Bremen - Altstadt - Obernstraße

  • Und noch etwas:

    Das richtig gute Jacobs-Stammhaus aus den frühen 50er Jahren, mit seinen Skulpturen fast einen gewissen und in Deutschland sehr seltenen "Mid-Century"-Art-Deco-Charakter besitzend, und seiner linker Nachbar, werden nun im Zuge der Aktivitäten von Christian Jacobs im Bereich Obernstraße/Langenstraße/Stadtwaage erstmal abgerissen:

    Straßenabwicklung Richtung Marktplatz mit dem sich gut in die weiter hinten liegende historische Bebauung einfügenden Wiederaufbau:

    Blick auf die Skulpturen (die allerdings an den Neubau transloziert werden sollen):

    Die Oberleitung der Straßenbahn ist bereits an provisorischen Masten angebracht worden, die Läden sind ausgezogen - hier wird es in den nächsten Tagen losgehen, und wieder fällt ein Stück (nicht ganz so) altes Bremen, lautlos und sogar von Wohlwollen begleitet.

    Und das erwartet uns:

    (Quelle: weser-kurier.de)

    Wir müssen wohl froh sein, dass es nicht das hier geworden ist:


    (Quelle: competitionline.de)

    Prost.


  • Gefährdetes Bildprogramm der Fassade


    Man muß Heinzer in seiner Bewertung des Abrisses des aus der Nachkriegszeit stammenden Johann Jacobs Hauses an der Obernstraße voll zustimmen. Zwar ist das Gebäude nicht der eigentliche Stammsitz der weltbekannten Kaffeefirma, denn dieser lag am Domshof und wurde dann auf das Areal an der Obernstraße verlegt, auf dem später das Bankhaus Schröder errichtet wurde. Aber seitdem die Firma vom ‚Schröder-Areal’ (dem heutigen Peek & Cloppenburg Gebäude) weichen mußte, war sie auf dem hier in Rede stehenden Grunstück ansässig und hat dort auch den Krieg überdauert. Das jetzige Gebäude ist somit zwar nicht der Stammsitz, aber dennoch das Haus, in dem die Firma im Verlauf ihrer Geschichte am längsten mit einer repräsentativen Verkaufsstelle in der Bremer Innenstadt präsent war (Fabrikation und Hauptverwaltung waren schon seit den 1920er Jahren in der Bremer Neustadt ansässig). Das Gebäude ist eines der wenigen aus der Nachkriegszeit, welches ein – wenn auch bescheidenes – ikonographisch zu deutendes Bildprogramm an seiner Fassade aufweist. Dies soll zwar auch im nun geplanten Neubau wieder angebracht werden, aber wenn man sich die Pläne genauer ansieht, so erkennt man, daß es sich dabei nur um ein Fragment handeln wird und zudem die Sinnfälligkeit des Aufbaus des Bildprogramms verloren zu gehen droht.

    Totale der Nordfassade des Johann Jacobs Hauses zur Obernstraße.

    Erker-artig vorkragender Teil der Fassade des 1. Obergeschosses mit figuralem Schmuck.

    Die Figuren des ‚Erkers’ in der Reihenfolge von Ost (Nr.1) nach West (Nr.6)

    Die prägnanten ‚Charakterköpfe’ der Figuren. Besonders schön ist der quastenbesetzte Fes des Türken.

    Die typisch norddeutschen Entlastungsbögen oberhalb der Fenster des 1. Obergeschosses.

    Blick von der Obernstraße durch die Große Waagstraße in die Langenstraße. Link die Westfront des Johann Jacobs Hauses.

    Der Eingang zu den Obergeschossen an der Großen Waagstraße.

    Relief-Platte oberhalb des Eingangs, eine Arbeiterin in einer Kaffeeplantage bei der Pflanzung darstellend.

    Kopf der Arbeiterin.

    Der Kaffee-Setzling.

    Das Schema des Fassadenschmucks, den Weg von Kaffee und Tee von der Plantage über Exporteur und Importeur bis zum Endverbraucher darstellend.

    Der geplante Neubau wird zwar die sechs Figuren wieder tragen, aber leider ‚über Eck’, da nur vier Figuren (1 – 4) an der Front zur Obernstraße und zwei (5-6) an der Großen Waagstraße anbgebracht werden. Die Reihenfolge wird zwar eingehalten werden, aber der Zusammenhang des Warenweges, der bisher so plastisch aufgezeigt wurde, wird nicht mehr erkennbar sein. Und was in die übrigen – überzähligen – neuen Felder an der Großen Waagstraße enthalten werden, weiß auch nur der Himmel…

    Die Rückseite (Südseite) des bisherigen Johann Jacobs Hauses ist in der Tat keine Sehenswürdigkeit. Rechts die Nordwestseite der Stadtwaage.

  • Es ist immer wieder unglaublich, was in den frühen 50er Jahren für besondere Gebäude entstanden sind. Für mich in vielen Fällen ein letztes Aufbäumen des Ästhetik... danach kam eigentlich nicht mehr viel Bedeutendes.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Bremen bleibt sich treu.........leider! Da werden die zwei schönsten Klinkerbauten der 50er Jahre abgerissen obwohl die Obernstraße zu 80% nur aus moderner Wegwerfarchitektur besteht. In Bremen sind die wirklich ewig gestrig und verrennen sich in dem Teufelskreis der Moderne!

  • Auch hier hat Bremen so viel Schönes verloren...

    Und wenn man dann noch weiß, wie der Bereich der vier Häuser zwischen Kleiner und Großer Waagstraße mit dem Haus Jacobs vor dem Krieg aussah und wie er sich in den Straßenraum der östlichen Obernstraße einfügte...

    Das Haus Jacobs vor (links) und nach (rechts) dem Kriege.

    Mit dem Bankhaus Schröder (links), auf dessem späteren Grundstück u.a. seinerzeit der zweite Firmensitz von Johann Jacobs belegen war, begann eine Reihe von imposanten, mondänen Geschäftshäusern für den gehobenen Einzelhandel. Die Obernstraße in dieser Gestalt brauchte sich nicht vor der Berliner Friedrich-, der Wiener Kärntner-, der Dresdner Prager- oder der Münchener Kaufinger Straße zu verstecken. Von der Mönckebergstraße brauchen wir hier gar nicht zu reden... ;) . An der rechten Bildkante wird noch der quer zur Straße stehende Giebel der Buchhandlung Hampe an der Einmündung der Molkenstraße sichtbar (bekannt aus dem Themenstrang zum Ansgarikirchhof).

    Die 'Ratsstuben' von Rudolph Jacobs, das Bankhaus Schröder und die endlose Reihe von Giebeln, von denen einer der ersten der von Johann Jacobs war.

    Blick vom damaligen Kaiser-Wilhelm-Platz in die östliche Obernstraße. Über den Dächern rechts grüßt ein alter Bekannter ... :engel:

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (27. Januar 2018 um 07:52)

  • Lieber Retro79,

    Im Grunde genommen sprechen Sie mir aus der Seele. Allerdings möchte ich denn doch eine kleine Anmerkung machen: Das, was sich da ‚treu bleibt’ ist das verkrustete Establishment aus – durchaus nicht konservativ oder gar patriotisch zu charakterisierender – Politik bzw. Verwaltung, einer selbstvergessenen, den eigenen Vorvätern untreu gewordenen, nur auf Geldmaximierung schielenden Wirtschaft und einer vollkommen einseitig durchideologisierten Architektur- und Kulturszene. Mit dem was ‚Bremen’ eigentlich bedeutete, hat das alles herzlich wenig zu tun, denn das wahre, das große, das alte ‚Bremen’ ist 1918 durch den kommunistischen Aufstand schwer angeschlagen und 1933 mit der Machtergreifung der NationalSozialisten vollends zerstört worden. Die Bomben der Westalliierten und die Demontage durch die Sowjets waren insofern nur noch eine Art Leichenfledderung. Und der bis heute absolut verfehlte und immer nur noch mehr verschlimmerte ‚Wiederaufbau’ ist eine Art Totenschändung, vollzogen vom besagten, viel zu lange hier herrschenden ‚Establishment’. Damit etwas, das den Ehrentitel ‚Bremen’ tragen darf, sich selber treu bleiben könnte’, müßte dieses Bremen überhaupt erst einmal wieder auferstehen.

    Wenn dieses aber eines – fernen - Tages der Fall sein wird – und das wird es, dessen bin ich mir sicher – werden nicht nur solche - in einer Altstadt völlig deplatzierten – Zumutungen wie das neue Johann-Jacobs-Haus nicht mehr gebaut werden, sondern auch die Rekonstruktion von unverzichtbaren, städtischen Ikonen wie St. Ansgarii, Kornhaus, Essighaus, aber auch Lloydgebäude und Neuer Börse plötzlich erstaunlich reibunbslos zu realisieren sein, einfach deshalb, weil man es dann von Seiten einer wieder auf die Interessen der Bürger eingehenden Politik schlichtweg wollen wird, weil die Verantwortlichen in Rückbesinnung auf das Eigene und das wertvolle Überkommene es als ein Bedürfnis ansehen werden, diese Stadt endlich wieder zu Bremen zu machen……….. und dazu gehören eben auch die genannten Bauten.

    Dann wird nicht nur das ostpreußische Königsberg über ein Börsengebäude (am Pregel) verfügen, welches von dem aus Bremen-Oberneuland stammenden Baumeister Heinrich Müller entworfen wurde, sondern auch Müllers Heimatstadt wird sich wieder über einen Bau von dessen Hand -.und zwar am Marktplatz - freuen können….

    2 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (27. Januar 2018 um 01:11)

  • Mit Giebel wäre das nicht passiert !

    Wegen der hier in der Nachkriegszeit vorherrschenden- unrühmlichen, aber den Forumsfreunden wohl sattsam bekannten - Giebelphobie der städtischen Baubehörden (man denke nur an den 'Giebelstreit' um das Ronning-Haus in der Sögestraße), hat wohl auch das Johann Jacobs Haus in der Obernstraße damals keinen erhalten. Daß ihm ein solcher gut zu Gesichte gestanden hätte, beweist die folgende Fotomontage (für den ich den Giebel des besagten Ronning-Hauses verwendet habe). Ob ein Gebäude von dieser Gestalt wohl auch bedenkenlos geopfert worden wäre ...???

  • Obernstraße 1 – das kaum beachtete, schillernde Wesen am Haus ‚Rohlandseck’

    Im Jahre 1914 wurde im Auftrag der Bettwäsche- und Aussteuer Firma „von Hütschler und Streckewald“, nach Plänen der Architekten Carl Eeg und Eduard Runge, unter finanzieller Förderung der Julius-Rohland-Stiftung, das an der Ecke des Liebfrauenkirchhofs zur Obernstraße gelegene und nach der Stiftung benannte Haus ‚Rohlandseck’ errichtet. Mit seiner Backsteinfassade, dem hohen Treppengiebel sowie den zwei Zwerchgiebeln nahm es Elemente der Heimatschutzbewegung auf und war wesentlich ‚Altstadt-kompatibler’ als sein spätklassizistischer Vorgängerbau. Nachdem der Bombenkrieg nur das Erdgeschoß verschont hatte, wurde der Wiederaufbau der oberen Geschosse in den Jahren 1948 bis 1959 wiederum von Carl Eeg entworfen (nun gemeinsam mit Albert Meyer), ähnlich wie bei dem schräg gegenüber am Markt liegenden Ratscafes von 1911, dessen Neuerrichtung ja auch vom Entwerfer des ursprünglichen Gebäudes, dem Architekten Rudolf Jacobs, geplant wurde. Auch das Ratscafe hatte ein anspruchloses, spätklassizistisches Haus ersetzt. Insofern waren diese beiden Gebäude stets in gewisser Weise aufeinander bezogen. Beim Wiederaufbau wurde Haus Rohlandseck ein zusätzliches Geschoß hinzugefügt und zwar explizit, um die seit ihrer Erbauung in den 20er Jahren als für den Liebfraunkirchhof störend empfundene, 1914 noch nicht vorhanden gewesene, hohe Fassade des Warenhauses Karstadt zu verdecken. Außerdem wurde auf die beiden Zwerchgiebel an der zum Liebfrauenkirchhof gelegenen Längsseite des Gebäudes verzichtet, da das- wohl maßgeblich von Baurat Klaus Tippel beeinflußte – Ortsstatut, den Bau von Giebeln verbot. Zudem wurden die vordem gerundeten drei Erker rechteckig wiederhergestellt.

    Das praktisch einzige Fassadenelement des Ursrpungsbaus von 1914, welches sich oberhalb der Erdgeschoßzone bis in die Gegenwart erhalten konnte, ist die Skulptur einer menschliche Figur, die auf der Kirchhofsseite direkt auf dem Eckpfeiler zur Obernstraße steht. Eindeutig an ihr sind nur die Gegenstände, die sie in den Händen hält: In ihrer Linken ein Modell des Baus von 1914, von dem man die Schmalseite an der Oberstraße mit dem gerundeten Erker und dem hohen Treppengiebel erkennen kann. In ihrer Rechten eine Tafel mit der Bauinschrift, welche wie folgt lautet: „Errichtet unter Beihilfe der Julius Rohland Stiftung im Jahre 1914“. Unter der Skulptur ist noch auf dem den Eckpfeiler überlagernden, das Erdgeschoß nach obenhin abschließenden Geschoßband, der Name des Gebäudes ‚Haus Rohlandseck’ eingemeißelt. Für die wenigen Aufmerksamen, die diese Figur überhaupt bewußt wahrnehmen, dürfte sich die Funktion dieser Skulptur mit der Rolle einer an den Beitrag der Julius-Rohland-Stiftung erinnernde ‚Stifterfigur’ erschöpfen. In der Literatur ist zu ihr – so weit ersichtlich – nichts zu finden. Sicherlich dürfte ein Einblick in die Bauakten Aufschluß über ihren intendierten Sinngehalt geben. Aber da es bestimmt der Anspruch des Bildhauers und seiner Auftraggeber war, ein Kunstwerk zu schaffen, welches sich dem Betrachter – unter Voraussetzung der Kenntnis bestimmter historischer Bezüge – von alleine erschließt, so soll im Folgenden ein wenig über die diversen Bedeutungsebenen der Skulptur nachgedacht werden:

    1. Rohland - Roland

    Diejenigen, die unbedarft zum ersten Mal den Namen des Gebäudes ‚Rohlandseck’ hören, werden sicherlich in vielen Fällen automatisch an die Burg ‚Rolandseck’ – ohne ‚h’ ! - bei Remagen am Rhein denken, mit der sich ja – wenn auch in anachronistischer Weise – die Rolandsage verknüpft. Nach Ansicht von hiesigen Stadthistorikern hat der Roland ohne ‚h’ nun aber möglicherweise tatsächlich etwas mit dem Haus Rohlandseck am Liebfrauenkirchhof zu tun, denn an Stelle des Letzteren befand sich seit dem hohen Mittelalter, das 1229 urkundlich erstmals nachweisbare, – wohl romanische – älteste Rathaus Bremens. Dieses war noch in Funktion, als der Roland 1404 errichtet wurde, denn das heutige, gotische ‚Alte Rathaus’ wurde erst in den Jahren 1405 bis 1410 erbaut. Der Roland könnte somit – so diese These – von 1404 bis 1410 vor dem romanischen Rathaus gestanden haben und zwar mit dem ‚Rücken zur Wand’ – in etwas so, wie der Roland in Brandenburg an der Havel in seiner – heutigen (!) – Aufstellung. Erst 1410 wäre er dann durch Verschiebung auf seinen gegenwärtigen Standort zu einer freistehenden Statue geworden, wodurch die Erstellung des markanten Baldachins erforderlich geworden wäre. Schaut man sich die Statue am Haus Rohlandseck daraufhin näher an, so lassen die wallenden Haare der Figur und auch der von einer Schließe am Hals zusammengehaltene Umhang durchaus Ähnlichkeiten mit der Rolandfigur auf dem Marktplatz erkennen. Es besteht aber auch eine gewisse Übereinstimmung hinsichtlich Physiognomie, Haarpracht und der Position des die Tafel haltenden Arms mit dem Roland in Halle an der Saale. Und in Obermarsberg im Hochsauerlandkreis existiert eine Rolandfigur – wohl aus ähnlichem Gestein wie die hier in Rede stehende Skulptur – die in ihrer Linken schützend eine Gebäude hält. Vor diesem Hintergrund dürfte es nicht verwegen sein, zu behaupten, daß eine Bedeutungsebene des Kunstwerks, tatsächlich in einer Referenz an den Helden von Roncesvalles und Paladin Karls des Großen sowie in einer leisen Erinnerung an Bremens ältestes Rathaus besteht. Nur als Nachsatz hierzu sei noch erwähnt, daß die Figur, die ja mit ihrem deutlichen Busen auch weibliche Aspekte zu enthalten scheint, in Richtung Roland auf dem Marktplatz blickt, möglicherweise in ähnlich unerfüllter Liebe wie Hildegunde vom Drachenfels in der Rolandsage. Dies wäre eine kleine romantische Subebene zur ‚Roland-Deutung’.

    2. Branchensymbol Frau Holle

    Es bietet sich aber noch eine weitere Interpretationsebene an, welche gleichzeitig prosaisch und märchenhaft wäre: Am Nachbarhause Obernstraße 3 befindet sich – ungefähr auf der gleichen Höhe ebenfalls vor dem 1. Obergeschoß – die Metallstatue eines einen großen Reif betrachtenden Goldschmiedes, der an die Erstnutzer des Gebäudes, die Juwelier-Firma Brinckkmann & Lange erinnert. Die Bettwäsche- und Aussteuer-Firma „von Hütschler und Streckewald“, könnte sich daran orientiert und ebenfalls ein Branchensymbol für ihr Haus in Auftrag gegeben haben. Und als solches Symbol bietet sich in wunderbarer Weise, die ihre wohligen und zur sanftester Ruhe einladenden Betten aufschüttelnde Frau Holle an. Bei näherer Betrachtung der Skulptur kann man schon sagen, daß der hochgeschnürte Busen und die an einen Chorhemd gemahnende, gefältete Schürze schon sehr an Frau Holle Darstellungen erinnern. Die Tafel mit der Bauinschrift wäre demnach dann als aufzuschüttelndes Kissen und die – wohl Steinlagen darstellenden – rechts und links davon vorhandenen Strukturen als Brüstung von Frau Holles Fenster zu deuten. Daß – unter Voraussetzung der Richtigkeit dieser Hypothese – die ‚Bremer Frau Holle’ auf die Stadtmusikantenfigur am Rathaus schaut, würde Bremens Rolle als Endpunkt der Grimm’schen deutschen Märchenstraße alle Ehre erweisen.


    Somit bleibt vorläufig festzuhalten: Als Stifterfigur und als Referenz an Roland, das älteste Rathaus, die arme Hildegunde sowie an Frau Holle, hat das ‚unbekannte Wesen’ zahlreiche, schillernde Facetten aufzuweisen. Es ist es daher wirklich wert, mehr beachtet zu werden…


    Abbildung 01
    Die Skulptur am Haus Rohlandseck. Siehe oben.
    (Eigene Aufnahme vom 24.11.2019)

    Abbildung 02
    Der schon von der Firma „von Hütschler und Streckewald“ genutzte spätklasszistische Vorgängerbau, rechts im Bild (historische Ansichtskarte).

    Abbildung 03
    Werbung der Architekten Eeg und Runge.

    Abbildung 04
    Das ursprüngliche Gebäude von 1914 im Vergleich mit dem wiederaufgebauten Hause.

    Abbildung 05
    Totale des gegenwärtigen Gebäudes. (Foto von Quarz)


    Abbildung 06
    Die Ecksituation mit der Skulptur.
    (Eigene Aufnahme vom 24.11.2019)


    Abbildungen 07 – 09
    Detailaufnahmen der Skulptur
    (Eigene Aufnahme vom 24.11.2019)


    Abbildung 10
    Schwach zu erkennen: Der Name des Gebäudes „Haus Rohlandseck“.

    7 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (7. Dezember 2019 um 12:35)

  • Abbildung 11
    Der mit dem Rücken zur Wand stehende Roland in Brandenburg an der Havel. So in etwa mag auch der Bremer Roland für einige Jahre vor dem alten romanischen Rathaus gestanden haben, bevor er verschoben wurde.


    Abbildung 12
    Vergleich der Figur mit den Rolanden in Halle an der Saale (links) und Obermarsberg (rechts).


    Abbildung 13
    Märchenzeichnung von Frau Holle. Ihre gefältete Schürze ist gut erkennbar.


    Abbildung 14
    Vergleich der Figur mit der Frau Holle Darstellung.

  • Vielen Dank für die interessanten Informationen, Pagentorn. Auch den Beifang finde ich bei diesen Ausflügen immer ganz interessant, in diesem Falle den Blick in die Obernstraße auf der einen Postkarte... was für eine schöne Straße. Und diese konsequenten Erker in den Geschäftshäusern kenne ich so auch nicht aus anderen Städten... klar gibt es an Gründerzeitler überall mal Erker, aber diese durchgehende Reihung wirkt auf mich immer sehr bremisch, gibt ähnliche Bilder ja auch aus der Faulenstraße vor dem Krieg.

    Eigentlich unglaublich, dass wirklich KEIN EINZIGES dieser Geschäftshäuser den Krieg/frühen Wiederaufbau überlebt hat. Nichteinmal entstuckt oder sonst wie versaut. Einfach kein einziges. Fast nirgends in der Stadt, a.e. gibt es so etwas wohl noch im vorderen Ostertor, aber auch hier fragmentiert und nicht so hoch.

    Auf der anderen Seite musste ich gestern gegen 23:00 wegen der unklaren Lage am Hbf (verdächtiges Gefäß mit Flüssigkeit in einem Bus - am Ende harmlos und nichts gefährliches) in die Innenstadt, um zur Straßenbahn zu kommen, und der Weg durch die Sögestraße bis zur Obernstraße, und dann, weil wir eine Bahn verpasst hatten, über Markt, Domsheide und Ostertorstraße, vorbei an der Kunsthalle ins Ostertor war einfach herrlich. In diesen Teilen ist Bremen schon etwas ganz Besonderes geblieben, besonders mit der weihnachtlichen Beleuchtung.

  • Lieber Heinzer,

    hinsichtlich Ihrer Bewertung des 'Beifanges' kann ich Ihnen nur zustimmen. In der Tat hatte die Obernstraße - insbesondere vor den leider schon in den späten 20er Jahren einsetzenden 'Vereinfachungen' der Fassaden - eine Atmosphäre, die in Teilen an die Berliner Friedrich - oder die Wiener Kärntnerstraße erinnerte.

    Und ja, man freut sich - gerade zu dieser Jahreszeit mit ihrer stimmungsvollen Adventsbeleuchtung - an den erhaltenen Partien von Alt- und Vorstadt !

    Einmal editiert, zuletzt von Pagentorn (7. Dezember 2019 um 00:42)

  • Ich habe heute einen kleinen Besuch in der Innenstadt genutzt, um mal einen Blick auf den gegenwärtigen Baufortschritt in Sachen Johann Jacobs Haus zu werfen.

    Der hintere Bereich liegt natürlich einige Meter tiefer, dennoch: das ist ein ziemlicher Koloss.


    Aus der Nähe.

    Immerhin ist die Backsteinverblendung außen ganz gefällig wie ich finde. Auf dem Rendering sah es alles so glatt und kalt aus.

    Blick zurück auf Rückseite der Stadtwaage, an der auch gewerkelt wird.

    Blick in den Hof. Könnte ein ganz lauschiges Plätzchen werden. Leider ist die graue Quaderfassade von P&C (?) unpassend und nimmt wohl dem Innenraum recht viel Licht.

    Hier der Blick von hinten rechts aus der Kleine Waagestraße. Sagt mal, haben die am rechten Nachbarhaus etwas verändert? Sprossenfenster entfernt etc.?

    Hier noch einmal direkt von vorne.

    Und hier die triste Fortsetzung der Obernstraße Richtung Ansgarii. Die Gebäude mittig des Bildes...the fuck! (pardon my neudeutsch). Dort besteht die Fassade mitunter aus angepappten Platten undefinierbaren Materials. Und das in dieser besonderen Lage. Hat aber auch was Gutes: Irgendwann, wenn ein Bauherr diese Gebäude abbrechen wird, wird es keinen Protest geben.

  • Schlotte, das "Haus der Geschenke", wäre heute ein Hingucker !

    Lieber MAK,

    vielen Dank für die aktuellen Eindrücke ! Nun können wir darauf gespannt sein, wie der Wirkung sein wird, wenn die Bauplanen fallen werden.

    Hinsichtlich der von Ihnen gezeigten 'tristen Fortsetzung der Obernstraße in Richtung Ansgarii' hier mal zwei Bilder eines 'Gründerzeitlers', der ziemlich genau auf dem Areal des heutigen 'Thalia-Gebäudes' (ehemals Peek & Cloppenburg) stand: Es handelt sich dabei um das Gebäude der Firma Schlotte, welches den - gerade in der Advents- und Vorweihnachtszeit - werbestarken Beinahmen 'das Haus der Geschenke' führte.

    Nun, tempi passati !


    Nun hinter 'Harrods' brauchte sich Schlotte nicht zu verstecken !

  • Nach wie vor für mich unverständlich, warum wirklich kein einziges dieser meist grundsoliden gründerzeitlichen Geschäftshäuser in der Obernstraße überlebt haben soll. Sogar im sonst noch viel härter getroffenen Faulenquartier haben wenigstens ein paar verstümmelte große Gründerzeitler überlebt, der erste hier an der Faulenstraße:

    Der zweite in der Verlängerung der Langenstraße namens Geeren:

    Beide diese Gebäude könnten -mit wiederhergestelltem Dach, mit passendem neuem Anstrich und gut renoviert - an der Obernstraße jetzt wenigstens kleine Lichtblicke darstellen. Ich vermute ja, dass es der Fluch der wirtschaftlich erfolgreicheren Straße war, der dazu geführt hat, dass mit Altbau(Resten) in der Obernstraße wesentlich weniger zimperlich umgegangen wurde als im nach dem Krieg etwas "abgehängten" Faulenquartier.

    Was für eine Zierde für die Obernstraße wäre auch nur ein erhaltener Bau wie das Schlotte-Kaufhaus. Dann gäbe es etwas zum Orientieren, einen Sinn, die Straße nach Westen zu gehen. So zieht einen wirklich nichts in den Bereich westlich etwa von Karstadt.

    Einmal editiert, zuletzt von Heinzer (11. Dezember 2019 um 18:22) aus folgendem Grund: Autokorrektur hat den Geeren in "Beeren" verwandelt.

  • Schlotte und Anschari waren Leidensgenossen

    Lieber Heinzer,

    Schlotte war wohl leider in der Tat nicht zu retten, denn man hätte andernfalls schon damals regelrecht rekonstruieren müssen. Beleg dafür sind die unten folgenden Fotos aus der online-Kriegsschadensdokumentation des Staatsarchivs Bremen.
    Schlotte war ein Opfer desselben 122. Luftangriffs auf Bremen vom 20. Dezember 1943, der auch die todbringende Sprengbombe im Turmfundament von Anschari platzierte, die neun Monate später zum Einsturz des 'Riesen' führen sollte...


    Hier der Link zur Bildquelle der Fotos:

    https://www.staatsarchiv-bremen.findbuch.net/php/view.php?l…1e4eee0c739f13f

    2 Mal editiert, zuletzt von Pagentorn (11. Dezember 2019 um 11:38)