Bochum - Marienkirche

  • Bei Kirchenabrissen sind natürlich alle furchtbar betroffen oder hysterisch. Besonders diejenigen, die diese Gebäude nur von außen kennen. Nur wenn's um Geld für den Erhalt geht, ist Ruhe auf dem Podium.

    Dabei ist die Marienkirche eigentlich nur ein Vorläufer gewesen: Im nächsten Jahr gibt's die große Strukturreform im Bistum Essen. Und dann, wenn die neuen Pfarreien merken, daß sie nicht fünf bis zehn Kirchen gleichzeitig unterhalten können, kann die Abrissparty richtig starten.

    Aber im Ruhrgebiet fallen wenigstens "nur" Gründlerzeitler. In Frankreich sind gerade circa 3000 Kirchen akut vom Abriss bedroht. Und dort verläßt uns dann die Romanik. Und ich gerade das Thema des Threads.

  • Aha, das liebe Geld soll also Schuld sein. Und dann ist selbstredend die Kohle da, um die gesamte Kirche wegzureißen, den Schutt abzutransportieren, das komplette Baufeld zu erschließen und ein Altenheim darauf zu pflanzen - und das mal eben aus der Portokasse des Bistums, hm? Oder übernimmt das ein Investor?
    Dann wäre der Sinn dieser Kirchenvereinigung aber reichlich verfehlt.
    Wie angemerkt sollte man stattdessen für eine ausgewogenere Nutzungsmischung in der Gegend sorgen, zu wenig Gläubige gibt es doch beileibe nicht. Bloß die Kirche muss auch erreichbar sein.

    Übrigens sind wir nicht Frankreich, also brauch darüber auch nicht diskutiert werden. Die Sorgen und Nöte anderer Länder interessieren hier nicht.

    Also ich weiß ja nicht. Dann sollte man lieber mal in der näheren Umgebung die Abrissbirne schwingen, die hat es wenigstens verdient. Die Besitzer werden schon ein geeignetes neues Plätzchen für ihren Lebensabend finden, vielleicht ja sogar im Neubau des Altersheims.

    Wenn man nun aber die Kirche keiner Komplettsanierung unterziehen kann, dann sollte doch wenigstens für den Erhalt gesorgt sein und Grundsicherungsmaßnahmen unternommen werden - wenn dann irgendwann genügend Geld da ist, bekommt sie eben die verdiente Sanierung. Aber: Sie wird ja wohl nicht einsturzgefährdet oder dergleichen sein, das Teil steht keine 60 Jahre und schaut gepflegt aus?!
    Und, wie bereits von anderen hier angemerkt, warum sollte man sie nicht in den Neubaukomplex integrieren oder diesen gar komplett darin unterbringen können? Von mir aus kann man da auch sonst was draus machen, warum nicht mal eine Erlebnis-Gastro? Oder eine Konzertkirche, wie bei uns in Neubrandenburg? Liegt doch innenstadtnah wie es aussieht und böte sich hier an. Zumal man eine richtige kleine Attraktion hinzugewinnen könnte, wenn man denn wollte. Es bedarf einfach mal etwas Kreativität und nicht dieser ewigen depressiven Lustlosigkeit & Ideenlosigkeit.

    Ein Abriss wäre jedenfalls ein neuerliches Armutszeugnis für dieses bereits schon übermäßig geschändete Bundesland, dass sich mit dem wenigen Vorhandenen über Wasser halten muss. Besser wird durch den Abriss jedenfalls nichts und ich bezweifle mal ganz stark, dass das Bistum so bettelarm ist, wenn es hier gar für den Abriss und eine Neubebauung eintritt. Armut liegt auch im Auge des Betrachters.

    Das sind ja Zustände wie 1960 :schockiert:

  • Zitat von "davila"

    In Frankreich sind gerade circa 3000 Kirchen akut vom Abriss bedroht. Und dort verläßt uns dann die Romanik. Und ich gerade das Thema des Threads.

    Ist das wirklich so? Gibts vielleicht einen Link? Schock. :schockiert:

  • Leipziger: Frag doch mal hier
    http://www.erhaltung-gymnasium-am-ostring.de/\r
    http://www.erhaltung-gymnasium-am-ostring.de/
    Was Frankreich betrifft: Habe ich aus einem Zeitungsartikel. Ich suche mal.
    Voilà: http://www.lefigaro.fr/france/20070518.FIG000000001_des_maires_sont_contraints_de_demolir_leurs_eglises.html\r
    http://www.lefigaro.fr/france/20070518. ... lises.html

    erbse:

    Zitat

    Aha, das liebe Geld soll also Schuld sein. Und dann ist selbstredend die Kohle da, um die gesamte Kirche wegzureißen, den Schutt abzutransportieren, das komplette Baufeld zu erschließen und ein Altenheim darauf zu pflanzen - und das mal eben aus der Portokasse des Bistums, hm? Oder übernimmt das ein Investor?
    Dann wäre der Sinn dieser Kirchenvereinigung aber reichlich verfehlt.
    Wie angemerkt sollte man stattdessen für eine ausgewogenere Nutzungsmischung in der Gegend sorgen, zu wenig Gläubige gibt es doch beileibe nicht. Bloß die Kirche muss auch erreichbar sein.

    lol. Ach, Erbse. Ich hatte ja eben schon vermutet, daß das Thema oft Leute erregt, die dem Thema eher fern sind. Aber das: "zu wenig Gläubige gibt es doch beileibe nicht. Bloß die Kirche muss auch erreichbar sein" ist wirklich phänomenal! :)
    Natürlich ist das Grundstück der Vermögenswert, um den es geht und der alles weitere fiananziert. Das Gebäude ist nur der Klotz am Bein. Wahrscheinlich machst Du Dir keine Vorstellung, was der ERHALTUNGSsunterhalt einer Kerk verschlingt. Und tolle Alternativnutzungen wie Konzerthäuser, Begegnungsstätten, Kolumbarien etc. pp. können den mittelfristig auch schwer aufbringen und werden immer schön in sanierte Kirchen gepackt.

    Die Tatsache, daß wir in Deutschlands Innenstädten baurechtlich schwer Ruinen dulden können, ist ja ein generelles Problem des Denkmlaschutzes geworden. Und bei der Threaddisziplin bist Du ja sehr streng. ;)

    Zitat

    Übrigens sind wir nicht Frankreich, also brauch darüber auch nicht diskutiert werden. Die Sorgen und Nöte anderer Länder interessieren hier nicht.


    Ich will Dir ja nicht in Deinen ostdeutschen Provinzialismus - der zudem so schön Vorurteile bestätigt - mit Europakram reinreden. Nur bitte keinen allgemeinen Maßstab daraus machen. Danke!

  • Du bist ja reichlich arrogant. Mir hier auch noch Provinzialismus und das Zutreffen von Vorurteilen zu unterstellen, finde ich schon frech. Aber das sei jetzt mal dahingestellt, muss auch nicht weiter ausgedehnt werden. Mit deiner Wortwahl solltest du jedenfalls sorgsamer umgehen.

    Dem Bistum gehören laut verschiedenen Quellen (u.A. offiz. Homepage) fast 1 Millionen Menschen an. Klar, die werden nicht alle in die Marienkirche nach Bochum pilgern. Aber allein durch die Größe sollte es doch möglich sein, die nötigen Finanzen aufzubringen, um die Kirche zu erhalten. Und sei es, dass man hierfür Subventionen durch die Stadt oder das Bundesland beantragt. Unmöglich ist gar nichts, es muss nur der Wille da sein.

    Und für ein Altersheim lässt sich sicher ein weitaus kostengünstigeres Grundstück finden, auf welchem auch kein finanzintensiver Abbruch erforderlich ist.
    Die Alternativnutzung als Konzertkirche in meiner Heimatstadt rentiert sich übrigens, es ist in der Region eine der wenigen Kulturbetriebe, der nicht in die Miesen wirtschaftet. Warum sollte das in Bochum unmöglich sein? Unsere Marienkirche wurde zum Zwecke der Umnutzung zudem für viel Geld umgebaut, saniert, modernisiert und teilweise gar rekonstruiert. Zumal es auch ein größeres Exemplar als das Bochumer darstellt und ein gotischer Backsteinbau ist - kunsthistorisch zwar wertvoller, das ist aber nicht entscheidend.

    Und dass wir hier nicht die berühmten Äpfel mit Birnen (in diesem Falle Frankreich und Deutschland) zu vergleichen brauchen, dürfte auf der Hand liegen. Interessant wäre eine Quelle dafür aber auch für mich einmal, so ein Verlust wäre ja schon eine mittlere Katastrophe für das Touristendomizil.

    Hinzufügend sei gesagt: Ich kenne dich nicht weiter und will dich auch nicht weiter zu solchen stümperhaften Aussagen provozieren und dir jetzt einfach mal noch eine angenehme Nacht wünschen :zwinkern:

    Pro Erhalt der Ruhr-Kultur! Ich hoffe, du gehst wenigstens damit konform :P

  • Abgesehen, dass ich diese Umnutzungen persönlich nicht so gut heiße, hat mich das Bild der Auferstehungskirche mehr als schockiert. Die heutige Gestalt bekam sie erst 2000 unter strenger Bewachung der Denkmalpfleger. Das muss man sich mal vorstellen...

    Hier weiter Informationen:

    http://www.umweltforum-berlin.de/forum/images/stories/baugeschichte+architektur.pdf\r
    http://www.umweltforum-berlin.de/forum/ ... tektur.pdf


    Bilder

    früher: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/8a/Berlin_Auferstehungskirche_Ansicht_BusB.jpg/437px-Berlin_Auferstehungskirche_Ansicht_BusB.jpg\r
    upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... t_BusB.jpg

    seit 1961:
    (blättere auf Seite 2!) http://www.uni-weimar.de/architektur/oekologisches_bauen/11_projekte/2002_berlinexkurs/Exkursion2002_02_auferstehungskirche.pdf\r
    http://www.uni-weimar.de/architektur/oe ... kirche.pdf

    heute:
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/9b/Auferstehungskirche_Berlin_02.jpg/800px-Auferstehungskirche_Berlin_02.jpg\r
    upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... lin_02.jpg

  • Und wenn der Glaskasten winkt, dann sind auf einmal die Bauteile der 50er Jahre nicht mehr als Denkmal der Nachkriegszeit interessant. Wetten, daß das im Falle eines historisch ausgerichteten Rekonstruktionsversuchs (siehe z.B. Nürnberger Pellerhaus) ganz anders ausgesehen hätte?...

  • Ja, das Beispiel des Ergänzungsbaus der Berliner Auferstehungskirche ist wirklich ein äußerst abschreckendes. Hier wird die Kirchenruine zur bloßen konstrastierenden Kulisse mißbraucht. Ein Glas-Stahlkasten wie er die Unigebäude der 60er/70iger in einer x-beliebigen Großstadt kennzeichnet.
    Kein, klares bewußtes und erkennbares Aufnehmen der gotischen Strebewerks-Vertikalität, oder des Backsteinmaterials, und , und und,... (Und das nennt sich dann noch "Institut für Ökologisches... Bauen" :augenrollen: )

    Wenn allerdings Kirchenbauten, deren Umnutzungsschicksal unwiderruflich feststeht in die Hände dieses Architekten kämen, wäre ich total einverstanden und zufrieden damit: :D

    (ebenfalls "Süddeutsche Zeitung" vom 21.12.2007)


  • Na das sind doch wenigstens mal gute Neuigkeiten.
    Egal wie der Kammermusiksaal dann letztendlich aussehen wird, aber die Stadtsilhouette ist gerettet. Bochum hats auch nötig! :zwinkern:

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Nachtrag:

    Nochmal genauer geschaut und siehe da:

    Zitat

    Wird der jetzt preisgekrönte Entwurf des Berliner Architekturbüros Max Dudler tatsächlich realisiert, bekommt die Stadt ihren Kammermusiksaal und (äußerlich) merkt es niemand. Der Respekt des renommierten Architekten vor dem neugotischen Kirchengebäude lässt Fassade, Dach und den rund 70 Meter hohen Westturm unverändert.

    Der ganze Artikel:
    http://www.derwesten.de/nachrichten/st…515/detail.html

    Hoffen wir mal, dass die Stadt die zusätzlichen 2 Millionen trotz Haushaltssperre aufbringen kann...

  • Neue Entwicklung um die Marienkirche:

    nun soll ein Musikzentrum entstehen, in der die Kirche als Foyer dient:

    Grüne melden Zweifel an Kostenkalkulation an | WAZ.de

    Kampagne für das Musikzentrum | WAZ.de

    Townsend warnt vor Scheitern des Musikzentrums | WAZ.de

    Charme-Offensive fürs Musikhaus | WAZ.de

    Der Sieger des Architektenwettbewerbs steht fest | WAZ.de

    Wettbewerbssieger Bez + Kock stellen ihren Entwurf vor | WAZ.de

    Dass sich die Sieger des Architektenwettbewerbes auf irgendeine Art und Weise auf die Kirche beziehen würden oder gar anleihen von dieser nehmen würden in ihrer Architektursprache, ist natürlich - wie immer in solchen Wettbewerben - nicht der Fall. Andererseits bleibt die Kirche wohl ziehmlich unangetastet - immerhin.

    Hier findet man noch weitere Bilder zu den eingereichten Entwürfen...
    Bilder - Münstersche Zeitung
    Auch wenn aufgrund der schlechten Qualität der Bilder keine wirkliche Beurteilung möglich scheint, so ist doch der Entwurf von Hilmer Sattler Albrecht in meinen Augen wohl wesentlich besser als der Siegerentwurf. Chance vertan.