Hildesheim - Römische Ursprünge?

  • Ist mittlerweile erforscht, ob die Kreuzkirche auf römischen Fundamenten gebaut worden ist ?

  • Zur Kreuzkirche ist bekannt, dass ein "Domus Belli" in eine Kirche (Domus Pacem ? Muss die Quelle nochmal raussuchen.) umgewandelt wurde - es wird vermutet, dass die Kirche ursprünglich ein karolingisches Wehr-/Torgebäude war, das in romanischer Zeit zur Kirche wurde.

    Aber römische Fundamente? Für Hildesheim ist bisher m.W. nichts römisches ausser dem Silberfund bekannt, und selbst die semipermanenten Römerlager an der Lippe haben bisher keine Fundamente freigegeben, soweit ich weiss - die Gebäude dort waren wohl Holz-Lehm Konstruktionen. In Hedemünden gibt es zwar einige Steinelemente für den Wegebau, die aber auch nicht als Fundamente gelten können. Steinfundamente sind wohl eher in permanenten Siedlungen bzw. Coloniae zu erwarten, und so etwas hat hier noch niemand gefunden, es gibt auch keinerlei Hinweis in den Schriftquellen auf eine Colonia so weit weg vom Rhein. Woher stammt die Annahme, dass die Kreuzkirche römische Fundamente haben könnte?

  • Ich habe das mal irgendwo gelesen!! Und in Hildesheim sagte man mir, dass die Kreuzkirche tatsächlich auf römischen Fundamenten gebaut wurde.

  • Das wäre ja sensationell, Herzog! :staunenblau: „Eine spannende Geschichte: *domus belli*, Haus des Krieges, wurde zu "domus pacis", einem Haus des Friedens umgewandelt“, so lautete am letzten Sonntag ein Vortrag von einem Dozenten in der hl. Kreuz, konnte leider zeitlich nicht… (Muss noch einige Unterlagen durchgehen, melde mich morgen wieder etwas ausführlicher)

  • Ja es gibt da dolle Sachen in unserer Ecke. Ich habe auch gelesen, dass in Bad Harzburg ein Jupitertempel gestanden haben soll, dessen Mythos dann zum Krodoaltar im ehemaligen kaiserlichen Simonsstift geführt hat. Ich habe mich damit aber weiter nicht befasst.

  • Die Quellen zu den römischen Spuren in der Gegend hier würden mich brennend interessieren. Es gab hier mal ein paar Leute, die der Meinung waren, die Bernwardsmauer am Dom wäre ein römisches Aquädukt. Das war leider eine völlige Fehlinterpretation der Entlastungsbögen in dieser Mauer. Auch aus der Archäologie ist mir kein Hinweis auf römische Spuren bekannt. Hier sind leider viele Leute unterwegs, die ihre Wunschgedanken in historische Spuren hineinprojezieren und dann zu falschen Schlüssen kommen, die sich wissenschaftlich nicht belegen lassen.

  • Dabei muß man sich doch im klaren sein, daß die Römer östlich der Rheingrenze nur ganz wenige Jahre agierten und nach der Schlacht im Teutoburger Wald auch keinen richtigen Fuß mehr nach Germanien hereinbekamen. Danach wurde das Ziel einer Eroberung Germaniens samt Elbe-Grenze aufgegeben. Abseits der westlichen Landeskante irgendwelche Aquädukte und größere Bauten zu finden, ist für Deutschland, also den Großteil rechts des Rheins und nördlich der Donau, wohl eher Phantasie.

  • Also ich bin zwar kein Historiker, aber römische Tempelbauten in Hildesheim erscheinen mir auch als interessiertem Laien ziemlich abwegig bzw. nach tradierter Deutungsromantik des 19. Jahrhunderts. Vorstellen könnte ich mir vor dem Hintergrund der Stadtgeschichte höchstens Bauten im Stil der sogenannten karolingischen Renaissance, die teils in geradezu akademischer Qualität antike Vorlagen kopierten.

  • Ich glaube kaum, daß man im 19. Jahrhundert von der Deutung ausging, römische Bauten östlich des Rheins zu finden. Dort zogen - wie gesagt - nur einige Truppen durch, die den Versuch unternahmen, die Elbe-Grenze zu erzwingen. In dem Gebiet dürften sich, weit verstreut, nur einige wenige Legionslager befunden haben, in der Regel Holz- und Zeltbauten. Von Aquädukten oder großzügigen Tempelanlagen kann überhaupt keine Rede sein. Germanien blieb, dank Arminius, frei! :D

  • Na ja, der Ort der Varus-Schlacht ist ja bis heute umstritten – 700 Theorien sprechen für sich.
    Eine dieser Theorien geht ja davon aus, dass die Schlacht um Hildesheim statt fand.
    So enthält z.B. die Athena-Schale aus dem Hildesheimer Silberfund die Gravuren von Varus.


    Athena-Schale (Hildesheimer Silberschatz, 1. Jh. vor. Chr.)

    Lokalforscher aus Hildesheim fordern weitere Ausgrabungen in Hildesheim. Bis heute ist da nicht viel passiert…
    Ich bin kein Forscher oder Historiker und kann das Ganze nicht beurteilen, weitere Ausgrabungen halte ich aber für wichtig.

    Zu den Siedlungsfunden in Hildesheim von nationaler Bedeutung:
    In Hildesheim(Ost) wurde eine 3000 Jahre alte Bronzezeitsiedlung gefunden, im Süden der Stadt sogar eine 7000 Jahre alte Siedlung.

  • Vom Ort der Varus-Schlacht war hier überhaupt nicht die Rede. Bitte also nicht zu weit abschweifen. Und einige vom Kriegstross mitgeführte Waffen, Münzen und Töpfe sollten nicht mit der Errichtung von Bauwerken verwechselt werden. Nicht ohne Grund befand sich der Varus-Tross auf dem Weg vom Sommerlager in das sichere Winterlager bei Xanten. Warum wohl? Weil es im wenige Jahre zuvor erstmals "römisch besetzten" Germanien östlich des Rheins (das muß man sich als einzelne Heeresgruppen inmitten einer riesigen Waldlandschaft mit kleinen germanischen Siedlungen vorstellen) eben weder eine gut ausgebaute Infrastruktur noch sichere Verteidigungsanlagen oder gar größere Ortschaften gab. Die wenigen Stützpunkte bzw. Kastelle wurden im Gefolge der Schlacht ganz schnell von den Germanen unter Arminius überrannt. Wir reden hier von einem Zeitpunkt von 12 v. Christus bis 9 n. Christus, also etwa 20 Jahre, unterbrochen durch Aufstände und Kriegszüge. Nach der Varusschlacht kam es noch zu einem letzten Rachefeldzug des Germanicus. Dann war auch wegen der Kosten der Ofen aus. Absurd ist es deshalb, von größeren Steinbauten oder Aquädukt-Anlagen in Niedersachsen auszugehen, auch wenn man dort im Boden ein paar alte Münzen finden mag (die vielleicht auch von Germanen einst geraubt sein mögen). So jedenfalls der aktuelle wissenschaftliche Stand.

    Ich habe erst unlängst einen sehr ausführlichen und auf dem neuesten Forschungsstand befindlichen Aufsatz gelesen über die strategischen römischen Pläne und die letztliche Aufgabe der kurz erörterten Idee einer Elbe-Grenze seitens des römischen Imperiums. Ich finde ihn leider nicht mehr. Jeder Laie kann sich aber auch selber ein Geschichtsbuch besorgen und über dieses die Grundkenntnisse zu jener Zeit aneignen.

  • Zitat

    nach der Schlacht im Teutoburger Wald

    Zitat

    Vom Ort der Varus-Schlacht war hier überhaupt nicht die Rede.

    Wo denn nun die Varusschlacht tatsächlich stattfand, überlasse ich lieber denen, die dafür bezahlt werden, forschen und sich streiten. :streitenrot: Ich habe da andere, wichtigere Sachen zu tun. 8)

  • Zitat von "Hildi"

    Na ja, der Ort der Varus-Schlacht ist ja bis heute umstritten – 700 Theorien sprechen für sich.
    Eine dieser Theorien geht ja davon aus, dass die Schlacht um Hildesheim statt fand.
    So enthält z.B. die Athena-Schale aus dem Hildesheimer-Silberfund die Gravuren von Varus.


    In der wissenschaftlichen Welt ist der Ort der Varusschlacht nicht mehr ernsthaft umstritten. Diese hunderte Theorien sind überwiegend dem Wunschdenken übereifriger Heimatforscher zu verdanken. Der Zusammenhang mit dem Hildesheimer Silberfund ist allerdings in der Tat noch nicht abschließend geklärt, eine Deutung ist: Beute aus der Schlacht, die dann als Hort vergraben wurde.
    Permanente römische Bauten hier in der Gegend sind wohl ebenfalls in die Kategorie Wunschdenken einzuordnen bzw. falsche Deutungen - umso mehr würden mich die Quellen solcher Aussagen interessieren.
    Ich hatte mal irgendwo ein Pamphlet eines "Forschers" in der Hand, der in Hildesheim den Nibelungenschatz vermutete und erbost war, als ihm niemand glaubte...

    Unbestreitbar ist die Siedlungsgeschichte, die nach jüngsten Erkenntnissen in die Jungsteinzeit (Bandkeramiker) zurückreicht, inwieweit allerdings von einer durchgängigen Besiedlung die Rede sein kann, muss offen bleiben. Eine permanente Besiedlung ist wohl erst ab der Spätantike/Merowingerzeit anzunehmen, jedenfalls sollen die Ortsnamenendungen -em/-um/-hem/-heim etc. hier in der Gegend auf eine Landnahme in dieser Zeit hinweisen.

  • Zitat von "Hildesheimer"

    Der Zusammenhang mit dem Hildesheimer Silberfund ist allerdings in der Tat noch nicht abschließend geklärt

    Deshalb fordern ja Lokalforscher weitere Ausgrabungen, weil sie noch so einiges erwarten. Die Grabungsstelle vor der Kaiserzeit war ja nicht besonders umfangreich.

    Zitat


    Unbestreitbar ist die Siedlungsgeschichte, die nach jüngsten Erkenntnissen in die Jungsteinzeit (Bandkeramiker) zurückreicht

    Die wissenschaftlichen Auswertungen sind ja diesbezüglich noch nicht abgeschlossen. Darauf bin ich auch schon gespannt! Die Grabungsauswertungen der Siedlung an der Hohen Rode (Linienbandkeramiker vor 7000 Jahren) dürften wohl auch noch nicht abgeschlossen sein.