Frankfurt a. M. - die Altstadt - früher, gestern und heute

  • Bei diesem trostlosen Blick passt diese Anekdote ganz gut....

    Ich stand vor einer Woche begeistert vor den Bauarbeiten der GOLDENEN WAAGE und hatte fast Tränen in den Augen wegen der Schönheit und Wertschätzung "alter Steine" die dahin zurückggekehrt sind wo sie hin gehören
    (neben neu rekonstruierten Steinen).

    Da läuft ein älteres (vermutlich) Ehepaar (60+?70+) hinter mir vorbei und der Mann sagt laut zu seiner Frau und so dass man es hörte auf schönstem Hessisch: "Ach herjeh jetzt holen die das Mittelalter zurück, die Fläche war so schön frei vorher"

    Ich muss mich zwar wundern, wann er das letzte Mal dort vorbeigegangen ist "so frei" ist die Fläche nun auch länger nicht mehr... aber es ist schon lustig dass die "Älteren" tendenziell weniger Interesse an Rekos haben.

    Einmal editiert, zuletzt von Kaiserpalast (25. März 2018 um 18:40)

  • Solche Erlebnisse werden sicherlich noch öfter vorkommen, so daß der Weg des gelassenen Umgangs damit nicht ganz verkehrt ist. Es erstaunt nur immer wieder, daß manche Zeitgenossen offensichtlich nicht die Fähigkeit besitzen, auf einen vergangenen Zeitpunkt zurückblicken zu können. Man hat immer wieder den Eindruck, daß für diese Leute nur das real existierend ist, was sie beispielsweise vor 40 Jahren selbst gesehen haben. Dabei sind sie offensichtlich nicht fähig einzusehen, daß das ganze Gebiet jahrhundertelang dicht bebaut war, funktionierte und dort gelebt und gearbeitet wurde.
    Die Goldene Waage = Mittelalter... Nicht aufregen, Leute, das macht keinen Sinn.
    "Ach herrjeh, jetz hoole die es Middelaldä serück, die Fläsch war so schee frei vorheä" So oder so ähnlich muß sich das in etwa angehört haben. Bis der größere Teil der Bevölkerung die Unterschiede zwischen Romanik, Gotik, Renaissance, Barock, Klassizismus etc. kennt, scheint noch ein wenig Arbeit notwendig zu sein. Schade, Schade. Seit fünfzehn Jahren haben wir das neue Scheingeld; und immer noch können die Leute mit den abgedruckten schönen bunten Bilderchen darauf nichts gescheites anfangen. Wie soll das erst weitergehen, wenn das Bargeld abgeschafft wird?

  • Wahre Worte Weingeist :applaus:

    Aber ich erlebe das auch immer, wenn ich versuche, den Leuten die Schönheit alten Bauens beizubringen da ich auf Granit oder vielmehr Wachbeton stoße. Es gibt sogar Leute die sich nichts anderes als modernes Bauen vorstellen können. Die sind ernsthaft der Meinung, mit der Zeit werden ALLE Altbauten verschwinden und nur modernes vorherrschen. Für mich ein Albtraum Szenario weil grade das was bei achteckigen grade so in ist unterste Schublade ist. Nur noch so was und ich geb mir die Kugel. :--)

  • Die Lösung dieses Problems liegt darin, dass man die Ideologie des Modernismus aus den Köpfen der Leute löscht, damit keine Altbauten mehr abgerissen werden und man wieder so baut wie vor 1933 !

  • Glaub ich ehrlich gesagt nicht, das ist zu tiefsinnig. Diese Leute waren einfach komplett verblödet, stumpfsinnig. Ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung ist so. Leute, wie man sie überall antreffen kann, Leute, die jetzt noch Merkel wählen und refjudschies welkam plärren. Denen ist nicht zu helfen. Schon allein der Gedanke, dass man eine Brachfläche gegenüber der wahrlich herrlichen Goldenen Waage bevorzugen könnte - Nihilismus ist Gold dagegen. Aber es gibt hier im Forum eben auch einige, denen es wurscht ist, ob unsere Länder von uns oder Arabern bevölkert sind. Wahrscheinlich hängen beide Phänomene zusammen, wahrscheinlich ist alles auf die Unfähigkeitzu selbständigem Denken oder Faulheit zurückzuführen. "Das Miitelalter zurückholen" klingt eigentlich nicht besonders genuin. Ohne Zweifel hat der Mann das irgendwo aufgeschnappt und kommt sich gut vor, es "in der Praxis anzuwenden", es bei einer scheinbar passenden Gelegenheit nachzuplappern.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

    3 Mal editiert, zuletzt von ursus carpaticus (16. März 2016 um 14:49)

  • Ich habe derlei Reaktionen auch schon in letzter Zeit gehört. Die harmloseste war die eines Bekannten, der lachend meinte, "dass das ja eine ziemlich enge Angelegenheit wird". Härter sind die Urteile der Leute, die eine kulturhistorische Bildung (sprich: geistes- oder gesellschaftswissenschaftliches Studium) erhalten haben. Da habe ich z.B. schon von jemandem, der in der Nähe der Baustelle beschäftigt ist, ganz in Hochdeutsch gehört, dass das "ja ein reaktionäres, völlig rückwärts gewandtes städtebauliches Konzept wäre". Auf Nachfrage meinerseits herrschten allerdings wenig Kenntnisse über die alternativ dazu entworfenen Bebauungskonzepte (KSP Engel).

  • Das ist aber doch nichts neues, das manche Personen, vor allem ältere Semester, bei solchen Bauvorhaben bis zum Schluss dagegen wettern - um dann, wenn der Bau erstmal steht, jedem Besucher zu zeigen, wie schön seine Stadt doch ist.
    Mit jeder Reko steigt immerhin die Anzahl an Positivbeispielen und im Gegenzug sinkt hoffentlich die Anzahl der Kritiker.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • In gewissem kunsthistorischen Ausmaß sicher. Aber es gibt zweifellos eine gewisse "Ideologiehoheit", wie auch in anderen (vor allem politisch angehauchten) Studienrichtungen. In künstlerischen Fächern ist dieses Phänomen eher selten, auf Musikhochschulen dürfte es - nach den unsäglichen Serialismuszeiten - heute wieder zulässig sein, spätromantisch zu komponieren.
    An und für sich ist Architektur nur sehr bedingt ein künstlerisches Studium. Was Rekonstruktion betrifft, geht es um Handwerk und wohl kaum um Schöpferisches.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Diese Leute waren einfach komplett verblödet, stumpfsinnig. Ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung ist so. Leute, wie man sie überall antreffen kann, Leute, die jetzt noch Merkel wählen und refjudschies welkam plärren. Denen ist nicht zu helfen.

    Die These, dass diejenigen die sich an eine Rekonstruktion von Gebäuden ablehnen Frau Merkel (oder richtiger Weise muss es heißen die CDU) wählen, sowie der Umkehrschluss dass wer sich für die Integration von Flüchtlingen engagiert, den Wert von alter Bausubstanz und insbesondere auch der Rekonstruktion eines Teils der Frankfurter Altstadt nicht zu schätzen weis, ist durch nichts belegt und auch (wie ich an einer Vielzahl von mir bekannten Personen sehen kann an) offenkundig falsch.

    Die Themen Frankfurter Altstadt und Flüchtlinge haben überhaupt nichts miteinander zu tun. Eine Verknüpfung ist weder sinnvoll, noch irgendwie hilfreich.

    P.S. Es ist auch nicht jeder, der eine andere Meinung vertritt "verblödet"!!!

  • vielen Dank Andreas für deinen Post. Ich bin auch schon seit langem über die sehr grenzwärtigen Äußerungen hier im Forum enttäuscht. Den europäischen Geist von Humanität, Miteinander und deren Außdruck in der Schönheit der Architektur beschwören aber dann solche Aussagen hinterlassen. Zum Vergleich mal die Multikultur von Staaten wie Preußen oder Österreich-Ungarn.

    Moderationshinweis (Aedificium): Ich bitte darum die gesellschaftlichen Betrachtungen oderdie persönlichen Befindlichkeiten doch bitte in den entsprechenden Strängen im Keller zu äußern. Danke!

  • Es gibt sogar Leute die sich nichts anderes als modernes Bauen vorstellen können. Die sind ernsthaft der Meinung, mit der Zeit werden ALLE Altbauten verschwinden und nur modernes vorherrschen.

    Das verwundert einen doch gar nicht, wenn man nicht selbständig interessiert ist und sich informiert, wie manches ausgesehen hat,ist man ja nur mit der "modernen" Kargheit "sozialisiert"
    (immobilisiert? architektonisiert - oder wie soll man das nennen *lach*)

    Und somit wissen die Leute ja gar nicht, dass es auch anders sein könnte.

    DER GRÖSSTE TRUGSCHLUSS ist ja - aber das passt ja zu jedem NEUBAU - dass oft das vermeintlich "neue" / "moderne" einfach nur die billigste Variante ist.

    Die hätten in der Gründerzeit auch keine aufwendigen Fassaden anbringen müssen (siehe häufig deren Seiten, Hinterhöfe etc. - die alle oft kahl und karg sind, also = zynisch: "modern"??? )

  • Hier noch eine unfassbare Geschichte aus der Altstadt:
    Auf dem Bild zu sehen eine Aufnahme von 1949 mit erhaltenen Teilen des Nürnberger Hofes in der Schurgasse. Abgerissen wurde dieses erhaltene Ensemble dann 1953 für den Bau der Berliner Straße. Auf dem Bild zu sehen auch der barocke Torbogen
    http://www.altfrankfurt.com/spezial/krieg/…SSEN_1953-0.jpg
    der heute, versetzt, noch im Hinterhof der Braubachstraße 28 existiert!
    https://de.wikipedia.org/wiki/N%C3%BCrn…bergerHof_3.jpg

    ...

  • Dass so etwas 1949 abgerissen wurde, grenzt in meinen Augen an ein Verbrechen, wobei ich davon ausgehe, dass die beiden rechts und links angebauten barocken Häuser auch 1949 abgerissen wurden und diese wohl eher nicht nicht transloziert worden sind.

  • Müssen tun wir gar nix, außer irgendwann sterben... ;)

    Bei aller Leidenschaftlichkeit sollten wir auch bedenken, dass wir heute in einer ganz anderen Zeit leben. Damals war die Priorität die schnelle Wiederherstellung des Wohlstands, was der BRD auch beispielhaft gelang. Ästhetische Fragen rückten da aus vielerlei Gründen zunächst mal in den Hintergrund.

    Und alles was heute an der einen Stelle Kosten sind, sind an anderer Stelle Gewinne. Investitionen sind ein Faktor für die Zukunft. Ich finde, man kann das durchaus auch positiv sehen, dass es noch so viel zu tun gibt. Das bringt Beschäftigung, Kunst und das Wissen um die Kultur voran. Und damit auch eine ganz neue Wertschätzung. Die man in anderen kaum/gar nicht kriegszerstörten Ländern längst verloren hat, siehe etwa Belgien, USA oder Teile Skandinaviens.