Die hässlichsten Städte Deutschlands

  • Soweit ich weiß, war Magdeburg vor allem als Barockstadt bekannt - am Breiten Weg standen mal hunderte von Barockgebäuden, davon haben 2 den Krieg überstanden.

    Was Pforzheim betrifft, so finde ich diese Stadt wirklich besonders häßlich. vermutlich ist es die häßlichste Stadt in Süddeutschland. Ich war schon einige Male dort, habe im April sogar mal dort fotografiert, aber die Fotos nachher wieder gelöscht...

    Die Stadt wurde Anfang 1945 flächendeckend zerstört und dann konsequent im Nachkriegsstil wieder aufgebaut. Auch als in den sechziger Jahren eigentlich wieder ausreichend Geld für einen ansprechenderen Städtebau vorhanden gewesen wäre (vgl. den Wiederaufbau von Würzburg, der durchaus gelungen ist), wurde mit hoher Affinität zu möglichst massigen Betonkonstruktionen weitergebaut. Umgeben ist die Innenstadt von bemerkenswert primitiven Mietskasernen, die in vielen Fällen inzwischen auch reichlich angegammelt erscheinen. Und wenn doch mal etwas rekonstruiert wurde (Kirchen o.ä.), wurde irgendein Betonklotz davorgesetzt. Vielleicht fahre ich bei meiner nächsten Fahrt nach Karlsruhe wieder mal vorbei und mache noch einige Aufnahmen.

  • Ähem, nur kurz zum Thema Magedeburg und Breiter Weg heute: Ihr meintet schon diese Straße hier, oder?!

    Wo da noch was zu retten sein soll, ist mir schleierhaft.

    Was diesen Faden im allgemeinen angeht: es stimmt schon, daß viele Aussagen ziemlich hart sind, auch und gerade meine. Aber für mich hat das einen bestimmten Zweck. Ich habe im Prinzip nichts dagegen, wenn man in einer häßlichen Stadt "die schönen Ecken" sucht, aber das kann eben auch zu einer Haltung nach dem Motto "So schlimm ist es doch gar nicht, die Stadt hat doch auch ihre schönen Ecken" führen, gerade bei Einwohnern, Kommunalpolitikern und Stadtplanern.
    Damit beruhigt man sich dann und Rekonstruktionen etc. unterbleiben. Um dieser bequemen Mentalität entgegenzuwirken, muß man den Leuten die Häßlichkeit mancher Städte einfach mal drastisch vor Augen führen anstatt sich auf die zwei oder drei netten Häuschen zurückzuziehen, die den Bombenkrieg überstanden haben. Die Härte hat also gewissermaßen einen "pädagogischen" Sinn.

  • Diese Straße wird es wohl sein - ich war 1994 dort und habe außer einem gründerzeitlichen Postgebäude und den beiden erwähnten erhaltenen Barockhäusern an sich nichts sehenswertes in der Straße entdeckt bzw. kann mich nur noch vage an großflächige Plattenbauten erinnern.

  • @ Philon: Aber um Rekonstruktionen zu fördern, braucht man schon etwas Begeisterung für die Stadt. Wenn man z.B. den Breiten Weg nach Neumarkt-Manier (nur hier vielleicht nur 1/3 Rekonstruktionen) wiederaufbaut, würde man der Stadt einen großen Gefallen tun. Nur wenn man so hart mit der Stadt umgeht, erstickt man jedes aufkommende Interesse sofort im Keim. Daher sollte man erst nach den Perlen suchen und dann Vorschläge für ein entsprechendes Umfeld sammeln. Ich glaube, Magdeburg hat durchaus Potential, es fehlt nur an Geld und dem richtigen Wille. Die Sternbrücke war aber schon ein richtiger Weg!

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • @ Booni:
    Das ist aber halt eine Gratwanderung.
    Ich hab's in (privaten) Diskussionen mit Freunden halt schon zu oft erlebt, daß ich, wenn ich für Rekonstruktionen plädiert habe, Antwort der Art bekam: So schlimm ist es doch nicht ... die deutschen Städte sind doch eigentlich ganz in Ordnung ... die haben doch alle so ihre schönen Ecken ... da braucht man doch keine Rekonstruktionen.
    Dieses "Die Stadt hat doch ihre schönen Ecken." oder "Bei uns ist der Wiederaufbau doch ganz gut gelungen." ist einfach ein zu bequemes Ruhekissen, um sich rauszureden (ich glaube, Jürgen kann davon im Fall Nürnberg auch ein Lied singen).
    Da bin dann ich lieber hart und stelle die Häßlichkeit des heutigen Stadtbilds aus (am besten natürlich im Vergleich zur Schönheit und Tiefe des Stadtbilds vor dem Krieg); das rüttelt die Leute erfahrungsgemäß am ehesten auf und bringt sie zum Nachdenken über das Anliegen der Rekonstruktion. Jedenfalls eher als ein beruhigendes "Ist doch gar nicht so schlimm."

  • Es wurde nach dem Offenbacher Hauptbahnhof gefragt...

    Die Gegend um den Bahnhof gehört eindeutig zu Offenbachs Stärken.

    Hinter dem Bahnhofsgebäude verlaufen die Gleise übrigens nicht ebenerdig, sondern auf deutlich höherem Niveau als das sie umgebende Stadtgebiet - daher der "erhöhte" Blickwinkel auf die Häuser bei einigen Fotos.

  • Wow... das Bahnhofsviertel ist wirklich 'ne schöne Ecke. Ist der Bahnhof eigentlich vereinfacht wiederaufgebaut worden oder wirkt das nur so? Und: Steht dort nicht irgendwo auch die ehemalige Synagoge?

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    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "spacecowboy"

    ich habe überhaupt kein Verständnis
    dafür, wenn ausgerechnet Frankfurter (gibt es viele von)
    über ihre Nachbarstadt ablästern und behaupten,
    sie sei hässlich.

    Klar, Frankfurter gibt es viele. Etwa 650.000. :gg:

    Aber Spaß beiseite - ich glaube nicht, daß viele Frankfurt
    ihre Stadt wegen ihrer "Schönheit" über Offenbach heben,
    sondern es ist nun mal eine alte nachbarschaftliche
    "Feindschaft" zwischen Ffm und OF vorhanden (ähnlich
    wie zwischen Köln und Düsseldorf oder Wiesbaden und
    Mainz), da gehört es zum guten Ton, über die Nachbarstadt
    zu lästern. Das Kennzeichen OF bedeutet ja auch
    "ohne Führerschein", und bei den Fans der Eintracht
    und der Kickers kann man schon zufrieden sein, wenn
    sie nur verbal aufeinander losgehen (gab auch schon mal
    brennende Autos nach einem Lokalderby). Außerdem
    ist Offenbach viel kleiner, und schon deshalb schauen
    die Frankfurter gern auf das kleine "Owwebach" herab.
    So ist das eben.

    Ich selbst habe mich zu Frankfurter Zeiten nie groß
    über OF geäußert, weil ich außer einem Besuch in
    der Stadthalle bei Midnight Oil praktisch nie dort war
    und die Stadt daher nicht wirklich kenne.

    @Restitutor

    Schöne Häuserzeilen hast Du da festgehalten. Und besonders
    interessant finde ich das Haus in der Mitte dieses Bildes: In
    meinen Augen das ein nahezu perfektes Beispiel für ein nicht historisierendes, aber angepaßtes Gebäude, das sich
    harmonisch zwischen den Gründerzeitlern einfügt.
    Viel besser kann man es kaum machen...

  • Dass der Bahnhof vereinfacht wieder aufgebaut worden ist, war auch meine Vermutung, aber ich weiß es leider nicht mit Sicherheit. Und auch bei der Synagoge müsste ich mal nachforschen...

    Ein mit mir befreundeter Frankfurt pflegt übrigens immer zu sagen: "Die Sonne lacht über Frankfurt, und Frankfurt lacht über Offenbach." :gg:

    Und ja, ich finde auch, dass sich das Haus in der Mitte sehr harmonisch einfügt...


    Die Bilder vom Bahnhof und seiner Umgebung stammen übrigens von heute Mittag (musste mit dem Zug nach Frankfurt, und wenn wir durch Offenbach fahren, fallen mir immer die schönen Häuserzeilen beim Hauptbahnhof auf).

    Ich kenne Offennach relativ gut, habe da meinen Zivildienst geleistet, viel Rumfahrerei in der Stadt, habe also auch die WIRKLICH hässlichen Ecken gesehen...

  • Schön ist auch, dass man nicht gleich von Beton erschlagen wird, wenn man aus dem Bahnhof kommt, daher ist der erste Eindruck nicht direkt der schlechteste. Die Synagoge nennt sich übrigens heute Capitol wenn es dir weiterhilft.
    Auf der Website der Stadt steht übrigens, dass der Bahnhof von 1923 ist... wenn man das mit dem Umbau des Mannheimer Bahnhofs in den 20ern vergleicht, kommt man zu dem Schluß, dass der Offenbacher HBF durchaus so gebaut worden sein könnte...

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Um mal von OF abzulenken:

    Pforzheim bietet in der Tat nichts, das einzige Haus am Leopoldsplatz, dass den Krieg unbeschadet überstand, wurde vor 3 Jahren abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.
    Viel hässlicher als Pforzheim ist jedoch Heilbronn, diese Stadt ist vollkommen verunfallt.
    Auch Hildesheim muss zu den Scheusslichkeiten dieses Landes (mit den Ausnahmen der Kirchen und des Marktplatzes) gezählt werden, was in diesem Falle besonders traurig ist.

  • Anderorts hört man wiederum, dass Hildesheim ganz gut wiederaufgebaut wurde. Kenne diese Stadt leider nicht, aber meines Wissens wurde sie sehr, sehr stark zerstört und beim Wiederaufbau konnte man halt nicht einfach alle Fachwerkhäuser rekonstruieren. Langsam ist es aber an der Zeit, in diese Richtung etwas mehr Bewegung zu schaffen.

    @ Restitutor Orbis: 1927..? hmm.. die 1923 hab ich von Wikipedia

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Das Offenbacher Capitol hat wirklich eine bewegte Vergangenheit:

    1916: als neue Synagoge eröffnet.
    1938: in der Pogromnacht angezündet, äußerlich unbeschädigt beblieben.
    danach: als Kino genutzt, weiterhin äußerlich unbeschädigt durch den Krieg gekommen.
    1954: die Jüdische Gemeinde übergab das Haus der Stadt Offenbach.
    danach: Nutzung als Gastspiel-Theater, der bauliche Zustand wird immer schlechter.
    1995: Als Musicaltheater wiedereröffnet, aber das Musical Tommy scheitert kurz darauf.
    seit 1998: Ballsaal, Showbühne und Varieté.

    Tommy habe ich dort gesehen - es war unheimlich gut. Nur war die von Pete Townshend (The Who) persönlich umgeschriebene Version weiterhin mehr eine Rockoper. Damit leider inkompatibel zu den Cliquen blondierter Sekretärinnen, die den "richtigen" Musicals das Überleben sicherten.

  • Zitat

    Bevor das hier zu einer reinen Offenbach-Diskussion wird, sollten wir vielleicht einen eigenen Offenbach-Faden eröffnen (nur so'n Vorschlag).

    Tja, gute Frage... ich hätte schon noch ein paar Dinge über Offenbach zu sagen, so dass ein eigener Faden schon gerechtfertigt wäre... andererseits passt es aber auch gut in den Gesamtzusammenhang dieser Diskussion hier, so dass ich's eigentlich gerne hier lassen würde...

    Na ja, damit wir (vorerst) vom Thema Offenbach wieder wegkommen, sage ich mal was über Hanau, das ja auch nicht den besten Ruf hat.

    Gleich vorweg: Ich finde Hanaus Innenstadt überwiegend eigentlich nicht hässlich, sondern vielmehr langweilig: hauptsächlich belanglose Nachkriegsgebäude, die dem Auge zwar nicht weh tun, aber eben auch nicht positiv auffallen - dazwischen die wenigen erhaltenen historischen Gebäude.

    Eines davon ist die Niederländisch-Wallonische Kirche. Es handelt sich hierbei um eine Doppelkirche für Glaubensflüchtlinge. Nach dem Krieg hatte man den niederländischen Teil wieder vollständig aufgebaut und den wallonischen Teil als Ruine belassen. In diesem Fall kann ich damit leben, denn eigentlich macht sich auch der Ruinenteil des Gebäudes recht gut...



    Und so sieht es dann übrigens aus, wenn man von der Kirche aus hinüber zum Rathaus von Hanau blickt:


  • Zitat

    Eines davon ist die Niederländisch-Wallonische Kirche. Es handelt sich hierbei um eine Doppelkirche für Glaubensflüchtlinge. Nach dem Krieg hatte man den niederländischen Teil wieder vollständig aufgebaut und den wallonischen Teil als Ruine belassen.

    Gibt es für diese ungleiche Behandlung irgendeine Erklärung?

  • Ich weiß es, ehrlich gesagt, nicht. Vielleicht bestand von Anfang an der Plan, eine Hälfte wiederaufzubauen und die andere als Mahnmal als Ruine zu belassen. Aber was dann dafür ausschlaggebend war, dass beim Wiederaufbau die Wahl auf den niederländischen Gebäudeteil fiel - keine Ahnung.


    Quelle: http://www.bildindex.de">http://www.bildindex.de

  • Ich denke, die kurze Debatte über Hanau belassen wir als Anregung an dieser Stelle - über Hanau kann nämlich auch in dem Hanau-Thread weiterdiskutiert werden (den gibt's nämlich auch).

    Jetzt würde ich gerne mal was über "hässliche" Städte hören, die ich nicht kenne - zum Beispiel diverse Ruhrgebietsstädte. Vielleicht hat ja jemand Lust, was zu schreiben...