Potsdam im November
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Das Neue Palais steht bei etlichen Kunsthistorikern nicht hoch im Kurs. Man scheint Fritzens abfälliges Dictum von der Fanfaronnade bereitwillig aufzugreifen. Ich kann mich diesem Urteil nicht anschließen, mich begeistert der Bau. Kann hier jemand zu meiner Geschmacksverfeinerung etwas beitragen und mir erklären, warum bzw inwieweit dieses Palais zB dem Stadtschloss nicht ebenbürtig ist?
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Das Neue Palais steht bei etlichen Kunsthistorikern nicht hoch im Kurs. Man scheint Fritzens abfälliges Dictum von der Fanfaronnade bereitwillig aufzugreifen. Ich kann mich diesem Urteil nicht anschließen, mich begeistert der Bau. Kann hier jemand zu meiner Geschmacksverfeinerung etwas beitragen und mir erklären, warum bzw inwieweit dieses Palais zB dem Stadtschloss nicht ebenbürtig ist?
Da ist wahrscheinlich ein (ritueller) Reflex mit im Spiel, weil das NP das Lieblingsschloss des letzten Kaisers war.
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Ich finde das Neue Palais auch hervorragend. Nur die Kuppel sagt mir nicht wirklich zu. Sie wirkt zu massiv und irgendwie unproportioniert. Ganz im Gegensatz zur Kuppel des Berliner Stadtschlosses, die den Bau perfekt ergänzt und schon für sich eine wahre Augenweide ist.
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Hab eigentlich auch nichts gegen die Kuppel - im Gegenteil. Sie gibt dem Palais eine ganz besondere Note, die gut zum Gesamtcorpus passt. Sie ist nicht unbedingt mit jener des Berliner Schlosses gut vergleichbar, weil sie inmitten der Längsseite befindet und also diese statt einer vergleichsweise überschaubaren Eingangsfrontbeherrschen muss. Derart mittige Kuppeln sind eigentlich sogar ungewöhnlich. In Charlottenburg ist es weniger eine Kuppel als ein kuppelbekrönter Turm.
Hier ein paar interessante und vielleicht nicht allgemeinbekannte Daten ums Neue Palais:
Es ist 240 m lang und umfasst ca 200 Räume. Auf dem Schloss bzw vor dessen Fassade stehen 488 Figuren.
Es kostete den Alten Fritzen 2,860.177 Taler. Für alle unter ihm errichteten Potsdamer Militärbauten gab er 355.105 Taler aus. Für den Bau bzw den Umbau von 621 Potsdamer Bürgerhäuser gab er am meisten aus, nämlich 3,195.200 Taler.
(Angaben nach Alexander Rost, Potsdam, Elbert&Richter Verlag)
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Mir persönlich gefällt der Ort nicht, an dem das Neue Palais steht. Soweit ich weiß, gab es ursprünglich Pläne, dass neue Palais in der Sichtachse von Schloss Sanssouci an der Havel zu errichten.
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Der Ort hat per se sicher kein Charisma und ein bisschen etwas vom Ende der Welt an sich.
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Die Kuppel ist vor allem keine Kuppel, da es keine Wölbung gibt. Es ist ein Dachaufbau oder Dachreiter. Nichtsdestoweniger sehr hübsch, in der Gesamtheit wie in Detail. Mit gefällt das Neue Palais sehr!
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Mir hat vor allem die Ensemblewirkung gefallen zusammen mit den monumentalen Torbauten in der Symmetrieachse und die Lage am Rande des Parks. Wir sind damals mit dem Rad von Sanssouci her dem Palais entgegen geradelt und meine Erwartungsspannung stieg von Meter zu Meter ... Die Architektur vermag Monumentalität mit Grazie und Feingliedrigkeit zu verbinden. Das bewirkt sicherlich auch der üppige Skulpturenschmuck. Sehr reizvoll finde ich auch das sichtbare Ziegelmauerwerk mit weißen Fugen im Kontrast zu den einfassenden Architekturgliedern aus gelbbraunem Sandstein. Sehr apart diese Kombi! Und eher selten im barocken Schloßbau, zumindest für uns Süddeutsche!
Eigene Bilder
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Es ist eigentlich gar kein Sichtmauerwerk - soweit ich weiß, sind die Fugen auf den Putz aufgemalt.
Und: du bist im Park Fahrrad gefahren? Sag das bloß nicht laut, das ist streng verboten!
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Wir waren nicht die einzigen Radler, ist schon 8 Jahre her. Und DU standest ja nicht am Eingang
... Vielleicht hat man es später untersagt!
Ja, sieht aufgemalt aus, aber die Wirkung von fern ist identisch und sehr eigen, oder!?
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Es ist eigentlich gar kein Sichtmauerwerk - soweit ich weiß, sind die Fugen auf den Putz aufgemalt.
Und: du bist im Park Fahrrad gefahren? Sag das bloß nicht laut, das ist streng verboten!
Teilweise, ich glaube die kleinen Seitenflügel sind gemauert.
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Nur der vom Park aus gesehen linke niedrige Seitenflügel ist wirklich aus Backsteinen gemauert.
Dort befindet sich die Wohnung Friedrich II.Der Rest ist aufgemalt.
Dieser Umstand beruht wohl auf der Tatsache, dass man in Preußen für die kurze Bauzeit des Schlosses (Außenbau im Wesentlichen 1763 bis 1765) nicht auf die Schnelle ausreichend Backsteine produzieren konnte. Fritze entschied somit: Schnell bauen und dafür nur aufmalen.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Communs, die später (1766 - 1769) mit mehr Ruhe gebaut wurden, tatsächlich wieder als Sichtmauerwerk aus Backstein errichtet wurden.
Dafür hat man später auch den Ehrenhof des Palais mit Klinkern nach holländischem Vorbild gepflaster ("Mopke"), was auch ziemlich kostspielig gewesen sein dürfte...
Die Kohle kam übrigens zu einem großen Teil aus Sachsen, dass mit beeindruckenden Kontributionen belegt wurde; im und nach dem 7-jährigen Krieg.
Während sich der Alte eine "Fanfaronade" leistete und damit seine Potenz europaweit zur Schau stellte, entstand im unterlegenen Sachsen das Fasanenschlösschen (1769 bis 1782) als einziges höfisches Bauprojekt - das kleinste Schloss Sachsens mit nur 14*14m. Ein Einfamilienhaus heute ist auch etwa so groß. -
Interessanter Ansatz, das Aufmalen. Heute sicher kostspieliger als echte Backsteine. Aber vor allem: war Backsteinbauweise denn so "noblig" bzw "standesgemäß"? Wäre Sandsteinwirkung nicht angebrachter gewesen?
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