Dresden, Neumarkt - Quartier VI

  • Ich möchte auch noch auf ein aktuelles Foto bei bild.de hinweisen, klick >> hier (Blick von der Kuppel der Frauenkirche)
    Man erkennt dass der Neumarkt endlich wieder wunderbar geschlossen wirkt, der unansehnliche Kulturpalast ist nach Jahrzehnten endlich aus dem Blickfeld verschwunden. :daumenoben:

  • Ja, sieht verputzt aus. Aber der Eckbau hat noch nicht seine obligatorischen Styroporplatten bekommen (Billigreko: wann hört das endlich auf und man nimmt natürlicheres Dämmmaterial, am besten ins Baumaterial integriert, bzw. wann endlich bietet der Markt nur solches an = Verbot von Styropor als Dämmung!)

  • Sicher? Warst Du dort? Lagen da nicht auf den Gerüsten Stapel von Styroporpaketen!? Wenn's Mineralwolle ist, okay, besser, aber immer noch keine feste Außenfassade. Ich kann mit aufgeklebter Dämmung von außen nichts anfangen. Lehne das grundsätzlich ab. Hier im historischen Kontext, bei sogenannten Rekonstruktionen sollte Zweischaligkeit bis unter den Trauf und First vorgeschrieben werden, oder eben innovativere Baustoffe mit integrierter Dämmung, wie Kimmerle sie verbaut hat!

  • Dort wurde tatsächlich mit Steinwolle gedämmt.

    Laut Baugesetzbuch gibt es Rekonstruktionen nicht. Da es sich um Neubauten handelt, kann die Stadt in dieser Hinsicht auch keine Vorschriften bezüglich des Fassadenaufbaus machen. Ist statisch bzw. bauphysikalisch alles in Ordnung und stimmt die von der Stadt geforderte Optik, sind alle sonstigen Eingriffsrechte erschöpft.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Ja eben, das ist es ja. Das Baugesetzbauch gehört refomiert. Es ist demnach nicht mehr auf die Realitäten bezogen. Angesichts von so vielen Rekoprojekten in Deutschland bräuchte es schon längst eine Baurechtsreforn, bzw. Ergänzung für den "Bausektor Rekonstruktionen".
    Wäre das nicht ein Betätigungsfeld für unseren Verein!? Dahingehend Kontakte knüpfen und eine Bewegung in Gang setzen.

  • Mit Verlaub, was soll unser Verein denn noch alles machen? Dazu fehlt uns schlicht die personelle und materielle Stärke. Ich glaube, wir überschätzen uns gelegentlich. Es hat fast ein Jahr gedauert bis genug Neumitglieder beisammen waren, so dass die Mitgliedsbeiträge eingezogen werden konnten. Also, es ist leider nicht so als ob wir eine Massenbewegung wären. Demnach sollten wir nicht dauernd neue Betätigungsfelder aufmachen. Und damit zurück zum Strangthema.

    In dubio pro reko

  • Angesichts von so vielen Rekoprojekten in Deutschland bräuchte es schon längst eine Baurechtsreforn, bzw. Ergänzung für den "Bausektor Rekonstruktionen".


    Angesichts des - gemessen am allgemeinen Baugeschehen - immer noch verschwindend geringen Anteils an Rekonstruktionen, hätte ein solches Ansinnen wohl kaum Aussicht auf Erfolg.

    Abgesehen davon wäre zu hinterfragen, ob ein Mehr an Restriktionen nicht unter Umständen der Realisierbarkeit von Rekomaßnahmen abträglich wäre. Irgendjemand muss ein solches Vorhaben ja auch noch finanzieren können.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Grundsätzlich frage ich mich schon, warum das eine Quartier in einer Bauweise aus Porotonziegeln finanzierbar sein soll und das nächste nicht. Gut, bei den Quartieren die schon über 10 Jahre alt sind, gab es die dämlichen EnEVs von heute noch nicht. Aber Kimmerle hat es ja auch irgendwie hinbekommen und Blobel ebenfalls. Insofern fände ich es schon vernünftig, wenn der Gesetzgeber den Städten auch im Sinne der Nachhaltigkeit diesbezüglich Einflussmöglichkeiten einräumen würde. Das wird aber dank eifriger Interessensvertretung von einschlägigen Baustoffherstellern sicherlich nicht passieren.

    Eine Dämmung mit Mineralwolle ist in jedem Fall schon mal deutlich besser als eine aus Styropor. Allein schon aus Brandschutzgründen.

  • Ich denke, dass die Tage des Isolier- und Dämmwahns ohnedies gezählt sind. Sogar im deutschen Fernsehen hat es eine vernichtende Sendung über die gesundheitlichen und auch baulichen Spätfolgen gegeben. Woanders als im dt. Sprachraum hat man sich bereits mit Schaudern abgewandt. Ich denke, wenn die Rekos mal stehen, wird man alles mit Geld reparieren können.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

    Einmal editiert, zuletzt von ursus carpaticus (5. Dezember 2017 um 10:20)

  • wird man alles mit Geld reparieren können.

    "reparieren müssen, Ursus, oder besser: "müsste man reparieren".
    Aber wirklich können? Mir fehlen da Sachverstand und Vorstellungskraft, wie man dies bei den Rekos, ohne gleich den gesamten Bau niederzureißen, hinkriegen will.

  • Grundsätzlich frage ich mich schon, warum das eine Quartier in einer Bauweise aus Porotonziegeln finanzierbar sein soll und das nächste nicht.


    Den Unterschied zwischen einem Projektentwickler und einem privaten Bauherren kennst du aber?

    Ersterem, also z.B. der USD oder der Baywobau, geht es um den frühzeitigen Verkauf des Vorhabens an einen Endinvestor. Vergleichsweise niedrige Planungs- und Baukosten erhöhen den Gewinn des Entwicklers.
    Letzterer hingegen möchte sein Vorhaben meist langfristig im Bestand halten. Höhere Anfangsinvestitionen können hier durch einen verlängerten Gebrauchszyklus der Immobilie kompensiert werden. In diese Kategorie wären beispielsweise die Kimmerles oder Herr Blobel einzuordnen. Leider aber genießen sie in Dresden Seltenheitswert.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe


  • Den Unterschied zwischen einem Projektentwickler und einem privaten Bauherren kennst du aber?

    Nein, ich bin bissel blöd. Soll ich jetzt Verständnis für eine billige Bauweise haben, weil das Objekt mit möglichst hoher Rendite verscherbelt werden soll? Das ist eher noch ein Grund, hier von stadtwegen verbindliche Qualitätsrichtlinien aufzustellen.

  • Herzlichen Dank für diese niveauvolle Einlassung. Du hast dir auch schon einmal mehr Mühe gegeben, lieber Saxonia.

    Die Baugesetzgebung ist Ländersache. Da kann die Stadt nichts vorschreiben.

    Ansonsten wäre es in meinen Augen fraglich, ob bei einer Vielzahl an zusätzlichen Vorschriften für Rekonstruktionsvorhaben nicht viele Projektentwickler einen Bogen um Neumarkt und Co. machen würden. Private Bauherren stehen als Ersatz in diesen Dimensionen ja nun leider nicht gerade Schlange. Aber diese Frage hatte ich bereits gestern aufgeworfen.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Ach, jetzt komm', wenn man mehr private Bauherren wollte und kleinere Parzellen angeboten hätte, wäre das auch möglich gewesen. Vor Jahren gab es z.B. einen reichen Weinhändler aus dem Bayrisch-Fränkischen, der angeboten hatte ganze Quartiere für ihre authentische Rekonstruktion zu sponsern, also Mehrkosten zu übernehmen, ein echter Mäzen. Von der Stadt verprellt.Eine Dummheit ohnegleichen (oder Absicht) für eine Stadt mit diesem überregionalen Mythos, diesem verklärten Nimbus Mäzene abzuweisen, die ja schon wie von selbst gekommen sind, nur wegen Dresden. Und den privaten Investor für das Narrenhäusl läßt man auch an der langen Leine zappeln. Ein privater Investor wollte schon vor Jahren das Dillingerhaus original aufbauen. Abgewiesen. Es ist eine Frage von Stadtpolitik und Stadtverwaltung wohin die Baupolitik führt. Eine besondere Stadt braucht besondere Regelungen (siehe Modell Frankfurt oder Lübeck). Aber hier mangelt es bei den Verantwortlichen am sprichwörtlichen Bewußtsein und der Wertschätzung- Mehr brauche ich nicht ausführen, es ist ja bekannt welche Einstellung die Bauverwaltung in Dresden zu klassischen Bauten hat, oder!?

  • Ich habe noch in guter Erinnerung dass der Mäzen, Milliardär und Dresden Freund Peter Pühringer das ganze (sic!) Quartier neben dem Schloß 1:1 rekonstruieren wollte, aber von einem der proletuiden Stadtväter primitivst weggeekelt wurde (war hier im Form vor einiger Zeit ein prominentes Thema)! Dass Herr Pühringer es tatsächlich ernst gemeint hat, hat er in Wien bewiesen, wo er das riesige Innenstadtpalais Coburg saniert und innen teilweise original rekonstruiert hat. Aus den Medien bekannt, weil dort immer wieder Gipfeltreffen zwischen dem US- und dem russ. Außenminister stattfinden.

    Den "Stadtvätern" fehlt in erster Linie leider das Gespür und der Intellekt den es für Dresden benötigen würde und den diese Stadt aufgrund seiner einstigen Stellung verdient hätte. Es ist eigentlich ein Wunder, dass es überhaupt private Investoren gibt, die trotz dieses drittklassigen Stadtpersonals, hier wunderbare Rekonstruktionen geschaffen haben.

    Wenn die Stadt es nur zugelassen hätte, dann wäre der gesamte Neumarkbereich ohne Brüche möglich gewesen!

  • Herzlichen Dank für diese niveauvolle Einlassung. Du hast dir auch schon einmal mehr Mühe gegeben, lieber Saxonia.

    Ja nu, wer blöde Fragen stellt, kriegt blöde Antworten. Dass die Stadt derzeit die Möglichkeit dazu nicht hat, weiß ich. Darum schrieb ich oben auch vom Gesetzgeber, der aktiv werden müsste.
    Ich glaube außerdem nicht, dass eine nachhaltigere Ziegelbauweise ohne zusätzliche Außendämmung die Neumarktprojekte für die Entwickler unwirtschaftlich gemacht hätte. Hier geht es ja nicht um die schnelle Bereitstellung von Wohnraum, gar Sozialwohnungen. Der Neumarkt ist ein Prestigeprojekt.

  • Vor Jahren gab es z.B. einen reichen Weinhändler aus dem Bayrisch-Fränkischen, der angeboten hatte ganze Quartiere für ihre authentische Rekonstruktion zu sponsern, also Mehrkosten zu übernehmen, ein echter Mäzen. Von der Stadt verprellt.
    (...) Ein privater Investor wollte schon vor Jahren das Dillingerhaus original aufbauen. Abgewiesen.

    Ach was, im Ernst? Kannst du Namen nennen? Irgendwie ist das an mir leider vorbeigegangen...