Dresden - der Altmarkt

  • Wenn man heutzutage durch Dresdens Altstadt gehen möchte, wäe es vermutlich besser mit einer blickdichten schwarzen Brille und weißem Stock... . Ich zumindest kenne keine andere Großstadt , die einen Kaiserpalast, ein Centraltheater oder ein Victoriahaus auf so dichtem Raum vorzuweisen hatte und erst die venezianischen Häuser - lecker schlecker. Auch das gründerzeitlich überformte Stadtschloß mit seinem prachtvollen Georgenbau würde ich nie gegen die Vorgängerfassaden eintauschen. Mein persönliche Idealbild Dresdens ist ohnedies das von 1900 mitsamt seinen großbürgerlichen Wohnbauten in der Innenstadt, die leider allesamt nimmermehr existieren. Auch hatte Dresden eine besonders forttschrittliche Bauordnung, aber...jedem das seine.

  • Aber damit hatte es auch schon an herausragender Gründerzeitarchitektur im Innenstadtbereich. Ich würde allerdings noch dem Kunstverein dazuzählen. Es verwundert mich aber schon ein bisschen, dass gerade ein Exilwiener sowas sagt. In Wien reiht sich doch ein gründerzeitlicher Prachtbau an den nächsten. Man nehme beispielsweise den Graben. Es kommt in Wien regelrecht zu einem Gewöhnungseffekt. Man ist umso schockierter, wenn man dann wieder mal in eine deutsche Metropole kommt, Hamburg eher ausgenommen.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Wie ich schon oft betonte, kann man Dresdens Schönheit weder an seiner Altstadt (im Vorkriegszustand!), noch an den sie umgebenden Stadtvierteln festmachen. Sie resultierte aus der Elbfront, den hervorragenden Einzelbauten in großer Menge, den weltberühmten Sammlungen sowie der wunderbaren harmonischen Lage im Elbtalkessel. Für die Bewohner trat noch die durchaus qualitätvolle und durchdachte Anlage der gründerzeitlichen Wohnviertel hinzu.
    Ansonsten war speziell der Altmarkt durch die historistische Überformung vollkommen entstellt. Vielleicht war das auch ein Grund dafür, dass es bis heute keinerlei Stimmen für gewisse Rekonstruktionsmaßnahmen in diesem Bereich der ehemaligen Altstadt gab?

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Das alles ist immer noch zu spüren und dank der Rekos am Neumarkt wieder greifbar. Ausser dem Neustädter Rathaus und der Sophienkirche wurden ja auch alle herrausragenden Bauten wiederaufgebaut. Das macht bis heute die Attraktivität dieser Stadt aus und stellt sie in Deutschland auf einen besonderen Platz, was sich trotz gewisser Defizite auch in der Beliebtheit niederschlägt.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Dass niemand nach Altmarktrekos schreit liegt vermutlich daran, dass die DDR-Bauten dort recht hübsch aussehen und zu Dresden mit seinen anderen Prachtbauten irgnedwie bissl passt. Gerade im Winter unter Schnee sieht diese Zuckerbäckerfassung des Platzes richtig toll aus. Allerdings gefällt auch mir mehr der Vorkriegszustand dieser Region mit dem alten Rathaus (konnte ein Dresdner Adlon beherbergen), dem Kaufhaus und all den Gassen und spannenden Einzelfassaden:
    http://www.deutsche-schutzgebiete.de/webpages/Dresd…egesdenkmal.jpg
    http://www.elbtal.com/dresden/zentrum/bilder/bd015b.jpg

    Schön immerhin, dass die beiden Neubauten wenigstens ein bisschen Gassenfeeling zurückbringen. Nur leider ist in den Gassen rein gar nichts zu entdecken (weil ja immer nur der ganze Block vertickt wird und sich der Inhaber natürlich nur den einen Haupteingang gönnt). Absoluter Mist dagegen sind natürlich Kulti und der neue Altmarkt mit seiner „modernen“ Ausstattung wie Flutlichtmast … Man kann nur hoffen, dass der Kulti irgendwie doch fällt und Platz für Vorkriegsrekos frei macht (ideale Verbindung von Neumarkt und Altmarkt!) und dass man den Flutlichtmast absägt und die Germania wieder aufstellt.

  • Das von der Investorengruppe Prajs und Drimmer im Jahre 2009 von der Gagfah erworbene Haus Altmarkt, soll ab diesem Monat für einen Betrag von 12 Mio. Euro zu einem 3-Sterne-Hotel umgebaut werden. Betreiber wird die Wiener Hotelkette Star Inn, die einen Pachtvertrag über die Dauer von 20 Jahren unterschrieben hat.
    Gleichzeitig sollen auch die 40 Wohnungen im anschließenden Gebäudetrakt revitalisiert werden. Hier rechnet man mit Mietpreisen zwischen 7,50 und 10,00 Euro/qm. Die Planungen, die von Denkmlaschutz begleitet werden, übernimmt der Dresdner Architekt Ludger Kilian.

    http://www.immobilien-zeitung.de/123022/noch-hotel

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  • Im für 1,3 Mio. Euro renovierten Hauptverkaufsraum des ehemaligen Intecta-Hauses eröffnet dieser Tage ein Schokoladen-Laden mit angeschlossenem Gafé-Betrieb. Über das Niveau von Umsetzung und Angebot kann man sich natürlich noch streiten.

    Hier der SZ-Artikel:

    http://www.sz-online.de/nachrichten/al…uf-2687469.html

    Hier kann man mehr über das Gebäude erfahren:

    http://www.ostmodern.org/code/Objekte/g…/FS_intecta.htm

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Nachdem die Immobilien-Zeitung erst kürzlich über den kompletten Rückzug von "Thalia" in die großen Einkaufszentren spekuliert hatte, überrascht uns der Buchhändler heute mit der Schließung seiner traditionsreichen Filiale an der Westseite des Altmarktes.

    http://www.sz-online.de/nachrichten/th…st-2707379.html

    Diese bestand bereits seit den 50'er Jahren und gehörte bis zur Übernahme durch die Douglas-Tochter zu "Buch und Kunst". Heute ist die Schließung ein beredtes Zeichen nicht nur des Niederganges des stationären Buchhandels, sondern auch der Ladenzeile an der Westseite des Altmarktes, die zwischen den Eingängen der frequentierten Altmarkt-Galerie immer mehr zu verkommen scheint.

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  • Selbst schuld, aber die Leidtragenden sind mal wieder die Kunden, die mal gerne in Buchhandlungen schmökern und denen das schnöde Internetgeschäft nicht reicht. Thalia hat einen enorm aggressiven Verdrängungswettbewerb geführt, heute gibt es fast nix anderes mehr,
    vor allem in den Großstädten.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • erbse

    Da stimme ich auf jeden Fall zu! Die Bücher aus Papier werden genauso schnell verschwinden, wie die fliegenden und atomkraftbetriebenen Autos damals in den 50ern konventionelle Autos verdrängt haben.

  • Sagt doch niemand, dass Bücher komplett verschwinden. Aber wir antizipieren hierzulande ohnehin mit etwas Verzögerung die technischen Entwicklungen der neuen Welt. Und sowohl in Los Angeles als auch in Singapur kam ich 2012 bereits an jeweils einem "last book store in the city remaining" vorbei, also dem letzten Buchladen der ganzen Stadt. Und das sind Millionenmetropolen.

    Kann man sich vielleicht ähnlich vorstellen wie das Geschäft mit Schallplatten heute. Es gibt eine große Liebhabergemeinde und es wird noch so einiges produziert. Aber der Großteil des Marktes spielt sich auf anderen Trägern ab, v.a. im Internet. Ist doch nun wirklich nicht schwer vorauszusehen, dass uns das auch blüht, wo auch in Deutschland bereits mehr und mehr Läden schließen.

  • Nachdem die Sanierungsarbeiten, die man vornehmlich von der Hofseite aus wahrnehmen kann, mittlerweile angelaufen sind, berichten auch die DNN einmal mehr über das Bauvorhaben. Dieses soll voraussichtlich im März 2015 mit der Eröffnung des 3-Sterne-Hotels abgeschlossen sein. Dafür wird u.a. der große Saal in seinen Ursprungszustand zurückversetzt. Außerdem soll ein kleines "Wiener Kaffeehaus" entstehen. Am Außenbau sind nur wenige Veränderungen geplant. So werden an der Hofseite zusätzliche Balkone montiert und - ein durchaus kritisch zu hinterfragendes Unterfangen - die Arkaden verglast.
    Die Immobilie möchte die Berlinhaus GmbH langfristig in ihrem Besitz behalten. Als Ankermieter hat man die österreichische Hotelkette Star Inn über einen Zeitraum von 20 Jahren gesichert. Bei den Wohnungen an der Ostseite des Altmarktes rechnet man hingegen mit Schwierigkeiten. Sie seien mit ihrer Größe von mindestens 100 m² in dieser Lage nur schwer am Markt zu positionieren.

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  • Heute, am 04.02.2014, berichtet die SZ über den Stand der Bauarbeiten am Haus Altmarkt.

    http://www.sz-online.de/nachrichten/wi…kt-2767139.html

    Interessant sind neben den Fotos aus dem Inneren des Gebäudes, die Schilderungen über den Zustand der Substanz.

    Zitat

    Dennoch war die Qualität der damals verwendeten Eisenträger und des Betons so schlecht, dass nahezu jede tragende Decke mit Stahlträgern verstärkt werden muss. 60 Tonnen dieser Träger wurden bereits verbaut. Das Geräusch der Presslufthämmer bestimmt noch immer das Geschehen. Das Haus wird entkernt, alle alten Leitungen und späteren Einbauten beseitigt.

    Die Probleme erinnern frappierend an die gegenwärtig laufende Sanierung des Neuen Rathauses, wo die Zwischendecken teilweise vollständig ausgewechselt werden mussten. Ursache des schlechten Bauzustandes, ist der eklatante Materialmangel der Nachkriegszeit, durch den zu wenig Bewehrungstahl und qualitativ minderwertiger Beton verwendet wurde. Nicht zuletzt deshalb, hingen die Decken im Rathaus dann auch bis zu 20 cm durch.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Hier findet sich ein aktueller Beitrag zum Baustand am Haus Altmarkt:

    http://www.dresdeneins.tv/nachrichten/50…rueck-2285.html

    An dieser Stelle möchte ich dem noch recht jungen Lokalsender "DresdenEins" ein großes Lob für seine durchweg sehr qualitätvolle Berichterstattung aussprechen. :blumen:

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Am Haus Altmarkt, das ab November 2014 als Hotel fungieren wird, sind nun auch am Außenbau Anzeichen des Umbaues zu erkennen.


    Für den Einbau der neuen Haustechnik wurde das Dach großflächig geöffnet.

    Bild ist von mir.

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  • Die AFD fordert ein "würdiges Mahnmal" für die Opfer der Luftangriffe auf Dresden. Dieses solle auf dem Altmarkt errichtet werden, wozu man eine deutliche Aufwertung der derzeitigen "Gedenkstätte" in Erwägung zieht.

    Nachlesen kann man das hier:

    http://www.dnn-online.de/dresden/web/dr…arkt-3711069418

    Mit Speck fängt man Mäuse.

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  • Das kann man jetzt verreißen wie man will, aber im Artikel kommt die Argumentation sehr sachlich rüber. Ich hab das winzige Mahnmal auf dem Altmarkt auch stets als etwas verschämt empfunden. Bloß nichts Auffälliges, sehr subtil. Ab und an mag das sicherlich angemessen sein, aber nicht wenn man an 25.000 Tote bzw. konkret vor Ort an die Verbrennung von fast 7000 Menschen erinnern möchte.