Nürnberg - Rekonstruktion des Pellerhauses

  • Danke Euch! Hier wurde einiges an Informationen zusammengetragen. Im Vorstand Stadtbild Deutschland diskutierten wir darüber und wir werden Kontakt zu den Altstadtfreunden aufnehmen.
    Ungeachtet dessen, wäre es gut, wenn ihr alle so viele Leserbriefe wie möglich schreiben würdet.

    Beauty matters!

  • Hallo Zusammen,

    ich habe die letzten Tage Informationen zusammengetragen. Der Stand ist wohl der, dass im Stadtrat keine Mehrheit zusammen kommt. Der Bürgermeister Maly ist absolut dagegen und die Kulturreferentin von der CSU, Julia Lehner.
    Das muss sich ändern.

    Auch wir von Stadtbild Deutschland möchten uns in dieser Sache engagieren. Ich persönlich habe es lokal bereits versucht, stellte aber fest, dass ich eine Gruppe von Mitstreitern brauche.
    Deshalb möchte ich eine eigene Arbeitsgruppe im Forum gründen. Ich habe dazu bereits ein Konzept ausgearbeitet. Das bedeutet, dass jeder alle zwei Wochen eine Viertelstunde Zeit für die Arbeitsgruppe opfern müsste.
    Es müssen nicht nur Nürnberger sein, auch außerhalb kann man gerne mithelfen.
    Da ich leider nicht direkt in Nürnberg wohne, wäre es natürlich toll, einen Nürnberger Bürger für dieses Projekt gewinnen zu können. Treffen sind geplant.

    Zugang und Einsicht zur Arbeitsgruppe können nur eingeladene Mitglieder bekommen. Das bedeutet, dass jeder der mitmachen möchte, sich bei mir meldet und stichpunktartig mir in zwei Sätzen mitteilt, warum er dabei sein möchte.
    Ich hoffe es finden sich mindestens vier Leute.

    Beauty matters!

  • Also der Bericht in der NN war weit größer als angenommen.

    Folgendes in Stichpunkte war vergangenes Wochenende auf einer kompletten Seite zu lesen:


    Herr Enderle rechnet sich bei einem Bürgerbegehren mehr Chancen aus, als im Rathaussaal. Eine Mehrheit im Stadtrat ist nicht in Sicht. Herr Enderle glaubt an die Wirkung eines Transparents, dass die Fassade am Pellerhaus befestigt werden sollte, was allerdings vom Stadtrat nicht genehmigt wurde.


    Der Bund der Deutscher Architekten sieht darin einen Schlag gegen die großartigen Leistungen des Wiederaufbaus und den Versuch, die Zeichen des Krieges vergessen zu machen“. Für den Verein BauLust ist „dieses Gebäude nicht nur von ausgesprochener Schönheit und Eleganz, sondern auch Ausdruck der damals wieder erstarkenden Demokratie.

    Ulrich Maly: Spricht von einem der „besten Beispiele, die die Architektur der Wiederaufbauzeit in Nürnberg hervorgebracht hat“


    Nikolaus Bencker von der Unteren Denkmalschutzbehörde formuliert es so: Ein Aus für das Pellerhaus der Nachkriegsarchitekten Fritz und Walter Meyer wäre schlicht und einfach ein Gesetzesverstoß, der durch nicht zu rechtfertigen wäre…. die Pläne der Stadt, die einstige Stadtbibliothek mit Blick auf den Kulturhauptstadt Titel 2025 zum „Haus des Spiels“ samt Spielearchiv zu machen und zu sanieren, seien geradezu ideal. Es herzurichten ist kein Problem und bedauert die fehlende Wertschätzung. „Der Abstand zur Bauzeit ist einfach noch zu gering“ Kommende Generationen müssen die Chance haben anders zu beurteilen.Was weg ist, ist weg. Unwiederbringlich.

    25 Millionen sind dafür im Stadtrat veranschlagt.


    Ein Architekturbüro wird per Ausschreibung bereits gesucht, laut Enderle.


    Dann wird noch ein bisschen über die Architekten Fritz Meyer und seinem Sohn Walter erzählt.

    (Ich wusste gar nicht, dass die Ehrenhalle im Luitpoldhain auf ihre Kappe ging).

    Beide lehnten den Wiederaufbau ab: „So gut eine Nachahmung auch sein mag, es bleibt doch eine Kopie“ Der Baukunstbeirat lobte damals die „Wahrhaftigkeit, Echtheit und Klarheit“ der Pläne“ „Wen dabei heute bei manchen Bauten die menschlich-wärmende seelische Ausdruckskraft noch vermisst wird, so wissen wir, dass diese keineswegs gewonnen werden kann durch Zurückgreifen auf alte Formen, sondern nur durch mutiges Weiterschreiten ins völlig Neue“


    Dann gab es noch einen Kommentar von Claudine Stauber: „Denkmäler abzuräumen ist nicht das Kerngeschäft. Warum die Altstadtfreunde die Finger vom dem Großprojekt Pellerhaus lassen sollen“

    Schmunzeln musste ich an dieser Stelle:


    „Wie zwei Dampfloks, die aufeinander zu rasen“ seien die gegenläufigen Pläne von Stadt und Alstadtfreunden wird Herr Enderle zitiert.


    Wie eine Dampflok können wir nicht agieren, sondern eher als unterstützende Kavallerie mit Pfeil und Bogen.

    Deshalb wäre es toll, wenn sich bei meinem Aufruf paar Mutige sich noch melden würden, um gemeinsam die Pfeile zu spitzen Ich habe übrigens das Engagement auf eine Viertelstunde heruntergekürzt. Auch ein Vielbeschäftigter wird 15 Minuten innerhalb von zwei Wochen Zeit finden!

    Beauty matters!

  • Liebe Franka

    Vielen Dank für Dein großes Engagement in dieser Sache. Ich finde die Idee richtig und gut und bin ebenfalls der Meinung, dass es ohne einen gewissen Druck und energischeres Vorgehen in der Causa Rekonstruktion des Pellerhauses kaum eine Chance auf einen Erfolg der Rekonstruktionsbemühungen geben wird. Ich lese hier immer sehr gerne mit und würde mich auch gerne engagieren. Und Du hast Recht, eine viertel Stunde in zwei Wochen kann man auf jeden Fall aufbringen.

    Allerdings weiß ich nicht, ob ich in diesem Zusammenhang der Richtige wäre, einfach weil mein Detailwissen bzgl. des Pellerhauses als eher rudimentär zu bezeichnen ist. Sobald ich Zeit finde, würde ich mich diesbezüglich einlesen und dementsprechend später zum Team dazu stoßen. Allerdings stehen mir bis Ende Mai noch einige Prüfungen ins Haus...

    Ich werde am Wochenende, falls ich nächste Woche keine Prüfung und somit Zeit haben sollte, einen Leserbrief an die NN schreiben.

    In der Zwischenzeit bleibt mir nur Danke zu sagen für die bisherigen Bemühungen und uns allen die Daumen zu drücken, dass sich endlich etwas bewegt in Nürnberg, und zwar endlich zum Positiven, zu einer Rekonstruktion des Pellerhauses.

    Liebe Grüße aus Stuttgart

  • In dem NN-Artikel ist die gesamte Phalanx der Rekonstruktionsgegner aufgetreten. Dabei muss man sich echt wundern über die Huldigungen des angeblich so gelungenen Wiederaufbaus. Die Stadt hatte wohl damals die Auflage gemacht, die Reste des alten Pellerhauses nicht abzureißen, sondern zu erhalten. Was haben die Architekten getan? Sie haben dennoch ein Stockwerk des Hofes abbrechen lassen, was zum Kriegsende noch stand. Es wurde ein Magazinwürfel auf das Pellerhaus-Erdgeschoss gestellt und alle, wirklich alle noch vorhandenen Teile ignoriert. Der Hof und der originale Treppenturm wurden mit Notdächern(!!!!) versehen, konnten aber nicht mehr erschlossen und begangen werden. Der Treppenturm führt bis heute ins Leere:

    Es sollte im Hof eine langsam verfallende Ruine entstehen, die zudem nur für jene sichtbar sein konnte, die Zugang zum Magazintrakt hatten. Was bitte ist an diesem Konzept "elegant", "Ausdruck einer erstarkenden Demokratie" oder "das Beste was Nürnberg nach dem Krieg hervorgebracht hat"? Das ist grotesk und völlig abwegig, um nicht zu sagen phantasierend und so ziemlich das misslungenste vorstellbare Konzept einer Verbindung historischer mit neuer Substanz. Nun will es die Stadt für 25 Millionen sanieren und erhalten, genauso wie die Zeppelintribüne für mehrere Millionen, die in einem Anfall von Geschichtsklitterung 20 Jahre (!!) nach dem Krieg teilweise gesprengt wurde. Keine Glanzleistungen der Nürnberger Nachkriegsarchitektur, da spielen z.B. das Plärrerhochhaus, die Quelle oder das Schneckendorf'sche Rathaus auf weit höherem Niveau. Alle genannten Offiziellen verrennen sich hier in kruden Huldigungen bar jeder Grundlage.

  • Für den Verein BauLust ist „dieses Gebäude nicht nur von ausgesprochener Schönheit und Eleganz, sondern auch Ausdruck der damals wieder erstarkenden Demokratie.

    Das ist auch so eine billige Masche, die derzeit von den Modernisten gefahren wird: der verhunzte Nachkriegswiederaufbau wird zum Symbol der Nachkriegsdemokratie hochstilisiert. Damit soll dann natürlich jede Rekonstruktion, die die Bausünden der Nachkriegszeit wiedergutmachen will, im Umkehrschluß als "anti-demokratisch" diffamiert werden.

    Das ist so billig und durchschaubar. Aber die Halbgebildeten, Feuilletonisten und Lokalpolitiker werden doch wieder darauf reinfallen.

  • Keine Glanzleistungen der Nürnberger Nachkriegsarchitektur, da spielen z.B. das Plärrerhochhaus, die Quelle oder das Schneckendorf'sche Rathaus auf weit höherem Niveau.

    Das, als kleiner Einwand, finde ich nun aber nicht. Das Plärrerhochhaus mag ja über ein 50er-Jahre-Treppenhaus (hier) verfügen, ansonsten aber ist das ein ziemlich einfallsloser Rasterklotz. (hier) Die meisten Leute würden dem Abriss dieser "Glanzleistung" keine einzige Träne nachweinen. Ist mit der "Quelle" etwa dieses Gebäude gemeint? (hier) Dann ist das Lob noch unverständlicher. Solcherlei findet sich in jedem Gewerbegebiet. Und der Rathaus-Neubau von Schneckendorf ist zwar noch halbwegs gefällig eingepasst (hier), aber steht eigentlich zu präsent am falschen Platz.

    Das Plärrerhochhaus erinnert in der Fassadengestaltung ein wenig an den Bundesrechnungshof in Frankfurt (hier), der gerade absurderweise für viel Geld entkernt und erhalten wurde. Es gibt durchaus interessante und erhaltenswerte Architektur der 50er Jahre, z.B. das Juniorhaus in Frankfurt (hier), das Blau-Gold-Haus in Köln (hier), das Bayer-Haus/Fleming´s in Frankfurt mit seiner Dachterrasse (hier), vor allem auch mit seinem Interieur (hier), sogar das Hochhaus an der Fahrgasse in Frankfurt mit seinem dezenten Grünton (hier). Auch gibt es interessantere, weniger monotone Rathausfassaden der 50er Jahre, z.B. das Rathaus in Böblingen (hier). Die oben genannten Beispiele gehören aber definitiv nicht zu den erhaltenswerten Glanzleistungen dieser Epoche. Von diesen ist das Pellerhaus, so sehr das schmerzt, gestalterisch noch das interessanteste Werk mit seinem Rundbögen-Abschluss und dem Metallgestänge. Einfach wird dieses Vorhaben nicht, und ich hoffe nicht, dass sich die Altstadtfreunde da eine blutige Nase holen.

    Das ist auch so eine billige Masche, die derzeit von den Modernisten gefahren wird: der verhunzte Nachkriegswiederaufbau wird zum Symbol der Nachkriegsdemokratie hochstilisiert.

    Ja, und wenn sie es bei Gelegenheit drehen wollen, dann können sie die Häuser einfach auch wieder als Produkte der autoritären, muffigen Adenauer-Zeit, darstellen, die die NS-Vergangenheit angeblich verdrängte, und erst der Beton-Brutalismus der Post-68er-Zeit markierte den wahren Weg in die Demokratie und die Zeit der "Kreativität". :P
    Die Argumente fallen dem Ideologen zu, wie er sie sich zurechtbiegen möchte. :zwinkern:

  • Das ist alles so furchtbar anstrengend in Deutschland, mit diesen ideologischen Lagern und diesem verordneten Zeitgeist. Man wird regelrecht ins innere Exil vertrieben.

    In dubio pro reko

  • Ich denke, eine der zentralen Aufgaben der Rekobewegung wird es in Zukunft sein, diesen völlig konstruierten Zusammenhang von Demokratie und Gebäuden endlich einmal aufzulösen!!!
    Kein Bauwerk ist an sich demokratisch oder undemokratisch, kein Materiel ist demokratischer als ein anderes. Das ist ja diese normative Überhöhung, die von bestimmten Kreisen immer wie eine Monstranz als letztes Schutzschild vor jedes Bauwerk geschoben wird, wenn es sonst keine anderen Argumente mehr gibt.
    Wenn man in Nordkorea eine Glasfassade baut, ist das Gebäude dann demokratisch? Wenn ich möglichst viel Stein einsetze, ist es dann ein Signal für autokratische Züge?
    Ist es mittlerweile nicht das genaue Gegenteil? Man schaue in den Nahen und Mittleren Osten. Da schmücken sich die Scheichs mit der ach so demokratischen Moderne und ziehen einen Glasturm nach dem anderen hoch. Hat das diese Staaten jetzt demokratischer gemacht?
    Nicht das Baumaterial, nicht der Baustil, nicht das architektonische Konzept machen ein Gebäude demokratisch. Es sind die Menschen selbst, die es entweder tun oder nicht tun. Meiner Meinung nach ist gerade dieses Spiel mit dem Demokratiebegriff von genau jenen Leuten, die eigentlich für den Demokratiebegriff eintreten wollen, das genaue Gegenteil, weil mit dieser Argumentationsweise jede Chance auf wahre Demokratie verspielt wird. Denn es gibt ja gar keine Chance auf eine pluralistische und wertfreie Diskussion im zusammenhang mit konkreten städtebaulichen Projekten. Mit der Anmaßung, dass alles, was nicht "modern" ist generell im Verdacht steht, undemokratisch zu sein, bedient man somit selbst die Klaviatur des Antidemokratischen!
    Es ist an der Zeit, dass man diese Leute damit nicht mehr durchkommen lässt! Denn Demokratie ist Vielfalt, offener Meinungsaustausch und die Kraft des Arguments! Und nicht der Sieg der Ideologie!

    APH - am Puls der Zeit

  • Bravo Apollo :harfe:

    Insbesondere der Vergleich mit der Baupolitik der derzeitigen Autokratien gefällt mir besonders gut.
    Genau in diesem Bereich sollte unser Verein aufklärerisch tätig werden, um auf die Unzulänglichkeit dieser Argumentation der Rekogegner, Architekten und vor allem auch vieler Politiker - die derartige Formulierungen ja meist unreflektiert wiedergeben - hinzuweisen.

  • @ Heimdall: Danke für deinen Einwand. Ich bin in Frankfurt jetzt nicht so firm, mir geht es bei meiner Argumentation aber um zwei wesentliche Dinge: Erstens, was kann Nürnberg als Beitrag der Wiederaufbauzeit vorweisen? Immerhin gilt die Nachkriegszeit in Nürnberg als wichtige Architekturepoche, und um sie zu würdigen ist es eben wichtig nicht ausschließlich auf Rekonstruktionen des Rathauses, der Kirchen, der Burgteile und der Stadtmauer abzustellen, sondern auch Vertreter der damaligen Moderne zu berücksichtigen. Und hier sehen wir leider, dass sich die Offiziellen hier vollkommen auf das Pellerhaus fokussieren, als seien in dieser Zeit keinerlei weitere Beispiele für gelungene oder ikonenhafte Neubauten entstanden. Ich versuchte einen Listenvorschlag zu machen für Gebäude, die ebenfalls als Denkmale bereits geschützt sind, und das für mein Empfinden durchaus zu recht, auch wenn man sich über die "Schönheit" jeweils streiten kann oder bessere Beispiele anderswo finden könnte. Dein Einwand ist zwar berechtigt, aber führt unweigerlich zum Schluss dass das Pellerhaus tatsächlich das beste ist, was Nürnberg aus dieser Epoche vorweisen kann. Das wäre aber das Ende der Diskussion.
    Und zweitens: Trägt denn eines der von dir genannten Beispiele einen so berühmten Namen wie "Pellerhaus", das auf eine über 400-jährige Geschichte zurückblickt und schon seinerzeit ein bedeutender Vertreter seiner Zeit war? Für deine Frankfurter Beispiele kann ich das nicht sagen, aber für meine Nürnberger Beispiele meine ich einschätzen zu können, dass sie auf vergleichsweise unbedeutendem architekturhistorischem Baugrund stehen. Nicht aber das Pellerhaus. Diese Aufgabe hatten die Nachkriegsarchitekten zu lösen, und das haben sie in meinen Augen nicht gut gemacht. Der Hof wurde strukturell überhaupt nicht eingebunden sondern war isoliert hinter Glas wie ein Diorama dem Verfall überlassen. Kulissenarchitektur. Unglücklicherweise wurde fortan das Imhoffhaus auch Pellerhaus genannt und alles gesellschaftlich relevante spielte sich dann dort ab.

    Unterm Strich wird also heute argumentiert, das Pellerhaus dürfe nicht abgerissen werden, weil das Imhoffhaus ja so ein schönes Treppenhaus, schönen Innenhof und schönen Lesesaal habe. Leider ist dieser Umstand wirklich nur zu begreifen, wenn man sich in dem Gebäudekomplex bewegt und erkennt, was zu welcher Adresse gehört. Übrigens, das runde Tonnengewölbe und die Metallstäbe sind zwar nett, aber in keinster Weise mit der Bedeutung des Hofes oder gar des eigentlichen Pellerhauses zu vergleichen.

    Ich glaube eher dass die Entscheidung, das Pellerhaus nicht zu rekonstruieren der Sündenfall für die weitere Entwicklung der Altstadt war, die letztlich im Abriss des Unschlittplatz gipfeln sollte, als dort eine Altstadtautobahn geplant war. Das hat letztlich zur Gründung der Altstadtfreunde geführt und führt seither immer wieder zu Spannungen zwischen Stadt und Altstadtfreunden. Enderle hat Recht wenn er feststellt, dass die Nürnberger das neue Pellerhaus nie richtig angenommen haben. Das kann man jeden Tag vor Ort feststellen. Es ist wenig los, und wer kommt sucht oft das alte Pellerhaus bzw. den Hof. Und die Stadt hat vor vielen Jahren ebenso den Standort als Stadtbibliothek aufgegeben, alle haben dem Ort den Rücken zugekehrt, außer den Altstadtfreunden. Besuchen Sie mal das "Haus des Spielens" im Imhoffhaus, das ist aktuell eher eine gruselig-traurige Angelegenheit weil das Konzept nicht wirklich zieht. Und der gepriesene Hof im Imhoffhaus wird faktisch nicht genutzt, da wuchert das Moos, er vergammelt, obwohl das Imhoffhaus eigentlich recht schön ist.

    Letztlich geht es hier um zwei getrennte Bauaufgaben, die auch getrennt behandelt werden müssen. Es führt in ein Dilemma, wenn man beides wie bisher unter dem Sammelbegriff "Pellerhaus" zusammenfasst und krampfhaft zu entwickeln versucht. So ist der Komplex zu groß und zu kompliziert - jetzt mit dem restaurierten Pellerhof und dem Haus des Spielens, wohl als Außenstelle der Stadtbibliothek bis unters dach voll mit Brettspielen oder wie? Wer soll die Sanierung und den Unterhalt bezahlen, zusätzlich zum Spielzeugmuseum und der Stadtbibliothek am Gewerbemuseumsplatz? Das wird ein beispielloses finanzielles Wagnis für die Stadt!

    Das einzig schützenswerte am heutigen Pellerhaus ist seine Fassade mit den Tonnen und Antennen. Die könnte man aber auch am Imhoffhaus überzeugend montieren, da muss man nichtmal ein Erdgeschoss dazuerfinden, es ist schon das passende vorhanden.

  • @ Apollo: Richtig. Und das Pellerhaus wird gewiss keine Ikone demokratischer Architektur, wenn man die Bevölkerung nicht genau aufklären will, sondern eine Bevormundung von oben herab durchsetzen möchte. Das ist aber aktuell die Strategie der Stadtverwaltung! Das ist aber halt demokratieschädigend.

  • Weiter gedacht: Wenn ich die Entscheidung, das Pellerhaus nicht zu rekonstruieren als Sündenfall sehe, an dem sich die Weichen grundsätzlich in eine erhaltungs- und rekonstruktionsfeindliche Richtung umgestellt hatten, was letztlich zur Gründung der Altstadtfreunde führte, dann ist das heutige Pellerhaus ja gerade kein Beispiel für demokratische Architektur, wenn sich an ihm wahrnehmbarer Bürgerprotest entzündet! Es ist damit ja quasi das Gegenteil, ein Beispiel für an Bürgerbeteiligung vorbeigehender Hinterzimmerpolitik und Gremienklüngel.

  • Ich denke, man muss ein gewisses Verständnis für die Nachkriegsgeneration aufbringen. Bauen war zu jeder Zeit auch immer ein Instrument der Machtdarstellung und der eigenen Repräsentation. Bauen war nie ganz unpolitisch und wird es vermutlich auch nie sein, gerade wenn der Staat als Akteur selbst baut.
    Und ich kann die Intention der 50-er und 60-er Jahre sogar etwas verstehen, dass man in der direkten Nachkriegszeit auch baulich bewusst einen Kontrapunkt setzen wollte. Und dass man sich dann versucht maximal abzugrenzen von dem was war, ist menschlich total nachvollziehbar und ich mache das auch niemanden zur damaligen Zeit zum Vorwurf. Ich glaube wirklich, dass man das beste wollte.
    Aber unser liebes Mitglied suebicus hat es gestern in einem anderen Beitrag trefflich beschrieben, das Rebellische, die Auflehnung, die Abrechung mit allem, was war, ist über die Jahrzehnte selbst zur Ideologie geworden, man schreibt jetzt seit 75 Jahren in ständiger Wiederholung seine eigene Geschichte immerzu fort. Das, was einmal Rebellion und demokratischer Aufbruch war, ist zu einem reine Selbstzweck geworden. Das, was mal ein Symbol des Neuanfangs war, ist heute ein Anker des Stillstandes. In der moralischen Überhöhung hat man sich zur Geisel seines eigenen Konzepts gemacht.
    Indem man Bauten grundsätzlich Eigenschaften wie demokratisch und antidemokratisch zuschreibt, schafft man den Nährboden für eine immer fortwährende Verengung der Diskussion. Man wird Opfer des eigenen Narrativs. Und die Folgen sehen wir jetzt. Das, was mal als demokratisches Statement gedacht war, wird zum antidemokratischen Fanal. Man hat begrifflich, ideologisch, normativ so hohe Mauern in der Argumentation und Ideologie aufgebaut, dass man selbst kaum dahinter zurück kann. Man ist 75 Jahre im fachinternen Diskurs nur noch in eine Richtung gelaufen, hat überhaupt keine anderen Meinungen gedultet, weil man sich ja immer auf den demokratischen Ursprung der Bewegung berufen konnte.
    Nur fürchte ich, dass man genau mit dieser Herangehensweise letztlich den eigenen Untergang forcieren wird, weil man sich so derart weit vom Allgemeinempfinden entfernt hat, dass es irgendwann kein nebeneinander mehr geben kann, sondern es den harten Bruch gibt, auch das hat die Geschichte immer wieder gezeigt.
    Im Bezug auf das Pellerhaus gäbe es durchaus Lösungen, die beide Seiten in einem demokratischen Diskurs ausloten könnten. Dafür müsste an aber mal Abrüsten was Wortwahl und normativer Pathos angeht. Denn letztlich geht es hier "nur" um ein Gebäude. Nicht um unsere Demokratie, nicht um die Leistungen einer Generation, nicht um den Untergang des Abendlandes. Wenn wir mal dahin zurück gehen würden, was die eigentliche Fragestellung ist, nämlich wie sich ein Kompromiss finden lässt, denke ich, dass man hier zügig zu einer Einigung finden würde.
    Ich denke, dass ein Angebot nach einer Translation der aktuellen Fassade an einen anderen Ort in Nürnberg der Durchbruch sein könnte, wenn man es denn will. Das historische Pellerhaus war ein überragendes Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung. Das aktuelle Pellerhaus ist ein durchaus kreatives Denkmal der Wiederaufbauzeit. Anstatt immer über ein entweder-oder zu reden, sollten wir Lösungen suchen, die den Erhalt beider Bauten inkludieren. Eine Strategie, die ich mir z.B. damals auch in Berlin in der Diskussion um den Palast der Republik gewünscht hätte. Denn wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, nur muss an dafür aus seinem selbst auferlegten moralischen Überlegenheitswahn mal etwas runter kommen und Menschen mit anderen Meinungen nicht verspotten oder als dumm darstellen, sondern aktiv den demokratischen Dialog suchen. Und dann werden auch die Gebäude demokratisch, nicht wegen der Bautenan sich, sondern wegen der Menschen, die diese Tugend aktiv vorleben!!!

    APH - am Puls der Zeit

  • @ Apollo: Danke dir, unterschreibe ich absolut. Gottseidank kann ich aber auch von den Altstadtfreunden keine Tendenzen dazu erkennen, eine Deutungshoheit zu beanspruchen und Andersdenkende zu diskreditieren, wie es im NN-Zeitungsartikel von Denkmalschützern, Architekten und ein wenig von der Politik durchklingt.

    Ich selbst neige ja eher dazu darauf vergleichbar scharf zu reagieren und schreibe dann ebenso resolut. Mein Leserbrief ist übrigens kürzer und weniger aggressiv :)

    Übrigens lieferst du zeitgleich eine überzeugende Erklärung, woher in Deutschland die zahlreichen Rekonstruktionsprojekte kommen, über die sich Architekten und Politik so wundern.

  • "nothor", ich wollte nicht andeuten, dass ich dem Rekonstruktionsvorhaben Pellerhaus abwehrend gegenüber stände. Im Gegenteil, ich begrüße den Versuch zweifellos. Zur 50er-Jahre-Architektur in Nürnberg kenne ich mich nicht ausreichend aus. Wenn aber nur Gebäude wie das Plärrer-Hochhaus oder das Quelle-Haus als Gegenbeispiele angeführt werden, muss ich schon sagen, dass dagegen das aktuelle Pellerhaus noch das interessanteste ist. Wenn das aber alles ist, was Nürnberg diesbezüglich zu bieten hat, dann hat die Stadt einfach keine wirklich erhaltenswerte Architektur der 50er und 60er Jahre hervorgebracht. Also besteht auch keine Notwendigkeit eines Erhalts, zumal ja das Nebengebäude mit seinem Treppenhaus gar nicht zur Diskussion steht. Und zumal die bauhistorische Bedeutung des Pellerhauses mit seiner kunstvollen Fassade höher wiegt.

    Auf eine Diskussion über Demokratie der Nachkriegszeit, Transparenz, Autoritäre Regime usw. würde ich mich indes gar nicht einlassen. Martin Peller war ja auch kein Diktator und das alte Pellerhaus war kein Folterkeller. Nur mein Rat.

    Wie gesagt, ich weiß nicht, ob sich die Altstadtfreunde daran nicht die Zähne ausbeißen. Das Klima in Nürnberg ist nicht positiv. Womöglich wäre es sinnvoller, dem Eigentümer des Toplerhauses ein Kaufangebot zu machen, und dort dann zu rekonstruieren. Nur meine Meinung.

    Und, wie gesagt, ich drücke natürlich die Daumen.