Potsdams historische Mitte - Allgemeines und Stadtpolitik

  • Hier ein tolles Zitat von Hellweg:

    Zitat

    Eine Stadt, die stillsteht, wird zum Disney Land.

    :lachentuerkis:

    "Eine Stadt, die stillsteht"... Wo gibt es so etwas eigentlich? Vielleicht Pompeji? Alles unter Lava festgefroren? Und ist Pompeji heute Disney Land? Und steht Disney Land still?...
    Das ist für mich mal wieder eines dieser Sinnlos-Zitate, das nur aus dem Hirn eines Gegenwarts-Architekten oder -Stadtplaners entspringen kann.

    Hier sieht man eine Reihe der Projekte, die Hellweg mitgetragen hat (zumindest verlinkt er darauf): http://www.iba-hamburg.de/story/preise-auszeichnungen.html :augenrollengruen:

    Dann vielleicht doch besser die FH besetzen und noch einige Jahre stehen lassen? Möglichenfalls kommen in einigen Jahren mit besserem Personal auch ansprechendere Ergebnisse?

    2 Mal editiert, zuletzt von Heimdall (29. Juni 2017 um 16:32)

  • Hier sieht man eine Reihe der Projekte, die Hellweg mitgetragen hat (zumindest verlinkt er darauf): http://www.iba-hamburg.de/story/preise-auszeichnungen.html :augenrollengruen:

    Hilfe, das ist allesamt geist-, kultur- und ideenloser Architekturmüll, der in der dekonstruktivistischen Negation einer längst verflossenen Zeit sich selbst als Avantgarde deucht. In der Architektenschaft ist dermaßen der Wurm drin, daß nur noch ein Traditionsbruch durch Schließung ganzer Fakultäten hilft. Die Bauingenieure können wie in der DDR dann fürs erste wieder Standardtypen bauen.

  • Ihr habt ja so recht: der hat die Berliner IBA 1987 maßgeblich gestaltet, war Baudezernent von Kassel und der IBA in Berlin. Verantwortete die grotesken Fehlplanungen der Berliner Wasserstadt (hunderte Wohnungen ohne Balkon mitten in der Pampa). Das wird gruselig.

  • Genau ätzend. Markusplatz z.B. - seit dem 16. Jahrhundert nur mal neu gepflastert (1723) ein Gebäude aufgestockt (1755) und der Campanile nach Einsturz rekonstruiert (1902). Alles Disneyland.

  • Das macht alles wenig Hoffnung, kommt aber auch nicht überraschend. Die Linie klang in den bisherigen Äußerungen der Stadt immer wieder durch. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich in meinem ersten Beitrag hier davor gewarnt zu glauben, dass alleine mit dem Abriss der FH alles gut wird.

    Jetzt ist aber meine Frage, welche Einflussmöglichkeiten werden die Bürger haben? Oder werden doch wieder Kisten diktiert?

  • Ich hoffe, dass im Endeffekt und nach preussischer Tradition die Vernunft siegt.
    Kann schließlich nicht ewig dauern, dass unsere Städte immer noch von ideologisch verbrämten Architekten weiter verunstaltet werden.

  • Es wird von der Gegnerschaft bei historischen Rekos immer abwertend von Disneyland geredet. Ist grundsätzlich, eine rekonstruierte Fassade nach historischem Vorbild immer gleich eine zu belächelnde Disneylandfassade?
    Sind die Altstädte also billig Disneyland von Warschau(Stadtschloss)und Danzig,bis Dresden (Frauenkirche) mit ihren hochwertig rekonstruierten Gebäuden?
    Oder ist es eher ein Schlagwort mit dem die Gegner allzu gern die Rekos bezeichnen?
    Dann muss ja Disneyland eine völlig neue selbsterdachte Architekturrichtung aus Sicht der Gegner sein bei diesen ganzen Rekos die jetzt überall entstehen,(Dresden,Frankfurt,Braunschweig,Hannover/Herrenhausen,Potsdam usw.)

  • Nach der herrschenden Denkmalpflegideologie ist es schon Disneyland, wenn nicht mehr das Originalmaterial verwendet wird. So wird jedes Neuverputzen einer historischen Mauer zum denkmalpflegerischen Disneyland.

  • Also kann man sagen,wenn nicht mal mehr die Grundmauern eines Gebäudes stehen,und es wieder Rekonstruiert wird mit neuen Steinen,ist es aus Sicht der Denkmalpflege Disneyland.
    Konstantin,na dann fällt Ihr Wohnhaus ,nach der herrschenden Denkmalpflegeidiologie leider auch somit zum denkmalpflegerischen Disneyland.
    Dann sind Rekos ohne Orginalbausubstanz für die Denkmalpflege letztendlich nur Neubauten im historischen Gewand.
    Na ja ,alles nicht so einfach.

  • Aber natürlich: nach herrschender Denkmalpflegeideologie ist eine Reko wie das Kellertor protofaschistoides Zeugs und die letzte Stufe der Menschheit vor dem Versinken in der Unkultur. Nur überlieferte Substanz zählt und selbst ein Auffinden des Originalentwurfes wäre denkmalpflegerisch nicht von Belang, weil nur die überkommene Substanz mit allen ihren Veränderungen zählt. Dieses ganze Gebäudeschicksal muss man zeigen, mit allen Schichten und Setzungen - sonst fälscht man Geschichte - so der Tenor der denkmaltheoretischen Texte der letzten 30 Jahre.

    Seltsamerweise ist es gerade die Denkmalpflege, die ein Denkmal durch Unterschutzstellung seinem angeblich schützens- und zeigenswertem Schicksal entzieht. Der Denkmalpfleger bestimmt, wann Schluß ist mit Schichten und Setzungen, wann das Ende aller Tage gekommen ist und keine Veränderung mehr sein darf. Das ist nur logisch, wenn unsere Zeit das Ende der Geschichte darstellt. Ich halte diese Sichtweise für recht unwahrscheinlich, um es vorsichtig auszudrücken.

    Gottlob gibt es noch unideologische Denkmalbehörden, wie die in Potsdam, da wird so etwas noch befürwortet. In Berlin wäre ein solcher Bau nur unter Protest möglich gewesen. In Potsdam heisst das "Erinnerungsbau" und kann bis zu einer Vollrekonstruktion gehen.

  • Ich denke Konstantin,es gibt wie man heute sieht ,auch unter Historikern,Architekten ,Stadtplaner usw. sehr unterschiedliche Sichtweisen auf historische Gebäude,insbesondere auf Rekos .Die einen lehnen Rekos kategorisch ab die anderen befürworten sie.Es kommt auch immer auf die innere Einstellung des Einzelnen an.Der eine Architekt,oder auch Historiker aber auch Laien haben eben einen Sinn für Rekos die anderen wieder nicht.(So ist der Mensch)
    Wie war es doch in den 50er-70erJahre insbesonere in Westdeutschland.Da war Stuck an den Fassaden nicht mehr "Zeitgemäß".Was blieb bei vielen wilhelmienischen Bürgerhäuser am Ende übrig?-eine langweilige Rauputzfassade.(Fällt heute den wenigsten auf,das da mal schmucker Stuck dran war)
    Protest aus der Bevölkerung gab es sehr wenig,wohl aber gegen Abriss dieser Gebäude.Aber das war eben der damalige Zeitgeist.
    Wenn das Neue Palais bis auf die Grundmauen abbrennen würde,könnte ich mir vorstellen das die Rekogegener nicht gerade für eine Wiederherstellung plädieren würden.Denn wenn man so entschieden gegen Rekos sich ausspricht sind diese Leute auch an den vorhandenen Orginalschlössern und Altstädten nicht innerlich wirklich interessiert.

  • Naja, die "innere Einstellung" ist nachrangig. "Geschmack" im übrigen auch. Es kommt darauf an, was man will: einen internationalen, polymorphen Einheitsbrei oder maßstäbliche regionale Architektur. Der Potsdamer Weg der Wiederherstellung des "Grund- und Aufrisses der Stadt" (SVV-Beschluß von 1990) ist ja auch ein anderer. Der Stadtkonservator Andreas Kalesse, dem in Potsdam vieles zu verdanken ist, zuletzt das Flächendenkmal "Barocke Innenstadt, definiert Stadschloß, Barberini, Neuer Markt 5, Palast Pompei, Noacksches Haus, Villa Jakobs, Villa Persius (u.v.a.m.) und das Kellertor als Erinnerungsbauten.
    Kalesse: "Die Erinnerungsarchitektur ist keine Kopie eines verlorengegangenen Gebäudes. Sie ist vielmehr eine Ausdrucksform aktuellen Bauens, die am originalen Standort eines materiell untergegangenen Bauwerks durch Rückgewinnung bzw. Bezugnahme auf wesentliche Gestaltungselemente der verlorenen Architektur an diese zu erinnern versucht.
    Dabei hängt der erzielbare Näherungswert an das Original einerseits von der Überlieferungsqualität und -menge ursprünglicher Dokumente zeichnerischer, schriftlicher, fotografischer und baulicher Art ab. Andererseits kann zumeist nur eine den aktuellen Nutzungsbedürfnissen und den aktuellen Baunormen angepasste neue Architektur entstehen.
    Eine Rekonstruktion im klassischen Sinne ist also von vornherein ausgeschlossen und wird auch nicht angestrebt."

  • Den wohl klügsten Satz zum Thema Rekonstruktion hat vor Jahren unser Ex-Kanzler Gerhard Schröder gesprochen:

    "Ich bin für das Schloss, einfach weil es schön ist."

    In dubio pro reko

  • Ist denn schon klar, wie der Gestaltungsrat aussehen wird, der den Neubau des Quartiers begleitet? Denn der Gestaltungsrat kann ja bei dem einen oder anderen Projekt ein Veto einlegen, wenn sich ein Gebäude nicht in das Quartier einfügt.

  • Du scheinst Dich mit Potsdamer Dingen nur am Rande zu beschäftigen. Der G-Rat hat kein Vetorecht. Er begleitet die Vergaben nicht, wie er es auch in den letzten Verganben nicht getan hat.

    Die Vergaben werden durch eine Auswahlkommission entscheiden. Hier sind die Hälfte der Mitglieder Vertreter der Parteien. Dann drei externe Experten (Uli Hellweg, Urs Kohlbrenner, Petra Kahlfeldt) zwei Mitglieder des G-Rates und die Protagonisten der Stadtverwaltung.