• Das alte Allgaierhaus der Gemeinde Deißlingen soll am kommenden Dienstag abgebrochen werden. Jungen Menschen in der Gemeinde wurden und werden aktiv, um diesen Schritt zu verhindern.



    Der Deisslinger Gemeinderat hat beschlossen, für das Allgaierhaus eine Abrissgenehmigung zu beantragen, da man dem potentiellen Käufer nicht das ganze Grundstück verkaufen will.

    DEISSLINGEN, 1. Juni (mm) - Der Deisslinger Gemeinderat hat beschlossen, beim Denkmalamt die Abbruchgenehmigung für das Allgaierhaus zu beantragen. Grund ist, dass die junge Familie, die das Haus sanieren wollte, das gesamte zum Haus gehörende Grundstück erwerben wollte. Dies aber verstößt gegen die Vergabeordnung der Gemeinde: das Grundstück wäre zu groß.


    Bürgermeister Wolfgang Wesner betonte gegenüber der NRWZ, der Gemeinderat müsse sich an diese Verordnung halten, die er ja schließlich einst selbst beschlossen habe. Daher habe der Gemeinderat mit großer Mehrheit in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, die Abbruchgenehmigung für das denkmalgeschützte Gebäude zu beantragen. "Dem Gemeinderat bleibt gar nichts anderes übrig", so Wesner. Ob die Gemeinde die Genehmigung allerdings bekommt, ist eine andere Frage: das Denkmalamt verlangt dafür eine Begründung, dass das Gebäudes nicht erhaltbar ist.

    Für die Gemeinde bedeuten beide Lösungen - ein Abriss oder die Sanierung durch einen Privatmann - in finanzieller Hinsicht dasselbe: in einem Fall spart man sich die Abrisskosten, im anderen Fall werden diese beim Verkauf der Grundstücke wieder eingenommen.


    Reaktionen:

    Das Allgaier-Haus könnte ein Schmuckstück sein

    Wie man der örtlichen Presse entnehmen konnte hat der Deißlinger Gemeinderat in einer Nichtöffentlicher Sitzung den Abbruch des denkmalgeschützten Allgaier-Hauses beschlossen, und dies obwohl eine Junge Deißlinger Familie ein Sanierungskonzept vorgelegt hat, samt Finanzierungszusage einer örtlichen Bank.
    Ist es nicht lobenswert wenn sich junge Leute bereit erklären, in Eigeninitiative ein Kulturdenkmal zu sanieren? Heute wo alle Kassen leer sind brauchen wir doch gerade diesen Mut der jungen Generation. Aber diese Werte scheinen dem Deißlinger Gemeinderat fremd zu sein. Vielmehr beruft man sich auf die Bauplatz Satzung und begründet damit die Ablehnung des Kaufantrages.

    Dagegen spricht aber ein Beschluss aus einer öffentlichen Sitzung des Deißlinger Gemeinderates von 2003 indem es heißt, dass genau dieser Bauplatz dem potentiellen Käufer des Allgaier-Hauses als Garten verkauft bzw. angeboten werden solle?

    Ich frage mich, warum man dieses Kulturdenkmal nun nicht so, wie es 2003 beschlossen wurde, an die Interessenten verkauft. Außer den wirtschaftlichen Interessen Einzelner steht doch kein haltbares Argument für den Abbruch. Im Gegenteil.

    Ein siebenköpfiges Expertenteam bestehend aus Zimmermeistern, Restauratoren, Gutachtern, Architekten und Baukostenplanern kam zu dem Ergebnis, dass das Gebäude erhaltenswürdig ist, und hat dazu das nötige Konzept entwickelt. Die Bausubstanz des Hauses, so sahen es die Experten, sieht von außen schlimmer aus als sie ist.

    Ein renoviertes Allgaier-Haus ist ein Schmuckstück und ist ein Zugewinn für unsere Gemeinde, man erinnere sich, wie das Haus Oberhofenstraße, der Bären oder die Mittlere Mühle noch vor einigen Jahren ausgesehen haben, heute sind sie nicht mehr wegzudenken.

    Matthias Allgaier
    Deißlingen


    und


    Für den Erhalt des Allgaier-Hauses

    Am kommenden Dienstag steht der Abbruch des Allgaier Haus auf der Tagesordnung des Deißlinger Gemeinderates. Wir möchten diesen Leserbrief nutzen um zu zeigen dass Alexander Röhrle nicht alleine mit seiner Idee vom Erhalt des denkmalgeschützten Hauses ist.

    Die Idee des Erhalts basiert auf einem von Fachleuten erstellten Konzept, das entgegen des verbreiteten Meinung, dem Allgaier Haus eine gute Bausubstanz bestätigt. Denn es ist nicht üblich dass ein Haus auf Grund eines kaputten Daches , alten Fenstern, oder gar weil es noch kein Bad hat abgebrochen werden muss. Vielmehr ist es in diesem Falle als ein Vorteil anzusehen, denn in dem Haus ist keinerlei Neuzeitlicher Pfusch verbaut. Es ist eine Chance ein Stück Deißlingen zu konservieren, Nutzbar zu machen, und an folgende Generationen zu vererben.

    „Die heutige Jugend hat nichts drauf“ diesen Spruch hört man gerne an Stammtischen und in sonstigen Diskussionsrunden. Kommt aber ein couragierter „Junger“ daher und will etwas schaffen, was anderswo höchste Anerkennung bekommen hätte, wird er in Deißlingen nicht für voll genommen, seine Kompetenz in Frage gestellt, und es wird das Gefühl vermittelt „ der soll doch froh sii, dass er’s nit kriagt hat“. Das ist eine sehr unfaire Geste in die Richtung von uns Jungen.

    Gebt uns doch die Chance dieses Gebäude zu sanieren, wieso stellt ihr euch gegen uns, es gibt doch keine Nachteile die der Gemeinde durch den Erhalt des Hauses entstehen! Sogar die Bauplatzsatzung lässt in Ausnahmefällen unter Punkt 10 Spielraum für eine solches Vorhaben zu!

    Wir stehen hinter Alex und packen mit an, wir appellieren an den Gemeinderat die Entscheidung zu überdenken, und hoffen eine Chance zu bekommen!

    Thilo Hauser, Alexander Maluck, Denis Tomisch, Matthias Fietz, Matthias Allgaier, Jo Hengstler, Michael Maier, D. Stern, Andreas Lissy, Patrick Schmeh, Ingo Schmeh, Achim Bick, Somone Tedesco, Mario Tedesco, Armin Schmidt, Volker Hengstler, S. Bamberger, Karl Heinz Schumpp, Cathrin Hengstler


    quelle: http://www.nrwz.de

  • Ich finde so etwas einfach nur traurig.

    Besonders schlimm ist es, wenn Verwaltungsbürokratie schwerer wiegt als schützenswerte Güter. Denn der Denkmalschutz, so umstritten er ist, dient dem Interesse der Allgemeinheit. Das Verwaltungsrecht läßt der Gemeinde keine andere Wahl? Politischer Wille biegt doch alles um.

    Ich weiß nicht, wie eure Erfahrungen mit den Bauaufsichtsbehörden sind, aber ich schlage mich beruflich wie privat mit denen herum. Es ist wirklich grausam, wie die in Deutschland grundsätzlich geltende Baufreiheit gehandhabt wird: langweilige, häßliche, qualitativ schlechte Bauträgergeschwürvorhaben werden bevorzugt, weil Arbeitsplätze gesichert werden, es Gewerbesteuereinnahmen gibt und vielleicht Gemeinderatsmitglieder im Aufsichtsrat einer Wohnungsbaugesellschaft sitzen. Dafür werden Rekonstruktionen und individuelles Bauen bekämpft- aus Mißgunst dem Einzelnen gegenüber?

    Überspitzt ausgedrückt: was haben Ältere mit ihren Nachkriegsbausünden den Jüngeren vorzuschreiben?

  • ich habe gute nachrichten bezüglich des alten allgaierhaus der gemeinde deißlingen ( siehe oberen beitrag )

    27.07.2005 NRWZ
    ALLGAIERHAUS GERETTET

    Deißlinger Familie darf kaufen und renovieren



    Alexander Röhrle - hier bei einer Besichtigung des Allgaierhauses
    im Frühjahr - darf dieses nun mit seiner Familie kaufen und renovieren.
    Foto: mm


    DEISSLINGEN, 27. Juli (mm) - Der Abriss des denkmalgeschützen
    Allgaierhauses ist vom Tisch. Am Dienstag hat der Gemeinderat
    beschlossen, der kaufwilligen Familie das Haus zu geben,
    zusammen mit dem Nachbargundstück.


    Beinahe wäre der Verkauf gescheitert (wir berichteten),
    denn die Käufer wollten nicht nur das kleine Grundstück
    am Haus, sondern auch das benachbarte dazukaufen.
    Das Gelände gehörte ursprünglich zu dem Bauernhaus,
    ebenso das umliegende Baugebiet "Allgaiers Garten".
    Doch dem wollte der Gemeinderat nicht zustimmen,
    da es der Vergabeordnung widersprach. Nun verkauft
    man doch, der Abriss ist vom Tisch.

    "Die vom Gemeinderat geforderte Finanzierungs-
    bestätigung entspricht dem, was der Rat wollte",
    betonte Bürgermeister Wolfgang Wesner gegenüber
    der NRWZ. "Wir haben uns eingehend damit beschäftigt",
    und betont auch, dass der Beschluss keineswegs einstimmig
    gefallen sei. "Wir werden nun sehen, was draus wird!"


    quelle: http://www.nrwz.de/nrwz/kreis/00007065/

  • Wenigstens ist das Ergebnis gut, wenn auch ein fader Nachgeschmack bei solchen Geschichten unvermeidbar ist!

    Ich finde, daß gerade die ursprünglich als unbebaut beabsichtigen Grundstücksflächen (Gärten, Parks, Plätze) extrem wichtig sind, um unsere alten Schätzchen wirken zu lassen. Pausen gehören nun einmal zur Musik. Nichts ist schlimmer, als in ein Villengrundstück noch drei Blöcke mit je zehn "exklusiven" Eigentumswohnungen zu pferchen, die mit ihrem Premium-Preis Bauträger und Gemeinde froh machen, aber die Stadt und die Allgemeinheit arm.

  • Zitat von "baukunst-nbg"

    Ich finde, daß gerade die ursprünglich als unbebaut beabsichtigen Grundstücksflächen (Gärten, Parks, Plätze) extrem wichtig sind, um unsere alten Schätzchen wirken zu lassen. Pausen gehören nun einmal zur Musik. Nichts ist schlimmer, als in ein Villengrundstück noch drei Blöcke mit je zehn "exklusiven" Eigentumswohnungen zu pferchen, die mit ihrem Premium-Preis Bauträger und Gemeinde froh machen, aber die Stadt und die Allgemeinheit arm.

    Oh ja, du sprichst mir aus der Seele. Aber wenn ich es richtig verstanden habe, wird zumindest das Nachbargrundstück nicht bebaut.
    Diese exklusiven Eigenheime haben meistens noch den Nachteil, dass sie extrem häßlich aussehen und daher die alte Villa, die mit dem umliegenden Park ein stimmiges Gesamtbild ergibt, plötzlich wie ein Fremdkörper in einer sonst homogenen Bebauung wirkt.
    Und das schlimmste ist ja - was einmal bebaut wurde, bleibt fast immer auch auf Ewigkeit Baugrund.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • baukunst-nbg
    booni

    ich verstehe euere bedenken prinzipiell schon, doch ist
    in den dazugehörigen lesebriefen nicht die rede
    von einer zusätzlichen bebauung, sondern vielmehr
    vom erhalt und der restaurierung des denkmalgeschützten
    gebäudes.

    wenn es ursprünglich nach dem wunsch des gemeinderats
    gegangen wären, stünde das haus heute nicht mehr.

    der einsatz der jungen famlie ist doch erst einmal lobenswert
    mit dem hinweis auf den erhalt anderer ortsbildprägender
    gebäude, die offensichtlich auch schon auf der abbruchliste
    standen.

    ohne diese leute persönlich zu kennen, lese ich aus ihrem
    engagement schon eine portion idealismus heraus, den man
    sich heutzutage, vor allem bei größeren investoren, nur
    wünschen könnte. aber ich werde das projekt im auge behalten.

    denn neben der guten nachricht des erhalts in deisslingen,
    bestimmen doch meist weniger gute nachrichten den alltag,
    wie hier aus einer einer nachbargemeinde über den stillen
    protest gegen das fortlaufende, modernistische zerstörungs-
    werk de ortsbildes - darüber sollte man sich auch im klaren sein:

    20.07.2005 nrwz

    Und tschüss!

    Wieder einmal wird ein ortsbildprägendes Gebäude
    in Göllsdorf abgerissen, scheinbar ohne, dass jemand
    eine Träne vergießt. Der Denkmalschutz konnte, ohne
    Widerstand der Behörden, schon vor geraumer Zeit
    abgelegt werden. Man könnte sogar den Eindruck
    gewinnen, manch einer wäre froh, endlich eine
    Aufgabe weniger zu haben.

    Dieses Haus sollte nie eine Chance bekommen,
    wie z. B. das Allgaierhaus in Deisslingen, wo
    wenigstens versucht wurde, einen Käufer zu finden.

    Göllsdorf wird rapide verändert, entwickelt sich
    dabei immer mehr zur Vorstadt und verliert damit
    auch die Unverwechselbarkeit seiner Gebäude mit
    ihrer Geschichte, was ich zutiefst bedauere.

    Reiner Hils
    Göllsdorf

  • Klar, die Leute sind wirklich lobenswert, allein das ganze Geld.

    Andrerseits... in unsrer Nachbarstadt Ochtrup wurde ein Gründerzeithaus gegenüber einer Straßeneinmüdung vor einigen Jahren für viel Geld aufwendig und schön renoviert, so dass es ein Blickfang an dieser kleinen und bescheidenen Kreuzung war.
    Nun wurde aus dieser T-Kreuzung allerdings eine Richtige Kreuzung weil man den LKW's, die von der B54N kamen, nicht zumuten konnte, 3x abzubiegen wo auch einmal gereicht hätte. Also wurde das sanierte Haus und das Nachbarhaus (auch Gründerzeit) abgerissen um einer Kreuzung samt Kreisverkehr Platz zu machen.

    ... aber aus der neuen Straße kommen auch nicht wirklich viele Autos. Dafür hat man jetzt n schönen Einblick auf eine schöne Ziegelbrandwand aus den 60ern, die ein Fabrikgelände dahinter begrenzt.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)