Seligenstadt (Galerie)

  • Kleine Maingasse 13: die überkreuzten Streben weisen auf eine Entstehungszeit im 15. Jahrhundert. Die Fenstereinteilung ist allerdings rekonstruiert, was man anhand der Balkenoberflächen im Streiflicht gut sehen kann. Ebenso sind auch die Schwellen und Rähme neu. Ist es gar ein Neubau/Rekonstruktion, bei dem alte Hölzer wiederverwendet wurden?



    Ein Musterbeispiel eines hessisch-fränkischen Fachwerkhauses aus dem 15. Jahrhundert gibt es an der Grossen Fischergasse 1: überkreuzte, gebogene Fuss- und Kopfstreben, Viertelkreisfussstreben, angeblattete Brustriegel:


    Das Nachbarhaus Grosse Fischergasse 3 zur Linken ist wohl etwas jünger. Die überkreuzten Fuss- und Kopfstreben sind gerade, und der Brustriegel ist nicht mehr angeblattet, sondern eingezapft. Viertelkreisfussstreben haben sich bis ins 16. Jahrhundert gehalten. Merkwürdig sind die rundbogigen Erdgeschossfenster; offensichtlich eine Rekonstruktion. Aber die Komposition und Binnenteilungen sind irgendwie merkwürdig:



    Ein ganz eigenwilliges Haus ist Freihofplatz 6, gemäss der Liste der Kulturdenkmäler in Seligenstadt 1703 als Schule errichtet. Die regelmässige Fensteranordnung steht im Einklang mit den Gurtgesimsen und den "Rustika-Eckquader" (aus den Eckpfosten herausgeschnitzt), nicht aber zum unregelmässigen Schmuckfachwerk! Und trotzdem sind am Fachwerk keine Veränderungen zugunsten einer regelmässigen Fensteranordnung vorhanden. Die Architekturgliederung an den Fassaden ruft eigentlich nach homogen verputzten Fassaden. Trotzdem muss alles aus einem Guss stammen, denn das Schmuckfachwerk bildet eine Einheit mit den rustizierten Eckpfosten (ganz sicher nicht aufgesetzt!) und diese wiederum mit der barocken Architekturgliederung. Ohne baugeschichtliche Befunde zum Haus zu kennen, denke ich, dass es ein frühes Beispiel eines vorgetäuschten Massivbaus ist.

    Leider ist Seligenstadt noch nicht im ausführlicheren Kulturdenkmälerverzeichnis von Hessen bearbeitet (http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de).




    Anbei noch ein Link zu einer Ansichtskarte aus den 1960er Jahren mit der damals typischen Dunkelbraunfassung des Fachwerks, welche die Architekturgliederung mit Eckbossen und Gurtsimsen völlig negierte:
    https://oldthing.de/AK-Ansichtskar…tadt-0028213382