Altbauanteil bei Wohngebäuden nach Zensus 2011

  • Guten Nachmittag!

    Etwas Auswertung des Zensus 2011 bezüglich des Anteils der vor 1919 gebauten Wohngebäude:

    Nach Bundesländern (aufsteigend):
    Bayern 8,3 %
    Hamburg 9,7 %
    Niedersachsen 10,7 %
    Baden-Württemberg 10,9 %
    Nordrhein-Westfalen 11 %
    Schleswig-Holstein 11,4 %
    Bremen 13 %
    Hessen 13,4 %
    Saarland 13,8 %
    Rheinland-Pfalz 14,8 %
    Berlin 15,4 %
    Brandenburg 17,4 %
    Mecklenburg-Vorpommern 19,6 %
    Sachsen-Anhalt 29 %
    Thüringen 29,3 %
    Sachsen 30,4 %

    Bei den Gemeinden gibt es Karlsfeld bei München mit 0,2 Prozent, im Osten aber auch Gemeinden mit über 60 Prozent (Obercunnersdorf 63 %).

    Wer selbst etwas herumspielen möchte: https://ergebnisse.zensus2011.de/#Home:

    PS: Obercunnersdorf hat freilich für 1435 Einwohner auch eine sehr große Anzahl an Kulturdenkmälern: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der…Obercunnersdorf

    Herzliche Grüße

    Bilder von mir finden sich auch bei Wikimedia.

    2 Mal editiert, zuletzt von Wangener (23. Oktober 2017 um 16:46)

  • Vielen Dank für diese informative Studie!
    Sehr interessant wäre jetzt noch eine Übersicht, wie viele der Häuser, welche im Jahre 1919 standen, heute noch stehen.

  • Für Bayern und dem Westen generell wahrscheinlich, da nach dem Zweiten Weltkrieg viel Wohnbedarf für die Ostvertriebenen und Sudetendeutschen benötigt wurde! Auch die Bevölkerungsexplosion ab den 50er Jahren infolge des steigenden Wohlstands hat dazu beigetragen, dass proportional mehr Neubauten errichtet wurden als Altbauten vorhanden waren. Natürlich bedeutet die Prozentzahl NICHT das Bayern und Bawü wenig Altbauten haben, nur im Verhätnis zu den Neubauten sind diese wenig geworden. In der ehemaligen DDR wurde daher auch wenig gebaut, weil schlicht kein Geld dafür da war, daher stehen dort proprtional am meisten Altbauten!

  • Bayern hatte bei der Volkszählung zum 01.12.1910 eine Einwohnerzahl von 6.887.291, wobei da auch noch die linksrheinische Pfalz dabei war (Coburg noch nicht). Jetzt beträgt die Einwohnerzahl fast doppelt so viel.

    Sachsen hatte 1910 4.802.485 Einwohner, jetzt 4.081.041.

    Dazu kamen im Westen schon früher gestiegene Wohnbedürfnisse. Folglich wundern mich diese Zahlen nicht. Gerade die Gemeinden in den Speckgürteln der großen Städte in Bayern sind häufig fast gänzlich frei von Altbauten.

    Einmal editiert, zuletzt von Gurnemanz (23. Oktober 2017 um 20:01)

  • Das Fatale ist ja, dass Bayern sein Gesicht vor allem auf dem Lande verloren hat. Wenn ich mir alte Postkarten der Ortschaft, in der ich aufgewachsen bin, anschaue, tue ich mir schwer, nur eine Handvoll von Gebäuden zu identifizieren, die von vor 1919 stammen. Und wenn ich die Sakralbauten abziehe, schaut's noch düsterer aus. Schon als Grundschüler hab ich es immer bedauert, wenn wieder ein alter Gasthof, ein altes Gehöft abgebrochen wurde und mal von einer Reihenhauszeile, mal vom Neubau der Raiffeisenbank ersetzt wurde. Im Ergebnis haben nun selbst schwer von Kriegszerstörungen betroffene Städte häufig deutlich mehr Altbausubstanz als die unversehrten Dörfer.

  • Bedauerlicherweise, aber auch nicht überraschend, ist eine gewisse Korrelation zwischen wirtschaftlicher Prosperität und niedrigem Altbaubestand nicht zu verleugnen. Bayernweit, bundesweit.

  • Das Fatale ist ja, dass Bayern sein Gesicht vor allem auf dem Lande verloren hat. Wenn ich mir alte Postkarten der Ortschaft, in der ich aufgewachsen bin, anschaue, tue ich mir schwer, nur eine Handvoll von Gebäuden zu identifizieren, die von vor 1919 stammen.

    Hätte ich in dem Ausmaß nicht erwartet, aber ich war auch noch nicht so oft in Bayern abseits der Großstädte. In der Straße, in der ich aufgewachsen bin (in Thüringen), stammen alle Häuser aus der Zeit nach der Jahrhundertwende. Die DDR-Platten wurden längst abgerissen und Wohnungsneubau findet überhaupt nicht statt. Dafür wurden dort nach der Wende viele schöne Industriegebäude beseitigt. So unterschiedlich kann das sein.

  • Danke @Wangener für diesen Hinweis, ich spiele gern mal mit Karten und Daten herum.
    Die Frage allerdings, "kam soviel Altes weg oder wurde soviel Neues dazugebaut?" bleibt aber offen...

  • Vielen Dank, sehr interessant.

    Für Bremen gilt zu sagen, dass der Anteil an Altbauten, die vor 1919 bzw. vor 1949 gebaut wurden in Anbetracht seiner geografischen Lage und seines enormen Nachkriegsbevölkerungswachstums (keine der heutigen 15 größten Städte des Landes hatte 1939 weniger Einwohner als Bremen und nur wenige (z.B. München) sind seit 1939 stärker gewachsen) sehr hoch ist.

    Immerhin wohnt fast genau ein Drittel der Bevölkerung (32,8%) in Gebäuden, die vor 1949 gebaut worden sind und das sieht man der Stadt auch an, auch wenn viel Altbausubstanz leider in einem ästhetisch beklagenswerten Zustand ist. Insgesamt gerade vor der Hintergrund der Tatsache, dass es in Gebieten mit vergleichbarem Bevölkerungswachstum wie z.B. in NRW oder Bayern und auch in Hamburg, das seit 1939 kaum gewachsen ist deutlich weniger Altbausubstanz zu geben scheint ein überraschend positiver Befund.

    Edit: Die bei Wikipedia angegebenen Einwohnerzahlen für Bremen sind zum Stichtag der Volkszählung im Mai 1939, danach wurde aber noch der Stadtteil Vegesack/Blumenthal eingemeindet, wodurch zum 31.12.1939 die Einwohnerzahl Bremens um ca. 60.000 anstieg. Damit zählt Bremen auch nicht zu den am stärksten seit dem 2. WK gewachsenen Städten, sondern befindet sich im oberen Mittelfeld beim Einwohnerwachstum. In den 50er und 60er Jahren allerdings ist die Stadt tatsächlich wie keine andere in Deutschland gewachsen.

    Einmal editiert, zuletzt von Heinzer (25. Oktober 2017 um 11:26)

  • Zeno: Ja wenn man zusätzlich Datenreihen über die Zeit hat, kann man da was rausknobeln, schon klar :)
    Aber rein aus den Zensus-2011-Daten halt nicht. Eigentlich bräuchte man den Gebäudebestand in vergleichbaren Gebieten (es sind Orte eingemeindet und allgemein Verwaltungsgebiete anders zugeschnitten worden), zusätzlich zur Einwohnerzahl - in der unmittelbaren Nachkriegszeit, auch noch um 1950, wohnten oftmals in Wohnungen, in denen heute 1-2 Personen wohnen, 4 und mehr - und das über 100 Jahre in Abständen von vielleicht 10 Jahren. Und am besten noch in Karten und Zahlen. Dann könnte man wohl Abriß- und Neubauwellen ersehen. Aber bei den Zensus2011-Daten kann man nur aufgrund von zusätzlichem eigenem Hintergrundwissen bzw. eigener Inaugenscheinname bestimmter Orte, die man über Jahrzehnte kennt und somit ihre Entwicklung über die Jahrzehnte verfolgt hat, vermuten, was da ist. Wissen nicht.

  • im Osten aber auch Gemeinden mit über 60 Prozent (Obercunnersdorf 63 %).

    Ich kann mir vorstellen, dass neben dem zu DDR-Zeiten kaum stattfindenden Eigenheimbau auch der Bau von Großwohnsiedlungen die Statistik beeinflusst. Die Plattenbauten sind meist sehr groß und beherbergen viele Menschen in nur einem Gebäude. Das heißt, die wenigen Neubauten zu DDR-Zeiten waren auch noch sehr groß und bilden sich dadurch noch umso weniger in der Statistik ab.

    Es wäre interessant, eine regelmäßige Fortschreibung dieser Statistik zu sehen.