• Meine Meinung ist, dass es Rekos in Städten wie Nürnberg, München, Münster, [lexicon='Leipzig'][/lexicon] oder sogar Köln schwerer haben als in total zerstörten Perlen wie Dresden, Wesel, Frankfurt oder Hildesheim. Der "Leidensdruck" ist einfach nicht hoch genug und es gibt zuviel authentisches oder vermeintlich authentisches. Man kann über solche Entwürfe wie den von mir gezeigten froh sein, die wenigstens rudimentär den Genius Loci respektieren.

    Mit Sicherheit! Zum einen aus den von dir genannten Gründen, zum Anderen auch, weil man in nicht zur Gänze zerstörten Städten ja noch die Wahrzeichen hat. Die braucht es einfach, damit man das Gefühl hat, eine Stadt, die nicht erst nach dem Krieg entstanden ist, zu haben; um sich besser mit ihr und ihrer Geschichte identifizieren zu können. So etwas braucht man in Nürnberg zum Beispiel nicht, es gibt ja die Burg, die Kirchen, etc...

  • Und der Witz an der Sache ist, daß die Bebauung am Hauptmarkt schon vor der Vernichtung recht einfach war. Ohne großen kostspieligen skulpturalen Fassadenschmuck. Aber nicht einmal diesen Zustand hat man bis heute geschafft zu rekonstruieren, oder sich dessen anzunähern.

    Gerade noch der Hauptplatz im ehemaligen "Schatzkästchen". Das ist schon mehr als armselig.

    Hier eine vergleichbare Ansicht von heute. Den Häusern neben der Frauenkirche könnte man doch leicht einen Treppengiebel und Sprossenfenster verpassen. Die zwei Ecktürmchen/Hauben noch dazu, wären natürlich perfekt. :smile:

  • Niederländer:
    Das war kein Haus, sondern eine Art Marktlauben, die weite Teile des Platzes umfassten. Sah eigentlich, zumindest von oben, recht hübsch aus. Eine derartige Ansicht aus der Fußgeherperspektive hab ich noch nie gesehen.
    Abgesehen davon sind sie später entfernt worden und bildeten keineswegs mehr den Vorkriegszustand. In Anbetracht der heutigen Tristesse wären sie eine absolute Bereicherung.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Der Niederländer meint das große Gebäude mit dem Treppengiebel. Die Kolonnaden wurden schon 1895 abgerissen

  • Man mag mich für meine Meinung steinigen, aber um die fehlenden, zweifellos für sich genommen hübschen Kolonaden ist es nicht schade. Man sollte berücksichtigen, dass der Hauptmarkt in seiner heutigen Form als gepflasterter Platz (Keine Betonplatten, kein Asphalt) enorm stark frequentiert ist. Neben dem Wochenmarkt finden regelmäßig Feste statt, zu denen dort Stände und tlw. Biergärten aufgestellt werden. Das ist Kern einer lebendigen Altstadt, die dann tatsächlich mehr als ein Fotomotiv ist, sondern sogar die Nürnberger mal in die Innenstadt lockt. Die Kolonaden - wie auch ein Neptunbrunnen- wären dabei sicherlich nicht unbedingt vorteilhaft.
    Im Übrigen finde ich ist der Hauptmarkt deutlich attraktiver als sein Ruf. Er funktioniert gut. Es fehlt ihm eindeutig an historischer Einrahmung, aber das ist verschmerzbar. Aufhübschen ließen sich wie oben schon gezeigt durchaus der eine oder andere Bau insbesondere durch Dacherker.

    Das Problem der Altstadt ist aber nicht der Hauptmarkt, sondern Plätze wie der Obstmarkt, der Fünferplatz, der Maxplatz als Busbahnhof und ganz besonders der Hans-Sachs-Platz, die immernoch von der Dominanz des Individualverkehrs geprägt sind und einige ganz schlimme Bausünden wie die Dresdner Bank, bei der ich mir jedesmal wenn ich davor mein Rad abstelle denke "mei, steht das fürchterliche Ding immernoch"...

    Aber solange es in Nürnberg nichtmal möglich ist, dem Ziergiebel des Hotel Deutscher Kaiser seine Zinnen zurück zu geben, sondern immernoch mehr vereinfacht und geglättet wird als rekonstruiert... fassen wir den Hauptmarkt lieber nicht an:

    hist. Bild: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…Jahrgang_II.jpg

    Die Zinnen waren auch in den siebzigern noch drauf!

    heute: http://de.wikipedia.org/wiki/Hotel_Deu…cher_Kaiser.jpg

  • Zitat

    Meine Güte, auch N. wurde schon vor 1900 ärg entstellt. Was für ein Haus!

    http://www.marktspiegel.de/resources/med….jpg?1406298578

    Tut mir leid, Niederländer, dann versteh ich nicht, was du damit meinst! Dieses schöne Historismus-Haus ist doch nicht abgerissen worden.

    Anhand dieses Hauses sieht man übrigens einen wesentlichen Unterschied zwischen reichsdt. und österr. Historismus, der möglicherweise maßgeblich für die unterschiedlichen Bewertungen dieses Stils ist. Dieser Großbau fügte sich gut ins Stadtbild ein, nahm im nichts von der Authentizität. Unser Historismus hingegen war ein einziges großkotziges Allerlei, das davon befallene Stadträume gründlich entweihte.
    Natürlich muss man für den Wiederaufbau dieses Historismusbaus plädieren, während zu Wien auch heute noch der Abriss mancher Historismusobjekte (natürlich ausschließlich zugunsten einer Reko der Vorgängersubstanz) eine fordernswerte Option wäre.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ah, das war ein Historismusbau!? Entschuldige, der war mir noch nie aufgefallen... Also, dann habe ich der Unterschrift nicht verstanden ("Die Frauenkirche am Hauptmarkt, daneben das ehemalige Kürschnerhaus, das 1869 dem Bau des Telegrafenamtes Platz machen musste. Foto: Stadtarchiv Nürnberg/unbekannter Fotograf,vor 1869" - das Kürschnerhaus war also der Kolonadenkomplex?).

  • Das wäre dann das Haus oberhalb der Gasse, die heute zum Rathausplatz gehört, das links neben dem großen Giebel erscheint. ich glaube aber nicht, dass das das Toplerhaus ist, denn das müsste etwas weiter östlich gewesen sein. M. E. ist das betreffende Haus eher in der Schildgasse zu suchen.

    Eines dieser Häuser?

    Moderationshinweis: Ungültigen Bildverweis entfernt.

  • Aber solange es in Nürnberg nichtmal möglich ist, dem Ziergiebel des Hotel Deutscher Kaiser seine Zinnen zurück zu geben, sondern immernoch mehr vereinfacht und geglättet wird als rekonstruiert... fassen wir den Hauptmarkt lieber nicht an:

    hist. Bild: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…Jahrgang_II.jpg

    Die Zinnen waren auch in den siebzigern noch drauf!

    heute: http://de.wikipedia.org/wiki/Hotel_Deu…cher_Kaiser.jpg

    Was soll das denn? Waren die Ziergiebel nicht mehr standsicher und man hatte kein Geld sie zu sichern? Selbstverständlich gehören die Ziergiebel wiederhergestellt. Alles andere wäre eine Barbarei, die einen Auswärtigen nur den Kopf schütteln lässt. :kopfschuetteln: Man sollte das Ansinnen den Nürnbergern optisch vor Augen führen, eventuell Spenden sammeln, mit dem Eigentümer sprechen. Die Altstadtfreunde sind auch hier gefragt.

  • Und was für eine Antwort erwartest du? Sicher würden es auch die Altstadtfreunde begrüssen, wenn dieser Giebel wieder vollständig zurückkäme. Aber die Frage, wer das bezahlen soll, werden auch sie nicht beantworten können. Die Altstadtfreunde stemmen schon genug andere Baustellen, und dies jeweils ohne Unterbruch. Ihr Engagement liegt aber bei den wirklich alten Altstadtbauten, d.h. solchen vor 1850.

    Das Hotel Deutscher Kaiser steht zudem an einer der teuersten Lagen im Zentrum, und hier dürfte es schwierig sein, Spendengelder zu aquirieren. Ein Gebäude an einer solchen Lage sollte doch selbsttragend sein (es sei denn, dass es in den letzten Jahren zu einem horrenden Preis den Eigentümer gewechselt hätte).

    Eine weitere Frage ist der Stil...
    [Historismusstreit-Modus on] Der Giebel ist insofern interessant, als dass er eine Mischung aus durchbrochenem gotischem Stufengiebel und Giebel mit Halbsäulen aus der Renaissance darstellt - und zwar ganz dem traditionellen Nürnberger-Stil verhaftet. Dies macht ihn bestimmt zu einem unbedingt zu erhaltendem Bauwerk! Zudem steht das Haus in einer kleinen Traditionsinsel gegenber der Mauthalle. Ein Fragezeichen mache ich aber beim erkerartigen Anbau an der linken Fassadenkante; einmal mehr hat hier der Historismus übertrieben. Das Gebäude würde ohne diesen Anbau besser und nürnbergischer wirken. Genau wegen solchen Details dürfte es der Historismus, speziell in Nürnberg, schwer haben, als vollwertiger Stil in einer Altstadt Aufnahme zu finden. [Historismusstreit-Modus off]

  • Das Hotel steht unter Denkmalschutz, damit ist dessen baukultureller Wert schon von Amtswegen festgestellt. Was Riegel sagt stimmt, denn die Königstraße ist die Paradestraße für Nürnberg-Touristen und hier wird sich i.d.R. mehr Mühe gegeben als an anderen Standorten in der Altstadt. Hier gibt es keine verwahrlosenden oder leerstehenden Baudenkmäler. Nach der verheerenden Brandkatastrophe der St. Klara Kirche im Sommer 2014 steht deren Wiederaufbau ja schon fest. Insofern sind auch die Altstadtfreunde hier die falschen Adressaten, denn sie kümmern sich um die echten Sorgenkinder, die weder durch die Stadt, den Freistaat noch Privatiers Aufmerksamkeit erhalten. Zum Hotelgebäude selbst muss man sagen, dass die Balkonbrüstung in gotisierender Maßwerksausführung erst vor einigen Jahren rekonstruiert angefügt wurde. Der Hotelbesitzer ist also nicht ganz unempfänglich für derlei Details. Der fehlende Giebelschmuck wird dabei hoffentlich auch noch irgendwann wiederkommen, mir erschließt sich nur nicht weswegen man das nicht einfach angeht. Wir haben doch zurzeit eher "goldene Zeiten" was die Rahmenbedingungen für Bauvorhaben anbelangt.