• Kleine Entdeckung von mir: Die Seite http://www.bremen-history.de.

    Sehr aufwändig und gut gemacht mit wechselnden Themen aus der Architekturgeschichte Bremens, Schwerpunkt ist die Altstadt, aber auch viele andere sehr interessante Artikel warten hier, gelesen zu werden. Fotoserien, u.a. eine Farbfotoserie aus dem Sommer 1939 sind auch dabei.

    Eine absolute Bereicherung.

  • Das Kaufhaus Harms soll dann bald abgerissen werden - der vom Eigentümer gewünschte Abriss auch der beiden angrenzenden Häuser ist wohl noch offen. Betont wird, dass unbedingt ein Fassadenwettbewerb stattfinden soll und auch etwas "Gutes" dort entstehen soll. Bekanntlich wird baulich-ästhetische Qualität in gewissen Kreisen ja äußerst eigenartig definiert - vielleicht sollten unsere APH-Begabten, eigene Fassadenentwürfe einreichen.

    Abriss von Harms am Wall genehmigt - Radio Bremen

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ja, hatte ich auch gestern noch einstellen wollen, sehr traurig. Gerade in diesem Bereich zwischen Herdentor und Polizeiwache gab es zumindest streckenweise noch die alte Bebauung am Wall, alles westlich ist ohnehin Nachkriegsschrott.

    Zumindest ging es nicht lautlos von statten, die Stadt hat doch wohl einiges versucht, den Abriss zu verhindern. Hilft aber am Ende auch nicht. Die Nachricht hat mir gestern morgen richtig den Tag versaut. Mal sehen, was dann da kommt. Allzuviel sollte man -wie fast immer in Bremen- wohl besser nicht erwarten.

  • Dass die Bremer Innenstadt eklatante städtebauliche Defizite aufweist, dämmert nun so langsam auch denjenigen, die hier das sagen haben. Im Zuge eines kleinen Neubaubooms läuft gerade eine Ausstellung im Bremer "citylab" im zwischengenutzten Lloydhof, welches Perspektiven für die Innenstadt aufzeigen soll, zur Ansicht der Broschüre hier entlang.

    Neben einigen guten Ideen, wie dem Rückbau der zertrennenden Martinistraße, der behutsamen Anpassung der bisher sehr autoaffinen Zuwegung in die Innenstadt und der wirklich in die Gänge kommenden Aufwertung der Bahnhofsvorstadt als Tor zur Altstadt tanzen die Macher aus meiner Sicht aber um die entscheidenden Probleme ziemlich herum:

    Was tun mit den elenden Kaufhausklötzen rund um den Ansgarikirchhof und die Fläche des ehemaligen Lloydgebäudes?

    Hier kommt dann wenig, ein bisschen Aufhübschung hier, ein bisschen neue Bäume dort - aber das wird so nix. Immerhin wird der Abriss des Bremer Carrees (Standort der Ansgariikirche) offen diskutiert. Von einer Rekonstruktion derselben ist jedoch natürlich keine Rede, vielmehr soll die Bremer Stadtbibliothek (die erst vor 15 Jahren in das sehr ordentlich renovierte Polizeihaus am Wall umgezogen ist) in einen Neubau, der in Kubatur, Ausrichtung und Form sogar grob an die Ansgariikirche erinnern soll (mit einem Büroturm Richtung Gewerbehaus als "Kirchturmersatz") umziehen. Bilder habe ich keine (auch nix im Netz gefunden) und Fotos von der Visualisierung auch nicht. Ist zwar nur ne Planungsspinnerei von Architekturstudenten, zeigt aber, dass sich ein eventuelles Zeitfenster für eine Reko hier schnell wieder schließen könnte.

    Auch sonst ziemlich viel Floskelei, auch wenn die grundlegende Intention, mehr Wohnen in der Innenstadt, mehr Kleinteiligkeit und interessante Gastronomieangebote sicherlich nicht falsch ist.

    Was ist eigentlich mit Pagentorn? Ich hoffe, er liest hier noch manchmal mit.

  • Einige Eindrücke vom Wall.

    Das gefährdete linke Nachbarhaus vom ehem. Textilkaufhaus Harms.

    Das Abrisshaus am Wall N°158-161.

    Und der ebenfalls gefährdete rechte Nachbar.

    Es schließt sich dieses breite Geschäftshaus an.

    Kurz vor dem Herdentor diese 3er-Gruppe, in der Mitte das Geschäftshaus Walter, Am Wall N°148.

    Das rechte Haus ist offenbar ein Nachkriegsbau auf altem Grundstückzuschnitt.

    Angekommen am Herdentorsteinweg, hier das prominent gelegene Allianzhaus von 1950/51 auf der Ecke, das stilistisch durchaus noch aus den 30ern stammt.

    Der Blick entlang des Herdentorsteinwegs in Richtung Sögestraße und Altstadt.

    Die gleiche Ansicht des Herdentor-Bereichs vor über 100 Jahren.

    Zum Abschluss ein winterliches Frühjahrsbild der vielfotografierten Mühle am Wall.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Hier mal ein kleines Kuriosum für den "urban explorer" aus der Bahnhofsvorstadt: Im Rahmen der "Neugestaltung" des Bahnhofsumfeldes, das sehr schwer kriegsbeschädigt war und im Gefolge der Verkehrsplanungen schon bald einer radikalen Neuordnung unterzogen wurde, verschwanden viele Straßen einfach für immer von der Landkarte und somit aus der Stadt.

    Hier sollte es großstädtisch werden, großzügig und dicht und das überkommene Straßennetz aus der Vorkriegszeit, welches aufgrund der Bremer Besonderheiten ganz besonders kleinteilig war, störte da nur. Bereits in den Fünfziger Jahren wurde also eine Schneise geschlagen durch die Bahnhofsvorstadt, auf der im weiteren dann die aufgeständerte Nordtangente entstand, die in seltener Remineszenz an eine alte Straße hier Breitenweg genannt wurde.

    Aber schon in der zweiten Reihe gibt es bis heute seltsame Brüche und Reste der alten Bahnhofsvorstadt, irgendwie vergessen, eingepfercht zwischen Hochgaragen und Hochhäusern, wie z.B. hier an der Frühlingsstraße, eine ehemals schöne Parallelstraße zur Löning- und Rembertistraße - heute bis auf dieses eine und einzige Haus vollständig verschwunden. Ich kenne die Straße nur, weil ich hier ganz in der Nähe mal gewohnt habe, es ist die Nebenstraße einer Nebenstraße im Hinterhof, hier kommt niemand einfach so vorbei:

    Und doch stehen das Haus und die zur Unkenntlichkeit verstümmelte Straße mit dem schönen Namen "Frühlingsstraße" auch heute noch einfach so da. Von diesen Kuriosa gibt es so einige in der Bahnhofsvorstadt, wobei mich die Entdeckung dieses seltsamen Überbleibsels doch am meisten wunderte.

  • Der Gründerzeitler wirkt ganz verloren und verlassen zwischen all den hässlichen Nachkriegs-Hochhäusern... Ein schönes Haus - sozusagen die letzte Perle inmitten dieser hässlichen und kalten Gegend. Es scheint aber (noch) bewohnt zu sein aufgrund der Gardinen und dem Rollo vor den Fenstern und der bunten Windräder in den Blumenkästen.

    Die niedrigeren "Exemplare" an Betonklötzen scheinen (jetzt 50-60 Jahre alt) mittlerweile aber schon sehr in die Jahre gekommen zu sein. Da sieht man es mal wieder als ein gutes Musterbeispiel, dass ein ca. 120 Jahre alter Gründerzeitler, in Würde gealtert, irgendwie immer noch top aussieht und einen gewissen Zauber und schönes, nostalgisches Flair hat, während die Betonklötze, in der Tat weniger als halb so alt, einfach nur hässlich und reif für den Schrottplatz sind...

    Sie sehen wirklich schäbig aus und werden hoffentlich bald abgerissen. Die Hochhaus-Riesen wird man zeitnah wohl noch nicht abreißen, jedoch einige Gründerzeit-Rekos an der Stelle der verfallenen Klötze täten dieser trostlosen Gegend sicherlich ein wenig gut.

  • In der vergangenen Woche wurde der Gestaltungswettbewerb über den Nachfolgebau für das ehemalige Harms am Wall-Gebäude und der beiden Häuser daneben entschieden. Hier der Entwurf von Püffel Architekten, der von der Jury aus 5 Entwürfen als erstplatzierter hervorging:

    Harms am Wall Neubau Bremen
    Qelle: Weser-Kurier/Püffel Architekten

    Ich habe ja sogar schlimmeres befürchtet, aber dieser Entwurf gefällt mir gar nicht, insbesondere diese "Schießschartenreihen" auf dem Dach. Ein würdiger Nachfolger ist das nicht. Der Weser-Kurier hat auf Facebook eine Umfrage gestartet, demnach gefällt der Entwurf 144 Personen, 172 dagegen nicht.
    Hier noch ein Artikel aus dem Weser-Kurier zum Fassadenwettbewerb: http://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-…id,1613136.html

    2 Mal editiert, zuletzt von Kaline (18. Juni 2017 um 19:33)

  • Ich habe ja sogar schlimmeres befürchtet, aber dieser Entwurf gefällt mir gar nicht, insbesondere diese "Schießschartenreihen" auf dem Dach.

    Ja, die sehen wirklich voll daneben aus! Sie machen das Gesamtbild unruhig und disharmonisch, da die Frontfassade schon so überaus gläsern ist. Ohne diese, mit einem soliden Dach, wäre der Entwurf wirklich noch einigermaßen annehmbar gewesen.

  • Kommt mir vor wie ein nachträglich aufgestockter 60er-Jahre-Bau. Kann man die Dachgaupen denn nicht anders machen als diese Art überdimensionierten Schneenägel? Mit etwas Phantasie könnte man doch sicher was anderes machen als dieses übermäßig unruhige Kästchenfeld, das zum Unteren in sonderbarem Kontrast steht.

  • Bei dieser Nachricht hat's mir heute wirklich die Schuhe ausgezogen:
    http://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-…id,1621453.html

    Habe heute den zuständigen Beirat angeschrieben, der mir auch flott - Serienbrief - geantwortet hat, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, und dass man sich nun wohl nur noch auf den Erhalt der Bäume fixiert. Erstaunlich, wie einfach das geht. Erhaltungssatzung, Denkmalschutz. Alles anscheinend keine Optionen.

  • Ich bekomme langsam richtig Hass auf die deutschen Denkmalbehörden, die einfach nur noch zu willigen Vollstreckern von kurzsichtigen Begehrlichkeiten geworden sind. Dafür haben sie dann bei irgendwelchem Nachkriegsmüll die Hand drauf. Ich glaube, es liegt auch am Geist der 68er, der die Prioritäten im Denkmalschutz so nachteilig verschoben hat.

    In dubio pro reko

    6 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (6. Juli 2017 um 20:38)

  • Erschütternd. Als könnten die Investoren-Wohn-Karnickelställe nicht neben das Gebäude oder an anderer Stelle des Grundstücks errichtet werden. :kopfschuetteln:

    Hier ein Foto des schönen Gebäudes:

    http://photos.wikimapia.org/p/00/01/67/71/75_big.jpg

    Innen:

    http://www.kulturkataster.de/alt/024_ORTE/Medienhaus.JPG

    P.S.: Ein Leserkommentar zu dem oben verlinkten Artikel:

    Zitat

    So geht bremisch heute: Alles abreissen und durch quaderartige

    Betonwürfel mit viel Glas ersetzen! ÜBERALL! HEMMUNGSLOS! Grünflächen
    braucht auch niemand mehr, die Ökos (wenn sie denn noch welche wären)
    fliegen sowieso demnächst aus der Koalition, denn die Tschöpe SPD will
    etwas anderes: die wachsende Stadt... auch wenn Bremen in WAHRHEIT eine
    schrumpfende Stadt ist.

    Das kommt einem irgendwie bekannt vor. Das Konzept findet sich derzeit in zahlreichen bundesdeutschen Städten: Zuzug, Wachstum, Blockbebauung, Flächenversiegelung.

  • Ja, das habe ich gestern auch mit Schrecken gelesen, tragisch. Man hat den Eindruck, dass der Abrissdruck auf Altbebauung wieder zunimmt, nachdem gefühlt ein paar Jahre relative Ruhe war. Aber zur Zeit wird wieder viel abgerissen, v.a. in Schwachhausen, welches dadurch nach und nach seinen großbürgerlichen Charme einbüsst und zu einem beliebigen Potpourri mit den Superhits der 80er und 90er und dem "Besten" von heute wird.

    reklov2708: Deine 68er- Manie hat fast etwas Wahnhaftes. Wie hier schon mehrfach belegt, war es gerade die Studentenbewegung, die zu dem Umdenken Ende der 60er Jahre geführt hat. Es mag in Dir Brechreiz auslösen, aber die langhaarigen Steineschmeisser haben -gut belegt- die Rettung unzähliger Altbaugebiete in westdeutschen Städten veranlasst und ganz entscheidend zu der Wende Mitte der 70er beigetragen. Autowahn und "Flächensanierung" waren Werk der in den ersten 20-30 Jahre nach dem Krieg das Sagen habenden "Wiederaufbaugeneration".

    Es war neben den gesellschaftlichen Zuständen sogar gerade die Abrisspolitik dieser Generation, die zu einer breiten Solidarisierung der Bevölkerung mit den Studenten geführt hat.

  • Na ja, das war einmal. Deshalb muss es nicht heute noch so sein. Klassen sind nicht zu allen Zeiten fortschrittlich oder reaktionär, wie schon ein alter Lump namens Adorno (Copyright Golo Mann) geschrieben hat.
    Dass es sich die Altachtundsechziger ganz gut mit dem Großkapital arrangiert haben (eine Tendenz, die schon bei Marx zu beobachten ist, der das Finanzkapital zwar als solches tituliert aber ziemlich verschont hat) und sich die heutige Linke eher kultur- denn wirtschaftsbolschewistisch gibt, kann kaum bestritten werden.
    Das Versagen der heutigen Intellektuellen, die eben überwiegend links stehen, kann nicht mit einem derartig stereotypen Verweis auf frühere, obsolet gewordene Zustände abgetan werden.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Da ist durchaus etwas Wahres dran, Ursus. Mir geht es nur um diesen hier immer wieder zu lesenden Unsinn, die 68er hätten die Entstuckungen und Flächenabrisse der 60er/70er Jahre zu verantworten.

  • Mir geht es nur um diesen hier immer wieder zu lesenden Unsinn, die 68er hätten die Entstuckungen und Flächenabrisse der 60er/70er Jahre zu verantworten.

    Und genau das hat niemand behauptet. Was ich aber behaupte ist, dass diese Generation bzw. schon ihre Erben heute in den Institutionen sitzen, zu denen man damals durchmarschieren wollte. Diese Generation hat eine ideologische Abneigung gegen traditionelle Werte, und ein großes Interesse an der Bewahrung ihres "progressiven" Vermächtnisses, hier repräsentiert durch die Nachkriegsmoderne mit ihren niemals eingelösten Heilsversprechen. Du glaubst nicht, dass es da Zusammenhänge gibt, dass auch in den Denkmalbehörden heute dieser Geist herrscht? Dann bist du reichlich naiv, Heinzer.
    Und Hausbesetzer als Denkmalschützer? Dass ich nicht lache, schon damals wurden die Altbauquartiere nicht aus Liebe zur Gründerzeit verteidigt, sondern nur als Verfügungsmasse gegen kapitalistische Interessen gesehen, sozusagen als steinerne Wagenburg. Der Denkmalgedanke war den Besetzern ebenso wurscht wie den Kahlschlagsanierern.
    Heute ist es auch nicht anders. Schaue dir mal Bilder von der Roten Flora im Hamburger Schanzenviertel an, die alten Gebäude dienen nur als Barrikaden für linke Chaoten, sind total versifft und heruntergekommen. Solange besetzt, bis sie zusammenfallen. Wenn das die Perspektive ist, lobe ich mir doch die Gentrifizierung.

    In dubio pro reko

    14 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (7. Juli 2017 um 14:18)

  • In dem von MAK verlinkten Artikel wird auch auf diesen Abriss hingewiesen: Schwachhauser Heerstraße 106.

    https://www.weser-kurier.de/bremen/stadtte…id,1617805.html

    Da ist nichts mehr zu retten. Aber vielleicht ist bei dem Medienhaus noch etwas zu machen. Möglichenfalls könnte der Eigentümer entkernen und Luxuswohnungen dort errichten. Sie sollten doch auch mit Mehrwert veräußerbar sein, denn viele Leute würden doch gerne hinter einer solchen Fassade leben und dafür auch ein paar Groschen mehr zahlen.

  • Wie könnte man so einer armseliger Schrottkasten entwerfen und auch noch bauen????
    Bremen tief gesunken, zusammen mit so vielen Architektonische Armut von nach dem Krieg.

    In Dresden baut man auch Würfel und Kisten aber sehen doch weniger beschissen aus......

    Die Linken schmieren die Fassaden......

    De Rechten errichten Schrott und Investorenbauten

    Was kommt danach?