• Die Besonderheit mit Celle ist die sehr repräsantative Variante von Fachwerk. Vielleicht nicht so charmant wie Goslar oder Quedlinburg aber dagegen wirken die Fassaden sehr formell und fast elegant.

    Als Fachwerkstadt ähnelt es bisschen Wolfenbüttel; nur die Strassen sind noch geschlossener in Celle. Fast jedes Haus ist ein Fachwerkhaus.

  • Der Schmuckreichtum ist typisch für das niedersächsische Fachwerk. Niedersächsisch ist dabei nicht auf das heutige Bundesland sondern auf den Kulturkreis bezogen im Gegensatz zum obersächsischen, der bis ins heutige Sachsen und weiter reicht, soweit ich informiert bin. Sorry falls ich verallgemeinert habe. Bin für Verbesserungen offen. Das Giebelständige findet man eher in Nord- und Süddeutschland, wobei das auch eher giebelständige rheinfränkische Fachwerk auch zum Schmuck neigt. Die Farbigkeit ist auch wunderbar.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • @Johan: nichts für Ungut, aber da du ja selbst den Karstadt als einziges Gebäude in deiner einzeiligen Einleitung genannt hattest, war ich schon verleitet speziell darauf einzugehen.
    Deine letzten Photos zeigen sehr schön den Detailreichtum mancher Celler Fachwerkhäuser. Vor etwa zehn Jahren war ich auch mal dort und hatte mich gerade auch an solchen Details erfreut. Was ich allerdings im Vergleich zu Städten wie Quedlinburg vermisst hatte, waren verschlungene, idyllische Wege. Das Straßennetz von Celle ist ja für so eine alte Stadt recht planmäßig und rechtwinklig angelegt, so dass geradlinige Straßenzüge dominieren. Aber [um nicht wieder zu negativ zu klingen ;-)] Celle ist natürlich für jeden Freund von historischer Architektur immer eine Reise wert. Deine Bilder zeigen schön warum.

  • Es wird nur uber die wenige Bausuhnden geredet und gar nicht uber die restliche Ensemble.


    Traurig aber wahr. Vor allem die Bausünden erregen Aufmerksamkeit. Da braucht sich keiner mehr zu wunderen warum Architekten immer wieder mit ausgefallenen Entwürfen daherkommen.

    Mir ist allerdings auch aufgefallen, dass Celle ein ausgsprochen gut erhaltenes Ensemble besitzt, was in Deutschland eher selten anzutreffen ist.

  • Die Hintergründe zum Karstadt-Gebäude sind mir noch unbekannt; und natürlich ist auch eine zentrale Frage, ob man auf einem freien Platz baute, oder ob es zu Abrissen kam. Daß aber gerade die Dachausbildung kritisiert wird, ist mir absolut schleierhaft. Es wirkt kleinteilig und dürfte von unten gesehen wohl den geringsten Störfaktor bilden. Wenn ich mir das Schloß betrachte, ergibt sich überdies mit dem dortigen Dach des einen Eckturms eine nicht ganz unerhebliche Ähnlichkeit. Die Fassadengestaltung greift die klassischen Elemente des Fachwerks auf, und man darf davon ausgehen, daß im Gegensatz zu den vielen negativen Beispielen dieses Gebäude sich tatsächlich harmonisch in die Umgebung einfügt. Es wäre nicht uninteressant, weitere Informationen zu diesem Gebäude zu erhalten; jedenfalls würden sich viele Städte glücklich schätzen, ein solch überzeugendes Beispiel besitzen zu können. Daß es wenige vergleichbare Beispiele gibt, die vom gebräuchlichen Quader, der Horizontalbetonung, den obligatorischen Strichcodefenstern sowie der "Modefarbe" unsere Zeit abweichen, dürfte bekannt sein. Daher wäre es durchaus angemessen, an diesem Gebäude auch viel gutes sehen zu wollen.
    Vielen Dank im übrigen noch einmal an unseren Johan.

  • Das Karstadtgebäude in Celle wurde in den 20er Jahren in der typischen Warenhausarchitektur dieser Zeit gebaut, d. h. mit monumental wirkender Fassade und Flachdach. Es wurden eine Reihe - soweit ich mal gehört habe - eher durchschnittliche Fachwerkhäuser und/oder einfache Bebauung aus dem 19. Jahrhundert dafür abgerissen, die tweilweise ziemlich verfallen war. Die heutige Gestaltung ist ein unbeholfener Versuch einer Anpassung an die Kleinteiligkeit der Altstadt aus dem Ende der 60er/ Anfang der 70er Jahre, also schon eine "Verbesserung" gegenüber dem sehr unmaßstäblichen 20er-Jahre-Bau.

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Die heftigste Bausünde in Celle ist das Kunstmuseum neben dem Bomann Museum gegenüber dem Schloss

  • Das ist auch ein Vorteil mit Celle - mann kann einfach die Bausunden umgehen. Die Bomann-museum ist im gegensatz zu Karstadt nicht direkt in Altstadt-mitte sondern eher am Rand-gebiet.

    Wenn man seine Spaziergang klug uberlegt braucht man alle (zwei) heftige Bausunden vermeiden...

    Ehrlich! Die Stadt hat wirklich sehr gut erhaltene und schone Strassenzugen.

  • Danke für den Hinweis, Riegel
    Ich habe noch etwas recherchiert - die Neugierde wurde doch angeheizt:

    Das heutige Karstadt-Gebäude steht an der Poststraße zwischen Berg- und Mauernstraße.
    An der Ecke Poststrasse/Bergstraße, diese Ecke ist vom Großen Plan aus weithin zu sehen, stand ursprünglich das Hotel "Hannover":

    Quelle: http://www.panoscope.de

    im Anschluß daneben in der Bergstraße sah es so aus:

    Quelle: http://www.bildindex.de

    zum Vergleich, nach dem Bau des Warenhauses, die beiden "Halbgiebelhäuser" bieten Orientierung:

    Quelle: http://www.bildindex.de

    Diese Häuser an der Ecke Mauern- und Poststrasse blieben zunächst stehen:

    Quelle: http://www.bildindex.de

    wie man auch auf dieser Ansichtskarte, mit Fokus auf die Ecke am Großen Plan (Poststrasse/Bergstrasse) erkennen kann:

    Quelle: http://www.akpool.de

    Beim Umbau in den 60er/70er Jahren wurde das Haus doch erheblich auf die gesamte Blockbreite ausgedehnt: (Wiederum Blick auf die Ecke Poststrasse/Bergstrasse)

    http://architektur-bildarchiv.de/data/picture/detail/1154.jpg
    Quelle: architektur-bildarchiv.de

    ...für mich als ehemaligen Bewohner eines Dorfes im Landkreis Celle war das Gebäude Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre nebenbei in seiner Funktion ein Lichtblick in der Grundversorgung eines Heranwachsenden...


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    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Schade um die beiden "Halbgiebelhäuser". Denn wenn man sich die genauer anschaut, wird man feststellen, dass beide jeweils Vorkragungen mit Treppenfriesen und spätgotischem Schnitzwerk (15. Jahrhundert) über spätgotischen Knaggen (ebenfalls 15. Jahrhundert) besaßen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass man es dort mit den Resten eines großen Fachwerkhauses aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, und damit mit einem der ältesten Häuser Celles überhaupt zu tun hatte.

  • ...die stehen noch!

    Im Hintergrund zu sehen:

    http://www.forgottenhistory.co.uk/images/Content…00436_2_now.jpg
    Quelle: forgottenhistory.co.uk

    Das Kaufhaus wurde nur an der Post- und Mauernstrassenecke erweitert, nicht an der Bergstrasse verlängert.


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    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Dann hab ich was übersehen/ überlesen.


    Andererseits kann die Stadt nur froh drüber sein.

    Und ich habe auch gerade gelesen, dass das Haus erst im Jahre 1530 gebaut wurde.

  • Ich möchte vom Thema abweichen, und auf die ebenfalls bedeutende Bebauung am Rande der Altstadt aus Zeit des 16. bis 19 Jahrhunderts hinweisen, so etwa in der Trift oder die Bahnhofsstraße, die verrufene Blumenlage mit der Synagoge, usw, usw.. In Celle ist sogar das Gefängnis barock.Außerdem gibt es in Celle 3 Mal den Palazzo Veccio, Florenz als Kopie.

  • Man lernt hier wirklich viel in diesem Forum. Dass der Karstadt doch älter ist bzw einen Vorläuferbau aus der Zwischenkriegszeit hat, war mir neu. Wenngleich es eigentlich vom Ergebnis her wurscht ist, muss ich doch zugestehen, dass mich dieser Umstand ein wenig versöhnt. Meine bisherige Vorstellung, die Wirtschaftswunderrepublik hätte hier einen intakten alten Häuserblock dieser Krake geopfert, verbitterte doch allzusehr und hat auch meinen seinerzeitigen Besuch in dieser schönen Stadt über Gebühr verdüstert. Das Problem "Karstadt" für die Altstädte Niedersachsens ist offensichtlich doch weit älter.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.