Der perfekte Sturm auf dem Wohnungsmarkt

  • Ich denke, da muss man sich den jeweiligen Einzelfall ansehen. Eine pauschale Antwort gibt es nicht.

    Es dürften sogar kulturell bedingte Unterschiede zwischen den Regionen in Deutschland eine Rolle spielen. Während in Schlafstädten im weiteren Großraum um München herum zum Beispiel meist alles noch pikobello ist, und auch die lokale Infrastruktur mit Geschäften und Kleinbetrieben funktioniert, erinnern die Zustände in Schleswig-Holstein oder im Anhaltinischen oft mehr an so etwas hier.

  • Da sieht man, was man von der ganzen Bauwut und der beschleunigten Zentralisierungssucht hat: In den Metropolen wird es zwar nicht wirklich billiger, dafür aber umso mehr überall außerhalb. Also genau da, wo die breite Masse des Baukulturerbes steht und zugunsten von Neubau dahinvegetiert. Quelle

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    Fast zwei Millionen Wohnungen stehen leer

    Trotz Wohnungsnot stehen laut Statistikamt in Deutschland fast zwei Millionen Wohnungen leer - vor allem in Großstädten. Allein in Berlin waren es zum Stichtag mehr als 40.000 Wohnungen, in München mehr als 20.000.

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    Trotz Wohnungsnot stehen laut Statistikamt in Deutschland fast zwei Millionen Wohnungen leer - vor allem in Großstädten. Allein in Berlin waren es zum Stichtag…
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    2018 waren es noch 1,7 Millionen leerstehende Wohnungen. Das Bundesinstitut für Bau, Stadt- und Raumforschung (BBSR) schätzt die Zahlen höher. Für Berlin sind übrigens 40.000 Wohnungen eine Verbesserung, zum Vergleich, 2005 waren es noch über 100.000 laut Wohnungsmarktbericht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Investitionsbank Berlin (IBB). Berlin ist auch zu einer Veranschaulichung ganz nützlich: So entspricht die Zahl der leerstehenden Wohnungen in Deutschland ungefähr dem gesamten Wohnungsbestand Berlins.

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    Tobias Just, Professor für Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg, zu BILD: „Das Problem ist, dass der Leerstand gerade in kleinen Orten häufig innerstädtisch in Altbauten ist. Das sind oft Wohnungen, die nicht mehr den Bedürfnissen und Wünschen der Menschen entsprechen. Gleichzeitig suchen solche Kommunen oft geradezu händeringend nach Einnahmen. Der Verkauf neuen Baulands und die angestoßenen Baumaßnahmen sorgen natürlich für Impulse. Doch der Leerstand wird dadurch nicht abgebaut, sondern verfestigt sich. Tatsächlich sinkt die Vermarktungsfähigkeit mit jedem Jahr Leerstand.“

    „Die Autoren sprechen damit ein seit Jahren existentes Problem an. Gesamtwirtschaftlich wäre die Stärkung des Bestands sinnvoller als der Neubau, doch einzelwirtschaftlich bleiben die privaten Entscheidungen nachvollziehbar – sowohl jene der Kommunalpolitiker als auch jene der Immobiliennutzer.“

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    Alle reden über Wohnungsmangel – dabei stehen bundesweit viele Wohnungen leer! Eine neue Studie zeigt, wo das Problem am größten ist.
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    In den vergangenen 20 Jahren wurden in Ostdeutschland bereits grob 370.000 Wohnungen rückgebaut.

    Zur Einordnung, wo die Leerstände sich häufen:

    191025-Leerstand-in-Deutschland-Karte.png?__blob=normal&v=1                         191025-Wohnungsleerstand-Bundeslaender-2012-und-2017.png?__blob=normal&v=1

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    Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln mahnt die Politik, das Thema Leerstand nicht weiter zu vernachlässigen. „Manche Regionen schrumpfen kontinuierlich“, sagte der Immobilienökonom dem Handelsblatt. Das löse Abwärtsspiralen aus. „Je mehr Leute wegziehen, umso unattraktiver wird das Leben in diesen Regionen.“ Nicht nur, weil ein hoher Leerstand abschreckend auf mögliche Neuzugänge wirkt, sondern auch, weil die örtlichen Gebühren für Müllabfuhr oder Wasser sich auf immer weniger Bewohner verteilen und damit steigen.

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    Zum Vergleich: In der Schweiz stehen lediglich 70.000 Wohnungen leer. Um die 3%. Und deren Zahlen sinken sogar, nachdem in der Coronazeit dieser Höchststand für die Schweiz erreicht wurde.

  • Das ist nur ein Widerspruch auf den ersten Blick, auf dem mal wieder besonders die Bildzeitung ("Irrsinn") herumreitet. Es ist ja offensichtlich, dass der Leerstand hauptsächlich in strukturschwachen Regionen besteht (z.B. in weiten Teilen Ostdeutschlands), während in den wirtschaftlich starken Ballungszentren (auch durch verstärkte Zuwanderung in dieselben) Wohnraummangel herrscht. Ich sehe auch nicht, dass diese Erkenntnis irgendwie neu wäre, und mittelfristig wird sich an der Situation auch nichts ändern.

    In dubio pro reko

    Der größte Feind der Ideologie ist die Realität

  • Es kommt auf die Feinheiten an. Die Tagesschau berichtet, dass es sich vornehmlich auch um die Großstädte handeln würde. Das wäre tatsächlich neu. Ich habe in meiner Einordnung daran Zweifel erhoben.

  • Es kommt auf die Feinheiten an. Die Tagesschau berichtet, dass es sich vornehmlich auch um die Großstädte handeln würde. Das wäre tatsächlich neu. Ich habe in meiner Einordnung daran Zweifel erhoben.

    Der Tagesschau-Bericht kommt leider nicht wesentlich über B.-Zeitungs Niveau hinaus. Absolute und relative Zahlen werden ohne Einordnung durcheinandergeworfen.

    Die 40000 leerstehenden Wohnungen in Berlin zum Beispiel gehen - nicht erwähnt - mit einer Leerstandsquote von lediglich 0,8% (2023) einher. Es handelt sich um einen Wert, der die unterste Grenze dessen markiert, was auf einem Wohnungsmarkt technisch überhaupt möglich ist, da es fluktuationsbedingt immer Leerstände geben muss.

    Also, wir können uns alle wieder hinlegen: Die Zahlen belegen lediglich altbekanntes - in strukturschwachen Räumen gibt es Leerstände, in den Metropolregionen Wohnungsmangel.

  • einer Leerstandsquote von lediglich 0,8% (2023)

    Da vergleichst du nun aber auch Äpfel mit Birnen. Die Leerstandsquote wird anders ermittelt. Aber deine Botschaft bleibt in diesem Fall ungefähr richtig, weil es mit den passenden Zahlen knapp 2% sind, was für Anfangsleerstand bei Neubau, modernisierungsbedingten Leerstand und fluktuationsbedingten Leerstand in Summe ein guter (niedriger) Wert ist.
    Augsburg wäre ein Beispiel, das mir spontan käme, wo es trotz wirtschaftlicher Stabilität, Universitätslandschaft, Großstadt eine vergleichsweise hohe Quote von 4% gibt.

  • Das regelt der Markt. Besonders im Osten stimmt schon lange nichts mehr mit den Leistung/ Preisverhältnis. Bruchbuden, die halb einfallen sind kosten mehr, als ein blankes Grundstück. Der Preis zum Wiederaufbau der fast zusammengefallen Buden ist fast gleich, als wenn man neu baut. Der Denkmalschutz verhindert Abriss, bis vom Denkmalgebäude nur noch ein Haufen Schutt übrig ist. Die Gemeinden müssen am Ende den Abriss zahlen, wenn solche Gebäue den öffentlichen Raum gefährdet und dann fehlt es an Geld in Infrastruktur. Die Kosten für Leben und Material sind explodiert, der Lohn aber so gut wie null gestiegen. Vereine die sich gründen, um Gebäude zu retten werden mit der Bürokratie, der Geldgier von Besitzern und vom Staat im Keim erstickt.


    Das alles sehe ich auch ohne dieser Studie, sind eh nur Schundblätter ohne Nährwert. Wenn man in der Vergangenheit deren Angaben man selber nachverfolgt hat, merkt man schnell, dass die das meiste Wissen und die Zahlen meist aus irgendeinen Hut ziehen und nichts rückprüfen. Deshalb ist jeder Euro, den man ihnen bezahlt, um ihre Bezahlschranken zu überwinden Perlen für die Säue und sollte lieber in Kalk und Sand gesteckt werden. ;)

  • Wie definiert sich eigentlich Leerstand? Ich war Anfang Juni an einem lauen Sommerabend in Berlin am Spreeufer beim Treptower Park. Eigentlich perfektes Wetter, um den Abend auf der Terrasse, dem Balkon oder bei offenen Fenstern zu verbringen. In einer Reihe von Neubauten am gegenüberliegenden Ufer war nicht ein einziger Balkon belegt und die meisten Jalousien waren heruntergelassen. Später in der Dämmerung war auch in den übrigen Fenstern nirgendwo Licht zu sehen. Es handelt sich dort in der 1A-Lage sicher um hochwertige Eigentumswohnungen, die alle einen individuellen Besitzer haben werden - aufgrund der gut entwickelten Grünanlagen um diese Häuser scheint die Fertigstellung schon ein paar Jahre zurückzuliegen... Meiner Meinung nach handelt es sich dabei um nicht ständig oder gar nicht genutzte Zweitwohnungen.

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Tja, da sprichst du ein gutes Thema an. Dieser saisonale Leerstand durch Zweit-, Dritt- usw. Wohnungen der solventesten 10% der Bevölkerung nehmen teils absurde Ausmaße an. Die Stralauer Halbinsel in Berlin ist da nur eines von vielen Beispielen in der Stadt.

    Immerhin haben wir noch nicht dieses verschärfte Phänomen von London, New York und anderen Milliardärshochburgen, wo manche Wohnungen und Häuser wirklich 99% der Zeit ungenutzt als geparktes Kapital rumstehen. Struktureller Leerstand, der als solcher gar nicht erfasst wird.

  • Wie definiert sich eigentlich Leerstand? [...] Meiner Meinung nach handelt es sich dabei um nicht ständig oder gar nicht genutzte Zweitwohnungen.

    Das beklagen auch viele, dass die Datenlage zu Leerstand sehr schlecht ist. Vorgeschlagen wird, dass die Kommunen selbst ihren Leerstand stärker beobachten sollen. Einige Städte machen das nämlich schon individuell und kreativ, z.B. werden Verbrauchsdaten herangezogen von Stadtwerken. Da kann man dann relativ präzise längeren Leerstand abbilden. Leider fehlt da dann der Leerstand < 12 Monate ist also nur für strukturellen Leerstand geeignet die Methode.