• Brandenburger Tor, Mona Lisa (zum Glück hinter Panzerglas)...viel mehr können die Vandalen eigentlich nicht beschmieren, was noch mehr Aufsehen erregen würde. Da sind sie so ziemlich am Ende der Leiter angelangt. Außer sie werden noch radikaler und planen noch schlimmeres...

  • Paris ist wirklich eine tolle Stadt. Ich war seit 1997 nicht mehr da gewesen und leicht ängstlich wegen meines eingerosteten Französisch, aber es hat sich sowas von gelohnt. Die Sehenswürdigkeiten kennt ja jeder, nur ein Schnappschuss von Notre Dame mit freigelegtem Dachreiter:

    Die Stärke von Paris liegt aber meiner Meinung nicht so sehr in den natürlich einmaligen Einzeldenkmalen, sondern in der Tat im Gesamtstadtbild. So etwas gibt auf dieser Fläche in der ganzen Welt kein zweites Mal. Man kann kilometerweit laufen (und das haben wir ausgiebig getan) und kommt aus diesem Bereich nicht raus. Überall sonst, auch in sonst kaum zerstörten Städten muss man nur ein oder zweimal falsch abbiegen und befindet sich plötzlich in hässlichen Nachkriegsbereichen oder an Hochstraßen oder 12 spurigen Schnellstraßen - in Paris kann man einfach immer weiterlaufen, vollkommen zufällig abbiegen, wieder 4 km laufen, nochmal zufällig abbiegen, wieder weiterlaufen - und befindet sich immer noch in einem Viertel, in dem man sich sofort vorstellen könnte, zu wohnen. Unglaublich.

    Ein zufälliger Fußweg etwa vom Louvre zu unserer Unterkunft im 18. Arrondissement:




    Endlos die Seitenstraßen, keine einzige Bausünde, nirgends:


    Richtung Saint Georges dann erstmals wieder die kleineren, gemütlicheren Straßen mit etwas Steigung (es geht schon langsam Richtung Montmartre):

    Der kleine Platz an der Metrostation Saint Georges:

    Unfassbare Stadt. Ich war wirklich begeistert. Und -anders als in meiner Erinnerung bei meinem letzten Besuch mit Familie Ende der 90er, als mein Vater, der wirklich passables Französisch sprach, permanent nicht verstanden wurde oder wir ignoriert wurden in Cafés, waren ausnahmslos alle Kontakte mit Einheimischen angenehm, obwohl mein Französisch deutlich schlechter als das meines Vaters ist.

  • Wir wohnten nahe der Metrostation Abbesses in einer kleinen Dachgeschosswohnung. Natürlich eine relativ touristische Gegend wegen der Nähe zu Sacré Coeur, aber trotzdem sehr lebendig und immer noch reichlich Einheimische.


    Alles etwas einfacher, aber vielleicht auch echter:


    Blick von einem Dachfenster unserer Wohnung Richtung Sacré Coeur:

    Blick auf die Oper vom Dach des Kaufhauses Galeries Lafayette:

    Die Seine nach Westen vom Pont-Neuf:

    Im Quartier Latin:

    Irgendeine große Kreuzung am linken Ufer:

    Sowas wäre in jeder deutschen Stadt eine Attraktion - hier ist es nichts Besonderes, einfach eine Kreuzung.

  • Oh, da fällt mir auf, dass der neue Dachreiter von Notre Dame zweifarbig gehalten ist. Oder wird der untere Teil noch mit Blei(?) verkleidet? Der alte Dachreiter war ja bekanntermaßen komplett grau.

  • Endlos die Seitenstraßen, keine einzige Bausünde, nirgends:

    Mich würde interessieren: gibt es in Paris Gestaltungsgesetze, die dafür sorgen, dass kein moderner Bau die Harmonie stört? Ich habe vor vielen Jahren mal ein größeres Gebäude in Paris fotografiert, dass war ganz offensichtlich ein Neubau, aber er passte sich voll dem Baustil der Umgebung an. Dadurch entsteht ein harmonisches Ganzes, eine visuelle Einheitlichkeit.

    Bei uns wären doch in die historische Reihe wieder etliche Neubauten - nach Abrissen - eingefügt oder die Fassaden "modernisiert" worden, immer begleitet von dem Satz: wir können heute nicht mehr so wie früher bauen, wir brauchen auch zeitgenössische Architektur. In Paris dagegen scheint das aber zu funktionieren.

    Also noch mal die Frage: weiß jemand, ob es in Paris entsprechende Gestaltungsgesetzte gibt? Diese könnte für unsere Städte durchaus ein Vorbild sein (falls es sie gibt).

  • Mich würde interessieren: gibt es in Paris Gestaltungsgesetze, die dafür sorgen, dass kein moderner Bau die Harmonie stört? Ich habe vor vielen Jahren mal ein größeres Gebäude in Paris fotografiert, dass war ganz offensichtlich ein Neubau, aber er passte sich voll dem Baustil der Umgebung an. Dadurch entsteht ein harmonisches Ganzes, eine visuelle Einheitlichkeit.

    Bei uns wären doch in die historische Reihe wieder etliche Neubauten - nach Abrissen - eingefügt oder die Fassaden "modernisiert" worden, immer begleitet von dem Satz: wir können heute nicht mehr so wie früher bauen, wir brauchen auch zeitgenössische Architektur. In Paris dagegen scheint das aber zu funktionieren.

    Also noch mal die Frage: weiß jemand, ob es in Paris entsprechende Gestaltungsgesetzte gibt? Diese könnte für unsere Städte durchaus ein Vorbild sein (falls es sie gibt).

    Das ist eine gute Frage. Es gibt einige historisierende Neubauten, wie zum Beispiel hier ein Beispiel in einer der Nebenstraßen des Centre Pompidou:


    Google Maps.

    Aber es gibt auch sehr moderne Neubauten, die eigentlich gar nicht gehen, hier ist einer zufällig auf meinen Fotos versteckt:

    Der geht genauso wenig, wie 80% der Neubauten in Deutschland, könnte original so auch in Gelsenkirchen 2019 gebaut worden sein. Insofern muss ich sagen, ich weiß es ehrlich nicht. Ich denke, es gibt relativ wenig "Abrissdruck", einfach weil der Bestand schon extrem dicht und flächenoptimiert ist. Die größte Gefahr besteht ja für Gebäude, die aus der heutigen Perspektive verschwenderisch mit der Grundstücksfläche umgehen, wenn man es mal so sagen soll. Die gibt es aber kaum, mit Dachgeschossen etc. haben die Dinger in Paris schon oft 6, 7 oder gar 8 Geschosse, ich denke nicht, dass dort viel abgerissen wird und wenn, dann eher in den weniger dichten Bereichen weiter draußen.

  • Dass die typischen Pariser Zinshäuser sehr viele Geschoße haben, ist mir auch schon aufgefallen. Und kann es außerdem sein, dass die Geschoßhöhen oft vergleichsweise niedrig sind? Die Gebäude sehen oft nicht sehr hoch aus, obwohl sie 6 oder 7 Etagen haben, nur sehen sie nicht gequetscht aus, weil sie meistens bodentiefe Fenster haben. Als ich das letzte Mal in Paris war, hab ich in einer Privatwohnung am Montmartre gewohnt, das geradezu winzige Raumhöhen hatte, allerdings war das auch ein älteres Haus.

    Jedenfalls wäre die Kombination aus vielen Geschoßen und nicht allzu hohen Raumhöhen eine Erklärung dafür, dass der wirtschaftliche Anreiz, ein Gebäude aus dem 19. Jh abzureißen, um ihn durch einen Neubau mit mehr verwertbarer Nutzfläche zu ersetzen, kaum gegeben ist.

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Eine solche Geschlossenheit bei selbst exemplarisch hier gezeigten Straßenzügen wird man hierzuland lange suchen müssen, eine solche Finesse wird man nicht finden, da es das Attribut der Stadt Paris selbst ist. Vielleicht ist das auch ganz gut so. Es ist wirklich eine unfassbare Stadt, von unübertroffener Finesse und feinster Eleganz. Auch der Neubau in einer der Nebenstraßen des Centre Pompidou ist berückend schön und macht keine Ausnahme.

  • Meines Erachtens gibt es mehrere "Arten von Paris", die gänzlich unterschiedlich sind - das attraktive Zentrum, die teilweise recht verunstalteten Viertel rundherum (eigentlich historisch bebaut, aber teilweise abgerissen) und die extrem unansehnlichen bis gefährlichen Banlieues ...

    Und diese "Arten von Paris" haben offensichtlich auch ganz unterschiedliche Bevölkerungsstrukturen, fährt man mit der Metrolinie 5 in Richtung Osten, so ändert sich das Publikum in der Metro ganz extrem, je weiter man hinausfährt, desto stärker ändern sich soziale und ethnische Zusammensetzung, jenseits der Haltestelle Stalingrad (hier war bis 1860 die Stadtgrenze) dürfte der Anteil der Zuwanderer praktisch fast 100 % erreichen.

    Das nur als Illustration der These der "unterschiedlichen Arten von Paris" ohne irgendwelche Wertung. Diese starken Unterschiede werden übrigens auch in der Touristik herausgeabeitet, siehe Die weltoffenen Viertel von Paris.

    Mein erster Besuch in Paris war 1986, mein bislang letzter 2011 (ich hätte aber schon Lust, mal wieder hinzufahren, auch wenn sich mein Interesse inzwischen eher nach Polen verlagert hat).

    Beim ersten Mal war ich ziemlich schockiert vom schlechten Zustand vieler Gebäude im Zentrum, hier hat sich vieles ganz extrem verbessert, nicht nur bei den öffentlichen Gebäuden, sondern auch flächendeckend. In dieser Größe und Geschlossenheit dürfte das Zentrum wirklich eine Klasse für sich darstellen.

    Daneben gibt es noch die Banlieues, vom TGV in Richtung Gare de l'Est kommend, schön zu sehen (da möchte man ganz sicher nicht aussteigen), und noch ein recht ausgedehntes Gebiet rund um das Zentrum, wohl früher auch historisch bebaut, inzwischen aber ziemlich durchsetzt mit unpassenden Neubauten.

    Erst kurz vor dem Gare de l'Est wird Paris dann plötzlich deutlich attraktiver, mein Hotel, etwas östlich davon gelegen, in der Avenue Jean Jaurès, war schon ziemlich verunstaltet mit teilweise recht unschönen Hochhäusern, die mitten in die historischen Bauten hineingezwängt wurden (das gilt noch ausgeprägter für das Bassin de la Villette gleich daneben).

    Ich glaube daher, daß es nur im Zentrum selbst so etwas wie eine strenge Gestaltungssatzung gibt, das kann man schön in der Metrolinie 6 sehen, die ja auch oberirdisch verläuft, Richtung Innenstadt ist die Bebauung deutlich attraktiver als in der anderen Richtung (wobei schon gleich am Märzfeld die Qualität der Bebauung schlagartig abfällt).

    Noch einige Fotos als Illustration:

    Gleich neben meinem Etap Hotel (heute Ibis Budget) eine wilde Mischung aus schönen alten Häusern und vielen Baulücken und unpassenden Neubauten:

    So extrem weit entfernt vom Zentrum sind wir hier gar nicht:

    Rund um die angesprochene Metrolinie 6:

    Unweit des Boulevard de Grenelle, der ja schon in Sichtweite des Eiffelturms liegt:

    Hier sind wir nicht etwa ganz am Stadtrand, sondern gleich am Märzfeld:

    Sprich: direkt am Eiffelturm:

    Dennoch ist Paris natürlich unbedingt einen Besuch wert (auch um Prag herum gibt es ja ausgedehnte Plattenbauviertel, nur die historische Bebauung des 19. Jahrhunderts ist dort meines Erachtens eher besser erhalten).

    Easy does it.

  • Dass die typischen Pariser Zinshäuser sehr viele Geschoße haben, ist mir auch schon aufgefallen. Und kann es außerdem sein, dass die Geschoßhöhen oft vergleichsweise niedrig sind? Die Gebäude sehen oft nicht sehr hoch aus, obwohl sie 6 oder 7 Etagen haben, nur sehen sie nicht gequetscht aus, weil sie meistens bodentiefe Fenster haben. Als ich das letzte Mal in Paris war, hab ich in einer Privatwohnung am Montmartre gewohnt, das geradezu winzige Raumhöhen hatte, allerdings war das auch ein älteres Haus.

    Jedenfalls wäre die Kombination aus vielen Geschoßen und nicht allzu hohen Raumhöhen eine Erklärung dafür, dass der wirtschaftliche Anreiz, ein Gebäude aus dem 19. Jh abzureißen, um ihn durch einen Neubau mit mehr verwertbarer Nutzfläche zu ersetzen, kaum gegeben ist.

    Ja, v.a. nach oben hin wird das schnell ziemlich "gewöhnlich". Man konnte das in dem Haus sehen, in dem wir wohnten, praktisch mit jeder Etage sank die Stufenhöhe, ganz oben war es ein ganz komisches Gefühl auf der Treppe mit atypisch geringen Stufenhöhen (Zahl der Stufen pro Etage blieb gleich). Die letzten Geschosse hatten allenfalls noch 2,7m Deckenhöhe, während ähnliche Bauten in Berlin ja bis ganz oben klar über 3 m bleiben.

    Auch nicht unterschätzen darf man die versteckten Mansarden- und Dachgeschosse, die leicht gestaffelt noch über der durch die Traufe begrenzten Straßenfassade liegen. Das sind nicht selten 2, manchmal noch 3 Geschosse, die sich da noch im Dachbereich verstecken.

  • Ich habe direkt am Gare de l'est in einem Ibis Hotel übernachtet und kann es nur bestätigen. Das hier war mein Ausblick und je weiter man sich vom Stadtzentrum entfernte, desto brutalistischer wurde es. Dennoch gab es in der Nähe vom Eiffelturm die ein oder andere Ecke, wo ich mich gefragt habe, ob ich in den Banlieues gelandet bin.

    Der sogenannte Ausblick auf den Eiffelturm..

    Unpassende Erdgeschosse, glattgeleckte Fassaden

    Auch die ein oder andere Bausünde wurde in der Nähe der Basilika Sacré-Cœur gebaut.


    Ein Teil der Fassade blieb erhalten

    Aber dennoch ist mein Gesamtendruck positiv. Was mich wirklich fasziniert, du gehst an zahlreichen Gebäuden vorbei, die in anderen Städten Wahrzeichen sein könnten, aber in Paris gehen sie in dem beeindruckenden Gesamtbild unter. Am ersten Tag sind wir die Rue Saint-Martin entlang gegangen und ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Irgendwann landet man dann bei Notre-Dame und die Kathedrale ist in Wirklichkeit noch schöner. Was mir allerdings dort gefehlt hat und damit bin ich wohl alleine, ist eine "richtige" Altstadt um die Kathedrale herum. Ich mag das einfach, wenn eine bedeutenden Kathedrale von einer kleinteiligen Altstadt mit ihren schönen Gässchen umzingelt ist. Das verleiht der Kirche dann eine gewisse Erhabenheit.

  • Paris ist eine schöne Stadt voller Kontraste, keine Frage. Die Architektur ist zweifellos beeindruckend, auch aufgrund der riesigen Stadtviertel und dem einheitlichen Stadtbild, aber für mich persönlich kommt sie nicht annähernd an die Schönheit von Wien oder einigen osteuropäischen Städten (Budapest, Prag) heran, besonders WENN sie einmal herausgeputzt sind. Für mich ist z.B. Wien architektonisch einfach viel ansprechender als Paris. Die prächtigen Fassaden und kunstvollen Stuck-Verzierungen im Wiener Gründerzeitstil sowie der faszinierende Jugendstil verleihen der Stadt ein unvergleichliches Aussehen. Es ist faszinierend zu sehen, wie jede Stadt ihre eigene einzigartige Atmosphäre und architektonische Pracht hat. Ich bin mir bewusst, dass meine Meinung vielleicht nicht die gängigste ist, aber die Vielfalt der Architekturgeschichte in Europa bietet jedem seine eigenen Favoriten ;)

  • Paris ist wirklich eine tolle Stadt.

    Paris ist schön, macht aber viel Arbeit.

    (frei nach K.V.)

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Mit Paris ist das vermutlich wie mit jeder Megastadt: es ist verflucht schwer die städtebauliche Entwicklung nachhaltig zu steuern. Im Zentrum mag das noch halbwegs funktionieren, aber in den Randgebieten neigen diese Städte allesamt dazu sich optisch zu zersetzen und in ein schwer zu kontrollierendes architektonisches Chaos überzugehen. Ich muss allerdings auch sagen, dass mein letzter Besuch in Paris schon ziemlich lange her ist. Ich habe es aber so in Erinnerung, dass die Zersetzung nach außen hin tatsächlich schon innerhalb des Pariser Rings beginnt. Als imposant hingegen habe aber auch ich die Ausdehnung der wunderbaren Straßenzüge in Erinnerung. Wäre längst mal wieder da gewesen, wenn meine Frau nicht so eine Abneigung gegen Frankreich hätte.

    Mein Favorit in Europa ist übrigens London. Zuletzt besucht über Weihnachten unmittelbar vor Corona. Der ganze Bahnverkehr wird über die Feiertage komplett stillgelegt. Allein schon die hell erleuchteten und völlig verlassenen Bahnhöfe wie Paddington, auf deren Bahnsteigen Weihnachtsmusik in Dauerschleife dudelt, sind schon eine Reise wert ...

  • Bei meiner Frage, ob es in Paris Gestaltungsgesetze gibt, hatte ich auch an die mittelalterlichen Städte bei uns gedacht. Dort gab es ja diese Gestaltungsgesetze: Bauhöhe, traufständig, giebelständig usw. Trotzdem sahen die Häuser nicht gleichförmig aus.

    Ich war insgesamt bisher vier Mal in Paris. Bei meinem zweiten Besuch, der schon lange her ist, entdeckte ich dieses für mich beeindruckende Gebäude. Das sah damals aus, als wäre es es gerade erst fertig geworden, es sah wirklich nagelneu aus. Wo das steht, weiß ich nicht mehr.

    Aber wenn ich mir jetzt die Fotos von Buarque u. a. anschaue, habe ich das Gefühl, Le Corbusier hat nach seinem glücklicherweise gescheiterten Projekt doch noch seine Spuren in Paris hinterlassen. Und sei es bei seinen Anhängern.

  • Paris ist eine schöne Stadt voller Kontraste, keine Frage. Die Architektur ist zweifellos beeindruckend, auch aufgrund der riesigen Stadtviertel und dem einheitlichen Stadtbild, aber für mich persönlich kommt sie nicht annähernd an die Schönheit von Wien oder einigen osteuropäischen Städten (Budapest, Prag) heran, besonders WENN sie einmal herausgeputzt sind. Für mich ist z.B. Wien architektonisch einfach viel ansprechender als Paris. Die prächtigen Fassaden und kunstvollen Stuck-Verzierungen im Wiener Gründerzeitstil sowie der faszinierende Jugendstil verleihen der Stadt ein unvergleichliches Aussehen. Es ist faszinierend zu sehen, wie jede Stadt ihre eigene einzigartige Atmosphäre und architektonische Pracht hat. Ich bin mir bewusst, dass meine Meinung vielleicht nicht die gängigste ist, aber die Vielfalt der Architekturgeschichte in Europa bietet jedem seine eigenen Favoriten ;)

    Ich finde gerade das etwas Reduzierte an Paris so toll. Bin aber auch einfach kein großer Barockfan und kann entsprechend mit dieser gerade im östlichen und südlichen Mitteleuropa sehr verbreiteten Variante des Historismus auch nicht so viel anfangen. Ist einfach Geschmackssache, obwohl ich natürlich Wien auch extrem schön finde/fand. War zuletzt 2017 da - 4 Tage im Himmel, keine Frage.

    Zu den Äußerungen weiter oben: Mag sein, dass unser Eindruck etwas selektiert war. Ich kann nur sagen: Wir sind die gesamte Seine von den Inseln bis zum Eiffelturm abgelaufen, waren südlich des Flusses ebenfalls vom Eiffelturm bis ins Quartier Latin unterwegs und nördlich v.a. im Bereich zwischen Place de la Concorde und Ile de la Cité bis Gare du Nord/Montmartre.

    Ich habe in diesem Gebiet nur sehr wenige moderne Bauten gesehen (natürlich das Centre Pompidou, ein weiteres Museum an der Seine in der Nähe des Eiffelturms und natürlich mal eine Lückenbebauung modern wie oben auf dem Foto). Sonst NICHTS. Wirklich, kann ich nicht anders sagen. Nichts. So etwas gibt es auf der ganzen Welt nicht nochmal, auch wenn das Gebiet in der Peripherie dann vielleicht doch mehr ausfranst als von mir gedacht.

    Dass der französische Modernismus dann von einer ganz bestimmten Freudlosigkeit ist, stimmt selbstverständlich. An einem Nachkriegsviertel in Frankreich ist exakt nichts besser als in Deutschland (tendenziell sogar eher hässlicher/schlechter). Aber ich bleibe dabei: An Paris gibt es nichts zu relativieren. Mehr Fläche mit dieser fast geschlossenen Bebauung gibt es auf der ganzen Welt nicht nochmal. Wenn hier Beispiele wie Prag genannt werden: Dessen Gründerzeitgebiete sind vielleicht ein Zehntel so groß wie das Gebiet, das in Paris ganz überwiegend von Bebauung vor dem Ersten Weltkrieg geprägt ist, das kann man vom Ausmaß nicht einmal im Ansatz vergleichen.

  • Pariser Stadtbild ist besonders einheitlich und die Sonne ist fast immer da.
    Berlin war damals auch einheitlich, auch wiue Wien mit viel mehr Stuck und Schmuck am Fassaden (Karatiden im Fenstersprossen) aber auch viel abwechlungsreicher dann Paris. Leider jetzt abgestuckt und übersät mit dachlosen Rasterkasten. Da bleiben noch Wien und Budapest übrig. In Wien finden leider unnötige Abrissen statt; in Budapest glücklich viele Sanierungen, Renovierungen und Rekonstruktionen.
    Die höchste Zeit das man in Berlin endlich auch etwas von seine prachtvolle Vergangenheit erleben kann und nicht nur im Prenzlauerberg oder rund Chamiso Platz.

  • Aber ich bleibe dabei: An Paris gibt es nichts zu relativieren. Mehr Fläche mit dieser fast geschlossenen Bebauung gibt es auf der ganzen Welt nicht nochmal.

    Dann warst Du vermutlich noch nicht in Madrid. Ich habe die Stadt vor drei Jahren für mich entdeckt und war hin- und hergerissen. Manchmal blieb mir die Luft weg, so beeindruckend die Bauten. Madrid gehört für mich mit Paris, Wien und Budapest zu den schönsten Weltstädten in Europa.

    Hier einige Kostproben:

    Gran Via

    Am Prado

    In der sehr großen Innenstadt wenig Neubebauung. Die Stadt wirkt stilistisch sehr geschlossen.

  • Madrid gehört für mich mit Paris, Wien und Budapest zu den schönsten Weltstädten in Europa.

    Meiner Ansicht nach spielt Paris ganz alleine in einer eigenen Liga, an der Spitze aller Städte. Grund hierfür ist nicht alleine die schiere Masse an geschlossener Altstadtbebauung, die es vielleicht annähernd auch anderswo gibt, sondern die durchgehend außerordentlich hohe Qualität der Gestaltung. Die meisten Belle-Époque-Fassaden, auch in den unspektakulären Nebenstraßen des Haussmann-Paris, bestehen aus bildhauerisch bearbeitetem Sandstein, was deutlich höherwertig ist als die üblichen Putz-Stuck-Fassaden im übrigen Europa. Hinzu kommen die meist kunstvoll geschmiedeten Fenster- und Brüstungsgitter.

    Madrid weist abseits der Prachtstraßen nur eine recht unscheinbare, schlichte Altstadtbebauung auf, die zwar ähnlich geschlossen erhalten ist wie in Paris, aber bei weitem nicht auf dem Pariser Gestaltungsniveau. Auch die spektakulären Bauten auf der Gran Via erschienen mir großteils nicht sehr stilsicher, wie minderwertige Kopien der Pariser Architektur.

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Madrid ist auch toll, keine Frage. Insgesamt sind spanische Städte und selbst die Nachkriegsbebauung unheimlich kompakt und dicht. "Urban sprawl", dieser Brei, in den deutsche Städte ganz unweigerlich ausfransen mit Niedrigdichtegebieten, den elenden "Gewerbegebieten", etc. gibt es dort kaum.

    Und die Prachtstraßen sind vielleicht sogar noch prachtvoller als in Paris (gilt auch für allerdings kleine Teile Barcelonas). Mit diesen sehr speziellen Varianten des Jugendstils und Art Deco (Modernismo/Modernisme) hat Spanien auch so etwas "Neuweltliches" in der städtischen Architektur, also nochmal 2 oder 3 Geschosse mehr als Paris schon in Gebäuden aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, da sind die Parallelen dann eher Buenos Aires oder - wenn nicht so flächig abgeräumt worden wäre - sogar die USA. Auf einem Deiner Bilder ist so ein echtes Hochhaus aus dieser Zeit mit drauf - die gibt es auch in Barcelona und sonst in Europa meines Wissens wirklich nur als Ausnahmephänomene aus dieser Zeit.

    Trotzdem ist es schon so wie Snork sagt - abseits dieser Prachtboulevards wird es in Madrid dann schnell sehr einfach, wenngleich natürlich immer noch 10x schöner und dichter als praktisch jede deutsche Stadt.