Klassische Architektur - Wie fing es bei Euch an?

  • Ich bin eigentlich schon immer geschichtlich sehr interessiert gewesen und wenn man sich für das Gewesene begeistert, ist es doch naheliegend, sich auch mit den steinernen Manifestationen der Vergangenheit zu beschäftigen. Spezielle Anekdoten habe ich leider kaum zu bieten. Ich war damals oft bei meiner Oma und ich erinnere mich noch daran, wie sie mir einmal von der Schweiz erzählte. Sie meinte dann, dass die dortigen Städte noch über viel mehr Altbausubstanz verfügten, da es dort keine Kriegszerstörungen gegeben habe. Auch hing in dem Haus meiner Oma im Spielzimmer eine Art Plakat, worauf die typischen Baustile der einzelnen europäischen Nationen abgebildet waren. Ich weiß noch, dass ich es mir oft angeschaut habe. Meine Faszination für die Baukunst flammte dann im Alter von 12 oder 13 so richtig auf, den genauen Grund kenne ich nicht mehr. Auf jeden Fall begann ich zu jener Zeit, mich tiefergehend mit Architektur zu beschäftigen. Im Bücherregal meiner Eltern habe ich damals einen Bildband über Deutschland gefunden und ihn verschlungen. Ihr solltet sehen, wie abgenutzt er heute ist, so oft habe ich ihn mir angeschaut. Zu Weihnachten oder zum Geburtstag waren Reiseführer oder architekturgeschichtliche Bücher meine favorisierten Geschenke. Als ich dann einen eigenen Computer hatte, verbrachte ich nicht gerade wenig Zeit auf Wikipedia, wo ich mir alle möglichen Artikel zu Architektur und Baukunst durchlas. Oder ich klapperte auf Google-Earth alle möglichen Städte und Ortschaften ab. 2011 machte ich mit meinen Eltern eine große Frankreich-Reise, die uns zu den Kathedralen von Reims, Amiens und Rouen führte. Hiervon war der kleine Triforium natürlich sehr beeindruckt. Mit der Zeit begann ich dann, haufenweise Pläne eigener Fantasie-Städte zu zeichnen, die meist jedoch nur billiger Abklatsch realer Orte waren. :D:rolleyes: Und dann mit 15 oder 16 (2012/2013) habe ich schließlich das ApH entdeckt. Nachdem ich lange mitgelesen hatte, habe ich mich im letzten Jahr schließlich hier angemeldet.

    Einmal editiert, zuletzt von Suebicus (14. Februar 2018 um 08:25)

  • Mein Interesse an klassischer Architektur wurde tatsächlich vor vielen Jahren (es muß so 1982 gewesen sein) durch ein GEO-Sonderheft zum alten Dresden geweckt, dessen Bauten bis heute eine seltsame Faszination auf mich ausüben ... wobei damals zur Zeit der Mauer und der DDR Dresden für einen Bundesbürger gefühlt weiter weg war als die üblichen Reiseziele in Italien oder Spanien.

    Im Laufe der Jahre stellte ich auch fest, daß ich mich in vielen deutschen Nachkriegsstädten latent unwohl fühlte (und fühle) und führte dies schließlich auf die Unwirtlichkeit der Städte zurück - übrigens auch ein Buchtitel von Alexander Mitscherlich. Das betrifft einerseits das niedrige gestalterische Niveau (meist graue Würfel), andererseits die Abkehr von der klassischen Struktur europäischer Städte mit richtigen Straßen, Gassen und Plätzen zugunsten grüner Wiese und Stadtautobahnen.

    Entsprechend interessiere ich mich nicht nur für klassische Architektur oder Rekonstruktionen, sondern entsprechend unserem Motto "pro homine" generell für "menschenfreundliche Architektur", die gern auch jüngeren Datums sein kann.

    Allerdings erreicht deren gestalterisches Niveau fast nie ihre klassischen Vorfahren, und in Deutschland gibt es auch wenige Beispiele für gelungene Neubauviertel - in der näheren Umgebung fallen mir da nur die diversen Neubauviertel in Tübingen ein, siehe Neubauviertel in Tübingen (speziell Loretto und Alte Weberei).

    Außerdem verfolge ich noch das Stadterweiterungsprojekt im Süden von Straßburg mit großem Interesse, das größte Projekt seit der Errichtung der Neustadt. Die Anfänge sind schon vielversprechend ...

    Auf das APH-Forum wurde ich durch die "Werbeposts" von Königsbau im damaligen Gästebuch der GHND aufmerksam, das war noch das allererste Forum, das nicht selbst gehostet wurde und dessen Beiträge seither verschwunden sind (das könnte so 2004 gewesen sein?).

  • Auf das APH-Forum wurde ich durch die "Werbeposts" von Königsbau im damaligen Gästebuch der GHND aufmerksam, das war noch das allererste Forum, das nicht selbst gehostet wurde und dessen Beiträge seither verschwunden sind (das könnte so 2004 gewesen sein?).

    Na ganz verschwunden sind sie nicht ;) :
    http://forum.naanoo.com/freeboard/boar…php?userid=3224

  • Bei mir fing der Hang zu "schönen Häusern" oder "schönen Städten" eigentlich schon in der Kinderzeit an, als ich mit Lego ein Städtchen mit Türmchen und Säulen baute. Die alte barockisierte Kirche in der Umgebung gefiel mir weit besser als die neuere, in den 1920ern errichtete. Ich wuchs in einem in den 1950ern gebauten Haus auf, neben dem diverse in den 1960ern und 1970ern gebaute Wohnblocks stehen, die mir nie gefielen, auch wenn die Wohnungszuschnitte recht gut sind. Als ich in meiner Lehrzeit in einem 1860 gebauten Werkskindergarten wohnte, waren die Geschoßhöhen (3,50m) für mich eine Offenbarung - endlich fiel mir nicht mehr die Decke auf den Kopf. Ich hatte das Glück, seither immer in Bauten des 19.Jhdts (wenn man das bis 1914 rechnet, was ja eine sinnvolle Epochenabgrenzung ist) wohnen zu können, und bin sehr froh darüber.
    Über die Verhäßlichung der Schweiz in den 1970er Jahren war ich sehr betrübt - das Plakat, das Heimdall erwähnte, habe ich auch gesehen, und die "Unwirtlichkeit der Städte" (Mitscherlich) später auch mal gelesen.
    Es gäbe noch viel zu erzählen, aber das ist mir fürs öffentliche Web zu persönlich.
    Jedenfalls ist ApH das erste Architekturforum, auf dem ich mich mit meinem "Geschmack" willkommen fühle, weil es hier viele gibt, die einen ähnlichen haben.

  • Ich habe mich schon als Kind für mittelalterliche Geschichte interessiert. Wenn in der Schule Museen und Muesuemsdörfer oder Burgen besichtigt wurden, war ich so ziemlich der einzige, der das interessant fand, während sich meine Mitschüler eher gelangweilt hatten.
    Ein "Schlüsselereignis" war sicherlich die Rekonstruktion des historischen Hildesheimer Marktplatzes. Ich kann mich noch ganz dunkel an die schlimme 60er bebauung erinnern wenn ich mit meinen Eltern in der Stadt war. Überhaupt empfand ich Hildesheim als Kind immer als grau, kühl und abweisend. Wie eine wohltuende Insel wirkte dagegen der neu entstehende Markplatz, ich verfolgte mit Interesse das Wiedererstehen des Knochenhauer-Amtshauses. Besonders das beeindruckende Fachwerk Gerippe ist mir in Erinnerung geblieben.

    Als ich älter wurde bemerkte ich bei mir ein gewisses Talent für Gestaltung, Proportion und Farbwirking bei Gebäuden. Ich studierte Architektur anfangs eher aus Neugier um zu schauen, wo ich im Vergleich zu anderen Studenten stehe. Scheinbar ganz gut, da ich im Laufe des Studiums einige Ideenwettbewerbe gewann. Leider herrschte unter den Dozenten ein durchweg modernistisches Weltbild, dem man zu folgen hatte. Einige Dozenten waren streng, d.h. es wurde keinerlei Abweichgun von kubischen Baukörpern mit Rasterfassade zugelassen. Andere waren offener und ließen traditionell angeauchte Entwürfe zu, solange man sie begründen konnte, was als Student gegenüber erfahrenen Professoren verständlicherweise sehr sehr selten gelang. Wollte man auf Nummer sicher gehen, gabs für einen minimalistischen Entwurf - war er technisch fehlerfrei - eigentlich grundsätlich eine 1 oder 2.

    Ich spezialisierte mich auf Denkmalpflege und Bauen im Bestand, da es hier mehr Möglichkeiten gab, mit historischer Bausubstanz umzugehen oder diese im Idealfall noch zu erhalten.

  • Klassische Architektur und Stadtbilder habe ich tatsächlich schon als Kind anziehend gefunden, als ich die Geschichtsbücher meines Bruders "gelesen habe". Ich war auch schon immer sehr geschichtlich interessiert und gerade in Anbetracht der vielfältigen Geschichte Deutschlands, die sich ja in vielerlei Hinsicht gerade auch in der Architektur ausgedrückt hat, ist es für mich ein besonders wichtiges Thema. Man denke nur an die vielen Architekturstile die sich durch die Kleinstaaterei Deutschlands bis ins späte 19.Jahrhundert entwickelt haben. Außerdem war mir auch schon immer Ästhetik wichtig. Mich beeindruckte schon als Kind die Liebe zum Detail mit denen früher Gebäude gebaut und gepflegt wurden - sie sollten noch etwas ausdrücken und darstellen. Seit ich dann als Jugendlicher zum ersten Mal Bildbände von deutschen Städten vor dem Krieg in einer Buchhandlung gesehen habe hat mich das Thema nicht mehr losgelassen. Auch wenn es mich teilweise an den Rand einer Depression treibt zu sehen was an Architekturgeschichte und wunderschönen Stadtbildern durch den Krieg und verkorksten Wiederaufbau verloren gegangen ist. An zeitgenössischer Architektur kann ich nur wenig Gestaltungs- und Ästhetikwillen erkennen. Das ist natürlich einerseits eine Geschmacksfrage, andererseits zieht es doch fast alle Leute die es sich leisten können in Altbauviertel oder Vorkriegsgebäude. Vieles was heute gebaut wird - anstelle von Rekonstruktionen oder zumindest historisierenden Bauten die sich ins Stadtbild einfügen - ist einfach grob einfallslos und stört meine Ästhetik. Ich war schon viel unterwegs und während in anderen Ländern Europas die Leute stolz sind auf die Architektur und damit verbundene Geschichte schert sich in Deutschland niemand darum. Das hat stört mich schon wirklich lange. Irgendwie wirkt das für mich alles auch ein wenig wie ein Spiegelbild der Gesellschaft. Kein Wert mehr der auf Tradition, Geschichte oder Einheit gelegt wird. Stattdessen viel Ignoranz gegenüber der eigenen Kultur und zwanghafte Individualität ohne dabei zu merken wie austauschbar dadurch alles wird... und das sage ich als Bürger dieses Landes mit Migrationshintergrund aus einem ganz anderen Kulturkreis.

    Einmal editiert, zuletzt von MedStud (27. März 2018 um 18:26)

  • Bei mir fing es an das mir 1990/91 als 10/11 Jähriger ein Artikel zum Wiederaufbau Dresdens in die Hände fiel , der die Rekonstruktion des Stadtkernes behandelte , noch dazu wuchs ich in einem Haus im Ort auf , das aus dem Jahr 1616 stammt , da konnte sich mein Bauforschertrieb richtig entfalten , ich hab versucht alte Türöffnungen zu Lokalisieren im Stadtarchiv konnte ich mir Baupläne von 1911 kopieren die gemacht wurden als damals ein neuer Schlot eingezogen wurde und der auch die alten Fensteröffnungen zeigte. Mein Vater und ich legten alte Balken frei , und integrierten sie in den Wohnraum. Mir ist aufgefallen wie behäbig dieser breite Altdeutsche Giebel wirkte , wie gut proportioniert die Fenster zur Baumasse platziert wurden , alles war durchdacht nichts war zu viel , und nichts zu wenig , alles hatte einen Zweck. Ich habe mein Auge dahingehend geschult das ich sofort sehe ob und wie ein Altes Haus Aufgestockt wurde , oder wo Fenster waren usw. ....... Und Zeichnen konnte ich schon immer sehr gut , hab mir früher immer Fantasiefachwerkstädte zusammengezeichnet , dann natürlich das Überregionale Interesse Dresden , Warschau , St. Malo , Québec , gut Geschichtlich war ich schon als 12/13 Jähriger interessiert wobei ich mir vieles selbst erarbeitet habe und nicht selten von Gleichaltrigen belächelt wurde , na gut soviel von mir ^^

    Einmal editiert, zuletzt von Manometer (28. März 2018 um 16:51)

  • Ich kann mich noch ganz genau an den Moment erinnern, als ich mich das erste mal in ein Haus so verliebt hatte, dass ich es seit dem immer als ich auf dem Schulweg daran vorbei ging, angeschaut hatte. Es war im Sommer 1979 und ich war genau 10 Jahre alt, also noch ein kleines Kind!
    Seit dem blieb ich auch oft an dem Gitter vor der Villa stehen, habe meinen Kopf gegen die Gitterstäbe gedrückt und das Haus mit dem schönen Vorgarten minutenlang angeschaut.
    Die Liebe zu dem Haus besteht sogar bis heute. Leider existiert es so jetzt nicht mehr, der Profitsucht einer Architektin zum Danke.
    Sie hatte das Haus relativ günstig in den späten 90er Jahren gekauft und sofort den 40 m tiefen Vorgarten zu Bauland umwandeln lassen, dann wurde er verkauft und direkt (8 m) vor die Villa ein ebenso hoher aber viel breiterer Kasten gesetzt, so dass nun diese traumhafte Ansicht unwiederbringlich zerstört wurde. Das Haus hatte sie direkt danach wieder verkauft.

    Ich hatte von dem Haus einige Fotos gemacht, mit denen ich dann auch etwas experimentiert hatte, ähnlich, wie ich es jetzt mit meinem kleinen Jugendstilhäuschen mache.

    Diese Fotos habe ich gemacht, als ich noch ein Kind war:

    Dann habe ich mir überlegt, wie es mit rotem Dach und Kupfer aussehen würde:



    und zusätzlich mit schönen Sprossenfenstern:


    Jedenfalls ist dieses Haus daran Schuld, dass ich die alte Architektur bis heute liebe.

  • Den jetzigen Zustand habe ich mich immer gesträubt zu fotografieren, weil es zu weh tut. Aber wenn man die Adressse bei google eingibt kommt tatsächlich ein Foto. Denn eine der Wohnungen in dem 08/15 Block wird gerade wohl wieder vermietet.
    Rechts im Hintergrund erkennt man die rechte Seite der Villa, die sich vor diesem häßlichen Klotz weg zu ducken scheint.

    https://www.google.de/search?q=aache…kciU99af3w8NrM:

  • Eines der letzten (oder ersten) Häuser Deutschlands! Dort, wo die B 1 an der Grenze zu den Niederlanden beginnt, die bekanntlich bis Königsberg gegangen ist, während sie heute in Küstriner Vorland endet.

  • Hab ich da was falsch verstanden, oder hat man vor diesem schönen Gebäude so einen hässlichen Klotz gesetzt?? :blink:<X
    Solche Entscheidungsträger gehören an das Gebäude genagelt! :gehtsnoch:

  • Gestern fand ich in meinem Bücherwust ein altes Merian-Heft wieder, „Hauptstadt Berlin“, 1991. Ich war damals blutjung, aber der Leitartikel in diesem Heft hatte in mir das Feuer für das Berliner Schloss und Rekonstruktionen entfacht. Seitdem nervte ich nicht nur meine Eltern, im Osten alles sehen zu wollen, sondern auch meinen rauschebärtigen Geschichtslehrer, einen Alt-68-er, der auf meine Begeisterung für das Berliner Schloss und meinen vorgebrachten Wunsch nach dessen Wiederaufbau ziemlich knurrig reagierte. Vermutlich dachte er sich „das Kind wird schon noch zur Vernunft kommen“, aber so ist es nicht gekommen.

    Das Merian-Heft beinhaltet den berühmten Aufsatz von Wolf Jobst Siedler „Das Schloss lag nicht in Berlin, Berlin war das Schloss“ und ein kleines Papiermodel des Schlosses. Wenn man die entsprechende Heftseite mit einem Luftbild des damaligen Marx-Engels-Platzes aufschlägt, dann steigt daraus wie Phönix aus der Asche das Schloss auf. Immer noch herrlich! Eine Zeitschrift mit einem Leitartikel mit der Forderung „Das Schloss soll wieder her“ war damals im Jahr 1991 geradezu revolutionär!

    P.S. das Merian-Heft ist immer noch antiquarisch zu bekommen.