Berlin - Hauptbahnhof, Humboldthafen, Europacity

  • Etwas Gutes hat die trostlose, klinische Sterilität des Viertels ja: Hier wird sich kein Schmuddelviertel/Rotlichtviertel wie um die meisten Bahnhöfe entwickeln. Was immerhin auch mal angenehm ist, wenn man in einer Stadt ankommt. ;)
    So wird man in Berlin ankommen und außer Hotelgästen, der nahen Hotelkästen, und Regierungsbeamten, der nahen Regierungskästen, wird jeder so schnell wie möglich wieder verschwinden. Null Aufenthaltsqualität.

  • Null Aufenthaltsqualität..., in der Tat. Besonders traurig zu sehen, dass sich meine Befürchtungen bereits beim Humboldthafen 1 Projekt bestätigt haben und der Uferbereich eine Steinwüste ohne Leben ist.
    Keine Gastronomie oder dergleichen, dabei würde der Humboldthafen hier viel Potential bieten. :(

  • Humboldthafen 1 ist besonders schrecklich, das erinnert mich an die Gebäude aus den 70ern, da war auch diese Metal Verkleidung überall dran um es auf zuwerten aber, sah dann wie eingepackt und aufgebläht aus.Wie bei diesen ding einfach nur schrecklich misslungen, ist eh der schrecklichste bau von allen.

  • Dass beim Humboldthafen 1 tote Hose herrscht, würde ich nicht auf die Architektur schieben. Es ist nun mal ein reiner Bürobau und kein EKZ. Ist meist der Fall, dass man bei solche keine Gastro oder Einzelhandel findet. Höchstens ne Kantine für die Mitarbeiter. Wäre sicher auch so, wenns von Patzschke o.ä. wäre. Natürlich wäre es schöner anzusehen, aber dass dort deswegen gleich große Fußgängerströme vorherrschen würden, bezweifel ist mal.

    Ich frage mich eher, wieso das Futurium vorne und hinten eine schwarze Wand bekommen hat, während die Seiten mit diesen doch ganz interessanten Galselementen hell und freundlich sind.

    Der Platz vor dem Bahnhof ist total kahl und kalt. Ein paar Bäume, Beete, ein Brunnen o.ä. würden da da selbst bei dieser Architektur schon etwas helfen.

  • Es ist halt alles noch ein Entwicklungsgebiet, und unabhängig von der Architektur wird sich hier in den nächsten Jahren mit den weiteren Projekten sicher mehr Leben einstellen. Mir scheinen die Parzellengrößen am Humboldthafen etwas unglücklich gewählt; nachdem die ursprünglich von Ungers dort angedachte Komplettumbauung gescheitert ist, wäre die Wahl kleinerer Grundstücksgrößen vielleicht Garant für mehr Urbanität gewesen, sowohl gestalterisch als auch mit Blick auf die Nutzung (s. Friedrichswerder mit seiner allerdings sehr kleinteiligen Körnung, wo an den Ecken dann aber fast immer auch ein Lädchen oder ein Café eingezogen ist). Riesenbuletten wie hier rings um den Hbf sind von den Proportionen über die Adressierung bis hin zur formalen Gliederung schwierig zu handhaben. Humboldthafen 1 trägt übrigens keine Metallfassade, sondern eine aus Betonfertigteilen ( Maxitown).

  • Hier wird sich kein Schmuddelviertel/Rotlichtviertel wie um die meisten Bahnhöfe entwickeln.


    Schade eigentlich. Denn selbst jedes noch so verruchte Schmuddelviertel birgt immerhin das potential sich zu etwas "anderem" zu entwickeln. Siehe Bahnhofsviertel Frankfurt wo -zugegeben sehr langsam- gerade einiges passiert.

    Am Humboldthafen und der angrenzenden Europacity hingegen sehe ich quasi null potential.

    Am Ufer der Sonne wo die wesen vom sehen träumen ist in Echtzeit überall Nacht

  • Warum wird dann so geplannt gebaut? Wo jeder weiss dass es gerade immer auch um Aufenthaltsqualität handelt.
    Wo es nur "moderne sächliche" Bauten gibt ist immer weniger von dieser Qalität der Fall. Modern verträgt sich schlecht mit wärme und heimische Gefühlen. Muss immer etwas "altes" und "gewachsenes" in der Nähe sein, so wie der Dom gegenüber moderne Bauten mit Gastromie.

    Planner und Städtebauer sollen und müssen dieses Bewusst sein und wissen. Deswegen halte ich die Wiederaufbau ohne Altbauten in D. (oder quasi Reko's wo es sie nicht mehr gibt) und besonders in bestimmte Berliner Viertel wie Humboldhafen für (total) misslungen.

    War in Nancy im NO gegenüber der Altstadt in modernes aber doch sehr angenehmes Viertel mit Hotels. Aussicht auf der Altstadt und überall kleine Parkanlagen mit Teichen.... war aber doch sehr gelungen weil die Aufanthaltsqualität sehr hochwürdig war. Viel Grün also und schöne farbenreiche Bauten.........

    In D. wird nicht immer so geplannt gebaut wie rund 1900 wo Bauten äuserst Schmuckvoll waren und überall kleine Parkanlagen waren oder Alleen mit Linden Bäume. Herrliche Welt damals mit sehr hochwürdige Aufenthaltsqualität.

    Rund Häckische Höfe ist dass gelungen WEIL ES NOCH ALTBAUFASSADEN vorhanden waren.

    Die Planer und Architekten in D. sollen endlich kapieren dass es mit nur moderne Bauten einfach nicht reicht um Qualität zu schaffen. Grünanlagen helfen dann, wie Laden (sehe Städteplanung in Spanien wo es auch in moderne Viertel sehr angenehm spazieren ist!!!) aber auch einige Altbauten helfen dann um die richtige Atmosphäre zu schaffen.

  • Du hast völlig Recht, Klassiker. Leider waren am Humboldthafen nicht nur keine Altbauten mehr vorhanden, es hat auch nie welche gegeben, die sich hätten rekonstruieren lassen - beidseits des Hafenbeckens waren zunächst Lagerflächen, später Mauerstreifen. Die nächsten erreichbaren Altbauten befanden bzw. befinden sich noch auf dem Gebiet der Charité, also ausgegrenzt aus der Stadt, nördlich der Invalidenstraße oder südlich der Spree. "Hackesche Höfe" waren hier weit und breit nie existent. Andererseits könnte man sagen: Lasst sie sich doch hier austoben, die Bürohausentwickler, besser hier als in der Altstadt.

  • Lieber Aldilette,

    Wenn sie da niemals gestanden haben, dann bitte etwas mehr "gemütliche" Bauten entwerfen.....ja dass ist in D. noch immer Tabu!!! In der Niederlanden werden ganze Viertel im Still 1900 oder 1935 hochgezogen, weil sie so immens populär sind. Und zwar weil die Bauten von damals schön gegliedert und kleinteilig aussehen (abwechslungsreich) mit Backstein oder Putz Versiehrungen), Erker haben, Steildächer mit Schornsteine, Runde oder Rundbogen Türen und Fenster, Balkone mit schöne Ornamenten.....Das ganze Rezept für Gemütlichkeit und Harmonie.

    Also kein Beton bitte, etwas weniger Glas, kein Metal/Eisen: keine Klotzen, Würfel oder Kuben. Dass ist gerade nicht was Menschen lieben. Die lieben details und keine kubistiche Militäranordnung....
    Braucht aber auch kein Provinz-bau zu sein in Berlin: am liebsten auch "eindrucksvolle" Gebäuden: aber dann mit schöne (klassische) Dimensionen im Flachverteilung und Ornamenten (nicht so üpich wie die Barock damals).
    War in Rom und manchmal stimmte die Flachverteilung nicht am Fassaden. Das ist eine Kunst!!! Sehe Schinkel, Stüler usw. Die wussten genau wie dass passte......

  • Auch jenseits der der Spree im sog. Spreebogenpark hieß die Devise bei der Gestaltung offenbar 'Minimalismus'. Der Park neben dem Kanzleramt ist der ödeste und unwirtlichste Park Berlins. Minimalismus in der Landschaftsarchitektur heißt heute offenbar (das zukünftige Schlossumfeld bestätigt das) viel Beton, wenig Bäume und in Bauhaus-ähnliche Schablonen eingepferchtes Restgrün. Das glatte Gegenteil des vom auf Ästhetik ausgerichteten englischen Landschaftsgarten also. Aber es muss ja heute unbedingt immer alles "modern" sein...

    Ein Fotoserie über diesen grauenhaften Park gibt es >> hier
    .

  • Stichwort 'Restgrün' - das schönste befindet sich ohnehin auf dem Hauptbahnhof selbst:

    Zumindest Schmuddeligkeit kann man dem Hauptbahnhof-Umfeld nicht attestieren.

    Wenn du das meinst...
    Die Nordseite des Hauptbahnhofs kann es diesbezüglich - unabhängig von den Verschärfungen der Situation durch die Dauerbaustellen - vermutlich durchaus mit afrikanischen Provinzstädten aufnehmen. In afrikanischen Hauptstädten wäre das dagegen eher unwahrscheinlich.

    Dass die neuverkleideten Ufermauern des Humboldthafens von Totalidioten schon großflächig verunstaltend besudelt worden sind, kommt zu diesem Aspekt noch dazu.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    Einmal editiert, zuletzt von Mantikor (18. Juli 2017 um 21:39)

  • Die Nordseite des Hauptbahnhofs kann es diesbezüglich - unabhängig von den Verschärfungen der Situation durch die Dauerbaustellen - vermutlich durchaus mit afrikanischen Provinzstädten aufnehmen. In afrikanischen Hauptstädten wäre das dagegen eher unwahrscheinlich.

    Aber dort sind ja bis 2021 offenbar Neubauten geplant, die die Situation dieser Brachen verändern werden.

    https://www.morgenpost.de/berlin/article…-die-Hoehe.html

    http://www.berliner-zeitung.de/berlin/europac…ahnhof-25235460

    Einmal editiert, zuletzt von Heimdall (19. Juli 2017 um 00:32)

  • Dass abgezäunte Brach-Baugelände als Müllabwurfplätze dienen dürfte wohl niemanden wirklich erstaunen und ist ganz sicher auch kein berlinspezifisches Problem. Es ist ja, solange kein Passant gefährdet wird, auch niemand wirklich für die Entfernung des Mülls zuständig. Insofern ist der Anblick dieser Müllhaufen sicherlich alles andere als erfreulich, ich würde es aber nicht zu der jedem Alt-Wessi bekannten typischen Bahnhofsgegend-Schmuddeligkeit rechnen, die insbesondere in den 1970er Jahren ihren traurigen Höhepunkt fand und die immer noch in vielen Mittel- und Großstädten Westdeutschlands anzutreffen ist: dubiose Geschäfte mit Ramschauslagen, Erotikbuden, schmierige Imbisse, krustig verdreckte/verklebte Mülleimer, Bänke und sonstige Möblierung.
    Mehr Sorgen macht mir der geplante größere Platz nördlich von Hauptbahnhof und Invalidenstraße, der beispielsweise hier (Bildergalerie) schon zu erkennen ist, und der wohl nach Fertigstellung des S-21-Tunnels angelegt werden wird. Das scheint mir doch ein typischer Anziehungspunkt für Dealer und sonstiges Publikum aus Weltgegenden zu werden, die ich hier wohl nicht zu benennen brauche.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

    Einmal editiert, zuletzt von Snork (19. Juli 2017 um 12:02)

  • Alles wenig Phantasievoll. Reihen von Kisten, Kasten und Kuben ohne jede Flair. Trist und Berlin unwürdige Bauten.

    Eben die Klötzchen-Bauerei, von der deutsche Planer ums Verrecken nicht lassen wollen. Man könnte auch sagen, Bauen unter dem Diktat des Kapitals, denn jedes Unternehmen beansprucht eben, für seinen Firmensitz einen Solitär hingestellt zu bekommen. Dabei hätte sich auf diesem Areal die Chance geboten, eine zukunftsweisende Bürgerstadt zu errichten, in der sich auch Firmenvertretungen zu einer integrierten Bauweise im Blockverband bequemen müssen. Aber deutsche Planer scheinen kein Rückgrat zu haben. Noch immer gilt, was schon in den sechziger Jahren ein Hamburger Bauverantwortlicher zu dem städtebaulichen Desaster der dortigen Ost-West-Straße sagte: Die Unternehmen als Bauherren haben eben sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, in was für einem Quader sich ihre Repräsentanz darstellen soll. Vor diesen Vorstellunen kapitulieren die Planer und besiegeln damit den Niedergang der europäischen Stadt.

  • Übrigens ist es überhaupt interessant, sich das Ergebnis des Architektenwettbewerbs für das dritte und letzte nördlich der Hauptbahnhofs noch zu errichtende Hochhaus einmal in Ruhe anzusehen (siehe Bild 1, 2 und 6 in der Bildergalerie). Tatsächlich kann ich mir den Vorgang nur so erklären, dass die Mitarbeiter des Münchner Architekturbüros Allmann, Sattler und Wappner beschlossen haben, sich einmal den Scherz zu erlauben, eine 1-zu-1-Kopie des Baumassenentwurfs (Bild rechts oben) als Wettbewerbsbeitrag einzureichen. Das Ergebnis war dann, dass die Jury ebendiesen Entwurf nach vermutlich langen und feinsinnigen Abwägungsprozessen als den besten erkannt hat und dieser nun gebaut wird... eye:)

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Irgendwie fällt mir da immer Alexander Mitscherlichs "Unwirtlichkeit der Städte" ein, wenn ich solche Uferbebauung und Klötzchen sehe.

  • Eben die Klötzchen-Bauerei, von der deutsche Planer ums Verrecken nicht lassen wollen. Man könnte auch sagen, Bauen unter dem Diktat des Kapitals, denn jedes Unternehmen beansprucht eben, für seinen Firmensitz einen Solitär hingestellt zu bekommen.

    Ich würde die Hauptschuld nicht auf "deutsche Planer" abladen. Zum einen wird wohl in den meisten Ländern rund um den Erdball heutzutage bei Neubauprojekten oft Vergleichbares hingeklotzt. Zum anderen führen die Planer letztendlich mehr oder weniger doch nur die Vorstellungen ihrer "Auftraggeber" aus - oder diese lassen sie mangels Interesse gewähren.
    Und "Auftraggeber" sind (weit gefasst) auf öffentlicher Ebene die - demokratisch legitimierten - Stadt-, Bezirksräte samt ihren Ausschüssen, welche die Planungen absegenen, und auf privatwirtschaftlicher Ebene die Unternehmen als Bauherren.

    Und bei letzteren sehe ich eben heuer meist keinerlei Anspruch, "einen Solitär hingestellt zu bekommen". Denn die Bauklötzchen-Architektur mag wirtschaftlich effizient sein (d.h. viel Bürofläche für wenig Geld), "Solitäre" sind es jedoch fast nie. Sondern gerade im Gegenteil: statt einzigartiger, repräsentativer Gebäude, die Vistitenkarten für ihre Unternehmen sein könnten (gerade in einer Gegend wie um den Hauptbahnhof) werden offensichtlich austauschbare Klötzchen bevorzugt.

  • Ich weiß nicht, was du unter einem Solitär verstehst. Gebäude wie die Tour Total oder das 50-Hertz-Gebäude sind Solitäre, insofern sie sich entweder gar nicht oder nur ansatzweise in einen Blockverband einfügen. Entscheidend ist bei dieser Unterscheidung nicht, ob ein Baukörper durch ein Stückchen Brandmauer den Anschluss an ein Nachbargebäude erlaubt sondern der Charakter des Entwurfs. Sowohl das Bestreben der kapitalkräftigen Bauherren als auch das der dem Zeitgeist verpflichteten Bauherren geht seit Jahrzehnten dahin, dreidimensionale Klötze in die Stadtlandschaft zu implantieren statt Stadträume zu schaffen, in denen Geschäftshäuser, Wohnhäuser, öffentliche Einrichtungen einigermaßen gleichberechtigt nebeneinander, in geschlossener Bauweise Stadträume formieren und damit den Anschluss an die europäische Stadtbautradition und die traditionelle Bürgerstadt betonen. Leider ist in Deutschland dieses Stadtbauideal so fern aller Planerroutine, dass es schwer ist, ein Beispiel zu finden, wo man wenigstens in Ansätzen eine solche zeitgemäße Bürgerstadt verwirklicht hat.

  • Zur absolut katastrophalen Europacity ein wie immer ausgezeichneter kommentar von Hans Stimmann.

    "Das Ergebnis dieses zehnjährigen Planungsprozesses ist so nieder-schmetternd wie bezeichnend für die offensichtlich beim Bund, Senatund Bezirk verlorengegangene Kompetenz, wenigstens auf eigenenFlächen wieder eine Form von Stadt zu bauen, die vielleicht den vielbeschworenen Gründern des 21. Jahrhunderts eine Chance gäbe. "
    Kommentar von Hans Stimmann

    Passend dazu...
    Anlässlich der Grundsteinlegung der "Wasserstadt Mitte" in der Europacity Berlin treibt auch Senatsbaudirektorin Regula Lüscher inzwischen die Frage um, wo in der Europacity gelebt werden soll, wenn ein "Europacitizen" seine hochpreisige Wohnwabe verlässt und den öffentlichen Raum vor der Haustür betrachtet – auf der Suche nach so etwas wie Kultur (und sei es auch nur Kneipen- oder Einkaufskultur). Zur Vermeidung einer "Schlafstadt in fußläufiger Entfernung zum Hauptbahnhof" kündigte Lüscher an: „Meine nächste Mission: Dass wir ein Quartiersmanagement einrichten, nicht im sozialen Sinne, sondern im steuernden Sinne.
    „Wasserstadt Mitte“ soll eigener Kiez in der Europacity werden.

    Am Ufer der Sonne wo die wesen vom sehen träumen ist in Echtzeit überall Nacht