• In der Kreisstadt Diepholz wird eine sehr stattliche, über 100-jährige Villa wohl leider abgerissen werden und soll durch einen Neubau, für welchen es noch keine Veranschaulichungen gibt (ich habe zumindest keine gefunden), ersetzt werden.
    Diepholz liegt in einer relativ strukturschwachen Region im Dreieck Bremen-Hannover-Osnabrück. In der Stadt und dem riesigen Landkreis gibt es etwa 1.000 Baudenkmale - leider war die betreffende Villa nicht als Baudenkmal geführt, so dass sie jetzt abgerissen werden darf.

    Abriss muss nicht genehmigt werden - Kreiszeitung

    Die abzureißende Villa ist hier mittig vor dem Schlossturm zu sehen, ist also das letzte Haus seiner Art im (vorderen) Bild:

    Bildquelle: Wikimedia, Urheber 'Nils Schröder', CC BY-SA 4.0 international

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    Einmal editiert, zuletzt von Mantikor (16. Februar 2018 um 15:45)

  • Traurig, aber typisch für den Schweinegürtel... ich schrieb es schon andernorts mal, es gibt aus meiner Sicht kaum eine kulturvergessenere und leider auch landschaftlich ödere Region in Deutschland als Niedersachsen südlich von Bremen. Dies ist sicher polemisch und zugespitzt und auch unfair, aber diese ganzen Orte, heißen sie nun Syke oder Bassum, Wildeshausen oder Diepholz, Vechta oder Sulingen atmen eine dermaßen öde 80er-Jahre-Gemütlichkeit, bei denen Altbauten nurmehr verklinkert und verhunzt daherkommen und das, was völlig ohne Kriegsfolgen von den dörflichen/kleinstädtischen Kernen übrig ist, maximal verhunzt ist. Baukulturell sind diese Orte in den 80er Jahren hängen geblieben, wo Altbauten eben Schandflecken und keine Chancen darstellen.

    Zwischen 80er-Jahre-Rotklinkersparkasse und ebensolchem neuem Rathaus gibt es meistens noch eine ganz ordentliche Kirche, ein Heimatmuseum in einem tollen Fachwerkhaus und drei, vier ganz schöne alte Häuser. In manchen Dörfern sieht es etwas besser aus, vielleicht noch eine Windmühle oder so, aber der Rest, nunja.

    Was man der Gegend allerdings nicht vorwerfen kann, ist, strukturschwach zu sein, im Gegenteil, für einen ländlichen Raum boomt sie geradezu, was an der Landwirtschaft und der A1 liegt. Hier ist es erfolgreich gelungen, eine ganze Wertschöpfungskette vor Ort aufzubauen, von der Futtermittelherstellung über die Intensivtierhaltung mit Biogasanlagen, Nitratproblemen und eben auch Weiterverarbeitung. Diese Landkreise des westlichen mittleren Niedersachsens zeichnen sich durch eine sehr niedrige Arbeitslosigkeit (Diepholz etwa 4,2%) bei hoher Geburtenrate aus, ganz anders als etwa das wirklich strukturschwache Südniedersachsen, wo eine vergleichsweise hohe Arbeitslosigkeit auf Landflucht und Überalterung treffen. Der Nachbarkreis Cloppenburg hatte jahrelang mit 1,9 Kindern pro Frau die höchsten Geburtenraten in Deutschland, auch Vechta, Osnabrück und eben Diepholz sind sehr junge Landkreise, deren Wirtschaftsstruktur und demografische Lage für eine ländliche Region in Deutschland ziemlich weit vorne liegt.

  • Diese zweifarbigen Häuser mit Zeltdach, die jetzt überall hingesetzt werden.

    Das kann ich mir nicht recht vorstellen. Das von Dir gezeigte Haus sieht mir nach einem 1-Familien-Haus aus.

    In dem Artikel steht aber, das Haus "macht Platz für ein Mehrfamilienhaus". Es dürfte also ein weit größeres Gebäude dort errichtet werden, damit sich die Kosten des Abrisses und Neubaus auch maximal rentieren.

  • Dies ist sicher polemisch und zugespitzt und auch unfair, aber diese ganzen Orte, heißen sie nun Syke oder Bassum, Wildeshausen oder Diepholz, Vechta oder Sulingen atmen eine dermaßen öde 80er-Jahre-Gemütlichkeit, bei denen Altbauten nurmehr verklinkert und verhunzt daherkommen und das, was völlig ohne Kriegsfolgen von den dörflichen/kleinstädtischen Kernen übrig ist, maximal verhunzt ist.

    Das kann ich zum Teil bestätigen. Die Städte leiden in der Tat vielfach an mangelnder Anziehungskraft. Ob das vor allem daran liegt, dass es hier nach dem Krieg besonders viele Abriss gegeben hat, mag ich nicht beurteilen. Die städtischen Strukturen südlich von Bremen waren weder im Mittelalter noch in der frühen Neuzeit besonders stark ausgebildet, so dass prächtige Bürgerhäuser wie bereits in Nienburg eh kaum existierten. Sowohl Bassum als auch Wildeshausen haben aber zumindest ein außerordentlich pittoreskes Areal um die romanischen Stiftskirchen herum, das die Altstadt aufwertet.

    Was man der Gegend allerdings nicht vorwerfen kann, ist, strukturschwach zu sein, im Gegenteil, für einen ländlichen Raum boomt sie geradezu, was an der Landwirtschaft und der A1 liegt.

    Das ist richtig. Die Landkreise Cloppenburg und Vechta gehören zu den reichsten in Deutschland, das angrenzende Diephholz kann da nicht ganz mithalten (ich habe jetzt nicht die neusten Zahlen konsumiert), profitiert aber in Teilen ebenfalls von dieser Entwicklung. Wenn man aber durch die Landstriche fährt, ist das aber nur auf den zweiten Blick zu erkennen, weil sich das eben nicht in schmucken Dörfern und in vorbildlich sanierten Altstädten widerspiegelt.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Zitat von Heimdall

    Das kann ich mir nicht recht vorstellen. (...)

    Das ist auch nur ein Beispielbild. Wie erwähnt, sieht man auf dem Photo in Beitrag Nr. 01, links neben der Abrissvilla, auch größere Exemplare dieses Bautyps. Deshalb denke ich, daß der Neubau auch in diese Richtung gehen könnte.

  • Und auch diese ehemaligen Eigentümer, die hier noch für einen Fototermin posieren, müssen sich fragen, warum sie es offenbar Jahrzehnte lang versäumt haben, das Haus angemessen zu pflegen und zu sanieren. Seit 1700 im Famlienbesitz hat die Frau das Haus 20 Jahre leer stehen lassen. Auch ihr Sohn, der nicht so aussieht, als könnte er nicht etwas Geld verdienen, hat sich offenbar daraum wenig bis nicht gekümmert. Und als sie endlich verkauften, haben sie keinen Liebhaber gesucht, der pfleglich mit dem Gebäude umgeht, sondern es an einen Abriss-Investor verhökert. Als einzige Entschuldigung können die Erderschütterungen durch die Straße herangezogen werden.

    Es ist zu hoffen, dass sich wenigstens für den Giebel ein Liebhaber findet, der diesen in ein neues Projekt integriert. Eigentlich hätte man das dem neuen Investor zur Auflage beim Verkauf machen können. Aber bei so viel Desinteresse fiel ihnen das natürlich auch nicht ein.

  • Ein fast 500 Jahre altes Fachwerkhaus ist am Mittwoch in Martfeld im Landkreis Diepholz auf eine dreitägige Reise gegangen. Das Pastorenhaus von 1535 gilt als architekturgeschichtliche Rarität.

    https://www.ndr.de/nachrichten/ni…renhaus108.html

    Dazu die Vorgeschichte:

    https://www.weser-kurier.de/region/syker-k…id,1932973.html

    https://www.butenunbinnen.de/videos/pastore…rtfeld-104.html

    https://www.kreiszeitung.de/lokales/diepho…n-13534266.html

  • Aus dem Inhalt der Kreiszeitung von 2019:

    Der fachgerechte Ausbau bzw Abbau des Giebels für Interessierte würde mehrere tausend Euro kosten!? Was für ein Quatsch!!! Der Kotten wird abgerissen und die Balken verschwinden in irgendeinem Kamin...

    Oder irgendjemand holt sich die alten Balken vom Stapel der sich bald auf dem Grundstück auftürmen wird...

  • Bei allem Missfallen über den Verlust und Abriss alter Gebäude, fällt mir hier das regelmäßige "Rumgejammer" um diese schönen Bauten auf.

    Kleiner Tipp:

    Regional- oder Ortsverband gründen

    Regelmäßige Presse- und Öffentlichkeitsarbeit betreiben und damit solche Bauprojekte VOR Abriss veröffentlichen

    Einsatz für den Erhalt der alten Gebäude.

    Nichts für ungut, aber das klappt in anderen Regionen Deutschlands doch auch ganz gut.....

  • "Es soll das „neue Herz“ der Diepholzer Innenstadt werden – so steht es jedenfalls in der Konzeptstudie des Büros Geising & Böker (Vechta). Im Auftrag der Stadt Diepholz hat das Planungsbüro Ideen zur Neugestaltung des derzeit noch bebauten Bereiches Lange Straße 8a bis 11, den die Stadt Diepholz 2019 gekauft hatte, vertieft."

    https://www.kreiszeitung.de/lokales/diepho…r-91925405.html

    "Die Gebäude auf den vier Grundstücken Lange Straße 8a bis 11 sind größtenteils in einem schlechten baulichen Zustand und sollen abgerissen werden."

    https://sitzungsdienst.stadt-diepholz.de/bi/vo0050.asp?__kvonr=4070

  • Zumindest die schmucke Gründerzeitfassade mit den Fialen sollte erhalten und in das Konzept integriert werden. Oder deren Rekonstruktion sollte zur Auflage gemacht werden. Sonst wird das Ensemble zu langweilig und dröge.