraumqualitäten plazierten, als ausreichend gewürdigt gesehen werden bzw. besteht nicht in der möglichen Rekonstruktion des Pellerhauses die eigentliche Würdigung ihrer Wiederaufbauleistung, die durch ihr damaliges Konzept erst dauerhaft möglich geblieben ist.

    Ich frage mich schon, ob es auch aus damaliger Sicht zukunftsfähig ist in einen Neubau eine verfallende Ruine zu integrieren und ob das wirklich Anspruch und Funktion des damaligen Projektes war. Der Verlust des weltberühmten Hauses lag da erst 10 Jahre zurück. Mir fallen spontan keine erfolgreichen Beispiele dieser Form des Wiederaufbaus ein. Die Zeppelintribüne, in der die Stadt ebenfalls einen "kontrollierten Verfall" anstrebt als Mahnmal gegen Faschismus und Krieg geht in ähnliche Richtung, aber überzeugender, und ist trotzdem konstruktiv, pflege- und nutzungstechnisch problematisch und didaktisch umstritten.

    @ Neußer: Habe ich schon mehrfach z.B. in Leserbriefen geschrieben, die wurden auch abgedruckt. Wird nur einfach überlesen, die Argumente sind unangenehm aus o.g. Gründen.