Travemünde

  • Einen Strang mit Lübecks Ostseebad Travemünde habe ich nicht gefunden, daher eröffne ich ihn hiermit mal.

    Seit einiger Zeit wird dort für den Fremdenverkehr ziemlich emsig gebaut. Von schönem Bauen kann aber, meiner Meinung nach, leider keine Rede sein. Direkt vor dem Maritim-Strandhotel sind in bester Lage zwei große Klötze hochgezogen worden. Eins wird ein Aja-Hotel mit Schwimmbad, das andere besteht aus Ferienappartments.

    Hier dazu der LN-Artikel vom 29.09.

    http://www.ln-online.de/Lokales/Luebec…uendes-Top-Lage

    So soll es dann mal aussehen:

    https://www.google.de/maps/uv?hl=de&…qAPsQoioIpQEwDg


    Nun ja, Geld regiert die Welt. Da spielt es keine Rolle, ob man unästhetisch baut und die Küste dadurch immer mehr verschandelt wird. Der Maritim-Hotelturm, Anfang der 70er-Jahre erbaut, war ja schon die erste Bausünde...


    Wo jetzt die beiden Neubauten stehen, befand sich einmal das Wellen-Erlebnis-Schwimmbad "Aqua Top", das wg. Baumängeln Ende 2003 geschlossen wurde, mehrere Jahre leer stand und Anfang 2011 abgerissen wurde.


    Hier noch einige Bilder vom Aqua Top:


    http://travemuende-aktuell.de/artikel/11058-…op-Komplex.html

  • Naja, das ist eben der übliche Weg. Immerhin wird dort kein historisches Ensemble gestört und ein Neubau löst einen älteren ab. Irgendwo muss ja auch mal neu gebaut werden dürfen. In 30 Jahren wird das Resort wieder abgerissen und wieder was neues gebaut... ich finde es nur halb so schlimm.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Deshalb bin ich auch ein Gegner von einzelnen Hochhausbauten. Manche denken, daß sei doch nicht so schlimm und man könne aus urbanen Gründen durchaus mal ein einzelnes Hochhaus verkraften. Doch dann ziehen diese Ungetüme automatisch weitere Hochbauten oder eben modernistischen Quark drumherum an. So war es auch in Berlin am Breitscheidtplatz. Auch der Posttower in Bonn könnte in den nächsten zehn Jahren noch mehr Bausünden nach sich ziehen.
    Modernisten wollen zwar gerne immer Kontraste zu historischen Ensembles bauen, aber auf moderne Architektur nehmen sie dann sofort Bezug und argumentieren auch damit. So soll ja die Ostfassade des Humboldtforums sozusagen mit dem Alexanderplatz und dem Marx-Engels-Forum "korrespondieren".
    Das Hochhaus in Travemünde fand ich schon bei meinem ersten Besuch vor zwanzig Jahren so hässlich, daß ich es als primären Abrisskandidaten der Republik notiert hatte.

    " Dem Wahren, Schönen, Guten "

    Einmal editiert, zuletzt von Der Münchner (2. Oktober 2017 um 18:03)

  • Modernisten wollen zwar gerne immer Kontraste zu historischen Ensembles bauen, aber auf moderne Architektur nehmen sie dann sofort Bezug und argumentieren auch damit.

    Das heißt in der Summe, dass die Kontraste nur eine Ausrede sind, denn sie wollen über kurz oder lang alles modernistisch umgestalten.

  • Zufälligerweise habe ich gerade am Donnerstag aktuelle Fotos gemacht, ohne von diesem neuen Strang zu ahnen, von denen ich hier gleich mal ein paar beisteuere:


    Abb.1: Blick von der Travepromenade Richtung Maritim. Links das Appartementhaus mit Ferienwohnungen, rechts das Aja-Hotel. Dahinter entsteht noch ein Schwimmbad. Die Neubauten haben annähernd ihre vollständige Höhe erreicht (Hotel 8, Appartementhaus 7 Stockwerke). Das Maritim aus den 70ern dahinter hat 36 Etagen! Davon die unteren 13 zum Hotelbetrieb gehörend, darüber private Ferienwohnungen und ganz oben ein Restaurant. Mit Abriss wird es da wohl nichts werden.



    Abb.2: Blick von der Ecke Travepromenade/Strandpromenade. Irgendwie ein merkwürdig zusammengewürfeltes "Ensemble". Links eine alte Grenztonne, die im Fahrwasser bis 1990 die Grenze zur DDR markierte, dann der Lotsenturm des Wasser- und Schifffahrtsamtes samt Betriebsgebäude, dann Aja-Hotel und dahinter das Maritim.



    Abb.3: Blick vom Beginn der Nordermole



    Abb.4: Blick über den schönen breiten Strand von Travemünde. Leider war es bewölkt und schon ziemlich dämmerig, daher wirken die Bilder etwas trostlos. Ganz rechts noch ein Rest der historischen Bebauung der Strandpromenade: Zwei gründerzeitlicher Villen. Im Bereich der jetzigen Hotels standen im 19. Jhdt. noch mehr Gebäude in diesem Stil. Ich weiß jetzt gerade nicht, ob die für das Maritim und das ehemalige Aqua Top abgerissen wurden oder schon früher verschwanden.



    Abb.5: Blick von der Nordemole in die Taveeinfahrt. Links der Priwall mit der historischen Viermastbark "Passat". Auf dem Priwall wird übrigens auch gerade alles mit modern(istisch)en Ferienwohnungen zugebaut (siehe Kräne ganz links). Gegen das dort geplante Bauvolumen regt sich inzwischen großer Protest der Anwohner.



    Abb.6: Nochmal Blick über den Strand aus anderer Perspektive weiter nördlich. Der Neubau steht irgendwie ziemlich "unegal" schräge in der Landschaft herum. Man wollte wohl aus möglichst vielen Appartements Seeblick haben...



    Abb.7: Und von noch etwas weiter nördlich. Hier sind die beiden historischen Villen nochmal etwas besser zu sehen.



    Abb.8: Noch einmal Blick von der Travepromenade. Auch hier rückt der Neubau deutlich ins Bild.

    Immerhin wird dort kein historisches Ensemble gestört

    Wie das Bild Nr. 8 beweist, will ich diese Aussage so nicht unterstützen. Im Vordergrund das unter Denkmalschutz stehende historische ehemalige Bootshaus der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger von 1902. Das Gebäude wurde gerade vom Lübecker Yachtclub (LYC) übernommen, vorbildlich saniert und als neues Clubhaus eingerichtet. Dahinter der älteste Leuchtturm Deutschlands, dessen unterer Teil von 1539 (!) datiert. Durch den Aja-Neubau wird der Turm vom Strand aus leider nicht mehr sichtbar sein wie man auf den vorigen Bildern sieht, bzw. eben nicht mehr sieht. Zudem rückt das Appartementhaus mit seinen 7 Stockwerken relativ dicht (mir zu dicht) an den Turm heran.

    Alle Fotos von mir.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Hallo Frank,

    danke für die sehr anschaulichen, aktuellen Fotos von den Neubauten. Beim Anblick der perspektivischen Ansichten vom Strand und der Nordermole überkam mich das Schaudern, wie immens hoch (viel zu hoch) sie doch geworden sind... Wie große Ungetüme stehen sie mitten in der Landschaft. Das damalige "Aqua Top" war dagegen ja recht niedrig und ließ auch den Blick frei auf den alten Leuchtturm.

    Im Bereich der jetzigen Hotels standen im 19. Jhdt. noch mehr Gebäude in diesem Stil. Ich weiß jetzt gerade nicht, ob die für das Maritim und das ehemalige Aqua Top abgerissen wurden oder schon früher verschwanden.

    Leider wurde, lt. Wikipedia-Liste der abgegangenen Bauwerke in Lübeck-Travemünde, das damalige herrschaftliche Hansa-Hotel, erbaut 1873, Außenallee 6, wg. dem Bau des Maritim direkt im Jahr 1971 abgerissen. Vorher stand dort ein Badehaus, das vom Ostseesturmhochwasser 1872 zerstört worden war.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_abg…Travem%C3%BCnde

    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_abg…Hansa-Hotel.jpg

  • Ihr werdet mich jetzt steinigen und sperren lassen, aber ich finde, das Travemünder Maritim ist so ziemlich das beste Gebäude, welches die Schleswig-Holsteinische Osteseeküste zu bieten hat. Und ich kenne diese gut, bin in Kiel aufgewachsen und hab dort etliche Ausflüge und Radtouren gemacht. Es hat einfach einen gewissen Reiz und architektonischen Mut in der ganzen verdrucksten Architekturwüste von Heiligenhafen bis Timmendorf, wo es auch keine nennenswerte Bäderarchitektur (mehr) gibt. Von den Gebäuden aus den 1970ern, die dort die Promenaden prägen, kann man buchstäblich alles sonst ästhetisch gesehen vergessen. Nur dieses Maritim verkörpert eine gewisse International-Style-Eleganz, vor allem m.E. durch die umlaufenden Balkone und die hochaufragende Schlankheit, zumindest von der Wasser- und der Lübecker Seite aus gesehen. Nun ja, meine Meinung...

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Bei diesen modernistischen Klötzen fällt mir nur ein, dass es mit der Postmoderne eben nur eine kleine Rebellion, eine Spielerei, gegeben hat, aber eben keine nachhaltige Revolution. Die jetzt errichteten Häuser hätten in ihrer Grundform ebenso in der 1960er und 1970er erbaut werden können. Es hat sich also seitdem weder etwas im wirtschaftlich ausgerichteten Denken noch im ästhetischen verändert. Erschütternd, aber wahr.

    @"Snork". Ich jedenfalls steinige Dich nicht. :zwinkern: So ein Solitär mag, rein optisch betrachtet, eine womöglich die flache Landschaft strukturierende Funktion haben. Jedenfalls gibt es auch wirklich weit schlechtere Gebäude der Moderne.

  • ... dieses Maritim verkörpert eine gewisse International-Style-Eleganz, vor allem m.E. durch die umlaufenden Balkone und die hochaufragende Schlankheit, zumindest von der Wasser- und der Lübecker Seite aus gesehen.

    Geht mir auch so, dass ich das Maritim als ganz großartig wahrnehme. Dazu trägt fraglos bei, dass ich den Strand nicht als historische Siedlungsfläche wahrnehme und mithin nicht groß und breit erhaltenswerte Gebäude erwarte. Das Maritim ist doch eine Landmarke der Spitzenklasse. Während der Wiking-Turm in Schleswig von seiner Gestaltung her nachgerade primitiv und billig anmutet, ist das Travemünder Maritim von zeitloser Eleganz. Ich habe es mal aus größerer Entfernung gesehen, es ist wirklich einzigartig. Sein Standort weit vor den Toren Lübecks rechtfertigt die Großform. In Altstadtnähe hat sowas natürlich nichts zu suchen.

    https://www.maritim.de/cache/.thumb_1…m_1920_1200.jpg

  • Also da bin ich doch erstaunt, wieviele hier im Aph :--) dieses Ungetüm von Maritim Hotel gutheißen, nur weil es abseits einer Altstadt oder sonstigen historischen Ensembles steht, bedeutet es nicht dass es was Besonderes ist!

    Geht mir auch so, dass ich das Maritim als ganz großartig wahrnehme. Dazu trägt fraglos bei, dass ich den Strand nicht als historische Siedlungsfläche wahrnehme und mithin nicht groß und breit erhaltenswerte Gebäude erwarte. Das Maritim ist doch eine Landmarke der Spitzenklasse. Während der Wiking-Turm in Schleswig von seiner Gestaltung her nachgerade primitiv und billig anmutet, ist das Travemünder Maritim von zeitloser Eleganz. Ich habe es mal aus größerer Entfernung gesehen, es ist wirklich einzigartig. Sein Standort weit vor den Toren Lübecks rechtfertigt die Großform. In Altstadtnähe hat sowas natürlich nichts zu suchen.

    Ich muss in dieser Hinsicht doch Heimdall rechtgeben: es ist ein Rückfall in die 60er 70er Jahre und sieht von Weitem nicht viel besser aus wie eine Platte, viel zu gerade und monoton! Wenn es wenigstens irgendwelche geschwungenen Formen hätte, oder andere Materialien hätte ich es vielleicht verstanden, aber hier schaut dieser Turm kein Deut besser aus wie der riesige Wohnriegel auf der Folsterhöhe in Saarbrücken oder die ähnlichen Plattenbauten in Halle-Neustadt, nur dass es hier ein überdimensionierter Hotelturm ist (schätze mal über 50 Meter!), der von der Gestaltung aber identisch ist mit seinen endlosen rechtwinkligen Balkons! Meiner Meinung nach alles andere als “Elegant“! Wenn Deutschland so weiter macht, dann sind wir nicht viel besser wie die Südländer, wo das Mittelmeer zugepflastert ist mit solchen Kästen :kopfschuetteln: .

  • es ist ein Rückfall in die 60er 70er Jahre

    Nein, das ist kein Rückfall. Das Maritim wurde in den 70ern gebaut und ist daher authentisch. Irgendeine Ähnlichkeit zu den beiden Gebäuden in Saarbrücken und Halle (Salle) kann ich nicht erkennen; diese sind, verglichen mit dem Maritim, wesentlich schlechter und abzulehnen.

    Im übrigen hat sich Heimdalls Bemerkung mit den 60er- oder 70er-Jahren auf das Aja-Hotel bezogen, das natürlich abzulehnen ist. Ich habe nur und ausschließlich vom Maritim gesprochen.

  • Also ich bin da auch eher zwiegespalten. Ich hatte zwar seit meiner Kindheit Zeit, mich dran zu gewöhnen. Es gibt schlechtere Häuser, aber so richtige Begeisterung kommt bei mir nach wie vor nicht auf. Sehr schade finde ich auch, dass der alte Leuchtturm durch das Maritim nach Jahrhunderten seiner Funktion beraubt wurde und dass das Hochhaus wegen seiner südlichen Lage zum Stand und zur Promenade auf diese die meiste Zeit des Tages ein großes Schattenfeld wirft.

    Und bei der Inneneinrichtung und auch bei der Gestaltung der Außenanlagen kommt noch richtiges 70er-Jahre-Flair auf. Die Maritim-Kette hat es offenbar nicht nötig, in Modernisierungen zu investieren.

    nur dass es hier ein überdimensionierter Hotelturm ist (schätze mal über 50 Meter!)

    Er wird bei 36 Stockwerken sogar gut 100m hoch sein!

    Sein Standort weit vor den Toren Lübecks rechtfertigt die Großform. In Altstadtnähe hat sowas natürlich nichts zu suchen.

    Zu sehen ist es von der Lübecker Altstadt aus aber in der Tat trotzdem, siehe roter Kreis: :D


    Foto von mir.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Also nur 6m niedriger als die auf meinem Bild zu sehende Marienkirche ( :schockiert: ), die damit immerhin noch das höchste Gebäude in Lübeck ist.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Und bei der Inneneinrichtung und auch bei der Gestaltung der Außenanlagen kommt noch richtiges 70er-Jahre-Flair auf. Die Maritim-Kette hat es offenbar nicht nötig, in Modernisierungen zu investieren.

    Warte nur ab, die 70er-Jahre werden bald wieder inn sein. In den 90er-Jahren bis nach 2000 war doch 50er-Jahre Design wieder recht inn, während seit bald zehn Jahren die 60er-Jahre vor allem in der Aussenarchitektur und im Ladenbau gefragt sind. In spätestens zehn Jahren werden wir wieder Spannteppiche an den Wänden sehen, und die Farbkombination dunkelbraunes Holz/orange/olivgrün in den Küchen.

    Wenn ich den Betreibern des Maritime-Hotels eine Prognose ausstellen müsste, würde ich ihnen raten, alle stilbildenden Elemente aus der Bauzeit zu wahren und zu pflegen, und nur den Komfort und die Technik zu modernisieren.

  • Letztes Jahr war ich im Baumarkt und suchte ein WC in Rosé, damit es zum Rest der Badganitur meiner Mutter passt. Es gab ein einziges Exemplar bei Obi, und ich musste dafür eine kleine Strecke bis nach Bensheim fahren. Alles andere war weiß. Der Verkäufer lachte und meinte, rosé gäbe es noch. Das wäre noch nicht ganz so extrem und "out", wie braune oder grüne Waschbecken, die mal in den 70er/80er-Jahren "in" waren. Ich sagte, dass das vielleicht mal wieder komme. Er lachte und antwortete: "Das kommt garantiert nie wieder." :lachentuerkis::schockiert:

  • "Zeno", erstens ist es ein - zumindest seit der Moderne - immer wiederkehrendes Phänomen, dass eine Generation das künstlerische Schaffen der Vorgängergeneration kritisch bewertet. Die Kinder der Jugendstilzeit und des Historismus hatten kein Problem damit, Stuck abzuschlagen. Die Kinder des (NS-)Neoklassizismus wollten unbedingt Nierentisch und lichte Transparenz. Dass die Kinder der 70er-Jahre Blocks nun lieber Gründerzeitstrukturen befürworten, ist nicht unnormal.

    Zweitens gibt es die Gegentendenz. Die Erzeugnisse der eigenen Kindheit wecken in uns nostalgische Erinnerungen, die wir zu bewahren hoffen. Mir geht das durchaus auch so mit manchen Erzeugnissen der 70er Jahre, den Kugel-Radios, den Panton Chairs, den Schlaghosen. Auch gewinne ich der 50er Jahre Architektur teils einiges ab.

    Zu diesem Widerstreit der Empfindungen kommt nun das Spezifikum des APH-Forums, das ja von Traditionalisten dominiert wird. Da gibt es eben auch sachliche Argumente gegen bestimmte Erzeugnisse der Moderne, z.B. ihre Maßstabslosigkeit und Ortlosigkeit.

    Diese drei Widersprüche (Rebellion gegen die Ästhetik der Vorgängergeneration, Nostalgische Bindung an die Ästhetik der Vorgängergeneration bzw. einen Kindheit, "objektive" Sachargumente für oder gegen die Ästhetik), muss man nun in seinem Inneren auspendeln, um zu einem Urteil zu kommen. Dass sich die Bewertung moderner Architektur nicht allein nach nostalgischen Gesichtspunkten durchführen lässt, sollte in diesem Forum klar sein. Sonst dürften vermutlich auch viele Plattensiedlungen nicht abgerissen werden, weil dort Leute teils eine schöne Kindheit verbracht haben.

    Zudem sollte bedacht werden, dass das APH-Forum nicht in allen Punkten den Mehrheitstrend verkörpert. Viele Erzeugnisse der 70er Jahre erfreuen sich ja bei (modernistisch gesinnten) Designern ausgesprochener Beliebtheit. Ich war schon vor 10 Jahren in Bars, die im Stil der 70er eingerichtet waren. Auch mögen junge Kunststudenten auch teils Möbel der 50er, was ich schon in deren Wohnungen mehrfach gesehen habe. Also, insofern droht eine Gefahr für die Ästhetik des mittleren 20. Jahrhunderts weniger von APH-Traditionalisten als der Modernisierungsambitionen, die großenteils wirtschaftliche Ziele verfolgen. Die Mehrheit der Menschen ist nun einmal nicht so stark nostalgisch eingestellt.

    Ein Tipp für Dich. Geh´ mal nach Wien ins Kino Gartenbau. Da ist vieles noch original im Stil Deiner Jugend.

  • Also an den richtigen Stellen liebe ich Hochhäuser, aber dem Maritim in Travemünde kann ich trotzdem absolut nichts abgewinnen.
    Für mich symbolisiert das so ziemlich alles, was ich in der Architektur ablehne. Ich erkenne da keinen Gestaltungswillen, sondern nur simples stapeln von den immer gleichen Klötzchen. Das wurde beim ähnlichem Maritim in Timmendorfer Strand um Welten gefälliger gelöst.

    Aus der Zeit gibts ja auch in Deutschland Hochhäuser, die mir durchaus gefallen, wie der BMW-Vierzylinder oder das City-Hochhaus in Leipzig. Aber das in Travemünde? Was seht ihr denn in dem Gebäude, was ich offenbar nicht erkennen kann? Kann man das in Worte fassen?

    98% of everything that is built and designed today is pure shit. There's no sense of design, no respect for humanity or for anything else. Frank Gehry