Braunkohletagebau

  • Zitat von "Booni"

    Nee... die wurden teilweise gestopft mit Abraum und großen Steinen, teilweise sind die aber einfach offen. Ab und an kommt es mal zu Bergsenkungen aber Häuser stürzen da äußerst selten bei ein.

    Karstadt begründet den Abriß des historischen Kaufhausgebäudes in Essen nächstes Jahr u.a. damit, dass sioch das Gebäude in den letzten 100 Jahren um über 1 Meter gesenkt hätte.
    ... erklärt aber nicht, warum man die Fassade nicht rekonstruieren kann sondern eine Alu-Plastik-Glasfassade hermuss beim Neubau.


    Ich glaube aber trotzdem, dass der Ber Bergbau auf lange sicht zum Problem für die Bausubstanz wird.
    Das Ruhrgebiet ist ja in 250 Jahren ausgehölt worden wie ein schweizer Käse. Und da sind Vortriebe, die noch aus sehr früher Zeit stammen, die nur teilweise verfüllt wurden, und die kein Schwein kennt und die Eichenpfähle halten ja auch keine tausend Jahre...
    Ich habe in Gelsenkirchen in einer Wohnung (aus der Zeit der GRünderzeit) gewohnt da hat sich das Haus so abgesenkt, dass die Wohnung ein Gefälle von 25 cm hatte. Gerade ziehe ich auch in ein Gründerzeithaus in Essen, wo die Decken aich teilweise 10 cm abfallen!

  • Solange, für ein gewisses Entgeld, Länder wie Polen, Frankreich, Rußland und Bulgarien für westeuropäischen Atommüll "aufgeschlossen" sind, sehe ich kein Problem mit der Weiternutzung bzw. dem Ausbau heimischer Kernkraftwerke. Besser und sicherer als alles, was jenseits der Grenzen gebaut wurde und wird, sind sie allemal. Und zur Not können wir es mit der Endlagerung halten wie unsere lieben europäischen Freunde: Man errichtet ein Endlager unmittelbar an der polnischen Grenze, beispielsweise in der Uckermark; der Rest an dortiger Bevölkerung kann nach Westen umgesiedelt werden bzw. entstehen dort wenigstens einige Arbeitsplätze.

    Die kulturellen Flächenerluste sind in den rheinischen Braunkohlegebieten um einiges größer als im Süden von [lexicon='Leipzig'][/lexicon] oder gar der Lausitz. Ein halbes Jahrtausend Altersunterschied, mindestens. Bei romanischen Feldsteinkirchen sollte man eine Transolution ernsthaft in Erwägung ziehen; von daher schadet eine willkürliche Gleichsetzung mit den belanglosen Bauten des 19. Jahrhunderts dem Anliegen der tatsächlichen Kulturgüter. Im rheinländischen Raum(Garzweiler) würde dies aufgrund der relativen Dichte von altromanischen Dorfkirchen eine ernsthafte finanzielle Belastung bedeuten.

    Nein, die werden gedünstet

  • Also ich als starker Kernkraftgegner sehe mittlerweile ein, dass es unsinnig ist, unsere Kraftwerke sofort abzuschalten. Allerdings bin ich hier gegen Neubauten.
    Meiner Meinung nach sollte deutlich mehr Entwicklungsaufwendungen in die schon relativ weit entwickelte und leider auch nicht ungefährliche Fusionsenergie gesetzt werden. Denn deren Müll kann nach 100 Jahren schon wieder in die Wiederverwertung fließen.

    Am allerwichtigsten ist jedoch, dass wir unsere Energie effizienter nutzen und weniger Verbrauchen. Ich denke, damit kann man sicherlich alle Braunkohlekraftwerke Deutschlands einsparen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Ich halte hier folgende Vorbemerkungen für erforderlich:

    1. Es ist vermutlich vielen unverständlich, was Kindvon2dresdnern mit dem voran stehenden Posting meinte. Unsere kleine „Privatdiskussion“ lief unter Auerbachs Keller, und dieser Bereich ist eben zwangsläufig nicht so stark frequentiert. Es ging um den Braunkohlenbergbau und seine Folgen, wir beide waren zugegeben etwas abgeschweift vom eigentlichen Thema dort, aber das ergibt sich eben manchmal in einer Diskussion. Ist also ganz gut, die Debatte hier an passenderer Stelle fortzusetzen.

    2. Das Sachgebiet „Braunkohlenbergbau – Vernichtung von Heimat und Kulturlandschaft (incl. Baudenkmälern)“ interessiert mich außerordentlich (wer unter Auerbachs Keller mitliest, versteht warum), aber ich bin noch nicht so lange im Forum, so dass ich die damalige Diskussion im hiesigen Strang erst jetzt mitbekommen habe, als das Thema aktuell wieder aufgefrischt worden ist.


    Zitat

    Spacecowboy schrieb am 15.8.2005

    Also bei [lexicon='Leipzig'][/lexicon] gibt es einen ähnlichen Fall. Der Ort Heuersdorf soll der Braunkohle Platz machen, die Bewohner wehren sich seit Jahren.
    Ich finde die Energiegewinnung durch Braunkohle schon seit Jahren überholt und steht in keinem Verhältnis zu den massiv eintretenden Landschaftszerstörungen. Braunkohle wird zwar nicht - im Gegensatz zur Steinkohle- subventioniert, aber auch hier wird auf Krampf, u.a. aufgrund der Arbeitsplatzerhaltung, an einer rückständigen Energiegewinnung festgehalten. Auf Kosten der Natur und der Lebensqualität ...

    Zum Thema Heuersdorf.
    Zitat Spacecawwboy: „Der Ort Heuersdorf soll der Braunkohle Platz machen, die Bewohner wehren sich seit Jahren.“
    Aktueller Stand: Hier wehrte sich David gegen Goliath, und wie fast immer in the real life: David hat verloren.

    Zitat

    Zitat BautzenFan aus Auerbachs Keller (Januar 2007):
    Aktuell steht ein Dorf im mitteldeutschen Braunkohlenrevier vor der Abbaggerung: Heuersdorf. Die Ortschaft ist fast leergezogen, die letzten Einwohner werden spätestens in einigen Monaten nachfolgen. Die ersten Häuserabbrüche laufen bereits. Bin kürzlich erst durchgefahren, das ist schon ein grusliger Anblick – erinnert irgendwie an Filme über das Thema: Krieg / Flucht / Vertreibung. An zentraler Stelle an der Hauptstraße weht eine US-Flagge „mit dem blauen Feld nach unten“ (also umgedreht aufgehängt). Damit hat es folgende Bewandtnis:

    Zitat von der HP des Ortes Heuersdorf:
    Angesichts der zwei amerikanischen Mutterkonzerne der Mibrag (A: =Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft) weht in Heuersdorf eine US-Flagge mit dem blauen Feld nach unten. Im Heimatland des “Sternenbanners” wird dadurch entsetzliche Bedrängnis in Fällen extremer Gefährdung von Eigentum (dire distress in instances of extreme danger to property) gemäß der US-Fahnenverordnung (flag code) signalisiert.

    Ich bin einigermaßen mit dem so genannten Heuersdorf-Vertrag vertraut und weiß daher, dass die Umsiedlung der Einwohner – rein materiell betrachtet – ohne Hürden abläuft. Wie die Mibrag immer betont: Umzug/Neubau bei Hausverlust - schuldenfrei. Aber: wie „bezahlt“ man den Verlust von Heimat, den Verlust der historisch gewachsenen Dorfgemeinschaft??? – Das ist unbezahlbar. Die Heuersdorfer sind keine Städter, die mal schnell eben ihre Mietswohnung wechseln. Die leben auf ihren Gehöften zum größten Teil seit Generationen. Das ist die eine Seite.
    Aber das Leben ist bekanntlich komplizierter und meist gibt es nicht nur eine Wahrheit. Auf der anderen Seite sieht es nämlich so aus: Der Südraum [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist neben der Oberlausitz die wirtschaftliche Notstandsregion Sachsens. Hier basierte vor der Wende praktisch das gesamte Wirtschaftsleben auf der Braunkohle: Tagebaue, Kraftwerke, Brikettfabriken, chemische Kohleveredelung. Ich habe vollstes Verständnis, wenn sich zum Beispiel der Bürgermeister von Gelsenkirchen über die einseitige Förderung des Ostens erregt und auf die gleichfalls schlimme Situation in seiner Stadt verweist. Nur – was sich im Ruhrgebiet über Jahrzehnte eingestellt hat, das passierte hier im Osten buchstäblich über Nacht. Könntet Ihr Euch ernsthaft vorstellen, dass im Ruhrgebiet innerhalb von 4 bis 6 Jahren über 90 Prozent der Arbeitsplätze in der Steinkohle wegfallen? Ich will die wirtschaftlichen Probleme des Ruhrgebietes nicht kleinreden, aber wie gesagt Südraum [lexicon='Leipzig'][/lexicon] genauso wie Lausitz - das ist noch ein ganz anderes Kaliber. Und trotz des längeren Zeitraumes hat das Ruhrgebiet seine Strukturprobleme auch bloß nicht in den Griff bekommen. Nehmen wir zum Beispiel die Kreisstadt Borna (reichlich 20 km südlich von [lexicon='Leipzig'][/lexicon]), früher wie gesagt eine „Kohlestadt“. Heute ist hier das Arbeitsamt der mit Abstand größte Arbeitgeber. Nicht in dem Sinne, dass die „Arbeit verschaffen“, sondern das Arbeitsamt ist tatsächlich die Institution mit den meisten Beschäftigten.

    Der einzige „Lichtblick“ im Südraum [lexicon='Leipzig'][/lexicon] war die Entscheidung von Vattenfall, hier ein modernes Braunkohlekraftwerk zu bauen. Dieses wird vom Tagebau Schleenhain beliefert. Diese beiden „Großen“ sind die letzten relevanten privatwirtschaftlichen Arbeitgeber in der Region und (abgesehen von „Staatsbetrieben“ wie Behörden, öffentlicher Dienst, Stadtwerke u.s.w.) die einzigen, die noch so etwas Ähnliches wie Tarifbindung kennen. (Beispiel: Facharbeiter Metallbetrieb, 3-Schichtsystem: incl. Zuschlägen 800 € Netto). Vom Tagebau und dem Kraftwerk lebt wiederum eine Großzahl von Zulieferern und Dienstleistern. Die immer wieder von den Heuersdorfern und ihren (durchaus ehrenwerten) Unterstützern vorgebrachte Forderung war, beim fortschreitenden Verhieb des Tagebaus das Dorf quasi zu „umfahren“. Aber das ist bullshit. Die Ortslage liegt mitten in der Strosse und nach der Kohlebilanz, für die das Kraftwerk ausgelegt ist, wird die Kohle unter Heuersdorf einfach „gebraucht“.

    Heuersdorf wird es bald nicht mehr geben. Aber im anderen Fall wäre das Sterben nur etwas verzögert worden, weil das Dorf dann allmählich mit der gesamten Region gestorben wäre, (was natürlich auch so nicht ausgeschlossen ist). Hier sollte jeder vorsichtig sein mit vorschnellen Verurteilungen.

    Das Thema Heuersdorf sollten wir aber unbedingt in einem speziellen Punkt im Auge behalten – und zwar wegen der Emmauskirche. Die wird nämlich umgesetzt werden (ist also dann zu gegebener Zeit etwas für den Thread „Translokation“):

    Zitat

    Zitat von der HP des Ortes Heuersdorf:
    Die Emmauskirche ist ein weitgehend fensterloser Bau romanischen Ursprungs, was auf seinen ursprünglichen doppelten Nutzungszweck als Gotteshaus und Festung hinweist. …Es soll die älteste Wehrkirche im Freistaat Sachsen sein. Obgleich erst 1297 eine Kirche auf der Flur des späteren Heuersdorf erwähnt wurde, ist ihre Errichtung bereits im 12. Jahrhundert wahrscheinlich. Von besonderem architektonischen Interesse ist der Dachstuhl….Eine umsiedlungsbedingte Versetzung der Emmauskirche wäre angesichts der Feldsteinkonstruktion technisch nur schwer realisierbar.

    Die Kosten für die Umsetzung der Kirche wird der Bergbaubetrieb in voller Höhe übernehmen. Noch ungeklärt ist der Standort der Neuaufstellung. Das liegt in der Entscheidung der Landeskirche und der Gemeinde. Die konnten sich allerdings noch nicht einigen. Natürlich laufen intern bereits Planungsvorbereitungen für die Technologie der Umsetzung, aber darüber gibt es noch keine Informationen.

  • Danke für Deine Hintergrundinformationen BautzenFan! Nur ein von Dir genannter Punkt würde ich nicht 100 prozentig unterstreichen:

    Zitat

    Heuersdorf wird es bald nicht mehr geben. Aber im anderen Fall wäre das Sterben nur etwas verzögert worden, weil das Dorf dann allmählich mit der gesamten Region gestorben wäre, (was natürlich auch so nicht ausgeschlossen ist). Hier sollte jeder vorsichtig sein mit vorschnellen Verurteilungen.

    Meinst Du nicht dass es mitlerweile auch einen Trend gibt (v.A. in näherer Zukunft) dass Technologien auch neben der Energiegewinnung aus Kohle (Braun- und Steinkohle) immer mehr perfektioniert werden. Ist das wirklich abstreitbar, dass es in dieser Region statt Kohleabbau vielleicht auch noch andere Möglichkeiten geben wird?

  • Obwohl ich nicht das Hintergrundwissen wie du habe, Bautzenfan. Ich denke aber nicht, dass Heuersdorf sowieso ausgestorben wäre. Ich finde die Aussage auch nicht gerechtfertigt.

    Natürlich wissen wir, dass die Dörfer immer mehr aussterben, das ist hier oben in Niedersachen teilweise auch so..

    Trotzdem finde ich es unmöglich, dass die Bundesregierung soetwas zulässt. Man muss sich mal vorstellen, was das für die Menschen zu bedeuten hat, vor allem auch für die älteren.

    Die neuen Dörfer sind doch nur noch Große Wohnsiedlungen wie ein Stadtteil irgendeiner Stadt. Als Entschädigung wäre eine genau Rekonstruktion der Dörfer auf Kosten der Braunkohlefirma evtl. annehmbar.

  • Also ich gehe nicht konform, dass Schlagwörter wie Notstandsregion, Arbeitslosigkeit und Strukturprobleme für umfangreiche Natur- und Kulturlandschaftsverluste herhalten müssen. Noch dazu, dass es im Verhältnis dazu auch ökonomisch keinen Sinn macht, am Abbau von Braunkohle festzuhalten.

  • Ich merke an Euren Reaktionen, dass ich mich sehr missverständlich ausgedrückt habe. Angekommen ist bei Euch offenbar die These:
    Weil wesentlich mehr Leute existenziell vom Tagebau und dem dazugehörigen Kraftwerk profitieren, müssen die – demgegenüber - relativ wenigen Leute in Heuersdorf (übrigens 141 Haushalte) ihre Heimat aufgeben. Die Arbeitsplatzsituation rechtfertigt dieses „Bauernopfer“.

    Aber da hättet Ihr mich wirklich missverstanden. Es ging mir überhaupt nicht um die Frage, ob Braunkohlentagebaue per se notwendig / wirtschaftlich sinnvoll sind. Ich wollte vielmehr auf Folgendes hinweisen: Es gibt Verhältnisse, die sind so vertrackt und verfahren, dass es keine vollkommene Lösung gibt, gar nicht geben kann. Für das Lösungs-Szenarium sind sehr viele Faktoren zu berücksichtigen.

    Es ist ein riesengroßer Trugschluss zu glauben, dass die beste Lösung – auch nicht rein ökologisch betrachtet - in der sofortigen Schließung aller Tagebaue bestanden hätte (von den ehemals 11 Großtagebauen im Südraum arbeiten derzeit noch 2). Dazu nur mal ganz exemplarisch einige Darlegungen.
    Die Randböschungen eines Tagebaues werden notwendigerweise mit mehrjährigem Planungsvorlauf „geschnitten“. Folgt zum Beispiel eine Kippe nach (im technologischen Regime oft erst Jahre später) – dann kannst und wirst du das Gesamtböschungssystem wesentlich steiler herstellen. Das steht die erforderliche Zeit auch ohne die stützende Kippe stabil, weil u. a. wegen der großflächigen Grundwasserabsenkung keine hydraulische Belastung auf die Böschung wirkt (so lange wie bergbauliche Entwässerungsmaßnahmen laufen). Wenn nun ein Tagebau abrupt außer Betrieb genommen wird, dann hast du zum größeren Teil Böschungen vorliegen, die unter Flutungsbedingungen nicht standsicher sind, weil sie für diese Prämisse gar nicht hergestellt worden sind. Wer den Cospudener See kennt, dem ist sicher dieser südliche Zipfel vertraut. „Eigentlich“ sollte dieser Bereich mit der von Osten anschwenkenden Absetzerkippe bis in Flurhöhe zugekippt werden. Nun verblieb aber eine Böschung mit setzungsfließempfindlichen Sanden. Setzungsfließen ist eine gefürchtete Rutschungsart, bei der gleichkörnige Sande (passiert erst unter Wassersättigung) richtiggehend ausfließen und dabei weit in das Hinterland eingreifen (im Extremfall > 100 m). Also musste ein gigantischer Stützkörper her. Das Material (gemischtbindiger Boden) wurde herangefahren mit zig großen Trucks. Eine verheerende Umweltbilanz im Vergleich mit der Zuschüttung durch ein Tagebaugroßgerät, von den Kosten für den Steuerzahler mal ganz zu schweigen (die Betreibung der Absetzerkippe wäre Sache des Bergbaubetriebes gewesen). Solche Beispiele gibt es en masse.
    Ein riesiges Problem in Bezug auf Tagebaurestlöcher sind die Böschungsdeformationen infolge des aufgehenden Grundwassers (hydraulisches Potenzial im Böschungsbereich) und des sukzessive ansteigenden Wassers vor der Böschung. Bodenmechanisch beherrschbar ist das durch die so genannte schnelle Flutung. Im natürlichen Eigenaufgang des Wassers hätte die Flutung von Cospuden etwa 70 Jahre gedauert. Das hätte nicht eine einzige Böschung ausgehalten (Warum ist wohl ein Sandstrand immer so schön flach? – ist eine Folge der sukzessiven Abrasion durch Wellenschlag). Die Rückgriffweiten in das Hinterland wären enorm gewesen – Du hättest dadurch riesige Flächen devastiert, wo das Ziel doch eigentlich war, genau das zu beenden. Also: Fremdflutung (Einleitung von Fremdwasser). Aber woher das Wasser nehmen? Aus den kloakenartigen Flüssen? Also Grundwasser pumpen. Aber wer soll das bezahlen? Es geht um Millionen von Kubikmetern. Ein nicht ganz unwesentlicher Grund für den Weiterbetrieb des Tagebaues Schleenhain besteht darin, dass von dort (Filterbrunnenriegel) das Wasser für die Flutung der Restlöcher im Südraum kommt, das fällt quasi bei den Bergbauaktivitäten mit an. Ganz analog läuft das übrigens in der Lausitz).
    Speziell an Spacecowboy: Der Begriff „wirtschaftliches Notstandsgebiet“ ist mitnichten ein Schlagwort. Kultur- und Baudenkmäler haben – wenn keine „sich rechnende“ Nutzung in Aussicht ist, keine Überlebenschance. Präkarier haben zwar viel Freizeit, aber kein Geld und die Kommunen mangels Steuereinnahmen ebenfalls nicht. Fahr mal durch diese Ortschaften: Dort eine romantische Wasserburg, dort alte Fabrikantenvillen, da ein kleines Barockschloss. Nicht alles - aber vieles verfällt.

    Es gibt nicht die eine - jedem und allem gerecht werdende Lösung, dazu ist das Problemfeld viel zu komplex und dazu sind die Sünden, die man hier „bereinigen“ muss, viel zu groß. Eine „Lösung“ ohne den Heimatverlust der Heuersdorfer hätte ich natürlich genauso gewünscht.


    Was den schnellen Ersatz der Kohle betrifft, da bin ich doch angesichts der jüngsten Ereignisse sehr skeptisch (gefährdete Versorgungssicherheit bei zu großer Abhängigkeit vom Ausland). Gegenwärtig läuft ein großes Bohrerkundungsprogramm zum Aufschluss eines neuen Tagebaufeldes bei Lützen. Und in der Lausitz wird bald ein weiteres Braunkohlekraftwerk gebaut (die sind für mindestens 35 Jahre ausgelegt, d.h. so lange wird dann auch Kohle abgebaut – die Baugenehmigung beinhaltet eine Laufzeitklausel, die man dann seitens der Politik nicht einfach wieder aufkündigen kann).
    Ob sich der Abbau eines Rohstoffes ökonomisch lohnt, diese Frage ist nicht zeitlich konstant zu beantworten. Plötzlich wird das Kupfererzvorkommen in der Lausitz wieder interessant – weil die Preise aufgrund immer größerer Nachfrage in astronomische Höhen steigen (1,5 Mio t Kupfer – nicht Erz, das wäre wenig, schon umgerechnet in verhüttetes Metall).

  • Wie bitte? Noch ein weiteres Braunkohlekraftwerk? Weitere 35 Jahre Landschaftszerstörung.... meiner Meinung nach nicht vertretbar, zumal Braunkohle alles andere als eine saubere Energiequelle ist. Und im Gegensatz zu Steinkohle auch deutlich ineffizienter.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Booni
    Ein neues Steinkohlekraftwerk wird's mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch geben. Die sind schon in der heißen Planungsphase. Aber nicht im Ruhrgebiet und nicht bestückt mit Kohle von dort. Der Bau ist für Hamburg geplant, geliefert wird über den Hafen: Australien? die bauen übrigens Steinkohle im Tagebau ab. China? Fragt nicht nach den Umweltbdeingungen.
    Ach ja, Frankreich wird in Kürze wieder einen Schacht zur Kohlegewinnung aktivieren, die waren schon mal ausgestiegen.
    Ich nenne diese Fakten lediglich, um zu zeigen, dass die Rohstofflage alles andere als rosig ist. Aber vielleicht wird das dann ja doch die Veranlassung, endlich mal ernsthaft Alternativen anzugehen.

  • Deinen letzten Satz kann ich nur unterstreichen (Du findest dann bestimmt auch noch andere Arbeitgeber :zwinkern: ) Ich habe so etwas im Hinterkopf, dass vor nicht all zu langer Zeit der Startschuss für den Bau des effizientesten Kohlekraftwerk erfolgt ist- in NRW. (Dorsten?) Damals schon heftigst angefechtet von Umweltverbänden.
    Das die fossilen Rohstoffe immer knapper werden ist nicht wegzuleugnen, aber mal ganz ehrlich: warum muss man gerade im dichtbesiedelten Deutschland Mondlandschaften schnitzen, um dem gesteigerten Energiehunger Chinas (ich überspitze) gerecht zu werden? Ich bin persönlich der Meinung, dass der langsam eingeschlagene Weg zur Nutzung regenerativer Energien tendenziell der richtige ist. Natürlich kann man nicht den gesamten Bedarf mit Windmühlen gerecht werden und auch Solarzellen kann man nicht unbegrenzt herstellen, aber wie sieht es aus z.B. mit Erdwärme?

  • Wichtig ist es vor allem, an der Effizienz der Kraftwerke und am Energieverbrauch generell zu arbeiten.
    Warum nutzt man z.B. nicht den überfälligen Nachtstrom (oder gibt es sowas nicht mehr) zur Elektrolyse von Wasser? Tagsüber kann man dann über Brennstoffzellen Strom gewinnen. Und meines Wissens wird ab jetzt in Frankreich das erste Fusionskraftwerk gebaut, dass - wenn auch gering - einen kommerziellen Nutzen hat.
    Und warum nutzt man nicht mehr Dächer für Solarzellen (nicht mit Photovoltaik verwechseln) - damit spart man auch eine Menge Energie.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat

    Und warum nutzt man nicht mehr Dächer für Solarzellen

    Bloß nicht. Wer noch einen Funken Ästhetik im Leib hat, sollte nicht sein Dach auf diese Weise verschandeln.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • In meinen Augen sind Solarzellen auf historischen Dächern auch nichts anderes als Autos in historischen Altstadtgassen - moderne, jederzeit wieder abbaubare Zutaten, die halt jetzt zum Leben dazugehören. Gerade die Dächer zum Innenhof könnten - sofern sie nach Süden gehen, gut mit Solarzellen bestückt werden. Schließlich ist die Sonne im Prinzip der einzige Energielieferant dieser Erde (alles andere ist nur Sonnenenergie von vor x-millionen Jahren) - warum sollte man sie da nicht direkt nutzen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat von "Booni"

    In meinen Augen sind Solarzellen auf historischen Dächern auch nichts anderes als Autos in historischen Altstadtgassen - moderne, jederzeit wieder abbaubare Zutaten, die halt jetzt zum Leben dazugehören. Gerade die Dächer zum Innenhof könnten - sofern sie nach Süden gehen, gut mit Solarzellen bestückt werden. Schließlich ist die Sonne im Prinzip der einzige Energielieferant dieser Erde (alles andere ist nur Sonnenenergie von vor x-millionen Jahren) - warum sollte man sie da nicht direkt nutzen.


    Volle Zustimmung. Zumal Solarzellen mittlerweile auch in verschiedenen Farbtönen und etwas flacher zu haben sind. Wenns irgendwann nur noch einer Folie oder etwas derartigem bedarf, die zudem diffuses Licht voll nutzen können, kann ich wenig schlechtes an der Vorstellung solcher "Dachlandschaften" finden. Solange die Dächer nicht flach sind...;)

    Nein, die werden gedünstet

  • Wie ist es eigentlich zu verstehen, dass der Steinkohleabbau als übersubvetioniert und kostenungünstig usw. diskutiert wird und der Ausstieg aus dem Tagebau so gut wie beschlossen ist, dagegen der Braunkohletagebau so immens gefördert wird. Hängt das tatsächlich mit wirtschaftlichen Faktoren zusammen (wie z.B. der großen Tiefe der Steinkohle) oder handelt es sich hierbei auch um eine Art Strukturförderung für Ostdeutschland? Irgendwie komisch: Erst steigt man aus der Atomenergie aus (und kauft Strom aus tschechischen Meilern), dann aus der Steinkohle und kauft in China oder so (wo jedes Jahr tausende Arbeiter drauf gehen) ein und macht gleichzeitig noch Gesetze, die den Bau riesiger Wasserkraftanlagen in den Alpen begünstigt, wo mit billigem deutschem Nachtstrom Pumpen angetrieben werden und tagsüber teurer "Öko"- Strom nach Deutschland verkauft wird. Dazu für einen Nietzsche- Freund wie mich: Kulturlandschaften und alte gewachsenen Dörfer wie Röcken (mit Nietzsches Grab und Elternhaus) werden plattgemacht. Sch...!

  • [zynmode]Na, immerhin gibt es für gewisse Landstriche Verwendungsmöglichkeiten, die ansonsten wohl gar keinen volkswirtschaftlichen Zweck erfüllen würden.[/zynmode]

    Nein, die werden gedünstet