• Da verschlägts einem die Sprache: Im Essener Stadtteil Werden soll ein wunderbares Jugendstilgebäude von 1907 abgerissen und durch ein Mehrfamilienhaus ersetzt werden. Das Gebäude befindet sich in der Forstmannstr., einem weitgehend geschlossenen und denkmalgeschützten Bereich. Das betroffene Gebäude selber steht aber nicht unter Denkmalschutz.

    Zitat

    Im Buch „Bau- und Kunstdenkmale in Essen-Werden“ von Ludger Fischer heißt es: „Die Gaststätte Kaiser Friedrich am Rondell, 1907 im Auftrag der Familie Pörting erbaut, verschafft dem Kaiserdenkmal einen prächtigen Hintergrund. Der Werdener Bauunternehmer Heyn, der den Bau auch entwarf, verband Elemente des Jugendstils mit Formen der Neo-Renaissance, die sich besonders am breiten Erker und am geschweiften Zwerchgiebel bemerkbar macht.“ Vis-à-vis dieses beschriebenen Gebäudes blickt Kaiser Friedrich III. stolz die Forstmannstraße hinunter.

    Zwar bilde das Gebäude den imposanten Abschluss des gesamten Ensembles, jedoch hätte man es damals aus Personalmangel nicht, wie die anderen Fassaden, unter Denkmalschutz stellen können. „In den Lageplänen der Denkmalbereichssatzung ist das Haus als Bereichsdenkmal bezeichnet. Sprich: Es handelt sich um ein Gebäude, das keine Denkmalqualität hat, jedoch im Denkmalbereich relevant war“, hat Dietmar Rudert vom Denkmalamt erfahren.


    Jugendstilhaus von 1907 in Werden soll abgerissen werden

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Puh, schon wieder so ein dicker Hammer aus NRW. Langsam sind wir wieder in den 1960er Jahren. Gibt es noch Möglichkeiten, hier einzugreifen? Muss die Stadt einem Abbruchantrag zustimmen? Allein die Tatsache, dass das Gebäude nur aus Personalmangel nicht geschützt ist, muss doch zwangsläufig eine Verzögerung zulassen?

    Bei Investoren, die so ein Schmuckstück überplanen, muss doch irgendwas im Leben schiefgelaufen sein....

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Man kann nur hoffen, dass die Behörden das Haus nachträglich als Denkmal einstufen und dass der dortige Heimatverein rasch den nötigen Druck zum Erhalt aufbaut. Das Gebäude muss erhalten bleiben. Was dort für eine Investorenkiste droht, kann sich jeder ausmalen. :kopfschuetteln:

  • Das darf echt nicht wahr sein! Ein wahrhaftiger Barbar, dieser Eigentümer.
    Andererseits sind große Teile von NRW ohnehin bald am Ende... sad:)

    Hier ist das Haus in einer bauzeitlichen Ansicht zu sehen.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    Einmal editiert, zuletzt von Mantikor (25. November 2016 um 20:41)

  • Das Haus wurde wegen Personalmangels im Denkmalamt nicht unter Schutz gestellt? Was ist denn das für ein Unsinn? Die Häuser der Forstmannstraße 1-22 stehen seit 2010 auf der Denkmalliste. Und seit sechs Jahren hat man es nicht geschafft, die Nr. 27 mit aufzunehmen? :gehtsnoch:

    Da wird Kaiser-Friedrich sicher demnächst vor einer weißen Wärmedämmwand stehen. Toller Anblick!
    Der Investor soll sich zum Plattmachen lieber eine banale Nachkriegskiste in der Nachbarschaft suchen. Damit könnte er dem Erscheinungsbild von Werden vielleicht noch etwas Gutes tun, anstatt es zu zerstören.

    Hier ist das Haus übrigens bei Google. Wie man sieht, ist der linke Nachbar auch schon ein Klotzbau.

  • Essen-Werden, Forstmannstraße N°27

    Man kann nur hoffen, dass die Behörden das Haus nachträglich als Denkmal einstufen und dass der dortige Heimatverein rasch den nötigen Druck zum Erhalt aufbaut. Das Gebäude muss erhalten bleiben.

    'Heimdall', das kannst du dir mal als Wunsch-und Hoffen-Textbaustein speichern, denn es hat gewirkt!

    :zeitung:
    "Die Fassade des Gründerzeithauses am Ende der Straße bleibt erhalten und wird unter Denkmalschutz gestellt. Aktionen der Bürger waren erfolgreich"
    Aufatmen an der Forstmannstraße in Essen-Werden - Westdeutsche Allgemeine Zeitung

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Essen-Werden, Forstmannstraße N°27


    "Die Fassade des Gründerzeithauses am Ende der Straße bleibt erhalten und wird unter Denkmalschutz gestellt.

    Erstmal sehr erfreulich. Allerdings hoffe ich, dass nicht nur die Fassade erhalten wird und zumindest - nicht so etwas grausames dabei herauskommt.

    Erschreckend ist aber, wie viele Hauseigentümer es immer noch gibt, die solche Altbauten abreißen wollen. Sind das alles immer noch Angehörige der Generation, die in den 60er Jahren gelernt hat, dass solche schnörkeligen alten Häuser Mist sind und dass heutzutage alles gerade, glatt und modern sein muss? Oder gibt es tatsächlich auch viele Leute zwischen 30 und 50, die so ticken? Die so eine Fassade einfach kaltlässt.

    Ich meine - man kann ja für sich privat den Bauhaus-Stil oder noch modernere Bauformen bevorzugen, man muss Gründerzeit, Jugendstil, Barock, Klassizismus ja nicht lieben. Aber zwischen nicht lieben und vernichten käme ja noch respektieren - wie bei einem Kunstgegenstand, der vielleicht keinen großen monetären Wert hat, der aber doch in jedem Fall zu schade zum Wegwerfen ist. Haben diese Menschen wirklich kein Gefühl dafür, dass es sich bei einem solchen Bauwerk doch um etwas wertvolles, erhaltungswürdiges handeln dürfte? Dieses Gefühl, das bei einem großen Teil der Bevölkerung (und vor allem bei Politikern, Architekten und Investoren) nach 1945 gut 40 Jahre lang weitgehend abhandengekommen war.
    :kopfschuetteln:

  • In Zusammenarbeit mit der lokalen Initiative hat Stadtbild Deutschland e.V. in einem offenen Brief an die Stadtoberen die Vorzüge einer Rekonstruktion des Rathauses, sowie einer allgemein traditionellen Architektur in der Stadt, dargelegt.

    Hier ist er einzusehen: KLICK (Pdf-Datei)

  • Schöne Aktion und gut argumentiert. Somit wird Gegenangriffen zunächst der Wind aus den Segeln genommen. Die Entwicklung in Essen bleibt spannend, zumal in Duisburg derzeit ebenfalls ein Projekt zur Wiederherstellung des Stadtbildes anläuft.

    Wobei auch die Schattenseiten wie den Abriss des Althoff-Kaufhauses 2008 oder der anstehende Abriss der Duisburger Bahnsteighalle, die nach den Abrissen in Mainz, Stuttgart und Düsseldorf meines Wissens als letztes Beispiel einer Bahnsteigüberdachung aus den 1930er Jahren erhalten ist, nicht vergessen werden sollten. Aber hier geht es ja um den Brief.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Dann sollte auch langsam mal bei der Deutschen Bahn massiv angeklopft werden mit deutlichen Forderungen nach Wiederherstellung dieser Hallenkonstruktionen.

  • Ich glaube, da wird sich kaum eine Mehrheit für finden lassen, da die Konstruktionen nach allgemeinem Geschmacksempfinden nicht als schön gelten. Der Abriss in Duisburg verläuft auch ohne Protest. Und die Deutsche Bahn als vmtl. größter Inhaber historischer Bausubstanz macht sich ja generell nichts aus ihrem kulturellem Erbe. Maybe, bevor es jetzt offtopic wird halte ich mich mal zurück.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Das wäre doch mal ein Ansatz. Höre die Herren Stadtplaner und Architekten aber schon gequält aufheulen . . .

    Super z.B. dieser Leserkommentar dazu:

    "Wie wäre es mal mit Zukunft statt mit Disneyhistorismus.

    Oder sind unsere Architekten wirklich so armselig, dass sie nur die Urgroßeltern abkupfern können ? Wer das Geld hat den ollen Kram zu kopieren, hat auch das Geld was denkmalwürdiges neues zu bauen."

    Das ist wieder so typisch . . . weiß auch gar nicht, wie eigentlich dieser unsägliche Disney-Vergleich so dermaßen "en vogue" werden konnte.

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • In der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) hat sich ein Essener Architekt, Peter Brdenk, zu Wort gemeldet. Er kritisiert die Initiative für den Wiederaufbau der Essener Altstadt und hält Rekonstruktionen für Unsinn. Direkt die erste Aussage im Zeitungsbericht ist schon ein Knaller:

    (...) Architekten können sich vieles vorstellen, der originalgetreue Wiederaufbau alter Gebäude gilt aber den meisten als phantasielos und fachlich minderwertig. (...)


    Da lache ich mich doch fast ins Grab. Wenn hier jemand phantasielos ist, dann sind es die heutigen Architekten mit ihren platten plumpen Wärmedämmkisten. Eine Frechheit ist das!

    Immerhin kann sich dieser Herr Brdenk die Wiederherstellung einiger im Krieg zerstörter Dächer vorstellen. Genannt werden das Eick-Haus und das Haus der Begegnung.

    Dabei frage ich mich, wieso solche Leute immer wieder Raum für ihre Kommentare bekommen. Hat der Typ irgendetwas zu entscheiden?

    Ein Blick auf Herrn Brdenk genügt. Langes Haar und Halstuch. Ein Künstler der befürchtet, daß er sich durch Nachbau verlorener Häuser nicht mehr genügend selbst verwirklichen kann.

  • Ein Blick auf Herrn Brdenk genügt. Langes Haar und Halstuch. Ein Künstler der befürchtet, daß er sich durch Nachbau verlorener Häuser nicht mehr genügend selbst verwirklichen kann.

    Na na, bitte nicht so viele Vorurteile an Äußerlichkeiten... :zwinkern:

    Z.B. ein André Tomczak in Potsdam, über den sich einige Forums-Diskutanten immer mal wieder aufragen, hat kurzes Haar und kein Halstuch... floet:)

  • Das Kaiser-Friedrich-Haus in Essen-Werden, ein sehr schönes Gründerzeit-Gebäude an der Forstmannstraße 27, ist leider nicht mehr denkmalgeschützt und die Abrissgenehmigung steht wohl kurz bevor. Hier der Artikel dazu:

    https://www.waz.de/staedte/essen/…d212531467.html


    Schade, dass man es so weit hat kommen lassen, denn das Eckhaus ist ja lt. Foto eine Augenweide und somit sehr Straßen- und Stadtbildprägend.

  • Zitat aus dem Artikel:

    Zitat

    Und im Anschluss wurde dieses erweiterte Gutachten vom IDD und einem Statiker des Stadtplanungsamtes noch einmal überprüft.
    Das Ergebnis: Der Erker des Haus ist einsturzgefährdet, sämtliche Stahlstützen der Fassade können nicht mehr repariert und der Dachstuhl des Hauses kann nicht erhalten werden.

    Fast ein Totalschaden – so könnte man es laienhaft zusammenfassen. Und somit wird die endgültige Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Essen wohl nicht weiter verfolgt – das Gebäude hat aktuell keinen Denkmalstatus mehr.

    Da sehe ich leider bei einem zur ökonomisch rentablen Vermarktung entschlossenen Eigentümer kaum noch eine Chance.

    P.S.: Man könnte natürlich eine Fassadenrekonstruktion fordern. Aber darauf wird er sich kaum einlassen, da die Erstellung einer solchen Fassade heutzutage recht teuer sein dürfte.

  • Aber man könnte die Fassade wenigstens unter Denkmalschutz stellen, um das Erscheinungsbild des Platzes zu wahren. Selbst wenn das Haus an sich angeblich völlig marode ist. Hinter der Fassade kann man ein völlig neues Haus bauen und auch den tollen Erker mit neuen Stahlträgern stützen. Doch dazu hat das Denkmalamt scheinbar "keinen Bock".