Dresden, Neumarkt - Quartier VI

  • @Henry

    ich denke bei der Frage, ob eine Bebauung des Gewandhausgrundstücks sinnvoll gewesen wäre gibt es kein richtig oder flasch. Es ist eine Gefühl- und Geschmacksfrage, wobei jede Lösung ihre Vorteile und Nachteile hat.
    Ich glaube für das Platzgefüge an sich wäre eine Bebauung positiv, weil aus der weiten Platzfläche drei kleinere Teilplätze würden. Es würde das ganze besser strukturieren und den Platz etwas heimeliger machen.
    Negativ würde sich die Bebauung auf die Sichtachsen auswirken, weil einige heute sehr reivolle Blicke dann nicht mehr möglich wären.
    Daher ist es dann eine Geschmackssache, was einem wichtiger ist. Ich glaube, ich würde heute eher zur Bebauung in historischer Formsprache tendieren, kann aber auch jeden verstehen, der es anders sieht.

    APH - am Puls der Zeit

  • Meiner Meinung nach wäre es durchaus falsch gewesen, das alte Gewandhaus wiederaufzubauen, da es bereits 1791 abgerissen wurde und somit lange Zeit vor dem 2. Weltkrieg nicht mehr existierte.
    Und die Wiederaufbausituation bezieht sich ja auf den unmittelbaren Vorkriegszustand! Sonst hätte man ja auch die Alte Wache wiederaufbauen können.

  • Da möchte ich mich auch wieder mal melden. Den Gedanken mit der Alten Wache hatte ich auch schon, denn diese fasste auch den Platz ein und gab der Frauenkirche auch noch mehr Erhabenheit. freilich verschwand die Wache auch lange vor 45... Sogar zu DDR- Zeiten wurde mit deren Wiederaufbau geliebäugelt, hatte selbst diverse Modellfotos gesehen irgendwo.

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • Die größe des NM ist mE städtebaulich nicht ganz gerechtfertigt. Große Plätze sind nur bei regelmäßiger Anlage (ost. Kolonialschema oder süddt. Straßenmarkt) überzeugend und bedürfen der Ausgestaltung durch Pestsäulen oder Brunnen. Der große NM lebt ausschließlich von der FK, der Platz selbst ist nur ihre Bühne und kaum ein Erfüllung gewährender Stadtraum. Schon auf alten AKs war das ersichtlich. Darum habe ich - wie "Wissen-de" für das Gewandhausprojekt ein gewisses Verständnis gehabt.

    Zitat

    ob eine Bebauung des Gewandhausgrundstücks sinnvoll gewesen wäre gibt es kein richtig oder falsch

    Das trifft es wahrscheinlich. Für beide Positionen finden sich Für und Wider.
    Man darf nicht vergessen, dass der NM aus Rekofläche eigentlich nicht "ausgewählt" wurde - es war einfach eine mangels Ideen und Mittel ausgespart gebliebene Brachfläche.
    Das wirklich Entscheidende wurde in den Randbereichen geleistet: Jüdenhof als wirklich funktionierender altstädtische Agora, Rampische und Schlossstraße, dadurch ein Brückenschlag zum substantiell erhaltenen Theaterplatz und Zwinger. In dieser Achse "funktioniert" die Dresdner Altstadt, ebenso wie als nunmehr realexistiserendes Hinterland des Elbpanoramas, letzteres leider mit beschränkter Tiefe. Die von der DDR angestrebte Nordsüdachse muss als misslungen angesehen werden (dh allerdings auch nicht misslungener als im Westen regelmäßig der Fall). Die Leere und Uferlosigkeit des Altmarkts und der Wilsdruffer ist natürlich eine eigene Kategorie, natürlich kann man den NM mit damit nicht in eine Reihe stellen, natürlich muss man froh sein, dass er so ist, wie er ist, allerdings hätte ich ihn mir auch gut anders vorstellen können.

    Was mir an den letzten Bildern wirklich übel aufgestoßen ist, ist die Albernheit des Blobelhaus-Daches. Jetzt versteh ich erst, was Oktavian da prognostiziert hat. Die Animationen haben vergleichsweise harmlos gewirkt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich kann den Eindruck bestätigen und verstehe auch die Überlegungen zum Gewandhaus. Vielleicht würde eine Strukturierung des Pflasters die räumliche Weite abmildern.

    [...] Was mir an den letzten Bildern wirklich übel aufgestoßen ist, ist die Albernheit des Blobelhaus-Daches. Jetzt versteh ich erst, was Oktavian da prognostiziert hat. Die Animationen haben vergleichsweise harmlos gewirkt.

    Wir werden sehen. Aber ich befürchte auch, dass da etwas ziemlich abstraktes entsteht. Wer weiß, unabhängig vom Neumarkt betrachtet könnte es aber auch etwas revolutionäres werden.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Die größe des NM ist mE städtebaulich nicht ganz gerechtfertigt. Große Plätze sind nur bei regelmäßiger Anlage (ost. Kolonialschema oder süddt. Straßenmarkt) überzeugend und bedürfen der Ausgestaltung durch Pestsäulen oder Brunnen. Der große NM lebt ausschließlich von der FK, der Platz selbst ist nur ihre Bühne und kaum ein Erfüllung gewährender Stadtraum. Schon auf alten AKs war das ersichtlich. Darum habe ich - wie "Wissen-de" für das Gewandhausprojekt ein gewisses Verständnis gehabt.

    Aber beim Neumarkt weiß man ja in der Regel, dass diese Fläche nicht in einem Zug entstanden ist, um eine bestimmte Funktion zu übernehmen, wie bspw. der ehemalige und heutige Altmarkt. Der Neumarkt ist keine einheitliche Fläche, das wird durch die unterschiedliche Namensgebung seiner Teilbereiche auch unterstrichen. Statt katholischen Pestsäulen gibt es zwei größere Denkmäler und einen Brunnen. Ich finde es daher auch nach wie vor schade, dass im Zuge des Tiefgaragenbaus die noch aus Vorkriegszeiten (1, 2, 3)) stammende Unterteilung der Platzfläche entsprechend des alten Verkehrsraumes zugunsten einer einheitlichen Pflasterung und kaum spürbaren Vertiefungen mit Schlitzrinnen aufgegeben wurde. Das gab dem Platz eine gewisse Geschäftigkeit, die über die bloße Repräsentationsfläche für die Kirche hinausging.

  • Na, nuu wird ja die Gewandhausfläche vor dem QVI als Grün- und Aufenthaltsfläche gestaltet und nimmt sich auch mit der Oberflächengestaltung aus dem Platzgefüge heraus. Zudem werden die schon lange angekündigten auf "Quaderwürfel-kantig" getrimmten Platanen gepflanzt (was ich als Baumfreund grauslich finde, also den Beschnitt meine ich, aber in diesem Zusammenhang soll's angehen!), die dann mit Belaubung sowas wie eine Bauflucht/Fassade, ein Bauvolumen suggerieren und vielleicht eine sanftere platzbegrenzende Wirkung entfalten, wie es vielleicht massiver ein Gebäude getan hätte.

  • Werma sehen. Aber ein Stadtplatz ist halt keine Baumplantage. Es gibt wenige Ausnahmen, die mich überzeugen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Tja, U.C., a schees Platzerl hoast rausg'sucht, a Wiesn, mit a baar Bäumerln. Dät mer a g'falln.
    Aber mit Dresden ist das doch nicht vergleichbar. Was für ein niederösterreiches/burgenländisches(?) Dörferl passend ist, muß ja für Dresden nicht stimmen. Freilich wären mir offene Flächen, wie diese Wiese lieber, damit der Boden atmen kann und die Bäume frei wachsen. Aber wie Du selbst sagst, paßt in der dichten Urbanität einer Großstadt eine Baumplantage nicht so recht. Deshalb hat man sich ja auf die südfranzösische Manier verschrieben und versucht die Platanen geometrisch zu trimmen, wovon wir hoffen, daß das auch in Sachsen klappt und so sich die Bäumerln der Struktur des Platzes anpassen müssen. Allein offene Bodenflächen, nur mit einer Kiesbettung gefestigt, könne wir uns wohl abschmincken, soweit mir die Visus bekannt sind!

  • das gibt's natürlich auch in Großstädtisch:
    https://www.google.at/search?tbm=isc…f=1514910242282

    aber es überzeugt halt nicht.
    In DD ist es überhaupt nur ein Kompromiss zwischen Bebauung und Nichtbebauung. Eine Umfassung des Platzraumes mittels Grünzeug.
    Ich kenn keinen Präzedenzfall.
    Lassen wir uns überraschen.
    Wahrscheinlich wird es vom Jüdenhof aus gesehen recht gut, da die saalartige Wirkung sozusagen verlängert wird.
    Ansonsten wage ich keine Prognose.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Quartier VI - USD

    Chiapponisches Haus vom Altmarkt aus

    Platzfront zum Neumarkt, an der Ecke wird nun auch das Dach gedeckt. Es fehlt aber noch überall Stuck.

    Am Jüdenhof ist auch beim Regimentshaus alles bereit, um das Dach zu decken. Die Fenster fehlen, aber immernoch, auch am Stellwerk-Bau.

    Vom Stallhof aus sieht man sogar den kleinen Aufbau des Regimentshauses.

    Wenn nicht anders angegeben, sind alle Bilder von mir.

  • Hochinteressante Blickbeziehungen auf das Belvedere - auch u. a. von der Wilsdruffer Straße aus.
    Na war doch schon gut, dass wir das kleine Dingens (wieder) draufgesetzt haben, oder? :D

  • Nein, nein, nein, keine Angst: Es stammt natürlich aus historischen Bauzeichnungen und kommt so bis ins Detail. Nur ob es es aber überhaupt je ausgeführt gegeben hat, weiß kein Mensch.

  • Jedenfalls ist es schöner als Blobel's "Belvedere" :D . Zum Glück scheint man letzteres, wenn erstmal die Bäume stehen, nur noch unter sehr spitzen Winkeln oder von erhöhten Punkten aus sehen zu können.

  • Ich verfolge seit mindestens 2000 regelmäßig den Baufortschritt am Dresdner Neumarkt, hatte mit aber lange Zeit keine Bilder angesehen. Wenn ich jetzt plötzlich das Objekt am "Gewandhaus"-Areal sehe, kann ich nur sagen, das ist ein unglaubliches Glück, dass hier historisch gebaut werden konnte.

    Es erinnern sich sicher noch fast alle an diesen Stuttgarter Archikten, der in gewohnter modernistischer Manier die Barockstadt Dresden lobte, aber in Taten etwas ganz anderes wollte - das übliche von den selbsternannten "Zeitgenossen" (die hinten und vorne nicht der realen zeitgenössischen Strömung entsprechen) so genannte "Konstrastieren", ein Euphemismus für einen möglichst brutalen Gegensatz der geeignet ist, eine ganze gewachsene Altstadt formensprachlich zu zerstören. Mein Eindruck ist generell bei diesen gewollten Bausünden, dass sie nur um des egomanischen Selbstdarstellungswillen eines Herrn "Baukünstlers" durchgesetzt werden, diesen Leuten geht es niemals um die Menschen in der Stadt, immer nur um den eigenen Narzissmus. Dieser Bunker mit Schießscharten wäre eine Katastrophe geworden! Ich danke dem Herrgott, dass die Aggression der Modernistenlobby hier verhindert werden konnte. Es ist unglaublich, was die Bürger in Dresden erreicht haben, sie haben sich tatsächlich gegen geballte Kapitalmacht, Arroganz einer geschmacksverirrten Architektenschaft und gegen ein wenig kompetentes Stadtplanungsamt durchsetzen können. Das ist , denke ich, in Deutschland einmalig. Ich trage zwar keinen Hut, ziehe ihn trotzdem.

    Dresden wird endlich wieder eine Stadt. Hoffentlich verschandeln sie Postplatz & Co. nicht zu sehr....

    "Die Modernisten sollten sich endlich eingestehen, dass sich die Qualität einer Stadt konventioneller Architektur verdankt" - (H. Kollhoff).

  • Mal wieder ein kleines Baustellen-Update...
    Bitte entschuldigt die schlechte Bildqualität, ich war diesmal nicht mit der Kamera, sondern nur mit dem Handy unterwegs...

    Das Dach des USD-Eckbaus ist weitgehend gedeckt.


    Neben der schlechten Qualität des Zooms offenbart sich hier auch die Tatsache, dass die Fenstergewände aufgetragen (geputzt) werden. Auch die Hauptgesimse sind an die Fassade gekommen.


    Offensichtlich verwendet man keinen echten Sandstein, sondern am Eckbau Kunststeinelemente:

    EIn Schwenk zum Jüdenhof:

    Am Regimentshaus verwendet man im Gegensatz dazu echten Sandstein :cool:


    Die Fenster in den Obergeschossen sind schon länger drin, nun auch im Zwerchhaus. Die Fenster sind nur geölt und haben einen ähnlichen Farbton wie in der Rampischen Straße 33 (auch USD).

    Mit den Sandsteingesimsen hatte man aber offenbar zum Eckbau hin ein Problem mit der hervorstehenden Dämmung, diese wurde zum Teil wieder entfernt:


    Situation in der Galeriestraße. Die Fenster des Chiapponischen Hauses zur Frauenstraße sind gesprosst, im selben grauen Farbton wie hier an der Seite zur Galeriestraße.

    Abschließend der Blick von der Frauenkirche:

    Das Platzgefühl ist umwerfend...
    In jedem Falle trägt das Quartier entscheidend zur Vollendung des Neumarktes und damit zur Genesung des Dresdner Stadtbildes bei. Auch optisch vergrößert sich der Neumarktbereich, indem nicht von jedem Stadnpunkt aus Frauenkirche und Kulturpalast zu sehen sind. Besonders natürlich schön der Jüdenhof als hervorragender, vollendet korrespondierender Stadtraum :thumbup:

  • Aber sollte die Seite des Chiapponischen Hauses zum Kulturpalast nicht modern werden? Ich hätte das bei meinem Update ja schön angemerkt. Das wäre doch eine sehr erfreuliche Entwicklung wenn hier eine historisierende Fassade kommen würde.

    APH - am Puls der Zeit