Kaliningrad - Königsberg

  • Da bin ich zum einen gespannt, was marc! zu berichten weiß, zum anderen möchte man das Architekturbüro Sarnitz natürlich unterstützen, soweit das von unserer Seite aus möglich ist? Besteht eine Idee, wie man den Königsbergern konkret helfen kann beim Auffinden von Ansichten, Bild- und Fotomaterial in Archiven, Bibliotheken, Sammlungen, evtl. Aufmaße, Bauakten, Planmaterial etc.? Vielleicht gibt es in der Bundesrepublik noch einiges an Material, was dem Königsberger Architekturbüro zur Verwertung weiterhelfen kann? Das Problem an der Situation dürfte vor allem der Faktor Zeit werden, oder? Das Konkurrenzprojekt steht wahrscheinlich schon in den Startlöchern und drängt auf Umsetzung der eigenen Vorstellungen... :augenrollen:

  • Zitat

    Dass das erst von Breschnjew geschleifte Schloss wiederaufgebaut werden könnte, ja dass sogar Teile der von den Engländern in Grund und Boden gebombten Altstadt neu errichtet werden könnten, wird in der Stadt offen diskutiert. Zwar musste Stadtarchitekt Alexander Baschin, energischster Vorkämpfer dieser Idee, erst eben sein Amt aufgeben. Aber umso größere Hoffnungen macht sich nun Arthur Sarnitz, Kaliningrader aus estnischer Familie, seine noch viel umfassenderen Pläne umsetzen zu können.

    "Baschin plante banale Nutzungen im Königsschloss, und seine Altstadt wäre eine aus der Fantasie geborene Glamour- und Kasinostadt geworden. Wir wollen in der Altstadt und auf der Kneiphof-Insel ein getreues Abbild des einstigen Stadtzentrums schaffen", sagt Sarnitz.

    Klingt eigentlich gut - denn ein Wellness-und-Shoping-Schloß oder einen Las-Vegas-Kneiphof hätte ich ekelhaft gefunden. Entweder eine anständige, den zerstörten Originalen würdige Rekonstruktion oder besser gar keine. Obwohl ich diesen glasüberdachten Innenhof auf der Simulation (Bild 7) auch ablehne, aber das scheint ja eine überregionale Krankheit zu sein, siehe Dresden...

    Bild 15 verblüfft mich. Gibt es in Königsberg wirklich noch erhaltene Altstadt-Gassen? :schockiert: (die gibt's ja nicht mal in DD)

  • Wahnsinnstolles Projekt! Wünsche ihnen, dass das etwas wird und die Stadt auch bald wieder Königsberg heißen wird. Kaliningrad ist ja wirklich ein denkbar unwürdiger Name...auch einer anderen russischen Großstadt hat man ihren deutschen Namen wieder zurückgegeben, da ja diese auch nach einem Verbrecher, Lenin, kurzfristig benannt wurde.

  • Zitat von "Exilwiener"

    Kaliningrad ist ja wirklich ein denkbar unwürdiger Name...auch einer anderen russischen Großstadt hat man ihren deutschen Namen wieder zurückgegeben, da ja diese auch nach einem Verbrecher, Lenin, kurzfristig benannt wurde.

    Jekaterinburg wurde auch 1991 wieder umbenannt, nachdem es ab 1924 Swerdlowsk geheißen hatte. Die Stadt, in der die letzte Zarenfamilie ermordet, zerstückelt und verscharrt wurde, war ausgerechnet nach Jakow Michailowitsch Swerdlow benannt worden, dem damaligen theoretischen Begründer des "roten Massenterrors gegen die Bourgoisie und ihre Agenten".

    Solche Stadt-Umbennungen sind also, wie auch dieses Beispiel zeigt, möglich. Man wird sehen, wie sich der Diskurs verändert und was die Zeit bringt.

  • Kaliningrad möchte wohl die einzige Stadt im heutigen Russland sein, die noch nicht rückbenannt worden ist.
    Wenn Baschins Pläne tatsächlich vom Tisch wären und Sarnitz' Pläne wirklich eine Chance haben, umgesetzt zu werden, dann wäre das auf jeden Fall sehr erfreulich.
    Noch besser wäre ein ehrliches Bekenntnis zur gesamtheitlichen Stadtgeschichte. Ob das zu erreichen ist, wage ich zu bezweifeln- auch Gda´nsk, Wroc/law oder Praha sind davon noch weit entfernt.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Umbenennung hin und her - das gehört nicht direkt zum Thema hier. Darf ich noch mal auf meine Frage aufmerksam machen:

    Zitat von "Schloßgespenst"

    http://www.welt.de/kultur/article…sberg-sein.html

    Bild 15 verblüfft mich. Gibt es in Königsberg wirklich noch erhaltene Altstadt-Gassen? :schockiert: (die gibt's ja nicht mal in DD)

    Das würde mich wirklich interessieren. Ich dachte, es gibt noch ein paar Kirchen, ein paar öffentliche Gebäude (Börse, Stadthalle, Theater, Bahnhöfe, Schulen etc.), vereinzelte einfache Gründerzeitler und ein paar Villen in den einschlägigen Stadtteilen am Stadtrand - aber die Altstadt, dachte ich, ist doch wie der Kneiphof komplett ausradiert. Oder doch nicht ganz? War eigentlich jemand schon mal dort (einige hier kennen doch so ziemlich jede europäische Stadt)?

  • Mensch welch ein Mist ist übrig von einst wunderschöne Königsberg. Die meiste Deutsche Städten sind wirklich von 1943 ab alle durch und durch versaut worden. Besonders der Abbruch nach dem Krieg von stehen geblieben Bausubstanz hat das schönste gründlich entfernt oder Wiederaufbau für immer blockiert. Berlin ist hier, mit der Entstuckung im West-Berlin, das schlimmste Beispiel. Aber auch in Magdeburg und Dresden wurde tüchtig abgeräumt. Günstig ist es noch mit historischen Bausubstanz in München, Breslau, Danzig, [lexicon='Leipzig'][/lexicon], Wiesbaden und Halle (in 1945 nur Roter Turm beschädigt). In die 65 andere Grosstädte ist es aber ein grosse Enttäuschung oder moderner Mist. Chemnitz und Halle besassen noch sehr vieles in 1945 aber bis heute wird da weiter abgeräumt. Wiederaufbau mit historisches Bewusstsein ist nirgendwo praktiziert worden. Kein einzige Stadt hat das geschafft. Hoffnung besteht eigentlich nur für Potsdam, das es JE (über 50 Jahren) wieder ein bisschen beliebig und reizvoll aussehen könnte. Hoffning besteht auch zur wiederherstellung der Blockrandbebauung und Schliessung der Lucken. Wann eine Wende kommt zur günste das historische Bewusstsein??? Ich habe da nicht die kleinste Hoffnung mehr.

  • Zitat von "uaoj36"

    Wiederaufbau mit historisches Bewusstsein ist nirgendwo praktiziert worden. Kein einzige Stadt hat das geschafft. Hoffnung besteht eigentlich nur für Potsdam

    Freiburg ?!

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Naja, in allen Ehren, aber was wäre FB, wenn nicht aufgrund der günstigen Winde 40% Altstadt verschont geblieben wären?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • @uaoj36 also ich als Breslau Fan muss Dir da leider wiedersprechen. Breslau kann bezüglich der Altbausubstanz nicht mit Dresden mithalten. Und auch innerhalb der Altstadt ist vieles abgeräumt wurden.

  • st.schrieb: Breslau kann bezüglich der Altbausubstanz nicht mit Dresden mithalten. Und auch innerhalb der Altstadt ist vieles abgeräumt wurden.

    Wie bitte? Gibt es eine Großstadt mit kümmerlicherer Altbausubstanz als DD? Eine einzige erhaltene, demnächst niedergelegte Mauer in der Altstadt?
    Ein paar Gassen in der Neustadt?
    Diese historistische Dutzendware in den Außenbezirken, auf die sich andauernd zu berufen bereits höchst albern erscheint, zählt doch nichts, abgesehen davon, dass es diese in jeder Großstadt, wohl auch in Breslau gibt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Der Vergleich mit Breslau hinkt aber gewaltig! Ich bin nicht nur ein Breslau Fan, ich habe während meines Studiums auch für ein Monat dort gewohnt. Sicher, Breslau hat auch seine hässlichen Ecken, aber gerade was die Altstadt angeht, da hat Breslau wenigstens so etwas, was diesen Namen auch verdient! In dieser Hinsicht hat Dresden wohl die einigermaßen hässlichste „Altstadt“ die ich jemals gesehen habe. Nur die paar vom ehemaligen Glanz aus besseren Tagen erhaltenen Einzelbauwerke entlang des – bald ehemaligen – Welterbeelbtals machen noch keine Altstadt aus, bei der es nicht einmal eine bemerkenswerte bürgerliche Bebauung mehr gibt (die GHND wird dieses Riesenmanko zumindest ansatzweise am Neumarkt wettmachen, aber was ist mit den restlichen 98 % der Altstadt?).

    Nur das – noch - halbwegs unverschandelte Elbpanorama mit seinen herrlichen Barock und Historismusbauten ist altstadtmäßig hervorhebenswert. Die Frauenkirche und die guten Rekos sowieso.

  • ^ Dem schließe ich mich an.

    Ich habe hier ebenfalls einen Strang zu den Rekonstruktionsvorhaben in Königsberg eröffnet und dort auch
    internationale Beteiligung erfahren.


    Als kleinen Überblick habe ich noch einmal die vorgesehenen Rekonstruktionsareale abgebildet.

    Bittesehr:


    - Vorgesehen sind bislang folgende Rekonstruktionen bzw. historisierende Neubebauungen -


    So, das erst einmal zum Überblick über das Rekonstruktionsgebiet.
    Demnächst gehe ich dann noch näher auf die Einzelprojekte ein - zukünftige wie auch bereits abgeschlossene.


    Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit! :)

  • Verstehe ich das richtig, dieses ganze Areal wollen die (teils kritisch) rekonstruieren? Das wäre ja das größte Reko-Projekt Europas?!?

  • Danke erbsenzaehler :applaus: , das hat dieser Strang nötig gehabt.
    Wahnsinn, was alles im alten Königsberg gestanden hat und umso wahnsinniger was daraus geworden ist. Das ist mit Sicherheit das größte Reko Projekt Europas, als auch eines der wichtigsten. Wenn die Rekos etwas (mehr) historischer ausfallen sollten, würde das sicherlich eine Menge Touristen anziehen (mich eingeschlossen!).
    Alles ist aber ein Gewinn für die Stadt und den Oblast.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Zitat

    Verstehe ich das richtig, dieses ganze Areal wollen die (teils kritisch) rekonstruieren? Das wäre ja das größte Reko-Projekt Europas?!?

    Jepp. Ist allerdings eigentlich schon ein alter Hut. Wir hatten Sarnitz und seine Leute schon im Juni 2008 auf dem Berliner Reko-Symposium von Stadtbild Deutschland e.V. zu Besuch. Dabei kam ein Kontakt zwischen Sarnitz und Wilhelm von Boddien zustande, aus dem wiederum die in einem der links im scysrapercityforum erwähnte Präsentation des Königsberger Altstadtmodells im Spätsommer '08 in Königsberg hervorging. marc! und Philipp waren damals sogar in Königsberg dabei.

    Man muss allerdings dazu sagen, daß das Projekt einer vollständigen 1:1 Rekontruktion der Königsberger Altstadt auf die private Initiative von Arthur Sarnitz, einem Königsberger Architekten, zurückgeht. Der damalige Chefarchitekt des Oblast, Baschin, wollte demgegenüber eher eine Teilreko durchmischt mit historistischer Phantasiearchitektur im russischen und hanseatischen Stil (siehe oben).

    Im Herbst wurde Baschin dann aber ausgetauscht, so daß ich nicht genau weiß, wie der Stand aktuell ist bzw. was der neue Chefarchitekt eigentlich will. Ich werde nach Ostern mal bei Sarnitzens nachfragen. Offenbar hat man mit den unstrittigen Rekos schonmal angefangen. Schon unglaublich, daß die Russen 65 Jahre nach Kriegsende mit der Rekonstruktion des alten Königsberg begonnen haben.
    Einer der Mitarbeiter von Sarnitz hat übrigens sogar eine Initiative zur offiziellen Rückbenennung Kaliningrads in Königsberg gegründet.

  • ^ Ja, die Rückbenennung von Kaliningrad in Königsberg ist schon länger im Gespräch. Auch die Kaliningrader befürworten das wohl. Weiß da jemand was aktuelles?


    Nun, hier noch ein netter Artikel zu den Reko-Projekten samt Übersicht: