Berlin - Hauptbahnhof, Humboldthafen, Europacity

  • Das scheint ja eine veritable Anpflanzung von einzelnen Bürohäusern geworden zu sein.
    Hauptsache, nichts zum Verweilen und bloß keine Ausgangszeiten außer zur Stoßzeit, wo dann alle im Pulk ins Gebäude laufen oder wieder raus. Wär ja schlimm, wenn sich untertags (oder gar: nachts!) Fußgänger sicher fühlen würden, weil immer paar Leute auf der Straße sind und Geschäfte am Rand, in die man notfalls reinkann.
    Aber nein, so nah am Bahnhof kann man das nicht riskieren! Wer zur falschen Zeit ankommt, und nicht im Pulk laufen will, muß doch gestraft werden.

  • Es wurde schon geschrieben, ich glaube die Gegend wäre wesentlich angenehmer, wenn man darauf achten würde sie zu pflegen.

    Die besprühten Ufermauern des neuen Hafenbeckens wurden erwähnt, ein Foto der vergessenen Bauzäune gepostet und der Müll, der sich in ihnen verfängt...

    wer ist da eigentlich für zuständig, wem kann man da mal ne email schreiben? Manchmal bringt das sogar in Berlin etwas! Zumindest in einigen Bezirken!

    "Schlage die Trommel und fürchte dich nicht"

    *gelesen bei Maria Gräfin von Maltzan, geschrieben von Heinrich Heine

  • Hier einige Fotos von der 'schönen neuen Welt' neben und hinter dem Hamburger Bahnhof an der Invalidenstraße:

    Blick vom Vorplatz des Hauptbahnhof Richtung Nordosten:

    Illusionsmalerei auf den Brandwänden. Hier wird im Vordergrund der Tunnel für die S21 gebaut. Später werden die Häuser zum oder über den Tunnel hinaus verlängert und die Bilder verschwinden dann wieder:


    Das Hotel Heidestr. / Ecke Invalidenstr.



    KPMG-Gebäude:

    50 Hz- Zentrale an der Heidestraße:

    Rückseite des Sozialgerichts, einst Verwaltungssitz der Hamburger Eisenbahn:

    Rückseite des ehemaligen Hamburger Bahnhofs mit der später errichteten Ausstellungshalle:



    Am Hamburger Bahnhof Nr. 4:



    Am Hamburger Bahnhof Nr. 5, genannt 'Kunstcampus'



    Einmal editiert, zuletzt von Spreetunnel (5. Februar 2018 um 13:19) aus folgendem Grund: Korrektur Schreibfehler

  • Äh, "KPM-Gebäude"?? Mit der Königlich Preußischen Porzellanmanufaktur hat das (leider) nichts zu tun, ich glaube kaum, daß die Geld hätte, neue Gebäude zu bauen.
    KPMG ist eine der großen 4 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Die können sich einen Neubau leisten.

  • Dort, wo sich die Moderne in historisch gewachsene Ensembles einfügen soll, versagt sie ja eh regelmäßig. Aber selbst in vollkommen neu erschaffenen, rein modernen Vierteln kommt in Deutschland nichts Gescheites zustande.
    Die deutsche "Moderne" ist so unfassbar bieder, langweilig und abweisend. Es ist ein Wahnsinn. Es ist schon bezeichnend, wenn das der bessere Teil des Viertels ist.

    Ich war letztes Jahr in Oslo und ich muss sagen, dass mich die moderne Architektur und die modernen Viertel im Allgemeinen dort gepackt haben. So lebendig, abwechslungsreich und voller Spannung. Natürlich hat die moderne Architektur auch dort bekannte Schwächen aber es ist mMn dennoch eine andere Klasse an Architektur, eine andere Klasse der Stadtviertel-Konzeption und man sieht, diese Viertel dort werden auch als Aufenthaltsräume angenommen und geschätzt. Als ich danach wieder in Berlin war, ist mir dieser immense Kontrast der Qualität erstmal richtig bewusst geworden.

  • Die deutsche "Moderne" ist so unfassbar bieder, langweilig und abweisend. Es ist ein Wahnsinn.

    Ja, das wird in unseren Diskussionen immer wieder bestätigt. Es bewahrheitet sich hierin das Diktum des Engländers Geoffrey Scott aus dem späten 19. Jahrhundert: "Die Geschichte der Zivilisation hinterlässt in der Architektur ihre wahrsten, weil unbewusstesten Aufzeichnungen." Die zwar nicht wirtschaftliche aber umso mehr geistige Depression des deutschen Volkes seit 1945 spiegelt sich bis heute in seiner Architektur. Ein Volk, das sich bis heute nicht in positivem Sinne zu seiner Geschichte bekennt, dessen sogenannte Eliten es am liebsten in Europa aufgehen lassen oder durch Massenzuwanderung unkenntlich machen wollen, kann keine Architektur im vollen Wortsinne hervorbringen, sondern nur Wohnraumversorgung, Produktionsstätten, Verkehrsinfrastruktur. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, machen deutsche Architekten - wie Hans Kollhoff es einmal treffend beschrieben hat - um das Thema Architektur einen großen Bogen und beschäftigen sich lieber mit Bauökologie, Statik, Brandschutz usw. Architektur gilt als ein irgendwie durch den Nationalsozialismus anrüchig gewordenes Thema, und was wäre heutzutage dringlicher als den Nationalsozialismus zu bekämpfen. Da muss eben die Architektur daran glauben, und die Armen der Welt, die sich ein Leben in Deutschland ersehnen, fragen eh nicht danach. .

  • Viele Leute loben ja das 50 Hz Gebäude als etwas ganz besonderes. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ich finde sowohl Form als auch Fassade völlig misslungen. Man wollte wohl etwas neues ausprobieren, aber das Experiment ist meiner Meinung nach gescheitert. Den "Kunstcampus" finde ich vergleichsweise ganz gut. Insgesamt ist die Gegend aber ein Offenbarungseid der zeitgenössischen Architektur. Von modern kann keine Rede mehr sein, da man seit Jahrzehnten auf der Stelle tritt.

  • Das Schaschlikstäbchen-Mikado ist ein bißchen ein Hingucker, aber obs das auf Dauer reißt... die Nr.4 ist eine gruslige Rasterfassade, der "Kunstcampus" hat mir zu 70er-Retro-Balkone, auch wenn das Gewellte durchaus löblich ist. Das KPMG-Gebäude finde ich halbwegs erträglich (aber nur halbwegs), das Hotel daneben hm-ja.
    Keine Ahnung wie sich moderne Architektur in Oslo macht, da war ich noch nie, ich weiß nur, als ich um 2000 mal in Athen war, fand ich die furchtbaren Potsdamer-Platz-Bauten hinterher sogar richtig qualitätvoll, denn ich hatte so sehr viel schlimmeres gesehen.
    Häuser in der Größe zu gliedern mag irgendwie keiner machen, immer machen sie Solitäre, ich weiß nicht, warum.

  • Am Hamburger Bahnhof Nr. 4 gefällt mir noch am besten. Das ist eine Verbindung aus Moderne und Neoklassizismus. In seiner klaren, kühlen Form durchaus zu Berlin passend.

  • Ich habe gegen eine gewisse Monotonie nichts einzuwenden. Die anderen gezeigten Gebäude fallen für mich im Vergleich zu Nr. 4 ab.
    50 Hz wirkt auf mich gruselig hässlich, Nr. 5 (Kunstcampus) wirkt auf mich mit seinen exaltiert hervorspringenden Balkonen infantil bzw. wichtigtuerisch, ähnliches gilt für das KPMG-Gebäude mit seinen sinnlos versetzten Geschossebenen, wenngleich es in der Form angenehmer als Nr. 5 wirkt. Das Hotel Heidestraße ist wieder halbwegs in Ordnung.

    Ich habe mal eine kleine Montage getätigt. Unter der Verwendung von "Spreetunnels" Foto. Wenn das gegen die Forumsregeln verstößt bzw. "Spreetunnels" Bildrechte verletzt, kann das Bild von der Moderation gelöscht werden bzw. ich lösche es nach Aufforderung.

    Ich will damit zeigen, dass Gebäude wie Nr. 4 wie ungeschliffene Roh-Entwürfe wirken. Mit wenigen Handgriffen kann man daraus aber ein ansprechendes neoklassizistisches Gebäude basteln. Ich habe einfach nur mal ein Portal vorgeblendet und Obelisken an die Dach-Ecken gesetzt. Schon diese minimalen Eingriffe reichen, um das Gebäude anders erscheinen zu lassen. Ein Relief-Fries täte natürlich sein übriges...

  • Deine Bemühungen in Ehren, aber das kann diesen impotenten Rasterkasten insgesamt auch nicht retten. Es bleibt technokratische, blutleere Architektur.

    In dubio pro reko

  • Ist das Portal von der Neuen Reichskanzlei? :lachentuerkis:

    Naja, an sich hast du recht, aber selbst der deutsche Neoklassizismus war doch viel strukturierter als dieser Rasterkasten, auch als Montage. Die Schwäche besteht darin, dass auf allen Achsen, in allen Etagen bei fast allen Gebäuden das selbe "Motiv" zu sehen ist was sich immer wiederholt. Daher finde ich das KPMG-Gebäude noch am besten, da die Etagen sich unterschiedlich und geschwungen von einander absetzen. Die Etagen an sich sind leider wieder monoton.

    Noch gravierender finde ich, dass es wieder diese Blockmonolithen sind, die je für sich allein im Stadtraum stehen und keinen Bezug zum angrenzenden Gebäude haben. Sie sind alle modernistisch, besitzen aber außer Schlichtheit und Monotonie keine Gemeinsamkeiten.

    PS: Was am 50Hz Komplex soll denn so besonders sein? Die Kombination aus Glas-Sandwich und Mikado-Stäbchen? Letztere sind ja besonders beliebt um das langweilige Äußere irgendwie noch "spannend" zu machen: Link, Link und Link.

    Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, sowie eine andere, die sie zerstört.

  • Heimdalls Verbesserungsmontage zeigt eines deutlich auf: sobald eine Symmetrieachse hinzukommt, der Baukubus eine gliedernde Mitte bekommt und einen klar erkennbaren Eingang, hier einen repräsentativen Eingang, wirkt das Bauwerk angenehmer. Also hat Symmetrie etwas mit Schönheit und Natur zu tun!? Sie gliedert in Hälften, macht Glieder sichtbar!
    Dazu fallen mir nun die Begriffe wie Geometrie der Kristalle, Symmetrien von Lebewesen (siehe z.B. Schmetterlinge und Insekten), Körpersymmetrie des Menschen, paarig angelegte Organe und Sinnesorgane, sowie GLIEDER und natürlich die Geometrie der Schneekristalle und hier im besonderen der platonischen Festkörper, als Grundbausteine der Schöpfung ein.

    Je weiter sich materielle Manifestationen menschlicher Kultur von diesen Grundprinzipien der Struktur manifestierter Schöpfungen unseres Komos entfernen, umso mehr kommt ihre Sinnentleerung, Seelenferne und Lebensfeindlichkeit zum Ausdruck.
    :opa: Ende des kleinen Exkurses! :lehrer:

    In Freiburg, im Industriegebiet Nord, haben wir so einen Mikadoturm. Erst halb so hoch wurde er vor einigen Jahren im gleichen Konstruktionsprinzip erhöht. Heimdall wird sich freuen, mit 2 an die Seite gestellten... , na ja, so was wie Obelisken!


    http://mw2.google.com/mw-panoramio/p…m/101821543.jpg

    Hier noch einige Bilder wie das Teil jetzt modernistisch aufgemotzt aussieht. Hier aber wirkt wenigstens die sechseckige Grundrißform harmonisierend, welche bei der Aufstockung prompt mit den asymmetrischen Fassadenverkleidungen gebrochen werden mußte.