• Liebe Bautzenfan:

    Kleine Korrektur zu deinen ansonsten - und wie immer! - perfekt recherchierten Angaben:
    Im Ersten Vorzimmer werden definitiv nicht die Chinesischen Banden rekonstruiert werden, da diese (wohl aus dem Japanischen Palais) erst nach 1760 dorthin gelangt waren. Sondern alle Räume der Enfilade sollen in den Ursprungszustand von 1719 (Hochzeit!) versetzt werden sollen, mit den (wie ich denke aufwendigeren - deshalb die Summe) Stickereien der gewundenen Säulen. Von alledem existiert aber nichts mehr.

    Und das Ganze soll dann am Ende so aussehen (das Hauptgesims ist hier hoffentlich noch nicht der letzte Stand der Dinge):


    (Quelle: SIB)

    Einmal editiert, zuletzt von Oktavian (26. September 2016 um 16:50)

  • Vor einigenTagen wurde auf der HP einer südsächsischen Parkettlegefirma (mit offensichtlich exzellenter Fachkompetenz – Chef ist staatlich geprüfter Restaurator im Parkettlegehandwerk und zudem von der Handwerkskammer Chemnitz öffentlich bestallter und vereidigter Sachverständiger für das Parkettlegehandwerk) folgende kurze Mitteilung veröffentlicht:

    Zitat von www.parkett-kleditzsch.de

    29.09.2016: Kleiner Ballsaal im Schloss Dresden
    Die Bauarbeiten im Schloss Dresden gehen voran. In der nächsten Zeit werden wir im Kleinen Ballsaal beschäftigt sein. Hier wird der historische Tafelparkettboden rekonstruiert. Den Arbeiten ging eine umfangreiche Planungsphase voraus, da einige der original verwendeten Hölzer nicht mehr gehandelt werden dürfen.


    Bei der voranstehenden Information über die benötigten *Hölzer* habe ich mich an einen Fachartikel von Hans-Christoph Walther (Chefrestaurator am Dresdner Schloss) erinnert, der im Dresdner Heft Nr. 104 veröffentlicht worden ist (Redaktionsschluss des Heftes: November 2010):

    Zitat von Hans-Christoph Walther

    Für die Rekonstruktion der in exzellenter Qualität gefertigten Furniertüren und Furnierparkettböden liegen die Handwerksproben vor; die Recherche für die extrem schwer zu beschaffenden Edelholzfurniere ist ebenfalls abgeschlossen. Man kann also sagen, dass die Vorbereitungen zur Wiederherstellung des Kleinen Ballsaales im Jahre 2010 vollständig abgeschlossen sind. Dieser könnte, wenn die Mittelbereitstellung wie bereits angekündigt nicht eingeschränkt würde, im Jahre 2013 fertiggestellt sein.


    Aber zurück zu der eingangs zitierten Meldung der Parkettlegefirma. Die Formulierung *In der nächsten Zeit werden wir im Kleinen Ballsaal beschäftigt sein* klingt für mich doch so, dass die betreffenden Arbeiten entweder gerade eben begonnen haben oder aber der Beginn unmittelbar bevorsteht. Nun kann man aber sicher davon ausgehen, dass die Verlegung von Parkett erst in der Endphase einer Raumgestaltung durchgeführt wird – wenn keine Raumgerüste mehr stehen oder nochmals welche aufgestellt werden müssen (letzteres vielleicht mit Ausnahme von kleinflächigen Gerüsttürmen, wo dann Beschädigungen des bereits verlegten Parketts durch untergelegte Filzmatten o.ä. verhindert werden).
    Betrachten wir dazu noch einmal die zugehörige Leistungsbeschreibung des Ausschreibungstextes:

    Zitat von SIB

    Die vorgesehenen Leistungen dienen der Fertigung und dem Einbau von ca. 130 m2 Tafelparkett mit Randfries sowie Parketttafeln in 4 Türdurchgängen und einer Nische in der Südwand.
    Das Tafelparkett ist vorgesehen für die Verlegung auf Trockenestrich mit Fußbodenheizung. Die Fertigung erfolgt dreischichtig mit Deckschichten aus Ahorn, Eiche, Mahagoni und Palisander. Mittel- und Unterschicht jeweils aus Eiche. Das Parkett wird nach der Verlegung mit Ziehklingen von Hand abgezogen.
    Weiterhin ist die Verlegung einer Dielung mit Unterkonstruktion auf der Galerie des Raumes vorgesehen.


    M.E. kann die Verlegung des Parketts erst erfolgen, wenn alle Arbeiten, die ein großvolumiges Raumgerüst erfordern, abgeschlossen sind. Und das wiederum heißt für mich, erst muss die Decke fertig sein (eventuell mit Ausnahme der umlaufenden Randzonen, die von der Galerie aus bearbeitet werden können) und vermutlich auch die Endgestaltung von Hohlkehle/Galerie und Hauptsims. Letzteres wurde bereits vor einigen Wochen beauftragt (Auftragsbezeichnung: „Anstriche und Vergoldungen - Hauptsims Saal, Sims und Kehle der Galerie“) – zur Verdeutlichung des betreffenden Arbeitsumfangs hier noch einmal das bereits vor einiger Zeit realisierteProbefeld: Klick
    und die Visualisierung von Andreas Hummel: Klick

    Bezüglich der Ausmalung im Bereich der Hohlkehle ist anzumerken, dass die Malvorlagen bereitsvorhanden sind, das Ganze muss also „nur“ noch in situ eingebracht werden (soll natürlich keine Abwertung sein, aber sehr wesentliche Vorarbeiten hierfür sind eben schon erbracht): Klick

    Bleibt also die Frage, wann ist die Decke fertig? Der Realisierungsstand der Deckengestaltung ist anhand der kürzlich eingestellten Fotos von luckyluke anschaulich nachvollziehbar (siehe S. 67 im Schlossstrang). Demnach sind die Anbringung der Stuckkörper und die parallel laufenden Tischlerarbeiten (quasi die Arbeiten zur Herstellung der „Endhaut“ der Decke) sehr weit fortgeschritten, aber per 23.09.2016 noch nicht ganz fertig. Anschließend – eventuell auch zeitlich parallel, sind dann noch die Vergoldungsarbeiten und die Ausmalung im Bereichder Decke durchzuführen (letzteres allerdings in relativ kleinen Feldern – siehe Visualisierung von arte4d, weiter oben verlinkt).

    Und so wird der Fußboden in nicht allzu ferner Zukunft aussehen: Klick

    2 Mal editiert, zuletzt von BautzenFan (9. Oktober 2016 um 21:00)

  • Ich möchte Euch auf ein Gestaltungsdetail im Kleinen Ballsaal aufmerksam machen. Bezogen auf den Zerstörungszustand dieses Raumes war in jüngerer Zeit (gemeint sind die letzten Jahre) immer davon zu lesen, dass sich von der ehemaligen Innenarchitektur nur Reste im Bereich der markanten Südnische erhalten haben (also im Sinne von *nur dort*). Nun zeigen allerdings Fotos aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, dass anfänglich einiges mehr überlebt hatte. Da die Ostwand des Georgenbaus nachträglich eingestürzt war (im Spätsommer oder Herbst 1945), konnte man seitdem bis Mitte der 1960er Jahre vom Stallhof aus in den Kleinen Ballsaal hinein sehen. Die nachfolgend verlinkten Aufnahmen aus der Fotothek besitzen eine recht gute Auflösung und sollten nach dem Öffnen vergrößert werden (einfach draufklicken). Die Verortung des Raumes ist anhand der auskragenden Auflager der ehemaligen Musikempore auch für nicht ganz so Ortskundige kein Problem.

    Zustand November 1945: insbesondere im Bereich Hauptsims (unterhalb Galerieboden) ist der plastische Schmuck noch in erheblichem Umfang vorhanden, am mehreren Stellen sieht man noch die Reste der Wandleuchter KlickKlick

    Zustand 1958: die witterungsbedingte Erosion der Schmuckreste ist deutlich fortgeschritten Klick

    Und so gab es dann Mitte der 1960er Jahre, als der Georgenbau wieder aufgebaut wurde, an innerarchitektonischen Schmuckelementen fast nichts mehr zu sichern oder zu retten – mit Ausnahme eben besagter Südnische. Das folgende Foto entstand zwar erst 2011, vermittelt aber einen guten Eindruck darüber, wie kahl der Raum nach dem Wiederaufbau aussah (die kurz zuvor angebrachten Stuckkörper über den Türen muss man sich natürlich wegdenken). Wichtig erscheint mir noch der Hinweis, dass die geometrische und statische Ausführung (siehe z.B. Deckenverlauf im 3. OG, siehe umlaufende Betonauflager als Basiselement für die Galerie) auf die Belange einer späteren Raumrekonstruktion ausgerichtet wurde, obwohl das natürlich in den 1960er Jahren eine Vision für eine sehr, sehr ferne Zukunft gewesen sein muss.


    Das nächsteFoto (etwa 1998) verdeutlicht den Zustand der Südnische nach dem Wiederaufbau, man beachte insbesondere den Höhenabschnitt des Lambris im gerundeten linkenTeil der Nische: Klick

    Jetzt eine Aufnahme von 2011 (Bild Nr. 2 zeigt einen vergrößerten Ausschnitt). Zur Ausführung ist anzumerken, dass die Wände entsprechend der originalen Gestaltung im unteren Teil (Lambris) mit „echtem“ Marmor verkleidet sind (incl. einer profilierten Abschlusszone am unteren und oberen Rand dieses Sockels), darüber (bis zur Kante der Decke) besteht die Verkleidung aus Stuckmarmor.

    In der gelb umrandeten Zone sieht man originale Marmorfragmente des Sockels. Die betreffende Stelle wurde in folgenden Endzustand gebracht (das nachstehend verlinkte Foto entstand im Januar 2016 bei der Schlüsselübergabe der Räume im1. OG an die SKD durch Finanzminister Georg Unland, wohl aus Platzgründen fand der feierliche Akt im Kleinen Ballsaal statt; man beachte den profilierten Bereich links des ministeriellen Ellenbogens und auch die untere Profilzone links unten angeschnitten): Klick

    Das folgendeFoto dient zum Vergleich der oben gelb markierten Zone (diese im linken Rundbereich der Nische) mit dem spiegelgleichen Abschnitt im rechten Rundbereich: Klick


    Für den Großen Ballsaal wurde bereits verlautbart, dass man dort analog vorgehen wird:

    Zitat von Harms/Schubert

    Der Große Ballsaal wurde beim Bombenangriff 1945 weitgehend zerstört und soll in der Raumfassung von Wolframsdorf und Bendemann (1846-1848) rekonstruiert werden. Momentan befindet sich der Saal im Rohbauzustand. Der Fußboden und die Decke wurden komplett neu in Stahlbeton hergestellt. Die Längswände an der Nord- und Südseite des Saales blieben substanziell weitgehend erhalten. Die Architekturgliederung der Wände wird vollständig in Gipsstuck wiederhergestellt. Als Vorlagen für die Modellarbeiten dienen die geborgenen Originalteile, welche sich im Depot befinden [Anm.: Fotolink folgt nach dem Zitat]. Die Originalteile sollen nur in architekturprägenden Bereichen (z.B. Kanten) ergänzt, ansonsten (z.B. Rücklagen/Ornamentik) fragmentarisch belassen und konserviert werden. Aus ästhetischen Gründen ist ein Einbezug in die Farbfassung geplant, um optische Brüche bei der angestrebten Raumwirkung zu vermeiden.

    Quelle: http://cms.harms-schubert.de/projekte/kultu…bauten/ballsaal


    Hier sieht man einige der geborgenen Originalteile: Klick

    Und hier beispielhaft eine der Entnahmestellen:


    Nun habe ich allerdings gewisse Bedenken, ob das im Großen Ballsaal auch so dezent wirken wird wie beim kleinen Bruder (bezüglich „optischer Brüche“) – schon allein wegen der Menge. Es dürfte ja bekannt sein, dass im Großen Ballsaal erfreulicherweise relativ große Partien des originalen Stucks noch vorhanden sind. Hier nur mal 2 Beispiele:
    KlickKlick

    Aber da müssen wir uns noch in Geduld üben.


    Abschließend noch eine kleine Meldung mit erfreulichem Inhalt. Für das Residenzschloss soll ein sogenanntes Tastmodell erstellt werden (Ausführungsfrist vom 11.8. 2016 –5.12.2016):

    Zitat von www.dtad.de

    Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (im Weiteren SKD bezeichnet) planen, im Innenbereich des Residenzschlosses ein Tastmodell des Gebäudekomplexes aufzustellen. Ziel ist die Vermittlung eines Eindrucks vom Gebäude, für Sehbehinderte und Blinde, aber auch die Darstellung des Ensembles für Sehende. Im Vordergrund steht eindeutig die Information für Menschen mit Sehbehinderungen. Es wird ein Auftragnehmer gesucht, der ein Modell des Residenzschlosses (mit allen dazu notwendigen Arbeitsschritten und Vorleistungen) erstellen kann, welches die in der Leistungsbeschreibung ausgeführten Eigenschaften besitzt und hinsichtlich des geplanten Standortes die entsprechende ästhetische Ausstrahlung, Materialanmutung und Dauerhaftigkeit aufweist.


    Damit man sich vorstellen kann, wie so etwas ausschaut, habe ich mal ein Foto für das vor ca. 2 Jahren aufgestellte Tastmodell der Festung Königstein verlinkt: Klick

    Einmal editiert, zuletzt von BautzenFan (12. Oktober 2016 um 17:32)

  • Liebe BautzenFan

    Jetzt gibt's mal mehr als ein blosses "Klick-Danke" für diesen profunden Beitrag:

    Recht herzlichen Dank für die immer spannenden, perfekt recherchierten und sauber dargestellten Schloss-Beiträge! Wieviel Freizeit hast du jetzt beispielsweise für diesen Beitrag aufgewendet? Das dürfen unsere Mitglieder ruhig mal wissen, denn viele haben wohl keine Vorstellung, wieviele Stunden du dafür aufwendest, bis alle Quellen beisammen sind, alle Links einwandfrei funktionieren, die Bilder richtig eingebettet sind, die Abstände einigermassen passen und und und...

  • Es gibt eine neue Mitteilung über eine erfolgte Beauftragung für die Rekonstruktion des Paradeschlafzimmers:

    Spezialgewebe für das Paradeschlafzimmer (Goldstoff)
    Endgültiger Gesamtauftragswert: 372 149 EUR (ohne MwSt)
    beauftragt: italienische Manufaktur (in Florenz)

    Bei analogen Beauftragungen bzw. Auftragsbeschreibungen für die textilen Ausstattungselemente der Paradezimmer wurde immer die Formulierung *als fadengenaue Kopie* mit verwendet. Warum das hier in diesem Mitteilungstext fehlt, weiß ich nicht. Auch ist mir nicht ganz klar, was hier mit *Goldstoff* gemeint ist (um es auf historischen Fotos zuordnen zu können). Ich habe nachfolgend mal alle vorher veröffentlichten Beauftragungen für das Paradeschlafzimmer (die Rekonstruktion der textilen Ausstattung betreffend) in Kurzfassung zusammengestellt:

    PSZ Applikationsstickerei (Tüll, Spitze, Bänder, Posamenten und Stickereien)
    Endgültiger Gesamtauftragswert: 1 335 172,76 EUR (ohne MwSt)
    [Auftrag bezieht sich m.E. auf mehrere Räume, zumindest auf Schlafzimmer und Audienzgemach, aber wie gesagt: nur m.E.]

    Anfertigung und Lieferung von Goldfäden nach originalen Vorlagen des 18. Jhts.
    als fadengenaue Kopie für das Audienzgemach und Paradeschlafzimmer.
    Endgültiger Gesamtauftragswert: 278 388,50 EUR (ohne MwSt)
    [In einem früher verlinkten Zeitungsartikel war zu lesen, dass diese Fäden (eigentlich vergoldete Silberfäden) 0,007 Millimeter „dick“ sind (kein Tippfehler meinerseits bei der Zahl), das wollte ich hier unbedingt noch explizit erwähnen.]

    Anfertigung und Lieferung von Seidensamt nach originalen Vorlagen des 18. Jahrhunderts als fadengenaue Kopie für das Paradeschlafzimmer.
    [Hierbei handelt es sich m.E. um die samtenen Wandbespannungen, die sind im Paradeschlafzimmer bekanntlich von grüner Farbe, während die straßenseitigen Paraderäume – incl. des Eckparadesaales – mit karmesinrotem Samt ausgekleidet sind.]

    Anfertigung und Lieferung von Goldbrokat nach originalen Vorlagen des 18. Jahrhunderts als fadengenaue Kopie für das Paradeschlafzimmer
    Endgültiger Gesamtauftragswert: 527 057,70 EUR (ohne MwSt)


    Wer die einzelnen Textilien mal „verorten“ will, hier sind 2 historische Fotos (sehr gute Auflösung); btw – vor allem die Samtflächen machen einen ziemlich lädierten Eindruck):
    Eckbereich
    Gesamtansicht

    Den jetzt sukzessive erfolgten Beauftragungen für die jeweiligen Textilien waren jahrelange Untersuchungen und Herstellungstests voraus gegangen. Der folgende Link zeigt ein dabei entstandenes Muster für die Wandbespannung im Paradeschlafzimmer (ganz rechts auf diesem Bild der oben erwähnte grüne Samt).
    Wandbehang für das Paradeschlafzimmer (Detail), Rekonstruktion nach Originalen von 1719, Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (dies die Betitelung auf der HP der SKD): Klick

    Wie auf dem vorletzten Bild ersichtlich war der Baldachin über dem Paradebett mit 2 Bekrönungen verziert. (Mindestens?) eine davon existiert noch, denn Teile des Bettes hatte man ausgelagert (der langjährige Landeskonservator Gerhard Glaser verwendete die Formulierung *Teile*, der Chefrestaurator Hans-Christoph Walther sprach allerdings von *Fragmenten*). Und so sieht das gute Stück aus:
    Bekrönung vom Baldachin des Paradebetts, Sächsisch 1719, Kunstgewerbemuseum, SKD Klick

    Einen ersten Einblick in diese spezifische Rekonstruktionsthematik der Paradesuite vermittelte eine Ausstellung der SKD, die vom November 2013 bis Februar 2014 im Residenzschloss stattfand; betitelt wie folgt:
    „Paradetextilien Augusts des Starken - Die Originale und ihre fadengenaue Rekonstruktion für das Residenzschloss“
    Der zugehörige Flyer der Ausstellung enthält interessante Abbildungen verschiedener Objekte, zum Beispiel auf Seite 2 (dort rechts) einen der Textilpilaster des Audienzgemachs – im restaurierten Zustand (diese Elemente waren ja bekanntlich vollständig ausgelagert worden). Hier der Link für den Flyer: Klick


    Nachfolgend noch einige Ausführungen zum Eckparadesaal.

    Zitat von george-orwell

    Mir ist aufgefallen, dass zu einem für mich ganz wichtigen Raum bis jetzt gar nichts gesagt wurde: Zum Eckparadesaal. Weder im Flyer der SKD noch jetzt bei den Ausschreibungen wird darüber gesprochen, insbesondere welche Nutzung er erfährt (kommt vielleicht doch noch ein Thron zurück)!

    Hier hat george-orwell prinzipiell recht: Was offizielle Informationen der Öffentlichkeit betrifft, gibt es bislang weder Visualisierungen noch taucht der Raum in den bisherigen Ausschreibungen bzw. Vergabemitteilungen auf. Aber wie der Raum einmal aussehen soll (abgesehen von einigen Details), ist natürlich schon länger bekannt. Der Chefrestaurator Hans-Christoph Walther formulierte es so:

    Zitat von Hans-Christoph Walther

    Die Paradeappartements im Westflügel

    Diese Raumgruppe wird im Wesentlichen wieder so eingerichtet, wie man sie zum Zeitpunkt der Hochzeitsfeierlichkeiten 1719 geschaffen hat. Einzige Ausnahme bildet der 1767 baulich veränderte Eckparadesaal, welcher in dieser Fassung wiederhergestellt wird.
    Quelle: Dresdner Hefte Nr. 104 „Das Dresdner Residenzschloss als Museum“, Redaktionsschluss November 2010

    Diese *baulichen Veränderungen* von 1767 umfassten den Einbau von 2 runden Nischen in der Südwand rechts und links des Kamins (incl. ihrer Verkleidung mit Stuckmarmor) sowie die Aufstellung von 2 Öfen. Außerdem erfolgte im Rahmen dieser Umbaumaßnahme die Anbringung der Rokoko-Rosetten an der Decke. Soweitdie mir zugängliche Fachliteratur. Der Vergleich der folgenden Aufnahmen lässt aber den Schluss zu, dass auch die Stuckatierung im Bereich der Deckenkehle verändert worden ist, das möglicherweise irgendwann später.
    Gestaltung 1719
    Zustand 1920

    Zu den beiden Öfen hatte uns Insider-Wissensträger Oktavian schon früher mal mit folgender Information versorgt:

    Zitat von Oktavian

    Klar - die Öfen müssen und kommen da wieder rein. Man kann so etwas auch nachbauen (im Äußeren). In einem der Fürstenzimmer im Augsburger Rathaus ist ein weitaus aufwendigerer Kachelofen des frühen 17. Jhs. geradezu mustergültig rekonstruiert worden!

    Das ist sicher dieses Prachtstück hier (5,22 m hoch): Klick

    Aber zurück zum Eckparadesaal. Das hat sich von den beiden Ofennischen erhalten:


    Schnappschuss aus der filmischen Dokumentation „Von der Ruine zum Richtfest“; herausgegeben vom Sächsischen Finanzministerium


    Bleiben wir noch beim Thema Ausgangszustand für die Rekonstruktion. Das folgende Foto mussin der ersten Hälfte des Jahres 1987 entstanden sein. Man war in der Anfangsphase des Wiederaufbaus; die Arbeiten beschränkten sich in dieser Zeit auf den West- und Nordwestflügel.


    Von ErichBraun - Scan vom Negativ, CC-BY-SA 4.0, wikimedia commons


    Rechts des Treppenturmes, im Höhenbereich des 2. OG, sieht man ein großes „schwarzes Loch“ mit einer Fensteröffnung. Dort blickt man in den Eckparadesaal hinein. Hier noch eine weitere Aufnahme vom April 1987: Klick

    Man beachte die helle waagerechte Betonfläche zwischen den beiden Türmen – das ist die neu eingezogene Deckenzone des Eckparadesaales. Unterhalb davon, nahe des in der Hofecke gelegenen Treppenturmes (=TTNW), sieht man den Bruchstreifen der kurz zuvor abgetragenen Ostmauer des Eckparadesaales (Trennmauer zwischen Eckparadesaal und Propositionssaal).
    Dass besagte Ostmauer zunächst noch vorhanden war, vermittelt diese früher entstandene Aufnahme – man schaue durch die erste große Fensterhöhle (Höhenbereich 2. OG) rechts des Treppenturmes (dieser im Bild links angeschnitten):



    Von Erich Braun - Scan vom Negativ, CC-BY-SA 4.0, wikimedia commons

    Das folgende Foto zeigt die ehemalige Türgestaltung an der Ostwand des Eckparadesaales – der Fotograf stand gerade noch innerhalb dieses Raumes und blickte in Richtung des östlichangrenzenden Bankettsaales (=Propositionssaal):
    Klick

    Mit etwa gleicher Blickperspektive sah das dann im Rohbauzustand so aus (Oktober 1991):


    Schließlich hier noch eine der Türöffnungen in der Südmauer des Eckparadesaales (rechts daneben eine der Ofennischen). Wir blicken in die hofseitige Enfilade (1. und 2. Retirade – ganz hinten dann das Paradeschlafzimmer):


    Abschließend möchte ich noch auf einen Aspekt bei der Gestaltung des Eckparadesaales eingehen, wo ich mit Spannung auf Informationen warte: In welchem Umfang wird man das kleine Turmkabinett an der Nordwestecke des Raumes rekonstruieren? Den Eingang sieht man auf folgendem Foto rechts angeschnitten: Klick

    Um das gleich folgende Gurlitt-Zitat verstehen zu können, muss man wissen, dass der Turm an der NW-Ecke des Schlosses (jedenfalls in seiner Grundsubstanz) wesentlich älter ist als sein Pendent an der Südwestecke. Letzterer entstand nämlich erst beim großen Schlossumbau ab 1889. So sah die NW-Ecke vor dem Umbau aus: Klick

    Hier ein Aufriss der Westfront, datiert in die 1. Hälfte des 19. Jhd.: Klick

    Übrigens sehr interessant, dass auf den beiden dargestellten Giebeln immer noch die Renaissance-Skulpturen (aus der Erbauungszeit im 16. Jhd.) vorhanden sind. Den ehemals vorhandenen dritten Giebel hatte man schon in der 2. Hälfte des 18.Jhd. aufgrund von Dachschäden abgetragen.

    Nun aber zum angekündigten Gurlitt-Zitat (aus seinem – für den Teil Dresden - 1903 erschienenen Werk „Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen“):

    Zitat von Gurlitt

    Der Nordwestthurm beherbergte im zweiten Obergeschoss ein Stuckgewölbe, welches 1890 in den neuen Südwestthurm versetzt wurde. Vier Paare von Putten tragen das Gesims des Mittelfeldes. In den Ecken Kartuschen. Das Ganze eine derbe Arbeit, deren an vlämische Vorbilder mahnende Formgebung etwa auf die Zeit um 1660 weist.


    Foto von Hyade


    Von irgendwelchen Resten dieses Stuckgewölbes habe ich noch nie etwas gehört, möglicherweise ist es vollständig zerstört worden. Aber der „ausgeschlachtete“ NW-Turm hatte ja natürlich um 1890/91 eine neue zeitgenössische Gestaltung erhalten. Und von der haben relevante Reste überlebt.
    Ich hatte schon mehrfach das tolle Video unseres Mitglieds dresdenbild empfohlen. Der 1991 entstandene Film enthält auch 2 Sequenzen für besagten kleinen Eckraum. Ich habe das nachfolgend so verlinkt, dass man im Video sofort an die betreffenden Stellen springt, um die es mir konkret geht. Abbrechen müsst Ihr aber jeweils selbst, im ersten Link nach etwa 17 Sek., im zweiten nach ca. 10 Sek.
    Sequenz1
    Sequenz2

    2 Mal editiert, zuletzt von BautzenFan (16. Oktober 2016 um 21:29)

  • Die Stuckdecke im Eckparadesaal stammt von Dunger & Frölich. Im übrigen nicht die einzigen Veränderungen in sächsischen Schlössern. Auch in Moritzburg wurde im Monströsensaal vergoldetet Stuck an die Decke gebracht. Vom Altzustand ohne Stuck existieren im übrigen noch Fotos, die ich mal gesehen hab.

    Was den Stuck im Südwesteckturm anbelangt - an den kann ich mich erinnern, hatte ihn allerdings auf die Zeit des Schlossumbaus datiert - so kann man sich irren... Bild hab ich aber leider nicht. Der Südwesteckturm an sich ist ja erst aus der Umbauzeit, im Gegensatz zum Nordwesteckturm, der als Bau noch aus der Renaissance stammt.

  • Ergänzend noch einige Informationen über die Herstellung der textilen Wandbespannung für das 1. Vorzimmer der Paraderäume (siehe die von Oktavian eingestellte Visualisierung ganz oben auf dieser Seite des Schloss-Strangs). Hier zunächst ein sehr schönes Foto, wo einer dieser Bildteppiche gerade entsteht (Motiv: blumenumrankte Säule): Klick

    In einem aktuellen Zeitungsartikel wurde die Madrider Manufaktur und ihr Dresdner Auftrag vorgestellt - mit einiger Dramatik, denn die Traditionsfirma musste voriges Jahr Bankrott anmelden und konnte gerade noch einmal gerettet werden (nicht zuletzt dank des Dresdner Zuschlags). Hier ein Auszug:

    Zitat von fr-online

    Die Manufaktur ist selber ein Juwel: eine in der Welt einzigartige Werkstatt, in der Teppiche und Wandbehänge in Handarbeit hergestellt werden, noch fast ganz so wie vor knapp 300 Jahren, als die Fabrik vom ersten spanischen Bourbonenkönig Philipp V. gegründet wurde. Im vergangenen Jahr wäre sie beinahe Bankrott gegangen. Aber die Real Fábrica de Tapices ist gerettet und kann sich an die Arbeit machen, den – was die Zahl der Stücke angeht – größten Auftrag ihrer Geschichte zu erfüllen: Die Rekonstruktion von 32 Bildwirkereien für das wiederaufgebaute Residenzschloss in Dresden.
    Das Juwel, das Pilar Felguera vor fünf Jahren erschaffen hat, ist ein 3,30 Meter hoher und 60 Zentimeter breiter Wandteppich, eine Säule aus Stoff. Der Karton – die Vorlage für das Werk – hängt noch immer an einer der Wände der Real Fábrica de Tapices, Felguera hat ihn von ihrem Hochwebstuhl aus im Blick: das Bild einer bekrönten, wild von Blumen umrankten Säule.
    Der Karton basiert auf einer der (im Krakauer Czartoryski-Museum) erhaltenen Originaltapisserien, die der sächsische Kurfürst August der Starke Anfang des 18. Jahrhunderts in Auftrag gab: Sie schmückten das erste Vorzimmer der Paradesuite im Westflügel des Dresdner Schlosses bis zu dessen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg.
    Seit Mitte der 1980er Jahre wird das Schloss in neuer Herrlichkeit wiederaufgebaut. Eine der abschließenden Arbeiten ist die Rekonstruktion der Paraderäume. Um deren barocke Wandbekleidung wiederauferstehen zu lassen, kam nur eine Werkstatt in Frage: die Real Fábrica de Tapices in Madrid. Nirgendwo sonst wird noch gefertigt wie zu Zeiten Augusts des Starken.
    Der Auftrag aus Dresden war eine Herausforderung für die Königliche Teppichmanufaktur, die seit Ende des 19. Jahrhunderts in einem eher unscheinbaren Neomudéjarbau in der Nähe der Madrider Altstadt untergebracht ist. „Seit vielen, vielen Jahren ist nicht mehr in so feiner Qualität gearbeitet worden“, sagt Pilar Felguera. Die Kettfäden aus Leinen, in die sie die farbigen Schussfäden aus Seide, Gold, Silber und Wolle am Hochwebstuhl hineinwirkte, lagen etwa um ein Drittel dichter beieinander als bei gewöhnlichen Wandteppichen. Was eine Präzisionsarbeit ohnegleichen erforderte.
    Fädchen um Fädchen baute Felguera gemeinsam mit einem Kollegen das Bild auf, täglich wuchs es gerade mal um ein oder zwei Zentimeter. „Allein für die goldene Krone habe ich zwei Monate gebraucht“, sagt Felguera.

    Quelle des Artikels: http://www.fr-online.de/panorama/spani…2,34858334.html

    Und hier ist noch eine Fotoserie (aus der das eingangs gezeigte Bild stammt). Ich empfehle, nach dem Öffnen des Links auf das große Bild zu klicken (dann verschwindet die Werbung und die Ansicht wird größer). Erst danach blättern (mit dem Pfeil rechts): Klick

  • Hallo,

    ich bin neu hier im Forum und verfolge die Themen hier im Forum (besonders die über Dresden und seine rekonstruierten Baudenkmäler) schon seit einiger Zeit.

    Ich habe zum Schloß bzgl. zu den Paradesuiten August dem Starken eine Frage:
    Im Schlafgemach August dem Starken gab es vor den Zerstörungen wertvolle Deckenfresken von Louis de Silvestre (https://de.wikipedia.org/wiki/Deckengem…Residenzschloss). Meine Frage dazu ist, werden diese Fresken auch rekonstruiert (Farbfotos sind ja vorhanden) oder wird die Decke genauso enden wie die im Dresdner Zwinger (Bsp.: math.-phy.-Salon...usw.)?

    Gruß F.

    Gruß F. :D

  • Hi dresdenfreund,
    grüß dich hier im Forum.

    Ja, die Gemälde werden kommen, sind z. T. schon in Arbeit.
    Es waren aber keine Fresken, sondern Leinwandgemälde (in Öl glaube ich).

  • Ja, das wird auch eine gewaltige Herausforderung werden. Im Westen sind fast alle Deckengemälde-Rekos....äh.... gelinde gesagt "suboptimal" geblieben....

  • Wer issen das?

    Hab ihn gefunden.

    Mann, wie geil......

    Aber solche Leute in der Art gibts auch hier in DD.

    Alles wird gut.....

    Einmal editiert, zuletzt von Oktavian (18. Oktober 2016 um 21:44)

  • Im Kleinen Ballsaal geht es jetzt Schlag auf Schlag. Nur zur Erinnerung: Ende August erfolgte die Mitteilung, dass folgender Auftrag vergeben wurde (in freihändiger Vergabe):
    Anstriche und Vergoldungen - Hauptsims Saal, Sims und Kehle der Galerie

    Jetzt nun ganz aktuell diese Nachricht über eine beabsichtigte Auftragsvergabe (in beschränkter Ausschreibung, d.h. mehrere Firmen werden vom AG ausgewählt und zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert). Die betreffende Leistung ist wie folgt benannt:
    Anstriche und Vergoldungen Decke

    Erfreulicherweise hat man in diesem Fall auch den Ausführungszeitraum angegeben:
    Beginn der Ausführung: 18.11.2016
    Fertigstellung der Leistungen bis: 15.03.2017

    Zur Verdeutlichung des Arbeitsumfangs noch 2 Fotos, beide abfotografiert von einer Informationstafel beim Tag der offenen Tür:

    Einmal editiert, zuletzt von BautzenFan (20. Oktober 2016 um 08:12)

  • Leider sind große Teile der nicht zugänglichen Innenräume des Dresdener Schlosses ja immer so etwas wie ein versiegeltes Buch. Dennoch scheinen die Rekonstruktionen in den Paraderäumen bereits in vollem Gang zu sein. Ich habe im Netz zufällig ein (leider sehr kleines) Bild entdeckt, das den aktuellen Zustand der Paradesuite zeigt (siehe hier, sowie hier im Kontext). Vielversprechend! :daumenoben:


    Zudem möchte ich noch auf einen Artikel der Badischen Zeitung hinweisen, die über die Herstellung eines barocken Wandteppichs für die Paraderäume berichtet, siehe hier.

  • Ja, das wird auch eine gewaltige Herausforderung werden. Im Westen sind fast alle Deckengemälde-Rekos....äh.... gelinde gesagt "suboptimal" geblieben....

    Von allen Kunstgattungen lässt sich die Architektur am besten und die Graphik am schlechtesten reproduzieren (obwohl es eine Reproduktionsgraphik gibt ;) . Am zweitschlechtesten lassen sich Fresken kopieren oder wiederherstellen. Ich kenne keinen Fall, wo das wirklich gelungen ist, auch nicht in der Semperoper. Entweder sind die heutigen Maler so ängstlich und befangen, dass ihre Bilder leblos wirken, oder sie entfernen sich zu sehr vom Original. Die Kunst der Kopie, die früher an allen Kunsthochschulen gelehrt worden ist und das sich Hineinversetzen in einen anderen Stil voraussetzt, ist zumindest in Mittel- und Westeuropa verloren gegangen.

    Wer einer Halbwahrheit eine weitere Halbwahrheit hinzufügt, schafft keine ganze Wahrheit, sondern eine ganze Lüge.

  • Dennoch scheinen die Rekonstruktionen in den Paraderäumen bereits in vollem Gang zu sein. Ich habe im Netz zufällig ein (leider sehr kleines) Bild entdeckt, das den aktuellen Zustand der Paradesuite zeigt

    Nein, mein Lieber, das ist der Zustand von vor ca. 5 Jahren (SZ-Tag der Offenen Tür). Was man da sehen kann, sind nur Probeachsen. Man muss mittlerweile um Lichtjahre weiter sein.