Architektur in der Schweiz und Deutschland im Vergleich

  • Stimmt, auch Lörrach ist reichlich zersiedelt, aber Basel (ich bin mal mit dem Auto den kompletten Rhein von Waldhut nach Basel gefahren) ist in seinen Vororten auch nicht wirklich schöner.

    Aber wie dem auch sei - die meisten Kraftakte wurden sowieso an anderer Stelle erbracht, speziell in den USA und in Italien, in Weil wird nur ein Teil von ihnen dann tatsächlich hergestellt.

  • Wenn du aber genau hinschaust, erschließen sich dir schon die Qualitätsunterschiede zwischen deutscher und schweizerischer Architektur, die nicht so sehr im Städtebaulichen sondern hauptsächlich in der Detailbehandlung der Gebäude auszumachen sind. Früher (mit kleinen Einschränkungen aber auch noch heute) traute ich mir zu, jedes beliebige Gebäude, das mir gezeigt wird, der Schweiz oder Deutschland zuzuordnen. Es muss diese in der Architektur ablesbaren Differenzierungen ja geben, da sich die schweizerische Mentalität, das Nationalbewusstsein, die zielgerichtete Rationalität, die Wohlhabenheit und andere der Architektur zugrundeliegenden Voraussetzungen von den deutschen Gegebenheiten deutlich unterscheiden.

  • Ich denke, wir müssen diesen Teil der Diskussion herausnehmen, bevor es dann tatsächlich mit den Fotos zu Vitra losgeht.

    Ehrlich gesagt bin ich in Bezug auf die Schweiz ziemlich ratlos, trotz zahlreicher Besuche und sogar einiger Kunden, nicht nur hinsichtlich der Mentalität, einerseits gemütlich, andererseits äußerst penibel und trotz der gemütlichen Sprache in vielerlei Hinsicht zackiger als die sprichwörtlichen Preußen (irgendwo zwischen Platzspitz, Züri brännt und extremer Ordnungsliebe mitsamt entsprechender Bussen habe ich schon vor 25 Jahren den Faden verloren), auch in städtebaulicher Hinsicht:

    Teilweise extrem gepflegte Innenstädte, dann aber ganz grobe Betonklötze dazwischen, teilweise vorbildlicher Erhalt, teilweise Flächenabrisse. Einerseits wohlhabend, andererseits sehr ausgedehnte Hochhausviertel, und das sogar in Kleinstädten wie Chur. Außerdem eine offensichtlich extreme Affinität zu wirklich massiven Betonkonstruktionen, von der Autobahnbrücke in Schaffhausen bis zum Simplonpaß. Und eine teilweise ganz extreme Zersiedelung der Landschaft, noch viel schlimmer als im Stuttgarter Raum.

    Um das Ergebnis gleich vorwegzunehmen - die Beispiele sind alle aus der Schweiz. Nebenbei fotografiert, nicht speziell, um die Häßlichkeiten hervorzuheben. Absoluter Tiefpunkt war Montreux bzw. deren Fußgängerzone, am besten gefielen mir die Innenstädte von Bern, Zürich und Neuchâtel (so klein es auch sein mag).

    Innenstadt von Montreux:

    Und das Zentrum von Lausanne - erinnerte mich stark an Lüttich (oder irgendwie an den früheren Ostblock):

  • Schön, dass du dieser Fragestellung einen eigenen Strang gewidmet hast. Schön auch, dass du gleich etwas Anschauungsmaterial beigefügt hast. Man könnte die von dir getroffene Auswahl als Beleg für den durchschnittlich-modernistischen Stand derzeitiger Schweizer Architektur werten; man könnte sie auch eher als Negativauswahl einschätzen. Ich sehe aber doch in einigen der abgebildeten Beispiele einen Beleg für subtile Qualitäten, für Feinheiten in Proportionierung und Materialwahl, die einen für Schweizer Architektur typischen Anflug von Eleganz, Strahlkraft und Frische demonstrieren, wie sie in Deutschland nur schwer zu finden sind. (Am ehesten iim 3., 5., 9. und 10. Bild deiner Reihe) Gewiss sind Schweizer Architekten zumeist ausgekochte Modernisten, daber sie haben ihre Kunst in jahrzehntelanger Praxis ohne volkswirtschaftliche Krisen zu einer gewissen Verfeinerung weiterentwickelt, die man so am ehesten noch in den Niederlanden oder in skandinavischen Ländern wiederfindet.

  • Als Negativauswahl sind die Fotos nicht gedacht, die habe ich eher beiläufig aufgenommen und mich natürlich generell auf die sehenswerten Gebäude konzentriert.

    Indes ist mir selbst bei relativ kleinen Städten wie Sion/Sitten, Fribourg/Freiburg oder sogar Brig aufgefallen, daß das sehr schöne Zentrum in eigenartigem Kontrast zu ausufernden Wohn- und Gewerbegebieten in den Vororten steht, die weder besonders gepflegt aussehen noch gestalterisch wirklich attraktiv sind.

    Jedenfalls mußte ich mich fast schon überwinden, von der Autobahnausfahrt dann wirklich weiter bis ins Zentrum von Sion zu fahren, hier mal eine Luftaufnahme von der Wikipedia.

    Manche Städte wie Lausanne oder Montreux fand ich einfach grauenhaft, aber auch in Zürich oder Luzern sieht es außerhalb des Zentrums recht rasch unschön aus, die Industrie- und Gewerbegebiete, die man von der Autobahn aus Nordwesten kommend ins Zentrum von Zürich durchfährt, sind eher noch unschöner als z. B. Stuttgart-Zuffenhausen oder -Feuerbach. Übrigens gibt es mit Ausnahme von Brig von alle Städten 3D-Modelle auf Google Earth

  • Wir reden aneinander vorbei. Du beziehst dich auf die Zersiedelung der Landschaft, die in der Schweiz nicht weniger verstörend ausgreift als in Deutschland und irgendwo sonst. Nicht von ungefähr wurde "Bauen als Umweltzerstörung" erstmals in der Schweiz in Form eines Bilderbuchs angeprangert. Ich dagegen beziehe mich auf die Architekturbetrachtung. Während ich in jungen Jahren diesseits der Schweizer Grenze wohnte und jenseits der Grenze oftmals die Städte erkundete und sogar zum Studium dort täglich weilte, hatte ich reichlich Gelegenheit, mich in Architekturwahrnehmung zu schulen. Die Differenzierungen, die ich wahrgenommen habe, kann man mir nicht ausreden, so wenig, wie man einem Literaturkenner ausreden kann, dass er zwischen Fontanes "Effi Briest" und einem Trivialroman gewisse Gegensätzlichkeiten wahrnimmt. Es wäre ja auch höchst verwunderlich, wenn die Unterschiede zwischen Mentalität, Nationalbewusstsein, Kunstverstand, bürgerschaftlichem Zusammenhalt und materiellen Voraussetzungen zwischen den Völkern sich nicht in der Architektur niederschlügen.

  • Meine Mutter sagte mal, dass die Schweizer eine noch größere Begabung zur Stadtbildzerstörung und architektonischer Geschmacklosigkeit hätten, als die Württemberger. Und das müsse was heißen.

    Ganz Abwegig sind solche Parallelen sicherlich nicht; es mag auf beiden Seiten der Hang zur Zweckmäßigkeit, zum Praktischen, eine Mentalität, bei der das Ökonomische großen Raum einnimmt, und eine geringe Sentimentalität beim Umgang mit historischer Bausubstanz eine Rolle spielen.

    So sehr ich die Schweiz schätze; Ansichten wie die obigen und auch noch viel Schlimmeres, haben mich bei meinen Besuchen in der Schweiz schon früh verstört. Und der Kontrast zu den doch vielerorts bestehenden, in ihrer Solidität ruhenden, mal prächtigen, mal pittoresk-schmucken Städten bzw. Stadtteilen.

    Was mir neben den international überall ähnlichen Hässlichkeiten als typisch schweizerisch spontan einfällt, sind unmaßstäbliche Hochhäuser auch in kleineren Städten, auch in der Alpenregion (ich denke geraden an den Blick auf Chur von der Autobahn) und die ausgiebige Verwendung von Sicht- und Waschbeton im innerstädtischen Bereich.

    Philoikodomos gebe ich recht, dass verhältnismäßig in der Schweiz mehr hochwertige moderne Architektur zu finden sein wird als in Deutschland. Die obigen Beispiele (vielleicht mit Ausnahme von Bild 5 und 7) möchte ich dafür aber nicht als Referenz anführen. Bild 1 und die Ansichten von Lausanne weisen frappante Bezüge zur Ostblock-Architektur auf (wobei das in der Schweiz natürlich alles gepflegt ist, klar). Bild 7 (Gebäudeversicherung Luzern) zeigt ganz gefällige Nachkriegsarchitektur (in der Schweiz sollten wir vielleicht besser "Architektur seit 1945" sagen) so im Stile Sep Rufs, wenngleich dieser wohl etwas filigraner gebaut hätte.

    Ich finde die Thematik sehr interessant. Meinen Betrag möchte ich keineswegs als Pauschalkritik verstanden wissen. Der schweizer Ist-Zustand wird die logische Folge langfristiger wirtschaftlicher Prosperität bei ziemlich geringer Siedlungsfläche sein.

  • Manche Städte wie Lausanne oder Montreux fand ich einfach grauenhaft, aber auch in Zürich oder Luzern sieht es außerhalb des Zentrums recht rasch unschön aus, die Industrie- und Gewerbegebiete, die man von der Autobahn aus Nordwesten kommend ins Zentrum von Zürich durchfährt, sind eher noch unschöner als z. B. Stuttgart-Zuffenhausen oder -Feuerbach.


    Absolute Zustimmung! Ich bin in meinem Leben erst einmal (glaube ich) durch Zürich gefahren, auf dem Weg nach Italien. Und die Randgebiete der Stadt sind wirklich von einer Hässlichkeit, wie ich sie aus den deutschen Städten meiner Umgebung nicht kenne - um Vergleichbares zu finden, muss man wahrscheinlich ins Ruhrgebiet fahren. In den Außenbezirken wirkt Stuttgart wirklich deutlich attraktiver als Zürich, während es in der Innenstadt genau umgekehrt
    aussieht.

    Wenn ich an Zürick denke, dann erscheinen vor meinem inneren Auge die Erinnerungen an heruntergekommene Betonklötze, die sich endlos an der Straße entlang zu reihen scheinen. Sie verdrängen schon in den Ansätzen harmonischere Bilder von Schockoladenseiten der Stadt, die ich bisher leider nie in Natura erleben durfte. Vielleicht muss ich einmal die hervorragende Altstadt von Zürich besuchen, um mein Bild der Stadt zu korrigieren.

    Das hier soll kein Angriff auf die Schweiz sein, es ist ein großartiges Land mit wundervoller Natur und auch vielen tollen Städten. Es gibt in der Schweiz zum Glück noch sooo viel erhaltene Altbausubstanz. Aber dennoch muss man sagen, dass die Außenbezirke der schweizerischen Großstädte teils schlimmer aussehen als ihre Pendants in Deutschland (zumindest in Westdeutschland).

    Einmal editiert, zuletzt von Suebicus (18. Februar 2018 um 10:12)

  • Wir reden aneinander vorbei. Du beziehst dich auf die Zersiedelung der Landschaft, die in der Schweiz nicht weniger verstörend ausgreift als in Deutschland und irgendwo sonst. Nicht von ungefähr wurde "Bauen als Umweltzerstörung" erstmals in der Schweiz in Form eines Bilderbuchs angeprangert. Ich dagegen beziehe mich auf die Architekturbetrachtung

    Ich beziehe mich eigentlich auf beides und möchte eher Gurnemanz zustimmen - weite Teile von Württemberg, Vorarlberg (da denke ich nicht zuletzt an die grauenhaften Verunstaltungen von Bregenz mit grob unpassenden Klötzen) und eben der Schweiz (inkl. der Romandie) zählen zu den Orten, in denen besonders unsensibel "modernisiert" wird (wobei ich gegen gute moderne Architektur gar nichts einzuwenden habe, siehe meine Strang zum Vitra-Campus - aber bitte keine Betonblöcke mitten in gewachsene Strukturen).

    Weitaus besser bis gut sieht es indes in Bayerisch-Schwaben oder Oberschwaben aus ...

    Noch einige Beispiele aus Luzern:

    Bestenfalls belanglos, könnte auch irgendwo in Stuttgart stehen. Wobei ich den modernen und verblüffend großen Bahnhof nicht mal schlecht finde - die Viertel im Süden Luzerns indes fand ich ziemlich unschön, habe ich zwar nicht fotografiert, sind aber in Google Earth komplett in 3D zu sehen.

    Ebenfalls unschön fand ich in Luzern den Löwenplatz mit dem "Löwen Center" und dem Parkhaus gleich dahinter (ist mir aufgefallen, weil ich darin geparkt hatte). Das ist sehr zentrumsnah (vielleicht 5 Minuten zu Fuß vom Kurplatz direkt am See entfernt) und sehr unpassend:

    Löwen Center

  • Und noch weitgehend kommentarlos Aufnahmen aus der Innenstadt von Montreux, die wohl mal sehr schön war - schließlich befinden sich zwischen den Neubauten immer wieder prächtige alte Gebäude. Obendrein machten viele Ecken einen leicht angeschmuddelten Eindruck (einige Fotos habe ich oben schon gepostet).

  • Ach ja, die noblen Belle-Epoque-Häuser, wo sind sie hin...
    am meisten schmerzt mich dieses Bild, weil einem so unmißverständlich das "Ende Gelände" der alten Häuser angezeigt wird... wenn alles nur noch Mitte 20.Jht ist, wie hier, ist es einem ja eher egal, bzw. man fühlt sich nicht mehr versucht, mit dem Boot aufs Wasser zu fahren, um ein Panoramabild aufzunehmen, weil es sich nicht lohnt.

  • Bin geschäftlich viel in der Schweiz unterwegs und sehe dort immer wieder:

    Ja, die Schweiz kann auch hässlich. Da sind die Eidgenossen oft nicht soweit von den Deutschen entfernt.

    Z.B. Verkehrsbauwerke, Straßen wie Schienen- und Bahnhofsanlagen, werden gerne sehr funktional und betonbrutalistisch ausgeführt - mit grauem Sichtbeton.

    Dennoch sind zwei wesentliche Unterschiede auszumachen.

    1. Die Städte verfügen alle über herrliche Altstadtkerne, große oder kleine, aber sie sind da. Das entschädigt zumindest für den modernistischen Mist.

    2. Selbst die gruseligsten Beton-Bahnhofsanlagen sind hell, sauber und gepflegt - während man diese bei uns in Deutschland fragwürdigen "Sprühkünstlern" und oft zwielichtigen Gestalten überlässt.

  • Na ja, man läßt meist einen kleinen Altstadtkern stehen, so wie hier in Württemberg auch, aber der Rest...

    Mal zwei Vergleichsaufnahmen aus Olten:

    Olten 1919 und Olten heute

    Die Alstadt von Thun, abfotografiert von einer Übersichtstafel in der Stadt - im Osten gut erhalten, die Insel halbwegs, der Westen mit dem Bahnhof, hmm ... da ist z. B. Calw deutlich besser erhalten.

    Und noch drei Uralt-Aufnahmen in mäßiger Qualität aus Lausanne, der Platz im zweiten Bild ist der Place de la Riponne gleich neben der Kathedrale:

  • Den Bildvergleich von Olten finde ich jetzt nicht so schlimm. Die Stadt ist halt gewachsen und die Peripherie sieht nicht gerade schön aus (wo denn überhaupt?), aber im Großen und Ganzen fällt es mir nicht schwer den Ort im Vergleich zu 1919 wiederzuerkennen, zumal die Altstadt wohl erhalten blieb.

    Überhaupt, wo gibt es in Deutschland noch so ein Bild:
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…lten-a-Aare.jpg

    In dubio pro reko

  • Olten darf jetzt aber nicht als Beispiel herangezogen werden. Jeder Schweizer rümpft die Nase, wenn er "Olten" liest. Man bringt diesen Ort unweigerlich mit Industriestandort und damit Proletariat in Verbindung, auch mit Hauptgüterumschlagsplatz der Eisenbahn.

    Lausanne ist vielleicht nicht gerade die gepflegteste Stadt in der Schweiz, aber sie hat ihren ganz eigenen Reiz. Wie Rom ist sie auf "sieben Hügeln" erbaut. Dementsprechend sieht auch der Strassenplan sehr wirr aus. Nur sind hier leider zwei sehr untypische Abbildungen der Stadt gezeigt worden:

    Und das Zentrum von Lausanne - erinnerte mich stark an Lüttich (oder irgendwie an den früheren Ostblock):

    "La Vallée du Flon" ist eben gerade nicht das Zentrum von Lausanne. Es handelt sich um ein Tal zwischen Bahnhof und Altstadt, das im 19. Jahrhundert mit Industriebauten zugebaut wurde. Sogar ein Strassenviadukt in Aquäduktform (Rue du Grand Pont, von dem man im letzten Bild gerade eine Seitenwand sieht) wurde dort hinübergeführt, aber durch Auffüllungen ist er fast nicht mehr als solcher im Stadtbild vorhanden. Das beide Bilder beherrschende sozialistische Ungetüm wurde in den 1920er Jahren als "Volkshaus" oder was ähnlichem erstellt und ist in Lausannes Stadtbild atypisch.

    Man fliege nur mal mithilfe von Google über das Zentrum: links unten der Bahnhof, rechts oben die Altstaddt, in der Mitte "Le Flon". Ich halte mich jedesmal gerne in dieser Stadt auf.
    https://www.google.ch/maps/@46.51287…t/data=!3m1!1e3


    In der Schweiz sollte zwischen den französisch- und deutschsprachigen Städten unterschieden werden. Kulturell und mentalitätsbezogen sind da grosse Unterschiede. Gerne wird dies von den Journalisten mit "Röstigraben" bezeichnet, vor allem nach nationalen Abstimmungen. Die Westschweizer sind da weltoffener als wir Deutschschweizer. Aber einen wirklichen Röstigraben gibt es nicht! Wir fühlen uns alle als Schweizer, mit seit 200 Jahren unveränderten Staatsgrenzen (Napoléon hat in Bezug auf uns gute Arbeit geleistet und genau gewusst, wie weit er in dieses berglerische Staatengebilde Namens "Eidgenossenschaft" eingreifen darf). Für das, was ich damit in Bezug auf Städtebau in der Westschweiz (Genf, Lausanne, Montreux) aussagen möchte, muss ich ein bisschen ausholen:

    Generell finde ich, dass sich die geschmackloseste Architektur des 20. Jahrhunderts in Frankreich befindet. Dort sind oft Lösungen im Bemühen entstanden, extravagant und elegant zu erscheinen. Zusammen mit Gigantismus sind da oft sehr abschreckende Beispiele entstanden. Ich müsste dies mit Bildern unterlegen, und könnte es auch, aber die Zeit dafür ist mir schlicht zu schade. Ich sehe dies auch ein bisschen im Zusammenhang, dass sich Frankreich aus seiner Historie mit all ihren Ludwigs und Napoleon immer noch als Weltmacht sieht, es aber nicht mehr ist. Diesen schlechten Geschmack finde ich auch in den drei genannten Westschweizer Städten zur Genüge wieder.


    Basel:
    Die Basler am Dreiländereck haben französisches, deutsches und schweizerisches Kulturgut in sich vereint. Dementsprechend sind sie ein sehr weltoffenes Volk. In der Architekturszene hat Basel vor allem zu Ende des 20. Jahrhunderts eine wichtige Rolle gespielt. Als Sitz von Chemieriesen und internationalen Konzernen spürt man dort aber auch die negative Entwicklung. Nicht, was Industriebauten anbelangt, sondern Narrenfreiheit nach dem Motto "Ihr Basler lebt alle Dank unserer enormen Steuerleistungen auf einem so hohen Niveau; also wir bestimmen, was für euch gut ist und was nicht". Seit den 1950er Jahren wurde dort der Strassenplanung fast wie in Nachkriegsdeutschland gehuldigt. Besonders schmerzlich waren diese Eingriffe in die Altstadt auf der Klein-Baslerseite. Wenn ich mich nicht gerade in der Altstadt befinde, erinnert mich Basel am meisten von den schweizer Städten an deutsche Nachkriegsstädte.


    Zürich:
    Ist halt die Möchte-gern-Hauptstadt der Schweiz, wird es aber nie. :D:D:D Und sie sehen sich als Weltstadt, ist es aber nicht. :D:D:D Und entsprechend rümpft ein Schweizer die Nase, wenn er "Züri-Düütsch" hört. Und sie machen gerne mit den Alpen Werbung, sind aber viele zig-Kilometer davon entfernt. :D:D:D Sie haben aber das beste Tramnetz der Welt. Und ich liebe dieses. :)
    Als Wirtschaftsmetropole ist Zürich gerade dabei, sein Stadtbild weiter zum Negativen hin zu verändern. Geld regiert halt die Welt dort besonders, und man kann nur hoffen, dass die Zinsen endlich wieder mal steigen und das sorglose Bauen nicht mehr so leicht gemacht wird.


    Chur:
    Diese Alpenstadt sollte sich schämen, ihr Stadtbild ausserhalb der Altstadt so entstellt zu haben, vor allem mit seiner Zersiedelung in den letzten sechzig Jahren.

  • Überhaupt, wo gibt es in Deutschland noch so ein Bild:
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…lten-a-Aare.jpg


    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…ramaansicht.jpg

    Ein gleichermaßen idyllisches Bild lässt sich zum Beispiel direkt an der Grenze zur Schweiz im deutschen Laufenburg finden. Jetzt mal im Ernst, ich weiß, wir Deutschen reden uns gerne unser Land mies, aber solche Ansichten gibt es in Deutschland noch genügend. Klar ist in den Großstädten vieles an Altbausubstanz verloren gegangen, aber oft vergisst man, wie viele tolle Klein- und Mittelstädte Deutschland heute noch zu bieten hat. Wahrscheinlich existieren in keinem anderen Land, abgesehen von Italien und eventuell Frankreich, mehr historische Altstädte als in Deutschland. Alleine in meiner unmittelbaren Umgebung fallen mir auf Anhieb unzählige Städte ein, die noch über ein geschlossen historisches Zentrum verfügen. Die totalen Höhepunkte wurden größtenteils zerstört - Dresden, Braunschweig, Köln, Hildesheim, Würzburg, Berlin... Die unendlich vielen Klein- und Mittelstädte konnten sich aber meist ihr historisches Gepräge bewahren und aufgrund der deutschen Kleinstaaterei haben nicht nur die Metropolen von fürstlichem Geltungsdrang profitiert. Was man in Deutschland aber wirklich suchen muss, sind die großstädtischen Ensembles vor allem aus der Gründerzeit. Geschlossen historistische Straßenzüge wie an der Bahnhofstrasse in Zürich lassen sich in den Zentren deutscher Großstädte nur noch selten finden. Aber auch hier gibt es Ausnahmen wie Leipzig, Wiesbaden, München, Hamburg oder Halle, wo man den urbanen Glanz des 19. Jahrhunderts noch beinahe ungetrübt erleben kann.

    Einmal editiert, zuletzt von Suebicus (23. August 2018 um 20:14)