• Ursprünglich/mittelalterlich waren die Dächer mit Mönch und Nonne gedeckt


    Interessant! Wie sieht denn ein typisch "Mönch und Nonne" gedecktes Dach in Lübeck aus? Und weshalb heißen die so?


    Moderationshinweis (Zeno):
    Zitat eingefügt, weil Strang geteilt

  • Wie sieht denn ein typisch "Mönch und Nonne" gedecktes Dach in Lübeck aus? Und weshalb heißen die so?

    Hallo Goldstein,

    "Mönch und Nonne" ist eines der ältesten Dachdeckformen aus der Römischen Zeit. Die Dachziegel haben eine halbzylindrische Röhrenform und die konvexen, d. h. nach außen gewölbten Ziegel nennt man Mönch, die konkaven (nach innen gewölbten) Ziegel nennt man Nonne. Sie werden versetzt ineinander verlegt und die "Mönche" bedecken dabei die "Nonnen".

    Siehe:
    https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%B6nch_und_Nonne

    https://www.baunetzwissen.de/geneigtes-dach…119/gallery-1/3


    Hier eine typische Dachlandschaft in der Lübecker Altstadt, Große Petersgrube:


    https://karriereblog.draeger.com/wp-content/upl…9S.E.-Arndt.jpg

  • Ups, "Charming Villa" kam mir jetzt zuvor, aber jetzt habe ich den Artikel schon geschrieben, da lasse ich ihn mal drin:

    Wie gesagt - es gibt nur noch ganz wenige Restbestände, die die Jahrhunderte überdauert haben und ich weiß auch auf Anhieb nicht genau, wo. Ob es überhaupt noch ein vollständiges Mönch/Nonne-Dach gibt, vermag ich gerade auch nicht zu sagen. Ich werden in der nächsten Zeit mal verstärkt darauf achten. Das meiste sieht man von der Straße aus wahrscheinlich gar nicht, da in den Hinterhöfen liegend.

    Ich habe jetzt mal eine ganze Menge meiner Fotos durchforstet und bin zufällig geringfügig fündig geworden:


    Abb.1: Braunstraße 12, Rückseite. Das gotische Haus weist interessanterweise noch eine Mönch-/Nonnendeckung auf den Giebelstaffeln auf. In dieser Art muss man sich ein ganzes Dach vorstellen.


    Abb.2: Böttcherstraße 18, Rückseite: Die Deckung des Hinterflügels (Bildmitte) sieht nach einem alten Dach mit Mönch/Nonne aus. Das ist aber aus der Entfernung nicht eindeutig zu erkennen.


    Abb.3: Desgl., Vergrößerung - immer noch nicht eindeutig. Ich werde da demnächst mal vorbeischauen, ob es wirklich Mönch/Nonne ist.


    Abb.4: An der Obertrave: Typische aktuelle lübecker Dachlandschaft - alles S-Pfanne - nix Biberschwanz! Zugeben gibt es vereinzelt auch Biberschwanz. Dies aber fast nur auf Neubauten. Die momentane Architektenschaft steht offenbar drauf, egal ob es ortstypisch und damit passend ist oder nicht. :kopfschuetteln:

    Tja, warum heißt es Mönch und Nonne? Es handelt sich ja um konische Halbzylinder. Die eine Hälfte liegt mit der Innenseite nach oben auf dem Dachstuhl - die Nonnen. Diese werden von den Mönchen überdeckt, deren Innenseite nach unten zeigt. Das Regenwasser läuft also von den Mönchen in die Nonnen, die es quasi als Regenrinnen zur Traufe ableiten. Ich vermute, dass der Name einfach einen anzüglichen Ursprung hat. Habe jetzt auch keine andere Erklärung parat. Vielleicht liest hier ja ein Fachmann mit und kann uns aufklären.

    Fotos von mir

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Ups, "Charming Villa" kam mir jetzt zuvor, aber jetzt habe ich den Artikel schon geschrieben, da lasse ich ihn mal drin

    Hallo Frank, macht nix! ;)
    Durch unsere beiden Beiträge inkl. Fotos ist es bestimmt anschaulich und gut erklärt!

  • Sehr lehrreich! Wie weit breitete sich Mönch und Nonne aus?
    Gab es dieses z. B. auch in den anderen Ostseestädten Wismar, Rostock, Stralsund ...?
    War es zeitweise Standardeindeckung?

  • Wie weit breitete sich Mönch und Nonne aus?
    Gab es dieses z. B. auch in den anderen Ostseestädten Wismar, Rostock, Stralsund ...?

    Habe gerade diese Karte mit den historischen Verbreitungsgebieten der verschiedenen Dacheindeckungen gefunden:
    http://dachziegelarchiv.de/regionale_verbreitung.html

    Sehr interessant - Deutschland fast diagonal geteilt: Im Norden und Westen Hohlpfannen, zu denen auch Mönch und Nonne zählen, im Osten und Süden Biberschwanz (das erklärt mir auch Goldsteins Biberschwanzwunsch als Potsdamer). Dazwischen ein paar mehr oder weniger große Inseln mit anderen Deckungsarten wie Schiefer.
    Das führt jetzt aber wohl langsam zu weit vom Thema Lübeck weg.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Wobei man dieser Karte auch keinen unbedingten Glauben schenken darf - eines der wenigen erhaltenen Mönchen- und Nonnendächer des Mittelalters findet sich auf dem Pfründehaus in Wolframs-Eschenbach von 1410:

    Quelle: Bildarchiv Foto Marburg

    (darf ich Bilder des Marburger Bildindex direkt verlinken? Habe auf der Seite dazu nichts Konkretes gefunden)

    PS: Es gab auch noch eine Sparvariante dieser Dachdeckung, das Nonnendach

    Einmal editiert, zuletzt von Mündener (26. Oktober 2017 um 00:09)

  • Ich habe Mönch und Nonne bei einem Haus in Dinkelbühl nähe der Stadtmauer gesehen.

    Wirklich skandalös, dass man das Dach des Pfründehaus nich erhalten hat. Steht es nicht unter Denkmalschutz?

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Ich habe Mönch und Nonne bei einem Haus in Dinkelbühl nähe der Stadtmauer gesehen.

    Ich hab auch schon mal in einer kleineren Stadt in Bayern bei einem Teil der Stadtmauer/türme Mönch und Nonne entdeckt, die zu meiner Enttäuschung dann bei der nächsten Renovierung zugunsten von neuem Bieberschwanz aufgegeben wurde. Für mich hat Mönch und Nonne eine sehr pittoreske Erscheinung.

    Bei uns in Süddeutschland sind Biberschanzdeckungen bei historischen Gebäuden das Mittel der Wahl. Pfannenziegel sind bei uns als norddeutsch verrufen.

    Heutzutage ja. Früher war das teilweise anders. Im Vorkriegs-München z.B. konnte man auf den nicht-gründerzeitlichen Häusern, wie auf den altmünchner "Ohrwaschlhäusern" aber auch auf den barocken Palais noch überwiegend Mönch und Nonne entdecken. Im 19 Jh. setzten sich aber langsam die Bieberschwänze durch. Auf alten Fotos kann man das noch sehen. Hier eine Aufnahme vor 1898:


    Quelle Bildindex.de, Fotograf Carl Teufel (1845-1912), gemeinfrei, hier kann man zoomen und mehr Details erkennen

    Etliche weitere Beispiel findet man in der Fotosammlung Karl Valentins.

    Wo übrigens auch sehr auf die Mönch und Nonne Dachdeckung wert gelegt wird ist Prag:

    Urheber:Wolfgang Sauber, wikimedia commons, GFDL 1.2, CC BY-SA 3.0 (besser zu erkennen in der Originalgröße)


    @Moderator, vielleicht könnte man für die Dachthematik einen neuen Faden aufmachen, falls nicht schon vorhanden

  • Danke! Hätte bei »Orwaschlhäusern« nicht ein h gefehlt, hätte ich es gleich herausgefunden. Bei »Orwaschelhaus« beglückt einen Google nämlich nicht mit einem Korrekturvorschlag – bei so manchem richtig geschriebenen Wort schon...

    Herzliche Grüße

    Bilder von mir finden sich auch bei Wikimedia.

  • Jetzt schon. Bislang nicht, obwohl sogar der Duden das Wort kennt. Ist eben bairischer Dialekt, kein schwäbischer.

    Herzliche Grüße

    Bilder von mir finden sich auch bei Wikimedia.

    Einmal editiert, zuletzt von Wangener (26. Oktober 2017 um 22:01)

  • Ein weiteres schönes Beispiel für das Vorkommen dieser Dachdeckung findet sich in Zwickau auf den sogenannten Priesterhäusern aus dem 13. Jahrhundert: (Für eine Detailansicht bitte selbst vergrößern)


    Wikipedia commons - Eigenes Werk von "André Karwath"

  • Prag war für seine Mönch-Nonnen-Dächer berühmt. Jetzt sieht es dort herkömmlich-banal aus.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Halt halt halt...jetzt muss ich mal die Notbremse ziehen! Hier werden zuviele Dacheindeckungen als Klosterziegeldach oder Mönch-/Nonnendeckung "verkauft", die es gar nicht sind!


    Hier eine typische Dachlandschaft in der Lübecker Altstadt, Große Petersgrube:


    https://karriereblog.draeger.com/wp-content/upl…9S.E.-Arndt.jpg

    Hier sieht man nur Pfannenziegel, oder S-Pfannen, also s-förmige (oder wellenförmige) Dachziegel. Für diese Eindeckungsart braucht es nur eine Ziegelform.



    Abb.1: Braunstraße 12, Rückseite. Das gotische Haus weist interessanterweise noch eine Mönch-/Nonnendeckung auf den Giebelstaffeln auf. In dieser Art muss man sich ein ganzes Dach vorstellen.

    Genau! Ein Klosterziegeldach hat ein tieferes Relief als eine Dacheindeckung mit S-Pfannen.


    Sehr interessant - Deutschland fast diagonal geteilt: Im Norden und Westen Hohlpfannen, zu denen auch Mönch und Nonne zählen, im Osten und Süden Biberschwanz.

    Hmmm... grosses Stirnrunzeln. Hohlpfannen gehören doch nicht zu den Klosterziegeleindeckungen aus Mönch und Nonnen. Oder macht ihr im Norden eine Unterscheidung zwischen S-Pfannen und Hohlpfannen? Falls ja, was ist denn der Unterschied zwischen den beiden?


    eines der wenigen erhaltenen Mönchen- und Nonnendächer des Mittelalters findet sich auf dem Pfründehaus in Wolframs-Eschenbach von 1410:

    Quelle: Bildarchiv Foto Marburg


    PS: Es gab auch noch eine Sparvariante dieser Dachdeckung, das Nonnendach

    Das abgeildete Dach zeigt aber auch nur ein Nonnendach! Hierbei werden die Nonnen mit Mörtel abgedeckt anstelle von obenauf liegenden Mönchen. Genau wie beim Dach auf dem verlinkten Bild. In Nürnberg und Umgebung ist dies die älteste noch bekannte Dacheindeckungsart, aber auch nur noch selten zu sehen. Die Altstadtfreunde Nürnberg haben für eines ihrer drei Häuser an der Kühnertsgasse extra durch eine grosse Gruppe von Laien solche Nonnen hergestellt.


    Im Vorkriegs-München z.B. konnte man auf den nicht-gründerzeitlichen Häusern, wie auf den altmünchner "Ohrwaschlhäusern" aber auch auf den barocken Palais noch überwiegend Mönch und Nonne entdecken. Im 19 Jh. setzten sich aber langsam die Bieberschwänze durch. Auf alten Fotos kann man das noch sehen. Hier eine Aufnahme vor 1898:

    Quelle Bildindex.de, Fotograf Carl Teufel (1845-1912), gemeinfrei, hier kann man zoomen und mehr Details erkennen


    Wo übrigens auch sehr auf die Mönch und Nonne Dachdeckung wert gelegt wird ist Prag:

    Urheber:Wolfgang Sauber, wikimedia commons, GFDL 1.2, CC BY-SA 3.0 (besser zu erkennen in der Originalgröße)

    Danke für den Hinweis auf München. Auch wenn man die Eindeckungen nur aus der Ferne sieht, erkennt man beim Dach im Vordergrund rechts, dass es mit Klosterziegeln gedeckt ist. Die Mönche haben die Tendenz, langsam nach unten zu rutschen. Dies ergibt dann das unregelmässige Muster (gut erkennbar in der Mitte oberhalb der Schleppgaube), wie es bei einem Pfannenziegeldach nicht vorkommen kann.

    Das Bild aus Prag zeigt aber eindeutig Pfannenziegeldächer, a) weil ich das von Prag weiss, und b) weil die horizontalen Linien regelmässig verlaufen.


    Ein weiteres schönes Beispiel für das Vorkommen dieser Dachdeckung findet sich in Zwickau auf den sogenannten Priesterhäusern aus dem 13. Jahrhundert: (Für eine Detailansicht bitte selbst vergrößern)


    Wikipedia commons - Eigenes Werk von "André Karwath"

    Auch das sind doch Pfannenziegeldächer und keine Klosterziegeldächer.
    Edit.: Wenn man das Bild sehr stark vergrössert, erkennt man, dass es tatsächlich Klosterziegel sind. Siehe den nächsten Beitrag von Kaoru und meine Antwort darauf.


    Prag war für seine Mönch-Nonnen-Dächer berühmt. Jetzt sieht es dort herkömmlich-banal aus.

    Wie ich mich erinnere, sind praktisch alle historischen Dächer der Altstadt mit Pfannenziegeldächern gedeckt. Ich mag mich aber erinnern, dass ich vor 30 Jahren mal ein Buch mit historischen Fotos von Prag in der Hand hatte, und dort waren die Linien sehr unregelmässig, was auf Klosterziegel hinweisen könnte.

  • Halt halt halt...jetzt muss ich mal die Notbremse ziehen! Hier werden zuviele Dacheindeckungen als Klosterziegeldach oder Mönch-/Nonnendeckung "verkauft", die es gar nicht sind!

    Klosterziegeldach und Mönch/Nonne sind doch synonym oder?

    Auch das sind doch Pfannenziegeldächer und keine Klosterziegeldächer.


    Dann schau dir das Bild noch mal bitte in der Großansicht an. Wenn das keine Mönch/Nonnendächer sind, dann habe ich in dieser Hinsicht wohl garnix verstanden.

  • Ja, Klosterziegeldach und Mönch/Nonnen-Dach sind das gleiche.

    Zum zweiten Zitat:
    Entschuldigung, da hast du recht. Die Dacheindeckungen sind noch so neu, dass sie sehr regelmässig sind. Man muss das Bild aber sehr stark vergrössern, damit man es erkennen kann. Danke für die Korrektur.

  • @ Riegel klar doch! Prag war Klosterziegel, durch und durch. Siehe die großartigen Photos Plickas:

    https://www.google.at/search?q=karel…f=1511857247082

    https://www.google.at/search?q=karel…f=1511857247082

    vor allem:

    https://www.google.at/search?q=karel…f=1511864463821

    Heute sind nur noch Starobjekte so gedeckt:
    http://www.prague.eu/de/objekt/orte…te-dum-u-minuty

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

    2 Mal editiert, zuletzt von ursus carpaticus (28. November 2017 um 11:22)