Deutsche und altösterreichische Spuren in Europa und der Welt

  • Ich weiß nicht, ob es Euch nicht auch manchmal so geht, wenn man als herumvagabundierender Kulturtourist durch Europa und die restliche Welt streift und an Orten, wo man es nicht für möglich hält, Spuren einstiger Bewohner trifft. Mir ist das mittlerweile sehr oft passiert und ab und an, habe ich diese Spuren fotografiert und meine, dass diese der Nachwelt in irgendeiner Form auch zugänglich gemacht werden sollten.

    Dieser Strang dient dazu, dass hier jeder solche Art von Fotos ablegen und sammeln kann.

    Ich fange einmal mit - ganz außergewöhnlich - mit Stockholm an.

    In Stockholm war ich sehr überrascht, wie viele deutsche Spuren es dort im Stadtbild gibt. Ich zumindest hatte bis dato wirklich absolut keine Ahnung davon, dass es in Stockholm einst eine sehr große und einflussreiche deutsche Bevölkerung gab. Laut meinem Reiseführer war die Hälfte des Stadtrates einstmals von "deutschen Schweden" besetzt. Eine der schönsten und größten Kirchen der Altstadt ist die St. Gertrudskirche, die auch heute noch zur deutschen Gemeinde gehört, aber seht selbst:








  • Wer ein Gefühl von der Wohnkultur der "schwedisch-deutschsprachigen" Oberschicht des 19. Jahrhunderts bekommen möchte, der muss in Stockholm unbedingt das orginal erhaltene Palais Hallwyl (Familie, die ursprünglich aus der Schweiz kam, wie die Habsburger, und auch in Österreich prominente Offiziere und Beamten hervorbrachte) besuchen. Der Hallwyl, der dieses Palais erbaute, war obendrein mit der Tochter des reichsten Schweden aus der Familie Kempe verheiratet und vermachte sein Palais sowie die wertvollen Kunstsammlungen (Rubens, Cranach et cetera) der Stadt Stockholm - Eintritt frei:






  • Sehr interesssanter Strang! Bin gespannt, was da noch kommt.
    Auf dem Foto aus dem Innenraum der Gertrudskirche fiel mir insbesondere die goldene Orgel auf (hast Du dazu noch Infos bzw. weitere Bilder!?) und zum anderen die ins Gewölbe integrierten Steine. Was hat es damit auf sich!?
    Das Hallwyl-Palais: was eine Lebenskultur!!!

  • Prag, Apotheke zum weißen Adler:


    Tallinn / Reval, Rathaus:


    Schlettstadt (Elsass), St. Georg Kirche & Humanistenbibliothek:

    eigene Fotos

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Im Elsass und im ehemaligen Deutschlothringen findet man noch sehr viele Spuren aus der deutschen Zeit. Fast alle älteren Gräber zb sind noch in deutscher Sprache! Auch einige Gassen in Straßburg sind zweisprachig, aber man hat hier das Deutsch verfremdet indem man im ortstypischen Alemannischen diese Straßen und auch Ortschilder schreibt!

  • Die zweisprachigen Ortsschilder im Elsaß verbreiten sich immer weiter, meist in Französisch und im lokalen Dialekt (meist alemannisch), die Straßburger Ortsschilder sind sogar künftig dreisprachig, die Straßennamen indes sind tatsächlich nur in der Innenstadt vorhanden und zweisprachig französisch-alemannisch. Mülhausen schildert immer stärker auch in Hochdeutsch aus.

    Im Supermarkt in Lauterburg/Lauterbourg gleich hinter der Grenze zur Pfalz wird man zwar vom Kassenpersonal immer in Standard-Französisch begrüßt, bei Bedarf können aber überraschend viele dann zum im Nordelsaß vormals üblichen Pfälzisch wechseln.

  • Ich war während einer Südafrika-Tour auch in Namibia und war erstaunt wie viel deutsche Sprache sich dort erhalten hatte und wie verbreitet Deutsch als Umgangssprache zu sein scheint.

    Es gibt in Windhoek einen historischen Kern, sieht ein bisschen wild-west-mäßig aus, wo aber die Beschriftungen an den Fassaden meist noch das innewohnende Handwerk auf Deutsch ausschreiben "Bäckerei" oder "Damenschneider".

    Auch die historischen Orte und Bauten, also Kirchen oder markante Naturdenkmäler, sind meist mit ihrem alten, deutschen Namen ausgeschildert.

    "Schlage die Trommel und fürchte dich nicht"

    *gelesen bei Maria Gräfin von Maltzan, geschrieben von Heinrich Heine

  • Wobei hier in den letzten Jahren massiv Straßen umbenannt wurden und hierbei auch durchaus zweifelhafte Personen wie Che Guevara und Robert Mugabe zu Ehren kamen. Da wäre mir die Bismarck St. doch deutlich lieber.
    Sehr bedauerlich auch der Umgang mit dem "Reiter von Südwest" vor der alten Feste in Windhoek, der zwar wohl doch nicht vernichtet wurde und irgendwo im Museum steht. Der Sockel ist jedoch zerstört. An seiner Stelle steht nun eine Statue im Nordkorea-Stil. Ich sehe keinen Namibier in der Pflicht, der Deutschen Schutztruppe zu huldigen; diese Bilderstürmerei war jedoch unnötig.

    2 Mal editiert, zuletzt von Gurnemanz (1. November 2017 um 20:22)

  • In Stockholm war ich sehr überrascht, wie viele deutsche Spuren es dort im Stadtbild gibt. Ich zumindest hatte bis dato wirklich absolut keine Ahnung davon, dass es in Stockholm einst eine sehr große und einflussreiche deutsche Bevölkerung gab.

    Ist eigentlich auch logisch, denn Schweden hatte für seine frühere Vormachtstellung im Ostseeraum eine viel zu kleine Bevölkerung, so dass es auch Soldaten und Fachleute im Ausland anwerben musste. Im Dreißigjährigen Krieg kämpften beispielsweise tausende schottische Söldner auf der Seite der Schweden, am Hof wirkten deutsche Komponisten, wie Eggert (Rügen), Scheele (Stralsund) entdeckte in Schweden den Sauerstoff, zahlreiche schwedische Adelshäuser haben deutsche Wurzeln und und und. Schon die deutschen Provinzen Schwedens sorgten für eine kulturellen Austausch, übrigens auch andersherum. Königin Christina siedelte beispielsweise in der kriegsbedingt fast menschlenleeren Gegend um Ueckermünde Finnen an.

  • Bitte nicht zu vergessen Joseph Martin Kraus, den Odenwälder Mozart, den Hofkomponisten von König Gustav III. von Schweden. Die Bezeichnung "Odenwälder Mozart" ist beileibe nicht zu hoch gegriffen. Gelegentlich werden Stücke von ihm bei RADIO SWISS CLASSIC gebracht.

    Joseph Martin Kraus

    Einmal editiert, zuletzt von Villa1895 (1. November 2017 um 23:22)

  • Sehr interesssanter Strang! Bin gespannt, was da noch kommt.
    Auf dem Foto aus dem Innenraum der Gertrudskirche fiel mir insbesondere die goldene Orgel auf (hast Du dazu noch Infos bzw. weitere Bilder!?) und zum anderen die ins Gewölbe integrierten Steine. Was hat es damit auf sich!?
    Das Hallwyl-Palais: was eine Lebenskultur!!!


    Ja, zumindest ein weiteres Foto, wo man die Orgel besser sieht!


    und noch ein paar weitere Bilder:





    Und aus dem Schloss noch, konkret aus dem Regentensaal ein Gemälde vom österreichischen sowie vom sächsischen Kaiser bzw König (vom württembergischen König, bayerischen als auch preussischen König waren auch solche Bilder im Saal, allerdings ohne Foto...ebenso von der englischen Königin wie auch vom rumänischen und bulgarischen als auch griechischen und dänischen Regenten, quasi alle aus deutschen Fürstenhäusern :-))


  • Ich habe hier in Kanada natuerlich sehr viele Beispiele Deutscher Kultur und Sprache.
    Deutsch ist in den letzten Jahren in der Werbung richtig sexy geworden.

    Hier ein Beispiel aus der kleinen Stadt Parrsboro in Neu Schotland, Ostkueste:

    In dieser Strasse:



    Bilder von mir, duerfen von allen genutzt werden.

  • Exilwiener

    Was für ein schönes Thema!

    Dein letztes Bild zeigt unseren geliebten König Johann von Sachsen (regierte 1854-1873). Da wollen wir doch gleich einen lieben Gruß an die Freunde in Schweden zurückschicken.

    Leipzig, Thomaskirche, Gustav-Adolf-Fenster an der Langhaussüdseite (Foto: Andreas Praefcke, Juni 2012, gemeinfrei)

    Unten in der Mitte ist die Gustav-Adolf-Gedenkstätte in Lützen dargestellt. 1631 siegte Gustav II. Adolf in der Schlacht bei Breitenfeld nahe Leipzig. 1632 fand er in der Schlacht bei Lützen, das auch nicht weit entfernt ist, den Tod. Der heute in Sachsen-Anhalt liegende Ort ist ein wichtiger Gedenkort für Schweden.

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  • Interessante und schoene Story aus Slowakei:

    ..."Die Deutschen lebten bis zum Zweiten Weltkrieg recht friedlich mit den anderen Ethnien zusammen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Tschechoslowakei wiederhergestellt und die Deutschen sollten vertrieben werden. Da jedoch die Deutschen von Hopgarten ein sehr gutes Verhältnis zu den umgebenden Slowaken und Ukrainern (Ruthenen) hatten, wurden sie von diesen oft gewarnt, sobald die tschechische Miliz im Anmarsch war. Durch die recht frühe Warnung konnten sich die Deutschen im Wald oder in anderen Dörfern, die hauptsächlich von Ukrainern bewohnt wurden, verstecken. Am Abend des 26. Juni 1946 umstellten tschechische Soldaten das Dorf und brachten die Deutschen ins Sammellager Stará Ľubovňa (Altlublau). Nachdem aber der slowakische Pfarrer von Hopgart sowie die slowakischen, ukrainisch-ruthenischen und goralen Bürgermeister der Nachbargemeinden dagegen protestiert und sich somit mit den Deutschen solidarisiert hatten, kamen sie wieder frei. Einem zweiten Deportationsversuch am 5. Juli 1946 entzogen sich die Dorfbewohner nach Vorwarnung durch slowakische Nachbarn, indem sie sich abermals im Gemeindewald versteckten. Die folgenden Wochen hielten sie sich weiterhin versteckt, konnten dabei jedoch weiterhin ihre Felder bestellen. 101 Personen wurden aufgespürt und ausgewiesen; der Mehrheit – etwa 600 – gelang es jedoch, verborgen zu bleiben, bis im September 1946 den verbliebenen Hopgartern gestattet wurde, sich als Slowaken zu erklären und so in der Heimat zu bleiben.[5] Schließlich wurde den Deutschen Anfang der 1950er Jahre die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit wieder zuerkannt. Seit März 2023 ist Deutsch eine zusätzliche Amtssprache der Gemeinde."...

    Chmeľnica – Wikipedia

  • Snork 10. Juli 2023 um 14:22

    Hat den Titel des Themas von „Deutsche (und altösterreichische) Spuren in Europa und der Welt“ zu „Deutsche und altösterreichische Spuren in Europa und der Welt“ geändert.
  • Kirche des Heiligen Antonius der Deutschen

    - Iglesia de San Antonio de los Alemanes (Madrid)

    Diese Kirche ist eines der besten Geheimnisse Madrids. Seine Fresken sind wunderschön.

    Ursprünglich wurde sie als Kirche für die in Madrid lebenden Portugiesen erbaut. Es ist dem Heiligen Antonius von Padua gewidmet, einem Portugiesen. Der heilige Antonius wurde in Lissabon geboren und starb in Padua. In Portugal heißt es San Antonio de Lisboa.

    Als Portugal von Spanien unabhängig wurde, verschwand die portugiesische Gemeinschaft vom Königshof. Jahre später heiratete König Carlos II. Maria Anna von Pfalz-Neuburg (in Spanien bekannt als Mariana de Neoburgo), eine Aristokratin, die auf Schloss Benrath bei Düsseldorf geboren wurde. Mit ihr kamen mehrere Gruppen von Deutschen am spanischen Königshof an und erhielten diese Kirche für Gottesdienste in ihrer Sprache. Die Kirche wurde in „Heiliger Antonius der Deutschen“ umbenannt und trägt diesen Namen bis heute.

    Heute gehört die Kirche einer Bruderschaft an, die sich für wohltätige Zwecke einsetzt. Mit dem Eintritt in die Kirche werden eine Suppenküche und eine Sozialgarderobe finanziert.